Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 59. Sitzung / Seite 19

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Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Ich nehme diesen Ausdruck zurück. Ich weiß zwar nicht, ob es im deutschen Sprachraum oder in der deutschen Sprache ein Synonym für "bewusst die Unwahrheit sagen" gibt, aber ich nehme diesen Ausdruck mit Bedauern zurück.

Auch mir kocht der Zorn manchmal über, insbesondere dann, wenn von "Bildungsoffensive" geredet wird, aber die Zahlen im Budget eine völlig andere Sprache sprechen.

Herr Kollege Schweitzer! Sie haben vorhin einen Zwischenruf gemacht. Die Zahlen, die in unserem Dringlichen Antrag vorkommen, sind nicht frei erfunden, sie stammen ausnahmslos aus den offiziellen Daten des Finanzministeriums. (Beifall bei den Grünen.) Und Sie werden wohl imstande sein, die Übersicht 20 des Tabellenbandes zur Budgetrede nachzuschlagen, die so genannte "Funktionale Gliederung der Ausgaben des Bundes". Daraus geht ganz klar hervor, dass in Ihrer Regierungsperiode 2000 bis 2002 die Ausgaben für Bildung, Erziehung und Unterricht von 2,8 Prozent auf 2,5 Prozent des Sozialprodukts sinken und im kommenden Budgetjahr, im Jahre 2002, absolut sinken.

Sie können auch anhand dieser Daten nachvollziehen, warum die Direktorinnen und Lehrerinnen insbesondere an den Volksschulen im kommenden Herbst nicht wissen, was sie anbieten können: weil der Personalaufwand sinkt. Und es ist ganz leicht nachzuvollziehen, in welcher Größenordnung der Personalaufwand sinkt, wie viele Stellen beziehungsweise wie viele Stunden gestrichen werden müssen oder – das ist die große Alternative – um wie viel das Einkommen der LehrerInnen gekürzt werden muss, um mit dem budgetierten Personalaufwand auszukommen. (Abg. Großruck: Das ist ja abenteuerlich!)

Herr Kollege Schweitzer! Fragen Sie die LehrerInnen an den Schulen, nicht nur an den Volksschulen! Lassen Sie sich die Gehaltszettel zeigen, und Sie werden sehen, was bereits heuer passiert! Und dann erklären Sie den Betroffenen, dass es hier zu keinen budgetären Kürzungen kommt – wenn Sie sich trauen. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Situation ist schon heuer gegeben, Herr Kollege Schweitzer, und angesichts dieser Budgetdaten kann sie sich im Jahr 2002 nur verschärfen. Es wird weitere Stundenkürzungen geben, und es wird Kürzungen der Zahl von LehrerInnenstellen geben; das ist völlig eindeutig. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Bildungsministerin ist Frau Minister Gehrer von der ÖVP. Sie hat es in erster Linie zu verantworten, völlig richtig. Aber weil Kollege Schweitzer sich so hervortut mit seinen Zwischenrufen und weil die FPÖ bekannterweise Regierungspartei ist, schaue ich ihn die ganze Zeit an. Sie müssen das mit verantworten, was die Kollegin Gehrer und Ihr Finanzminister in diesem Fall, Minister Grasser, uns zumuten. (Beifall bei den Grünen.)

Am massivsten werden die Streichungen und Kürzungen sicherlich im Bereich der Zusatzangebote sein, im Bereich der so genannten unverbindlichen Übungen, im Bereich des Musikunterrichtes – brauchen wir nicht; Streichung! –, im Bereich des Haltungsturnens – brauchen wir nicht; Streichung! –, im Bereich des Theater-Spielens – brauchen wir nicht; Streichung! –, und so weiter und so fort.

Das ist Ihre Bildungspolitik – ganz zu schweigen von den Stunden der Stützlehrer, von den Förderstunden nicht nur für so genannte lernschwache Kinder, auch für die, die außergewöhnlich begabt sind. Was ist mit den Stunden im Bereich des so genannten muttersprachlichen Zusatzunterrichtes? – Ich kann mir schon vorstellen, dass der FPÖ das Wurscht ist. Ist das auch der ÖVP egal?

Ich komme wieder auf Wien zurück. Allein in Wien leben über 50 Prozent aller Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache. Die brauchen einen Förderunterricht, einen Zusatzunterricht in Deutsch und in ihrer Muttersprache – nicht nur aus humanitären Gründen, würde ich behaupten. Ich weiß schon, dass mit moralischen Appellen hier relativ wenig getan werden kann. Aber schon alleine aus wirtschaftlichen Gründen, Herr Khol, ist es notwendig, diese Kinder als


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