Stenographisches Protokoll

66. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Montag, 2. April 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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66. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Montag, 2. April 2001

Dauer der Sitzung

Montag, 2. April 2001: 16.28 – 22.59 Uhr

*****

Tagesordnung

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2002 samt Anlagen

Beratungsgruppe VI: Bildung und Kultur; Wissenschaft

Beratungsgruppe X: Verkehr, Innovation und Technologie

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 5

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 5

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 5

Ausschüsse

Zuweisung 5

Verhandlungen

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (500 und Zu 500 d. B.): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2002 samt Anlagen
(540 d. B.) 5

Beratungsgruppe VI: Kapitel 12: Bildung und Kultur, Kapitel 14: Wissenschaft 6

Redner:

Dr. Dieter Antoni 6, 52

Dr. Gertrude Brinek 8


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66. Sitzung / Seite 2

Dieter Brosz 9

Mag. Karl Schweitzer 14

DDr. Erwin Niederwieser 16

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 19

Dr. Andrea Wolfmayr 21

Dr. Kurt Grünewald 22

Dr. Martin Graf 25

Beate Schasching 27

Mag. Johanna Mikl-Leitner 30

Mag. Ulrike Lunacek 31

Dr. Gerhard Kurzmann 33

Mag. Walter Posch 34

Dr. Günther Leiner 36

Christian Faul 36

Hans Sevignani 38

Mag. Christine Muttonen 39

Mag. Dr. Udo Grollitsch 40

Franz Riepl 42

Mag. Rüdiger Schender 43

Gabriele Heinisch-Hosek 44

Jutta Wochesländer 46

Mag. Kurt Gaßner 47

Dr. Sylvia Papházy, MBA 48

Mag. Brunhilde Plank 49

Mag. Gerhard Hetzl 51

Dr. Robert Rada 52

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend Befreiung Studierender aus Entwicklungsländern von Studiengebühren – Ablehnung 33, 54

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Brunhilde Plank, Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf, Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend verbesserte Studienförderung bei Auslandsstudien – Annahme (E 79) 51, 54

Annahme der Beratungsgruppe VI 53

Beratungsgruppe X: Kapitel 65: Verkehr, Innovation und Technologie 54

Redner:

Kurt Eder 54

Mag. Helmut Kukacka 57

Dr. Evelin Lichtenberger 58

Mag. Reinhard Firlinger 61

Friedrich Verzetnitsch 63

Bundesministerin Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger 65

Matthias Ellmauer 67

Dr. Gabriela Moser 68

Anton Wattaul 71

Josef Edler 71

Mag. Karin Hakl 73

Theresia Haidlmayr 74

Andreas Sodian 77

Sophie Bauer 78

Mag. Johanna Mikl-Leitner 78

Dr. Kurt Grünewald 79


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66. Sitzung / Seite 3

Johann Kurzbauer 81

Gabriele Binder 81

Ernst Fink 82

Karl Dobnigg 83

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 85

Mag. Brunhilde Plank 85

Johannes Zweytick 87

Ing. Kurt Gartlehner 87

Hermann Gahr 88

Heinz Gradwohl 89

Helmut Dietachmayr 90

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 91

Gerhard Reheis 93

Mag. Maria Kubitschek 94

Emmerich Schwemlein 96

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 96

Dr. Robert Rada 97

Annahme der Beratungsgruppe X 98

Eingebracht wurden

Bericht 5

III-94: Gesundheitsbericht 2000 (Berichtszeitraum 1996–1998); BM f. soziale Sicherheit und Generationen

Anfragen der Abgeordneten

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Schließung von Außenstellen der Sozialversicherung (2263/J)

Kurt Eder und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend weitere Verschiebung des Road-Pricing für LKW (2264/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend unzumutbare Belastungen der Autofahrer und Pendler (2265/J)

Gabriele Binder und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend aktuelle Fragen der Verkehrssicherheitspolitik (2266/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Genossen (1854/AB zu 1810/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (1855/AB zu 1820/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (1856/AB zu 1822/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (1857/AB zu 1828/J)


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66. Sitzung / Seite 4

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen (1858/AB zu 1832/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz und Genossen (1859/AB zu 1851/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1860/AB zu 1958/J)

 

 


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66. Sitzung / Seite 5

Beginn der Sitzung: 16.28 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich eröffne heute, Montag, 2. April 2001, um 16.28 Uhr die für diesen Zeitpunkt einberufene 66. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet für diese Sitzung sind folgende Abgeordnete: Amon, Ing. Gerhard Bauer, Gaugg, Ortlieb, Dr. Glawischnig, Dr. Povysil und Schieder.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Bundesminister für Landesverteidigung wird durch den Herrn Justizminister vertreten.

Der Herr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird durch Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer vertreten.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich eingelangter Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich auf eine im Sitzungssaal gegebenenfalls zu verteilende Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 1854/AB bis 1860/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Gesundheitsausschuss:

Gesundheitsbericht 2000 des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen (Berichtszeitraum 1996 bis 1998) (III-94 der Beilagen).

*****

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (500 und Zu 500 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2002 samt Anlagen (540 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Tagesordnung ein, und ich nehme die vertagten Verhandlungen über den Staatshaushalt für das Jahr 2002 wieder auf.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde die Frage der Dauer der Debatte beraten und folgender Konsens erzielt:

Es ist eine Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden" vorgeschlagen, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 176 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 131 Minuten, Grüne 104 Minuten.


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Die Redezeit des für die jeweilige Beratungsgruppe zuständigen Mitgliedes der Bundesregierung, die 20 Minuten überschreiten sollte, beziehungsweise die Redezeit eines Staatssekretärs, die 10 Minuten überschreiten sollte, wird auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion angerechnet, das heißt, sie wird von der Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion abgezogen.

