Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 96

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SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung Rednerin –: Ulli, welche Rolle spielst du?)

Sie haben gemeint, die NGOs seien in den letzten Wochen regelmäßig informiert worden. – Also ich kann Ihnen aus meiner Erfahrung sagen: Wir haben allen Informationen im Zusammenhang mit dieser UVP nachlaufen müssen. Nachdem die NGOs heute ihren Ausstieg aus diesem Prozess verkündet haben, ist wohl offensichtlich, dass sie nicht ausreichend informiert worden sind. Sie sind absolut unzufrieden damit, wie die ganze Sache gelaufen ist, und das ist wirklich ein Armutszeugnis für die Bundesregierung, weil sie da eine große Chance vergeben hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Kiss: Das ist doch unlogisch!) Das ist überhaupt nicht unlogisch.

Gestern gab es in Temelin den Störfall Nummer 15 seit der Inbetriebnahme im vergangenen Oktober. Wegen einer Vibration der Turbine ist Temelin wieder einmal vom Netz genommen worden. Mittlerweile hat das Kraftwerk schon den Namen "On/Off-AKW" bekommen, weil es permanent ein- und wieder ausgeschaltet wird. Und das Erstaunliche, worauf meine Kollegin Glawischnig schon aufmerksam gemacht hat, ist, dass Bundeskanzler und Umweltminister dazu schweigen.

Die unglaubliche Pannenserie der letzten Monate ist in keiner Weise kommentiert worden. Es hat keine diesbezügliche Aufforderung an unsere tschechischen Nachbarn gegeben. Seit den Verhandlungen zum "Melker Abkommen" gab es zum Thema Temelin einfach nur Schweigen im Walde. Dann darf man sich auch nicht wundern, wenn die NGOs nach monatelangem, geduldigem Darauf-aufmerksam-Machen sagen: Es reicht uns, wir haben jetzt einfach die Nase voll, und wir schauen uns das nicht mehr länger an!

Ich finde das sehr schade, weil das "Melker Abkommen" eigentlich auch eine sehr große Chance hätte sein können, eine große Chance, das Thema Temelin auf eine vernünftige Weise zu behandeln und die Sicherheitsmängel auch wirklich genau zu untersuchen. Offensichtlich ist diese große Chance leider von Seiten der Bundesregierung vergeben worden, denn ohne die NGOs wird es sehr schwierig sein, dort eine UVP durchzuführen, die dann auch wirklich akzeptiert werden kann.

Herr Staatssekretär! Sie haben das jetzt so dargestellt, als ob mit dieser Umweltverträglichkeitsprüfung ohnehin alles klar wäre und als ob alles auf dem Tisch läge. Ich finde aber, es gibt nach wie vor einige offene Fragen, Fragen, die nach wie vor nicht geklärt sind. Wir haben seit Monaten eine Offenlegung gefordert: Wie soll der Zeitplan ausschauen? Wann wird es die öffentliche Anhörung geben?

Ich höre jetzt zum ersten Mal, dass schon ein Termin ins Auge gefasst ist. Bisher hat niemand gewusst, ob es eine Anhörung in Österreich, in Tschechien oder in beiden Ländern geben wird und wie es dabei mit der Bürgerbeteiligung aussehen wird. (Zwischenruf des Abg. Kopf. )

Herr Kollege Kopf! Das müssen leider auch Sie zur Kenntnis nehmen, dass die NGOs ausgestiegen sind. Sie müssen sich diesbezüglich selbst bei der Nase nehmen, weil Sie offensichtlich nicht in der Lage waren, die Umweltorganisationen ausreichend und zufriedenstellend einzubinden und sich für diese Umweltverträglichkeitsprüfung auch wirklich genügend einzusetzen.

Sie wissen ganz genau, dass wir im Hohen Haus bezüglich Temelin immer versucht haben, gemeinsam zu agieren. Es hat sehr viele Vierparteienanträge gegeben, weil es wirklich auch ein Anliegen der Opposition war, in dieser Sache gemeinsam vorzugehen. Wenn Sie so ein Kapital einfach verspielen, weil es Ihnen irgendwie kein besonderes Anliegen ist, weil Sie mit den Ambulanzgebühren überlastet sind oder was auch immer, dann finde ich das wirklich sehr bedauerlich. Das war eine große Chance, die heute vergeben worden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nach wie vor nicht völlig klar: Bei der UVP soll auch eine Nullvariante überprüft werden. Und die Zeitvorgabe, die mit Ende Juni angegeben wurde, ist völlig unrealistisch und nicht einzuhalten. Man darf sich nicht wundern, wenn es dann Proteste gibt. Sie stehen heute in Wahrheit vor den Scherben von Melk, das muss ich mit großem Bedauern feststellen.


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