Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 153

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Die drei Weisen haben in Punkt 94 ihres Berichtes – da zitiere ich jetzt wörtlich – gemeint: "In einer Pressekonferenz, die der Landeshauptmann des Landes Kärnten in Anwesenheit des Bundesministers der Justiz gab, wurde die Möglichkeit erwähnt, eine Vorschrift des Strafgesetzbuches auf Abgeordnete anzuwenden, die die Regierung kritisieren. Als die Oppositionsparteien eine förmliche parlamentarische Befragung einleiteten, betonte der Justizminister die Meinungsäußerungsfreiheit jener, die einen solchen Vorschlag unterbreiteten. Er unterstrich, daß jeder die Möglichkeit haben müsse, seine Meinung zu äußern."

In Punkt 95 führen sie dann weiter an: "Wir sind der Auffassung, daß eine solche Position eines Ministers in der Bundesregierung nicht mit den Verpflichtungen eines Staatsorganes vereinbar ist ..."

Das war einer der wesentlichen Punkte, die Aufregung erzeugt haben. Wenn man sich aber – und ich glaube, das ist in diesem Zusammenhang schon notwendig – das Wortprotokoll der Pressekonferenz des Landeshauptmannes Haider genau zu Gemüte führt – ich möchte es hier in diesem Gremium einmal für das Protokoll tun, weil Sie mir ja offensichtlich nicht zuhören, die Wahrheit nicht erkennen wollen –, dann merkt man, dass der Bericht der drei Weisen in diesem Punkt überhaupt nichts mit dem, was Landeshauptmann Jörg Haider gesagt hat, zu tun hat. Es ist nämlich um die Problematik des Gelöbnisbruches gegangen, einer strafgesetzlichen Norm, die, wie wir ja heute schon zur Kenntnis nehmen mussten, unter dem sozialistischen Justizminister Broda Eingang ins Strafgesetzbuch gefunden hat. Dazu wurde Jörg Haider befragt, und er sagte dann auf die Anfrage des Journalisten wörtlich:

"Meines Erachtens wäre der erste Schritt, dass man die Gelöbnisse etwas detaillierter führt, damit der Pflichtenkreis eindeutig bestimmt wird. Wenn dann ein Bundespräsident, ein Minister, ein Landeshauptmann, ein Abgeordneter dieses Gelöbnis bricht, dann gibt es auch für ihn sozusagen eine strafrechtliche Sanktion. Das kann auch der Funktionsverlust – und so weiter – sein. Denn viele Leute wundern sich, dass österreichische Politiker, die auf dieses Land einen Eid geleistet haben, im Ausland nicht Manns genug sind, ungerechtfertigte Angriffe gegen Österreich zurückzuweisen. Daher sollte man diskutieren, weil sonst diese ganze Gelöbnisablegung und die Eidesformel in Wirklichkeit keine Bedeutung mehr haben, denn jeder Jungmann – wir erleben dies ja beim Bundesheer; ich bin als Landeshauptmann immer bei Angelobungen – wird feierlich auf die Republik verpflichtet, wird letztlich von Politikern verpflichtet, die sich selbst nicht an solche Gelöbnisse halten. Der junge Wehrmann muss im Ernstfall mit der Waffe in der Hand die Republik verteidigen und sein Leben riskieren, während die Politiker nicht in der Lage sind, wenigstens verbal moralisch und ethisch zu diesem Land zu stehen." – Das war das wörtliche Zitat. (Zwischenruf des Abg. Öllinger. )

Herr Kollege Öllinger, keine Rede von einem Oppositionspolitiker, keine Rede davon, dass jemand, der die Regierung kritisiert, strafrechtlich verfolgt werden soll. (Abg. Dr. Kostelka: Ist ein Abgeordneter zwingend ein Regierungspolitiker?) Eben nicht, ganz im Gegenteil! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka. ) Selbstverständlich! Entweder gibt es die strafgesetzliche Norm des Gelöbnisbruches oder nicht. (Abg. Dr. Kostelka: Aber ein Oppositionspolitiker ist sehr wohl umfasst!) Auch, aber es sind ausdrücklich zitiert: Bundespräsident, Minister, Landeshauptleute und andere Politiker. Keine Frage. (Abg. Schieder: Aber theoretisch gilt es auch für Oppositionspolitiker!)

Herr Kollege Schieder! Darauf habe ich ja gewartet. Es gibt ein anderes Zitat – Sie kennen es ja sowieso – vom 4. September 1980, in der "Wiener Zeitung" veröffentlicht. Da steht: "Kreiskys Zehn-Punkte-Programm: Ehrenrührige Beschuldigungen eines Mitgliedes der Bundesregierung oder gleichrangiger Amtsträger sollten von einem Ehrensenat, bestehend aus den drei Präsidenten der Höchstgerichte sowie dem Präsidenten des Rechnungshofes, zu beurteilen sein, unbeschadet der Tätigkeit der ordentlichen Gerichte und parlamentarischer Untersuchungsausschüsse." (Abg. Schieder: Das ist ja etwas ganz anderes!)

Was hat Kreisky damals normiert? – Die Majestätsbeleidigung wollte er damit sanktionieren, die Majestätsbeleidigung! Ist der damals im Amt befindliche Justizminister Broda zurückgetreten, frage ich Sie. – Keineswegs!


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