Ferner soll die Redezeit ressortfremder Regierungsmitglieder zur Gänze der entsprechenden Regierungsfraktion angerechnet werden.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden. Ich frage, ob es dagegen Einwendungen gibt. – Dies ist nicht der Fall. – Damit ist das einvernehmlich so beschlossen .

Beratungsgruppe VI

Kapitel 12: Bildung und Kultur

Kapitel 14: Wissenschaft

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Verhandlung über die Beratungsgruppe VI, Bildung, Kultur und Wissenschaft.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Daher können wir sogleich in die Debatte eingehen. Laut Rednerliste ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni als erster Redner zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 12 Minuten. – Bitte.

16.32

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir kommen zurück zu den Verhandlungen über das Budget. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Besonderen im Bildungsbereich muss die sozialdemokratische Fraktion schon festhalten, dass die FP/VP-Regierung unseres Erachtens in unverantwortlicher Weise bei einer der wichtigsten und wesentlichsten Zukunftsfragen für unsere jungen Menschen, nämlich bei Bildung, Ausbildung und Weiterbildung spart. (Beifall bei der SPÖ.)

Anstatt endlich eine Bildungsoffensive zu starten, in Bildung zu investieren, wird trotz eines Wirtschaftswachstums und entgegen aller Versprechungen und Ankündigungen mit einer Rasenmähersparmethode über alle Bildungsbereiche drübergefahren. Bildungspolitik – ich glaube, ich schätze das richtig ein – ist bei dieser Regierung derzeit mit Sicherheit kein Schwerpunkt, sondern ein zentraler Schwachpunkt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein kurzer historischer Rückblick, meine Damen und Herren: Als die SPÖ 1970 die Regierungsverantwortung übernahm, lag der Anteil des Unterrichtsbudgets am BIP bei lediglich 2,2 Prozent – ein Erbe der konservativen ÖVP-Alleinregierungszeit. Es ist der SPÖ in den siebziger und in der Folge in den achtziger Jahren gelungen, diesen Anteil auf nahezu 3 Prozent hinaufzupushen. Mit einer enormen Kraftanstrengung wurden damals Hunderte allgemeinbildende höhere und berufsbildende Schulen in allen Bezirken in ganz Österreich errichtet, Tausende neue Lehrerinnen und Lehrer zusätzlich in den Schuldienst gestellt, die Schulbuchaktion eingeführt, die Schülerfreifahrten garantiert. Eine deutliche Erhöhung der Chancengerechtigkeit war das Ergebnis. Der Weg zu höherer Bildung für alle jungen Menschen Österreichs wurde damit geöffnet.

Seit diese Bundesregierung im Amt ist, ist der Anteil des Unterrichtsbudgets am BIP kontinuierlich gesunken. Im Jahre 2000 betrug er nur noch 2,7 Prozent, im Jahre 2001 gab es ein Absinken auf 2,6 Prozent, und für das Jahr 2002 findet sich im Budget abermals ein historischer Tiefstand von nur 2,49 Prozent.


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Was heißt das, geschätzte Damen und Herren? – Die Wendepolitik wurde auch in der Bildung vollzogen. "Speed kills" hält Einzug an den Schulen. Wohin das führt oder führen kann, wissen wir sehr deutlich aus Erfahrungen in anderen Ländern. Das öffentliche Bildungswesen in Großbritannien leidet heute noch an der von Margaret Thatcher damals betriebenen Aushungerungspolitik der öffentlichen Schulen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brosz.  – Abg. Dr. Brinek: Jetzt gibt es aber schon einige Zeit Tony Blair!)  – Ja, aber der Rückschlag, Frau Kollegin Brinek, war so dramatisch, dass selbst Blair mit seinen Bildungsoffensiven den Stand der Zeit vor Margaret Thatcher nicht herstellen konnte. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek. ) Glauben Sie mir, ich war, bevor Margaret Thatcher an die Regierung kam, in England und habe mir in meiner damaligen Funktion das englische Bildungswesen angesehen. Es war wirklich beglückend, wie dort mit Kindern gearbeitet wurde.

Meine Damen und Herren! Eine abermals sehr deutliche Antwort auf Ihre – ich würde sagen – unsoziale Rasenmähersparpolitik haben Ihnen ja wohl die Wiener Wählerinnen und Wähler gegeben. Ihre ideenlosen Sparmaßnahmen im Bildungsbereich haben das Wahlergebnis sicherlich nicht unwesentlich beeinflusst, und weitere Denkzettel werden folgen. Glauben Sie mir eines: Die Betroffenen werden das nicht so hinnehmen und sich das nicht gefallen lassen. Ich darf Sie nur an die Reaktionen der Vorarlberger Lehrerinnen und Lehrer erinnern. Auch die Eltern der Schüler, die unlängst im Fernsehen zu sehen waren, haben eine überaus deutliche Sprache gesprochen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie schrecken auch nicht davor zurück, eine Studentensteuer einzuführen. Mit Ihrem Slogan "Speed kills" haben Sie den Weg der Chancengerechtigkeit für alle, den die SPÖ jahrzehntelang geprägt hat, einfach abrupt verlassen. Mit Ihrer "LehrerInnen raus!"-Politik setzen Sie den guten Ruf der österreichischen Schule willkürlich aufs Spiel. Allein ab dem kommenden Schuljahr 2001/2002 wird es im Pflichtschulbereich 2 118 Planstellen weniger geben. Dazu kommen 1 300 Planstellen an allgemeinbildenden und berufsbildenden höheren Schulen, die es weniger geben wird. Das sind nur Planstellen. Es wird sich in Summe um mindestens 5 000 bis 6 000 Lehrerinnen und Lehrer handeln. Und das ist erst der Anfang, denn wir alle wissen ganz genau, dass der Finanzausgleich mit seinen Folgen noch Weiteres nach sich ziehen wird.

