Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 184

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Frau Haller! Es ist schon ein Stück Fortschritt – das ist unbestritten –, dass Minderjährige jetzt nicht mehr zwangssterilisiert werden dürfen. Das ist zweifelsohne ein Stück Fortschritt und schützt Kinder, solange sie noch nicht 18 Jahre alt sind. Wenn sie aber 18 Jahre alt sind, dann wendet sich das Blatt. Das heißt, von heute auf morgen entfällt dieser Schutz, der bei Minderjährigen noch galt, bei den Nicht-mehr-Minderjährigen, die eines Sachwalters bedürfen, dann ist das plötzlich völlig anders geregelt. Ab diesem Zeitpunkt, wenn Frauen, die in Sachwalterschaft stehen, 18 sind, ist sehr wohl auch weiterhin die Zwangssterilisation dieser Frauen uneingeschränkt möglich.

Die gerichtliche Vorentscheidung, die gefällt werden muss, um dieser Sterilisation zuzustimmen, hätte es auch schon jetzt gegeben. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es kommt nie so weit, dass so etwas über die Gerichte läuft, sondern es läuft einfach unter der Hand. Das wird auch in Zukunft nach wie vor möglich sein, und zwar unter dem Titel der medizinischen Indikation. Mit dieser Begründung gibt es für Frauen, die volljährig sind, keinen Schutz davor, zwangssterilisiert zu werden.

Dazu kommt noch – und es wäre wichtig, Frau Pablé, dass Sie das mit vertreten –, dass der Sachwalter, der das Verfahren einer Zwangssterilisation bei Gericht einleiten kann, im Regelfall die Eltern sind oder ein Elternteil ist, sprich, der Vater. Wenn der Vater diesen Antrag stellt und ihn unter dem Titel der medizinischen Indikation vorbringt, dann kommt er als Familienmitglied natürlich in einen persönlichen Konflikt. In diesem Fall geht es dann nicht mehr darum, die erwachsene behinderte Tochter zu schützen, sondern darum, sich selbst zu schützen, wenn es nämlich zum Beispiel darum geht, Großvater/Großmutter eines Kindes zu werden, dessen Mutter behindert ist. Das ist der Konflikt, der sich dann für Eltern, speziell für Väter, ergibt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das stimmt doch überhaupt nicht! Ich würde sehr gerne Großmutter werden!)  Ich spreche auch nicht von Ihnen, Frau Pablé, sondern ich schildere die Situation generell. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist falsch, was Sie sagen! Sie können doch nicht über die Gefühle anderer urteilen!)

Um diesen Interessenkonflikt bei Sachwaltern, die Elternteile sind, gar nicht erst aufkommen zu lassen, müsste man sehr wohl nach wie vor den so genannten Kollisionskurator beiziehen. Dieser Kollisionskurator ist jene Person, welche die Befangenheit des Sachwalters gegenüber dem Gericht auflösen kann.

Sie finden offenbar, dass es nicht notwendig ist, die Einschaltung des Kollisionskurators in das Gesetz aufzunehmen, weil er in der Praxis ohnehin fast nie in Erscheinung getreten ist. Aber das ist ja gerade das Negative, dass er nie herangezogen worden ist! Deshalb muss er nun im Gesetz verankert werden.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Freundinnen und Freunde betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Unterhaltsvorschussgesetz, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Rechtspflegergesetz, die Exekutionsordnung, die Strafprozeßordnung 1975, das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, das Gerichtsgebührengesetz, das Strafgesetzbuch, das Bankwesengesetz und das Krankenanstaltengesetz geändert werden (Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 – KindRÄG 2001) – 296 der Beilagen in der Fassung des Ausschussberichtes 366 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (296 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (366 der Beilagen) wird wie folgt geändert:


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