Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 26

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Sie haben davon gesprochen, dass das Dienstrecht unter Umständen Schicksale schafft. Ich darf Ihnen dazu nur sagen: Herr Kollege Niederwieser! Auch auf der Universität wird man sich damit anfreunden müssen, dass man, wenn ein Dienstverhältnis angeboten wird und man sich um ein konkretes Dienstverhältnis bewirbt, dann nicht sofort bis zum Schluss pragmatisiert wird. Dass zeitlich befristete Dienstverhältnisse im tertiären Bildungswesen international durchaus üblich sind, das können Sie nicht wegdiskutieren. Ich glaube, da sollte man die Kirche tatsächlich im Dorf lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Wissenschaft wird nicht zu Grunde gehen, nur weil wir jetzt die Notbremse ziehen, um nicht für die Zukunft Manövriermassen für einen künftigen Universitätsmanager oder ein Managergremium zu nehmen. Es wäre ein fataler Zugriff auf die Zukunft, würden wir heute nicht eingreifen – Sie wissen das sehr wohl – und damit für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Zukunft alles verbauen, weil wir dann auf fünf, zehn oder 15 Jahre keinen einzigen jungen Wissenschaftler mehr beschäftigen könnten. Das ist das Problem.

Unter vier Augen beziehungsweise im Ausschuss, in der allgemeinen Debatte, ist man sich in der Analyse auch immer einig. Das Ziel ist in etwa auch noch gleich. Der Weg dorthin stört Sie. Aber das ist durchaus üblich.

Und eines lassen wir uns als Regierungsparteien oder als Regierung insgesamt nicht nehmen: Die Wissenschaftspolitik wird letztendlich nicht von den Standesvertretern auf der Universität gemacht, sondern von den Politikern, die spätestens bei den Wahlen auch den Kopf dafür hinhalten müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nicht der Standesvertreter hat letztendlich Reformen zu vertreten, sondern immer die Politik. Genau das ist es, was es zu reformieren gilt, wenn man sieht, dass es in der Vergangenheit immer ein einfacher Weg war, bloß den Pfad ins Ministerium zu beschreiten, um "Geld!" zu schreien, keine innovativen Gedanken, keine evaluierten Gedanken einzubringen, dann als Rektor, Institutsleiter oder Professor an die Universität zurückzugehen und zu sagen: Ich habe gekämpft wie ein Löwe, aber ich habe von der Frau oder vom Herrn Minister kein Geld bekommen. Die sind schuld, ich kann nichts dafür.

Das war der alte Weg, und den werden wir modernisieren – mit Ihrer Hilfe oder auch ohne Ihre Hilfe. Sie können es sich aussuchen.

Es heißt auch immer, auf den Universitäten gibt es zu wenig Geld. Ich schaue mir nur einmal das Vorlesungsverzeichnis an unter: "Europäische Ethnologie". (Abg. Mag. Posch: Typisch!) Jetzt gehe ich nicht unbedingt auf die Freiheit der Wissenschaft los, aber schließlich wird man doch hinterfragen dürfen: Was soll der Steuerzahler noch zahlen? (Abg. Dr. Cap: Wenn der Tag lang ist!)

Wenn ein Student dort eine Staatsprüfung ablegen will, muss er ein Proseminar "Kultur des politischen Widerstandes" besuchen. (Abg. Dr. Cap: Ja, und?) In der Erläuterung wird ausgeführt: Die Kunst der Stunde ist Widerstand. – So lautet das Programm-Motto. – Es geht weiter: Die Tatsache, dass dank der Steigbügelhalterfunktion der ÖVP mit der FPÖ eine nachweislich rassistische und fremdenfeindliche sowie vor allem auch kunstfeindliche Partei mit rechtspopulistischen Tendenzen in die Regierung eingetreten ist, hat in Österreich und besonders in Wien eine breite Protest- und Widerstandsbewegung hervorgerufen. (Abg. Mag. Schender: Unglaublich!)

Zum Inhalt der Lehrveranstaltung: In der Lehrveranstaltung soll die Breite und Kreativität dieser Widerstandskultur erfasst, Materialien aus der Szene gesammelt und die These vom Widerstand als neue Volkskultur überprüft werden.

Aufgabenstellung zur Lehrveranstaltung: Die TeilnehmerInnen haben kleine Recherchen zur neuen Widerstandskultur durchzuführen und Beiträge von einzelnen Kulturschaffenden und Kulturinitiativen darzustellen. (Abg. Mag. Schender: Unglaublich! Diplomierte Demonstrierer werden da ...! – Abg. Öllinger: Was zitieren Sie? Zeigen Sie das her!)


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