Sie haben sich vollkommen der Nullen-Erotik und dem Zahlendiktat der Vizekanzlerin und des Finanzministers unterworfen. Sie, sehr geehrte Frau Bundesminister, sind nicht mehr in der Lage, eine eigenständige Bildungspolitik zu betreiben. Sie schieben ja auch permanent jegliche Verantwortung von sich weg: Das Bildungsdesaster haben andere verschuldet! (Abg. Mag. Schweitzer: So ist es, Dieter!)  – Und das, meine Damen und Herren, ist keine verantwortungsbewusste Bildungspolitik, wenn sich die Frau Bildungsministerin nicht mehr für Bildung zuständig fühlt beziehungsweise nicht mehr dafür verantwortlich sein will.

Die Ankündigungen des Herrn Bundeskanzlers in der Regierungserklärung, die Inhalte des Regierungsprogramms, aber auch die Inhalte Ihrer vielen Sonntagsreden von der so genannten Bildungsoffensive, von der Qualitätsoffensive, von der Fremdsprachenoffensive, von der Technologieoffensive, ja von der Schwerpunktsetzung im Bereich der Weiterbildung und der Erwachsenenbildung sind in Wirklichkeit heute bereits Makulatur. Wie sieht denn die Praxis aus? – Die berufsbildenden höheren Schulen sind hoffnungslos überfüllt. Das wird ignoriert. Es gibt keine zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrer, keine zusätzlichen Werteinheiten, keine zusätzlichen Schulplätze, keinen zusätzlichen Schulraum, keine Ausstattung für diese Schulen, keine Investitionen in die notwendige Fremdsprachenoffensive – weder an den Schulen, noch im Bereich der Lehrerfort- und -weiterbildung. Die "Technologie-Milliarde" tröpfelt nur langsam herein; bis jetzt ist das viel zu wenig.

Sie setzen auch keine Initiativen für Ausbildungsplätze von Jugendlichen, die keine Lehrplätze finden. Wir werden im Herbst 1 200 praxisorientierte Ausbildungsplätze brauchen. Sie setzen weiters keinerlei zusätzliche Initiativen für das Nachholen von Bildungsabschlüssen, sei es in der Hauptschule, sei es in der Berufsschule oder im Bereich der Berufsreifeprüfung.

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Das alles scheint Sie nicht zu interessieren. Sie ignorieren alle Meinungen von Bildungsexperten, die unisono feststellen, dass es auf Grund der ideenlosen


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Sparmaßnahmen im Bildungsbereich zu einem massiven Qualitätsverlust im österreichischen Bildungswesen kommen wird. Wir Sozialdemokraten unterstützen diese Aussage und diese negative Erwartung zu 100 Prozent. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Die Uhr ist auf eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 10 Minuten eingestellt. (Abg. Dr. Brinek  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich habe gehört, ich sollte mich kürzer fassen!) Wir hören Ihnen immer gerne zu, Frau Abgeordnete. – Bitte. (Abg. Dr. Brinek: Danke für diese Einladung! Aber ich glaube, mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Stunde ...! Also beginne ich nun!)

16.41

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich kann die Hypothesen meines Vorredners, des Kollegen Antoni, widerlegen und ihm zwei, drei Dinge aus dem Bildungs- und dem Wissenschaftsbereich nennen.

Die Bundesregierung hat Wissenschaft, Bildung und Forschung zum Schwerpunkt gemacht und beispielsweise 7 Milliarden Schilling für Forschung reserviert. Die Universitäten leisten dazu mit ihrem Forschungsprogramm einen maßgeblichen Beitrag beziehungsweise übernehmen einen Teil davon. Hierbei geht es um Arbeitsplätze an den Universitäten, um nachhaltige Forschungsergebnisse, die wieder Arbeitsplätze schaffen, und so weiter. Das ist daher ein ernst zu nehmender Schwerpunkt.

Ein weiteres Beispiel: 500 Millionen Schilling zur Verbesserung der Studienbedingungen sind für das laufende Jahre bereits vergeben. Das heißt, die zuständige Kommission hat unter Einbeziehung der Universitäten gut gearbeitet. Es wird bereits am nächsten Projekt gearbeitet, es werden die Themen für 2002 vergeben; Umfang: 1 Milliarde Schilling.

Meine Damen und Herren! Nicht nur daran – aber daran maßgeblich – lässt sich die Schwerpunktsetzung erkennen.

Was wird uns in Zukunft beschäftigen? – Das wird die Sicherstellung – bei gleichzeitiger Mobilität – des wissenschaftlichen Personals sein. Es geht um ein gutes Verhältnis zwischen Flexibilität und Kontinuität bezüglich der Dienstverhältnisse. (Abg. Mag. Posch: Werden Sie auch ...?) Aus diesem Grund geht es darum, dass junge Wissenschafterinnen und Wissenschafter, die hoch qualifiziert vor der Tür warten, eine Chance haben, Mitglied des Universitätsteams, des Kreises der ForscherInnen- und UniversitätslehrerInnen zu werden. Es geht aber auch darum, engagierten Männern und Frauen die Möglichkeit zu geben, nach einem Sabbatical – oder nennen Sie es, wie immer Sie wollen – und einer Tätigkeit in anderen Bereichen wieder auf qualifizierter Ebene in die Universität einzusteigen. (Abg. Schasching: ... Lebensplanung von jungen Menschen!)

