Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 50. Sitzung / Seite 73

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Wissen Sie, von wem dieses Zitat stammt? – Von niemand anderem als von Ihrem früheren Vorsitzenden der sozialistischen Bundesratsfraktion Walter Strutzenberger, ausgesprochen am 31. Jänner 1989 in der Causa Sinowatz.

Das heißt, ein hochrangiger SPÖ-Funktionär hat damals den Justizminister Foregger – parteilos – aufgefordert, dass er sich darum kümmern soll, dass die Staatsanwälte ausgewechselt werden. Genau das, was Sie heute in den Raum stellen und zu kritisieren vorgeben.

Ein weiteres Zitat betreffend Kritik an der Justiz: Es ist schon ein bemerkenswertes Vorgehen der Justiz in den letzten Tagen, denn es werden Erhebungen angekündigt, ohne dass man sich sicher ist, ob und gegen wen Anklage erhoben wird. Damit ist ein Feuerwerk an Unsicherheit abgebrannt worden, und Leute wurden von Zeitungen vorverurteilt. Das sind politisch unhaltbare Zustände. – Zitatende.

Das hat nicht ein "böser" Freiheitlicher gesagt, dem Sie das unterstellen, sondern niemand anderer als der damalige SPÖ-Vorsitzende Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky (Ah-Rufe bei den Freiheitlichen) am 24. März 1988, ebenfalls in der Causa Sinowatz. (Abg. Haigermoser: Wer war das? Der freiheitliche Vranitzky? Der Vielflieger Vranitzky?) Er hat massive Kritik an der Justiz, an den unhaltbaren Zuständen geübt.

Es geht weiter. Da gibt es zum Beispiel den SPÖ-Klubobmann von damals und heutigen Nationalratspräsidenten, der es gestern gewagt hat, in einer Aussendung auch daran Kritik zu üben, dass sich Freiheitliche erfrechen, Kritik an den Behörden zu üben. Dieser Klubobmann Fischer, heutiger Nationalratspräsident, sagte am 30. Jänner 1989 Folgendes: Er kritisiert die Vorgangsweise der Justiz in der Causa Sinowatz, wo es schon ein Urteil gegeben hat, als absolut unfair. (Abg. Haigermoser: Wer war das? Wer hat das gesagt?) Der heutige Nationalratspräsident und damalige Klubobmann Fischer.

Aber er, Fischer, sagt noch weiter – und jetzt kommt es dicker, denn im Moment gibt es noch keine Urteile, es werden jetzt Vorgangsweisen kritisiert, damals gab es schon ein Urteil –: Die Urteilsbegründung durch Richter Ernest Maurer sei aber merkwürdig. Und er fügt hinzu, diese Urteilsbegründung sei ein politisches Pamphlet.

Ein politisches Pamphlet hat Klubobmann Fischer, heutiger Nationalratspräsident, ein objektives Gerichtsurteil genannt, meine Damen und Herren! (Abg. Haigermoser: Das ist ungeheuerlich!)

Es geht weiter. Fischer, 1991: Rechtssprechung und Gerechtigkeit sollten im Idealfall – im Idealfall! – identisch sein. Sie sind es nicht immer, übt Fischer Kritik an der Justiz, und er wünscht sich eine Diskussion über die Objektivität des Richterstaates. – Hochinteressant, Herr Präsident Fischer!

Oder: Herr Präsident Fischer im Jahre 1992: Ich glaube, dass aus der Causa Sinowatz und den Folgeprozessen alle Beteiligten Lehren zu ziehen haben und dass die österreichische Justiz auch und gerade in Verfahren, an denen Politiker beteiligt sind, sich größter Objektivität und absoluter Unparteilichkeit zu befleißigen hat, was in der Causa Sinowatz nicht der Fall war. – Zitatende. (Abg. Dr. Kostelka: Was hat das mit Innerem zu tun? Ist das eine Lesestunde?)

Da habe ich noch ein interessantes Zitat, das Sie auch hören sollten. Ihr Justizsprecher und damaliger Klubobmann Fuhrmann sagte Folgendes (Abg. Dietachmayr: Jetzt haben wir aber Kapitel Inneres, Herr Westenthaler! Justiz kommt erst später!) :

Jede staatliche Institution – jede staatliche Institution, also auch die Justiz! – wäre gut beraten, Kritik nicht a priori als böswillige Verteufelung zu beurteilen. In Politik und Justiz – und das trifft auch für das Innenministerium zu – sollte ein Grundkonsens darüber herrschen, dass man eine Tätigkeit ausübe, die in der Öffentlichkeit Interesse finde und daher auch kritisch kommentiert werde. Deshalb dürfe nicht jede Kritik an Justiz und Behörden als Majestätsbeleidigung beziehungsweise als Anschlag auf die Unabhängigkeit missinterpretiert werden, sagt Fuhrmann.


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