Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 187

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In anderen Ländern ist Bildung und Wissen von der Budgetsanierung ausgenommen, in Österreich nicht. In Österreich werden Prüfungstaxen gestrichen und Studiengebühren eingehoben, als rein fiskalische Maßnahme ohne strukturelle Gegenleistung. – Zitatende. (Abg. Großruck: Prüfungstaxen haben mit Bildung nichts zu tun!)

Kollege Großruck, Ihnen müsste dieses Zitat bekannt sein, denn es stammt von einer Ihrer Referentinnen, die Sie in Alpbach gehört haben, nämlich von Frau Professor Friederike Hassauer, die dort in dieser Weise über die aktuelle Bildungs- und Hochschulpolitik geurteilt hat. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Großruck. ) Ich war nicht dort, Sie waren dort. Sie war Ihre Referentin, Sie haben sie eingeladen, und Sie sollten das, was Ihnen Leute darüber sagen, ein wenig ernst nehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Trotzdem haben Prüfungstaxen mit Bildung nichts zu tun!)

In diesem Referat gibt es auch noch ein anderes interessantes Zitat – diese Quelle ist überhaupt voll von Schmankerln. Man braucht nur in der "Presse", in der bürgerlichen Zeitung, nachzulesen. Es wird über eine blaue Wortmeldung, die Wortmeldung des Finanzministers Grasser, gesagt – ich zitiere auch wieder wörtlich –:

Blöde blaue Sumpfblüten vom Typ "Orchideenfächer brauchen wir nicht" sind daher nichts als politpubertäre Stilblüten, und die brauchen wir wirklich nicht. – Zitatende. Auch das ist ein Zitat von der ÖVP-Tagung in Alpbach! (Abg. Dr. Puttinger schüttelt den Kopf.)

Wieso schüttelst du so den Kopf? – Ich zitiere hier wörtlich aus einer Rede, die du schon kennst. (Abg. Dr. Puttinger: ... eine Diskussionsgrundlage!) Vielleicht kennen sie die Kollegen der Freiheitlichen Partei noch nicht, und es ist gut, dass die auch wissen, was der Koalitionspartner über Ihren Finanzminister beziehungsweise über eine seiner Äußerungen denkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Aus aktuellem Anlass, Frau Ministerin, möchte ich noch auf die Reformdiskussion zum Dienstrecht und auch zu den Fragen einer Organisationsreform zu sprechen kommen. Sie wissen, wir haben hier unsere Diskussionsbereitschaft öffentlich erklärt. Seit einigen Tagen hat sich aber die innenpolitische Situation doch drastisch verändert, und das hängt mit dem zusammen, was mit Präsident Sallmutter passiert ist. Präsident Sallmutter ist gegen jede geltende Rechtslage vom Sozialminister (Abg. Dr. Puttinger: Das stimmt ja nicht!) seines Amtes enthoben worden. (Abg. Dr. Puttinger: Das stimmt ja nicht!) Es ist von der Regierung gegen einen unliebsamen Kritiker mit einem direkten Durchgriffsrecht vorgegangen worden.

Das ist derzeit an den Universitäten nicht möglich. Wir haben auf der einen Seite pragmatisierte Dienstverhältnisse und auf der anderen Seite die Universitätsautonomie, die verfassungsrechtlich abgesichert ist. Wenn aber diese Universitäten dieses Dienstrecht nicht mehr haben, sondern nur mehr privatrechtliche Dienstverhältnisse – ich bitte Sie wirklich, nehmen Sie das, was ich da sage, ernst! – und auf der anderen Seite eine Organisationsform, bei welcher der oberste Eigentümervertreter der Minister oder die Ministerin ist, und dort dann ebenfalls dieses direkte Durchgriffsrecht möglich ist, dann bedeutet das, dass Sie mit einem Schlag all Ihre Kritiker an den Universitäten nicht mehr haben werden. Sie werden zwar noch da sein, aber sie werden sich nicht mehr trauen, den Mund aufzumachen.

Diese Dinge geben uns zu denken. Sie geben uns demokratiepolitisch zu denken, und sie geben uns auch zu denken, was die künftige Universitätsreform anlangt.

Eines möchte ich deutlich sagen: Wir werden einer solchen Freigabe der Universitätsbediensteten, der Schaffung einer Situation, in der sie nicht mehr frei forschen können, in der sie nicht mehr frei ihre Meinung sagen können, sicher nie zustimmen! (Abg. Dr. Puttinger: Unbegründet!)

Politpubertäre Stilblüten brauchen wir nicht – politpubertäre Stilblüten als Markenzeichen für einen wichtigen Mann in dieser Regierung, den Finanzminister.


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