Ich halte es daher vor allem für den Übergang in die volle Rechtsfähigkeit für sinnvoll, dass die jeweilige Universität über einen Punktepool verfügen soll – die Frau Ministerin hat die Idee bereits vorgestellt –, aus dem die Universität Ressourcen für befristete und unbefristete Dienstverhältnisse schöpfen kann. Als Rahmenvorgabe stelle ich mir vor, dass es Minimum- und Maximumnormen sowie die Orientierung an der Altersstruktur des jeweiligen Institutsteams geben soll. Es macht einen Unterschied, ob ich junge Mitarbeiter gewissermaßen mit der Lupe suchen muss oder ob ich in einer bestimmten Weise von einem permanenten Staff, der dort noch lange qualifiziert fix arbeiten wird, ausgehen kann.

Meine Damen und Herren! Das Teilergebnis zum Dienstrecht, das Dienstgeber und Gewerkschaft in den Verhandlungen erreicht haben, ist zu begrüßen. Ich bin wie Sie alle darüber informiert, dass in den nächsten Tagen weiterverhandelt werden wird. Die bisher vorliegenden Details lassen mich auf ein gutes Gesamtergebnis hoffen.

Worin bestehen diese Details? – Es geht etwa um den Einstieg in die wissenschaftliche Arbeit über eine vierjährige Tätigkeit als Assistent in Ausbildung. Meine Damen und Herren, gemäß


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UOG 1975 und davor war die Assistentenkarriere immer eine Art Ausbildungsverhältnis. Es soll auch künftig typischerweise mit der Dissertation enden.

Weiters betrifft es die Bewerbung um eine Assistentenstelle, welche mit der Habilitation oder einer gleichwertigen Qualifikation endet und damit die Voraussetzung für ein weiteres Ergebnis bildet, nämlich für die Bewerbung um eine befristete und/oder eine unbefristete Professur. Diese Qualifizierung soll meiner Ansicht nach – da sind jetzt die Sozialpartner gefordert, gut zu verhandeln – auch allen jetzt befristet Bediensteten in einer zumutbaren Weise offen stehen. Das gilt in besonderer Weise für Frauen, weil sie dann höchst qualifizierte Playerinnen, Mitspielerinnen in der Bewerbungsfrage um gute Professorenstellen sind.

Was bereits erreicht wurde und zu begrüßen ist, ist der Vertrauensschutz, der für all jene gilt, die als provisorische Beamte den entsprechenden Qualifizierungsnachweis erbringen und damit die Voraussetzung für die definitive Übernahme in den öffentlichen Dienst nachweisen.

Meine Damen und Herren! Einige Zahlen des engagierten Budgetprogramms der Bundesregierung habe ich exemplarisch genannt; Details können Sie in den Budgetheften nachlesen. Es ist eine absolute und relative Steigerung festzustellen, die auch im Wissenschaftsbudget erreicht werden wird.

Ein abschließender Gedanke – und diesen Appell richte ich nicht an die hier Anwesenden; sie sind davon ausgenommen –: Tun wir bitte nicht so, als wäre Österreich allein in einer bestimmten Reform- und Erneuerungswut unterwegs! Das ist nicht so, sondern in ganz Europa arbeiten unsere Nachbar- und Mitstreiterländer an der Reform der Universität. In Manifesten und Plädoyers arbeiten sie an der Erneuerung. (Abg. Mag. Posch: "Reformwut" ist ein gutes Wort!) Das heißt, überall geht es um die Verlagerung von Entscheidungsstrukturen von der Zentralverwaltung hin zur autonomen Universität.

Ich habe in den letzten Wochen – wie vielleicht Sie alle – viele Gespräche führen können, und da hat sich gezeigt, dass diese Entscheidungsverlagerung in den Universitätsbereich zumindest im Gespräch unter vier Augen gewünscht wird. Man sagt nur dazu: So richtig können wir es noch nicht, aber ohne Lernen wird es wohl nicht gehen. Wenn also Universitäten Stätten des Lernens, der Veränderung und der Reform sind, dann wird dieses Lernen auch im Sinne der Selbstanwendung der Fall sein müssen.

Ein weiterer abschließender Gedanke: Ich meine auch, dass die vielfach befürchtete Total-Ausrichtung an bildungsökonomischen Maximen – mit dem Schwerpunkt auf "ökonomisch" – dann unterbleiben wird, wenn die Universität selbstständig und selbstverständlich formuliert, was heute, am Beginn dieses Jahrtausends, zur Universität gehört. Ich zähle dazu ganz bestimmt die Verankerung der Struktur, des Wesens und die Kraft der Geisteswissenschaften. Mancherorts ist deren Funktion in der Tat bezweifelt worden. Aber nur die Geisteswissenschaften selbst können ihre Leistungsfähigkeit und ihre Kompetenz artikulieren.

Ich schließe mit einer schönen Formulierung, die ich beim Philosophen Odo Marquard gefunden habe. Er sagt: Sensibilisierung, Bewahrung und Orientierung, das sind die vornehmsten Aufgaben der Geisteswissenschaften. – Sie sind in der österreichischen Universitätslandschaft noch sehr gut verankert, und ich wünsche mir, dass das so bleibt, dass es aber die zitierte Erneuerung gibt, die dort, das heißt am Ort der Geisteswissenschaften selbst, als notwendig angesprochen wird. Dazu braucht es Geld, aber nicht nur Geld, sondern auch viel Reformkraft, die ich mir wünsche. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. Welche Redezeit wünschen Sie? (Abg. Brosz  – auf dem Weg zum Rednerpult –: 12 Minuten!)  – Bitte.

