Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 194

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die österreichische Politik, die österreichische Demokratie und die österreichische Agrarpolitik zu sprechen. Ich erinnere mich noch daran, mit welchem Interesse sich dort Bürgerinnen und Bürger Tschechiens neu orientiert haben, wie sie versucht haben, sich politisch und inhaltlich neu zu positionieren.

Meine Damen und Herren! Mir scheint es in dieser Diskussion, in dieser Auseinandersetzung zwischen Österreich und der Tschechischen Republik ein großes Manko zu sein, dass das Klima zwischen den beiden Ländern und die Kultur der Kommunikation in den letzten Jahren nicht in jenem Maße gepflegt wurde, das notwendig wäre, um auch in konfliktreichen Momenten – und einen solchen Moment haben wir natürlich jetzt – sozusagen Instrumente zu haben, um in einem Dialog zu bleiben. Herr Bundesminister, das ist, so glaube ich, die große Herausforderung und auch das große Problem. Die österreichische Anti-AKW-Bewegung, die Anti-Temelin-Bewegung hat diese Kontakte über Jahre hinweg gepflegt. Sie kennt die innenpolitische Situation in Tschechien sehr gut, und sie weiß, wie schwierig es ist, Ressentiments in Tschechien, die historisch nachvollziehbar sind, sozusagen im Zaum zu halten.

Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie: Treten Sie dafür ein, dass Ihre Kollegen, vor allem Landeshauptmann Pühringer, endlich die Beneš-Dekrete sozusagen vor Ort lassen – dort, wo sie hingehören, nämlich in eine eigene Diskussion – und das nicht mit Temelin verknüpfen. Darum möchte ich Sie wirklich bitten und ersuchen, hier zu einer Lösung beizutragen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, das Angebot, das Sie hier aussprechen, das ich schätze und das ich auch für notwendig und richtige halte, dieses Dialogangebot sollte uns aber nicht verleiten, vorschnell Kompromissbereitschaft zu signalisieren. Ich meine, wir sollten den Mut haben, der tschechischen Bevölkerung und der tschechischen Politik klarzumachen, dass es im Interesse der tschechischen und der österreichischen Bevölkerung nur einen Kompromiss geben kann, nämlich den, auf dieses Kraftwerk jetzt noch zu verzichten, solange die Kosten für den Abbruch, die Kosten für den Umbau oder was immer es dann sein wird, noch geringer sind, als wenn dieses Kraftwerk in die Volllast geht. Herr Bundesminister, ich glaube, diese Chance sollten wir gemeinsam nützen.

Wir sollten das auch nicht nur als ein gesamteuropäisches Thema behandeln. Natürlich ist es eines, aber das soll uns nicht daran hindern, die bilateralen Gespräche zu führen, die bilaterale Kommunikation zu intensivieren und in den nächsten Monaten alles zu tun, um auch die tschechische Zivilbevölkerung davon zu überzeugen, dass wir nicht Nationalisten im schlechten Sinne sind: dass wir im Wohlstand leben und den Tschechen nichts vergönnen. Das ist auf der Basis des Normalbürgers in Tschechien ja derzeit der Eindruck: Die – unter Anführungszeichen – "reichen" Österreicher kommen und sagen uns, wo es langgeht. (Beifall bei den Grünen.)

Seien wir vorsichtig mit solchen Strategien! Seien wir vor allem konstruktiv, und kommen wir endlich aus dieser Defensive in der EU-Ostpolitik heraus! Osteuropa – das sind unsere Nachbarn, das sind jene Länder, die in den nächsten Jahren mit vielen Problemen in die EU kommen werden, auch mit vielen Umweltproblemen. Herr Minister! Da haben wir Chancen, wir haben auch Aufgaben und tragen Verantwortung. Nehmen wir diese Verantwortung auch wirklich wahr!

Abschließend möchte ich, symptomatisch für den Diskurs, der hier geführt wird, die Aussagen des Kollegen Fallent – ich weiß nicht, ob er hier ist – noch einmal kurz Revue passieren lassen. Er sagte in mehreren Wiederholungen: Es liegt an Tschechien, es liegt an Tschechien – und es passiert nichts.

Meine Damen und Herren! Das ist es, was in die Sackgasse führt. Wir müssen, wenn wir Dialogbereitschaft signalisieren, auch dazu bereit sein, aktiv Angebote zu machen. Da, meine ich, Herr Bundesminister, gäbe es verschiedene Möglichkeiten. Eine Möglichkeit könnte sein, gerade im Bereich erneuerbarer Energien, im Bereich Know-how, aber auch im Bereich Finanzierung und Entwicklung – ich denke hier an Umweltförderungen im grenzüberschreitenden Bereich – wirkliche, echte Angebote an die tschechische Regierung zu machen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Achatz: Alles schon gemacht worden!)

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