Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 123

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heutigen APA war zu entnehmen, dass genau dieses Bild von Gustav Klimt, nämlich "Dame mit Federboa", zurückgestellt wird. Der Kunstbeirat hat festgestellt, dass die Rückstellungsvoraussetzungen zutreffen. Wieso sage ich dies im Zusammenhang mit der Kritik, mit der Stellungnahme der Kollegin Plank? – Ich sage das deshalb, weil genau das sehr deutlich die selektive Wahrnehmung der Sozialdemokraten, der ehemaligen linken Reichshälfte, in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zeigt.

Über etwas, das im Zusammenhang mit der Aufarbeitung unserer dunklen Geschichte vor 1945 als positiv zu bezeichnen ist, nämlich die Rückstellung eines Bildes, das jemandem abgepresst wurde, verliert man kein Wort. Aber wenn dieses Bild als Ausstellungsbild herangezogen wird, dann ist das "schrecklich". Es ist auch der morgigen Ausgabe des "Kurier" zu entnehmen, dass die betroffene Familie, also die Familie des Opfers, die das Bild jetzt zurückbekommt, sowie deren Rechtsvertreter natürlich ihr Interesse daran bekundet haben, dass dieses Bild bis zum Ende in der Ausstellung gezeigt wird, weil ja allgemein bekannt ist, dass es nicht gerade zum Schaden des Bildeigentümers gereicht, wenn ein Bild als Vorzeigeexemplar einer Ausstellung fungiert.

Meine Damen und Herren! Ich komme zur Dotierung des Versöhnungsfonds. Auch da konnten wir dieses eigenartige Bild der Sozialdemokratie und der Grünen sehen. Ich glaubte, meinen Ohren nicht zu trauen, als von Kollegin Stoisits, aber auch vom Kollegen Posch Kritik daran geäußert wurde, dass diese 6 Milliarden Schilling jetzt endlich aufgebracht wurden. (Abg. Mag. Posch: Nein! Das ist eine falsche Interpretation!) Ich muss betonen – und das ist etwas, was mich persönlich erschüttert –: Aus Ihren Worten war ganz deutlich herauszuhören, dass es Ihnen lieber gewesen wäre, diese 6 Milliarden Schilling wären nicht aufgebracht worden, als dass nun den 149 000 noch lebenden Opfern 6 Milliarden Schilling zur Verfügung gestellt werden – nur damit Sie Ihr politisches Kleingeld einwechseln können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Worum geht es? – Es wurde gesagt, 6 Milliarden Schilling werden aufgebracht, 3 Milliarden einerseits durch die Republik, anderseits durch die Wirtschaft. Ähnliches geschieht jetzt auch. Die Wirtschaft dotiert ausschließlich den Insolvenz-Entgeltausfallsfonds, von dem jene 6 Milliarden Schilling teilweise gebildet werden. (Abg. Silhavy: Aber wofür ist denn der Insolvenz-Entgeltausfallsfonds?) Was daran verwerflich sein soll, wenn dieser Überschussbetrag vorhanden ist, das ist nicht erkennbar! Es kann doch bitte niemand sagen, dass damit den Arbeitslosen auch nur ein Schilling weggenommen wird. Ich finde das wirklich arg!

Sie sollten sich auch angesichts der Tatsache, dass noch in dieser Woche, nämlich übermorgen, weitere Gespräche und Vertragsabschlüsse im Zusammenhang mit dem Versöhnungsfondsgesetz stattfinden werden, wirklich fragen, ob Sie da redlich diskutieren.

Nun noch einen kleinen Beitrag zur historischen Debatte, die heute geführt wurde über Täter und Opfer und darüber, wie sinnvoll diese Auseinandersetzung beziehungsweise die Teilung in Täter und in Opfer ist. Kollege Posch hat da irgendetwas von einem österreichischen faschistoiden Gen dahergefaselt, was er offensichtlich von Frau Jelinek übernommen hat, die einmal davon gesprochen hat. Lassen Sie mich meine Sicht der Dinge zu dieser sicher sehr heiklen Angelegenheit darlegen.

Damals, vor dem "Anschluß", hat es meiner Ansicht nach im Wesentlichen drei Gruppen in Österreich gegeben. Da waren zunächst einmal jene, die man als glühende Verfechter des Nationalsozialismus bezeichnen kann, die den "Anschluß" stürmisch begrüßt haben.

Dann gab es auch noch diejenigen, die von einer gewissen "Anschluß"-Sehnsucht gekennzeichnet waren. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass in der Ersten Republik in Österreich sehr viele von dieser "Anschluß"-Sehnsucht erfasst waren, insbesondere auch die Sozialdemokratie. War es doch auch die Sozialdemokratie, die in ihrem Parteiprogramm den "Anschluß" an Deutschland zur Grundlage hatte! Und es war der große Mann der Sozialdemokratie, Renner, der am Tag der erzwungenen und bekanntlich nicht unter regulären Bedingungen stattgefundenen Volksabstimmung davon gesprochen hat, dass dieser Tag der


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