16.48

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Kollegin Brinek hat wieder erwähnt, dass dieses Budget und diese Bildungspolitik etwas mit einer Bildungs


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offensive zu tun haben sollen. Auch Sie, Frau Bundesministerin, haben das in den vergangenen Wochen immer wieder betont.

Ich versuche hier, in dieser Debatte zum Budgetkapitel Bildung, noch einmal, dies aus unserer Sicht klarzustellen. Sie werden wahrscheinlich wieder sagen, dass die Daten aus dem Budgetheft des Herrn Finanzministers "unwahr" sind. Es mag sein, dass die Daten von Herrn Grasser unwahr sind – dann weiß ich allerdings nicht, welche Zahlen wahr sind. Jedenfalls steht das im Budgetheft drin, was ich Ihnen sagen werde, auch wenn Sie wieder behaupten sollten, dass alles anders sei.

Der erste Punkt ist Folgender: Es ist richtig, dass dieses Bildungsbudget in absoluten Zahlen den höchsten Betrag aufweist. Man muss sich allerdings ansehen, wie sich die Steigerung in den letzten Jahren entwickelt hat. Frau Bundesministerin, Sie haben vor genau einem Jahr, am 6. März 2000, Folgendes gesagt – ich zitiere Sie jetzt –: Klar sei, dass allein die Lehrerkosten um 4,5 Prozent steigen. 3 Prozent davon seien strukturbedingt, etwa durch Vorrückungen, 1,5 Prozent durch Gehaltserhöhungen, und die Personalkosten müssten auf jeden Fall abgedeckt sein.

Wenn ich jetzt nichts anderes mache, als Sie zu zitieren und bei Ihnen nachzurechnen, dann komme ich auf folgendes Ergebnis: Bei 4,5 Prozent wären es in drei Jahren – Daumen mal Pi gerechnet – wesentlich mehr als 10 Prozent an Steigerung, die notwendig gewesen wären. Betrachtet man aber von 1993 an das Budget, so sieht man – und jetzt kommen wir zu dem zurück, was Sie immer als "unwahr" oder "halb wahr" bezeichnet haben –, dass in diesem Budgetheft des Herrn Finanzministers zwei verschiedene Tabellen enthalten sind, nämlich das finanzwirtschaftliche Budget und das funktionelle Budget.

Beim funktionellen Budget sehen Sie – und das ist eine wirklich traurige Erkenntnis –, dass in drei Jahren in Summe eine Steigerung von genau 1 Prozent stattgefunden hat. Das ist die "Bildungsoffensive", von der Sie sprechen. Offenbar sehen Sie die fehlenden 10 bis 12 Prozent als eine Offensive an. – Ich würde sagen: Das ist ein eklatanter Bildungsabbau! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Auf eines haben Sie in den letzten Debatten aufmerksam gemacht – ich habe mir gedacht, auch da schaue ich gerne noch einmal nach, ob das stimmt, was Sie sagen –, nämlich dass dieses Budget, gemessen am Anteil an den Gesamtausgaben des Budgets, den höchsten prozentuellen Anteil hätte. Ihr Argument war ja: Es wird überall gespart, also auch bei der Bildung, aber im Verhältnis ist es immer noch hoch geblieben.

Frau Ministerin! Auch hier muss ich Sie korrigieren. Ich zitiere wieder die "unwahren" oder "halb wahren" Aussagen des Finanzministers – Sie brauchen nur im Budgetheft nachzulesen –: Der prozentuelle Anteil des Bildungsbudgets betrug im Jahr 1993 – dem ersten Jahr, das darin aufscheint – 9,87 Prozent. Im Jahre 2002 werden es 9,66 Prozent sein. – Sie hatten also hier ebenfalls Unrecht. Auch in dieser Hinsicht muss man feststellen, dass es bei weitem nicht der höchste Anteil, sondern ein geringerer Anteil ist.

Man kann einfach nur feststellen: Es ist ein Sparpaket!

Es gibt eine wesentliche Größe, an der man die Ausgaben messen muss, und zwar das Bruttoinlandsprodukt. Das haben wir schon in der Sondersitzung klargelegt und auch tabellarisch nachgewiesen: Der Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt ist in den letzten zehn Jahren um 0,5 Prozent gefallen. 0,5 Prozent von einem Bruttoinlandsprodukt in Höhe von momentan 3 000 Milliarden Schilling – das bedeutet, es sind in den letzten zehn Jahren 15 Milliarden Schilling weniger geworden.

Wenn Sie unter diesen Voraussetzungen davon sprechen, dass das eine Bildungsoffensive sei, dann wundert es mich nicht, dass Ihnen das in den Schulen und an den Universitäten einfach niemand glauben kann. Es ist nicht so! Ich würde sagen, es ist nicht einmal ein Sparpaket, sondern wirklich ein Kürzungspaket. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Ich möchte zum Bereich der Schule kurz in ein paar Sätzen aufzeigen, was das konkret bedeuten wird. Zum Bereich der Universitäten wird dies Kollege Grünewald nachher noch genau darlegen.

Sie sprechen von Strukturmaßnahmen. Bei diesem Wort denkt man, das sei irgendetwas Großartiges und Weitreichendes. Ich habe mir dann überlegt, worin diese Strukturmaßnahmen bestehen – abgesehen davon, dass die Lehrer länger unterrichten müssen, dass sie für den längeren Unterricht weniger Geld bekommen werden und dass die Rahmenbedingungen schlechter werden, indem zum Beispiel die Klassenschülerzahlen steigen. Wenn das für Sie Strukturmaßnahmen sind, dann tut mir das für die österreichische Bildungspolitik Leid.

Ich denke, es wäre wahrlich einiges an Strukturmaßnahmen notwendig. Da möchte ich jetzt nur einmal an Möglichkeiten der Zusammenfassung von Schultypen erinnern, und auch an die Möglichkeit, einmal darüber nachzudenken, ob diese Aufsplitterung wirklich notwendig ist. All das wären Dinge, über die man wirklich strukturell diskutieren könnte.

Aber darum geht es Ihnen nicht. Strukturmaßnahmen haben bei Ihnen nur eine einzige Ausrichtung, und die heißt: budgetäre Maßnahmen. Von inhaltlichen Maßnahmen, die wirklich Auswirkungen auf die Schulqualität und die Bildungsqualität hätten, sind wir weit entfernt.

Ich habe die Klassenschülerzahlen erwähnt. Auch Sie haben mittlerweile zugegeben, dass sie steigen werden. Da möchte ich nur auf eines aufmerksam machen. Sie sagen immer: Schauen wir nicht auf die Klassenschülerhöchstzahlen – die werden eh nicht erreicht –, sondern schauen wir auf den Durchschnitt.

Wir hatten dazu letzte Woche eine Debatte. Es gibt in Österreich 3 300 Schulklassen, in denen die gesetzlichen Klassenschülerhöchstzahlen schon jetzt überschritten werden. Es gibt diesen Puffer in den AHS und BHS, Sie wissen das; 3 300 Klassen liegen schon jetzt darüber. Da Sie immer wieder sagen, die Durchschnittszahlen seien nicht so hoch, frage ich Sie: Was haben jene Schüler, die in Klassen mit 36 SchülerInnen sitzen, davon, dass Sie sagen, es gibt ohnehin Klassen, in denen es wesentlich weniger sind? Was haben jene LehrerInnen, die in solchen Klassen unterrichten müssen, davon, zu wissen, es gibt woanders kleinere Klassen?

Es geht darum, diese Bedingungen zu verändern, endlich von den Riesen-Klassen, die ja nicht mehr an eine Modernisierung des Schulsystems denken lassen, wegzukommen, hin zu einem modernen Unterricht. Für diesen wäre – das würde ich auch so sagen – nicht allein die Klassenschülerzahl das Kriterium, aber unter anderen Bedingungen, in kleineren Klassen könnte man anderen Unterricht machen. Das wäre das, wohin wir gerne kommen würden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Wie soll das gehen? – Abg. Schasching  – in Richtung des Abg. Mag. Schweitzer –: Ich erkläre es Ihnen gern, Herr Kollege!)

Am massivsten davon betroffen sind die Zusatzangebote in den Bereichen Integration oder sprachliche Fördermaßnahmen. (Abg. Mag. Schweitzer: Erhöhte Lehrverpflichtungen? Die Lehrverpflichtungen erhöhen, oder was?) Überall dort wird es ganz massive Einsparungen geben, über die Sie momentan einfach noch keine genauen Zahlen nennen. Das ist übrigens der nächste Vorwurf, der Ihnen zu machen ist.

Aber zuvor möchte ich noch den Bereich Informationstechnologie ansprechen. Groß angekündigt wurde die Informationstechnologie-Milliarde, da sollte es massive Ausweitungen geben. Immer wieder wird davon gesprochen, wie viele Schulen schon an das Internet angeschlossen sind. Was heißt denn das?

In vielen Schulen heißt das, dass irgendwo in einem Direktorenzimmer ein Computer steht, und damit ist die Schule an das Internet angeschlossen. (Abg. Mag. Schweitzer: Die Klassen!) Na und? Welche Auswirkungen hat denn das auf die Bildungsqualität, dass dort ein Computer herumsteht und vielleicht ein Internet-Zugang vorhanden ist? Das hat ja strukturell ... (Abg. Dr. Brinek: Das ist schon besser organisiert!)


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Frau Kollegin Brinek! Ich kann Ihnen Fälle nennen, in denen wir die Information bekommen haben, dass genau das der Fall ist. Dort sagen sie sogar, sie wissen gar nicht, was sie jetzt tun sollen. Findet der Unterricht auf einmal im Direktorenzimmer statt? – Ich meine, das ist vielleicht das nächste Bild. Genau das ist nämlich der Fall, es gibt dort einen Computer, der super angeschlossen ist. Dort fragen sie: Jetzt haben wir den Computer da, was machen wir jetzt?

Das kann wohl nicht alles an Informationstechnologie sein, was Ihnen dazu vorschwebt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.  – Abg. Dr. Martin Graf: Den Computer im Klassenzimmer!)

Vor allem die Datenlage ist ein Punkt im Zusammenhang damit, dass Sie immer davon sprechen: die Opposition verunsichert, die Lehrer verunsichern und auch ein paar Eltern verunsichern – alle rennen verunsichernd durch die Gegend, nur Sie betreiben die wahre Aufklärung, Sie haben die wahren Zahlen, und alle anderen kennen sie nicht.

Frau Bundesministerin! Sie haben wahrscheinlich die Budgetfragen gelesen, die ich gestellt habe und die auch andere gestellt haben. Dort ist gestanden: Wie schlüsselt sich die Zahl über die 2 118 Lehrer im Pflichtschulbereich auf, die es laut Ihren Zahlen nicht mehr geben soll? Wo wird man sie finden? – Ihre Antwort war: Das kann ich nicht sagen, das sind pauschale Zahlen, wir haben das heruntergerechnet, wir wissen es nicht.

Ich frage mich nur: Wieso weiß der Landesschulrat in Vorarlberg, oder wieso weiß der Landesschulrat im Burgenland, wie viele Lehrer betroffen sind, und Sie in Ihrem Ministerium wissen es nicht?

Solange Sie sich weigern, diese Zahlen auf den Tisch zu legen und klar zu benennen, wer davon betroffen sein wird, so lange können Sie doch nicht den Vorwurf der Verunsicherung gegenüber der Opposition – oder gegen wen auch immer – erheben! Sie verweigern die klare Offenlegung dessen, was geschieht. Auch gestern haben Sie wieder davon gesprochen; ich habe die Sendung "Betrifft" gesehen. Es war übrigens eine hervorragende Anmerkung von Frau Hopfmüller, in der sie auf Ihren Einwand hin, dass das Bildungsbudget so hoch sei, festgestellt hat, dass das prozentuell und von der Entwicklung her betrachtet natürlich nicht stimmt.

Auch dort haben Sie, glaube ich, wieder von den am Donnerstag Demonstrierenden gesprochen. Wahrscheinlich sind das auch in Vorarlberg, wenn dort 80 Prozent der Lehrer aus Protest zu einer Veranstaltung kommen, lauter "links-linke" FCG-Gewerkschafter, muss man sagen. Das sind doch die meisten, die dort dabei sind. Wo dort also die "Links-Linken" herumrennen, weiß ich nicht.

Aber in Vorarlberg sind die Daten bekannt, dort ist in Prozentzahlen genau bekannt, wie viele Lehrerdienstposten davon betroffen sein werden. Nur Sie sagen, Sie kennen diese Zahl nicht! Daher denke ich, den Vorwurf der Verunsicherung müssen Sie sich gefallen lassen. (Beifall bei den Grünen.) Sie machen zwar immer alle anderen verantwortlich, aber Sie bringen es selbst nicht auf den Punkt, wie es genau damit ausschauen wird.

Ich habe schon mehrmals gesagt, dass es in dieser Regierung etwas merkwürdig zugeht. Es gibt eine Regierungspartei, nämlich Ihre, die ja, wenn man sich die Lehrervertretungswahlen anschaut, durchaus ein gewisses – sagen wir einmal – Image, ein Standing im Schulbereich gehabt hat. Daneben gibt es eine andere Fraktion, nämlich die der FPÖ, die das nie gehabt hat. Mich wundert es, dass sich die FPÖ mit ihren Ansagen massiv durchsetzt und Sie genau diesen Kurs, der hier vorgegeben wird, einfach mittragen. Sie haben im Bildungsbereich, im Schulbereich viele Ansagen gemacht, die Sie mittlerweile rückgängig machen mussten.

Ich möchte Ihnen nur vorlesen, was am 8. März 2000 in der APA zu lesen war: Es wird keinen Aufnahmestopp für Lehrer an Schulen und Lehrende an Universitäten geben. – Ich brauche dem gar nichts mehr hinzuzufügen, man braucht sich nur die reale Situation anzuschauen.


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Ein zweiter Punkt – darauf wird Kollege Grünewald sicherlich noch eingehen –, 8. Februar 2000: Das Grundstudium ohne Gebühren ist mir ein Anliegen. – Es war offenbar kein großes Anliegen. Zumindest gibt es das nicht mehr.

Wo Ihre Bildungspolitik, Ihr Standing – um das auf Englisch zu formulieren –, Ihre Kraft, die Sie in einer Regierung hatten, geblieben ist, ist für mich fraglich. Man sieht immer nur, dass die Angriffe, die die FPÖ reitet, von Ihnen zwar nicht in der Diktion, aber mittlerweile auch so, dass Sie sagen: Sie verunsichern alle!, fast schon mitgetragen werden. Da gibt es keine Position derart, dass Sie einmal sagen würden: Ich stelle mich vor das Bildungssystem und auch vor die LehrerInnen.

Ganz im Gegenteil: Sie lassen zu, dass hier von einer politischen Gruppierung, die jetzt in der Regierung sitzt, wirklich Stimmung gegen eine ganze Berufsgruppe gemacht wird. Das finde ich an sich sehr bedauerlich. (Abg. Schwarzenberger: Donnernder Applaus!)

Letztlich würde ich gerne ein paar Worte zu den Strukturreformen verlieren, und zwar dazu, worum es aus unserer Sicht wirklich gehen würde.

Ich wiederhole: Gehaltseinbußen, einzig und allein ein Herumwerken im Dienstrecht hat mit Strukturreformen im Bildungssystem sehr wenig zu tun.

Ich glaube, dass es notwendig wäre, einmal wirklich Reformen anzugehen. Wir haben es teilweise schon letzte Woche andiskutiert. (Abg. Mag. Schweitzer: Welche?) Es stellt sich die Frage, ob unser Schulsystem mit dieser sehr strikten Trennung, was die Fächer, was den Fächerkanon betrifft, wirklich so gut ist. Wenn man sich unsere Ergebnisse im internationalen Vergleich anschaut, dann muss man feststellen, dass es auch andere Schulsysteme gibt, die anders arbeiten und durchaus zu besseren Ergebnissen kommen. Es gibt bei uns einfach keine Diskussion darüber, dass man projektorientiertes Lernen, fächerübergreifendes Lernen, verstehendes Lernen auch von den Rahmenbedingungen her anders gestalten muss. (Abg. Mag. Schweitzer: ... 1985 angefangen!)

Sie werden das zwar einführen können, Sie werden versuchen können, diesbezüglich Vorgaben zu setzen, dass das wichtig sei, aber wenn Sie die Rahmenbedingungen nicht verändern, wenn Sie nach wie vor auf der fachlichen Aufteilung beharren, wenn Sie nicht darauf abstimmen, wann in welchen Schultypen auch einzelne Fächer mit ihren Schwerpunkten voranschreiten, dann wird es in Hinsicht auf verstehendes Lernen einfach eine Barriere geben, über die man nicht hinwegkommt.

Ähnlich ist die Gewichtung in den Schultypen. – Frau Bundesminister, ich möchte Sie jetzt nicht persönlich ansprechen, aber ich kenne aus verschiedenen Podiumsdiskussionen die folgenden Formulierungen von Ihren ParteikollegInnen und auch von Vertretern der FPÖ: Es gibt gescheitere Schüler, es gibt weniger gescheite Schüler. Machen wir eine saubere Trennung: die Gescheiten sollen auf das Gymnasium, die anderen sollen in die Hauptschulen gehen!

Man könnte das auch wirklich anders angehen, nämlich überlegen: Wo gibt es Talente? Wo muss man fördern? Welche Angebote muss man anbieten, um das Bildungssystem allgemein zu verbessern? – Diesbezüglich erfahre ich von Ihnen sehr wenig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Bereich Integration Behinderter: Ich war wirklich überrascht, welche Barrieren es nach wie vor – es war mir vor meiner Tätigkeit im Parlament nicht bewusst, in welchem Ausmaß! – gibt. Mir war zwar immer bewusst, dass Sie gesagt haben, dass bei geistig Behinderten nach der Pflichtschule Schluss sein soll, das habe ich oft gehört. Dass es dabei nicht darum geht, das Lernziel zu erreichen, sondern dass es um Integration geht, davon haben Sie nie gesprochen! Da gibt es eben einen unterschiedlichen Ansatz.

Aber auch für die Körperbehinderten, die Sinnesbehinderten gibt es massive Barrieren, wenn diese das Schulsystem in Anspruch nehmen wollen. Mir ist ein konkreter Fall einer blinden Schülerin bekannt, die die Antwort bekommen hat: Eine blinde Schülerin erfüllt die Aufnah


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mevoraussetzung für eine AHS ohnehin nicht, wofür brauchen wir jetzt da diese Integrationsmaßnahmen?

Dass es nach wie vor Barrieren für Körperbehinderte in den höheren Schulen gibt, ist evident. Solange nicht gesetzlich festgelegt wird, dass Integration in allen Schulbereichen möglich sein muss, wird es in dieser Hinsicht keine Verbesserungen geben. Das wäre jedenfalls eine Strukturmaßnahme, die auch – und dessen können Sie sich sicher sein – von der überwiegenden Mehrheit der österreichischen Bevölkerung getragen wird. Wenn die Menschen wüssten, was es da für Barrieren gibt, gäbe es einen ordentlichen Aufschrei. Aber vielfach ist man sich dessen gar nicht bewusst. Es ist für die Leute unvorstellbar, dass jemand, der blind ist, einfach keine AHS besuchen kann. Das ist in Österreich aber leider sehr oft der Fall. Dies wären wirklich Ansatzpunkte, um diesbezüglich weiterzukommen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Letzter Punkt, im Ausschuss anstehend: Mitsprache, Schuldemokratie. Auch hier Strukturreformen. Wo haben wir die Möglichkeit, wirklich gemeinschaftlich zu bestimmen, wie in Österreich Schule passiert? – Außer den Vertagungsanträgen der Regierungsparteien finde ich hier sehr wenig von Strukturreform. Hier gibt es massiven Handlungsbedarf.

Frau Bundesministerin! Mein Abschluss ist ein trauriger, aber ich kann es nicht anders sagen: Die Bildungspolitik hat unter dieser Bundesregierung abgedankt! Und leider hat auch Ihre Person – über Ihre Vorhaben konnte man ja inhaltlich durchaus diskutieren – als eine starke Persönlichkeit in der Regierung völlig an Gewicht verloren, und das ist für die Bildungspolitik in diesem Land sehr schade. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

17.04

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Die zehnte oder elfte Bildungsdebatte, aber nach wie vor – ich habe sehr darauf gewartet – keine Vorschläge von Antoni, keine Vorschläge von Brosz, das war auch nicht zu erwarten. (Abg. Brosz: Haben Sie nicht zugehört? – Abg. Öllinger: Haben Sie nicht aufgepasst?)

Dem Kollegen Brosz sei Folgendes ausgerichtet: Es hat bereits Unterrichtsminister Moritz – das war 1985, da hast du noch weniger Ahnung von Schulpolitik gehabt als heute – eine Arbeitsgruppe unter dem damaligen Ministerialrat Burger – dabei waren Chisté und Pfaffenwimmer, wenn ich mich recht erinnere, und unter der wissenschaftlichen Begleitung von Posch und Altrichter – eingerichtet, und zwar zur Auflösung der Stundentafel, um endlich Projektunterricht durchzusetzen. (Abg. Brosz: Und was ist passiert?) Alle Nachfolger von Moritz waren durchaus sozialdemokratische Minister, haben aber nichts, aber auch gar nichts aus den Ergebnissen dieser Arbeitsgruppe gemacht. (Abg. Brosz: Gehrer zum Beispiel!)  – Bitte? (Abg. Brosz: Gehrer sozialdemokratisch?)  – Gehrer war bereits gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, die ihr durch die sozialistische Verschwendungspolitik aufs Auge gedrückt worden waren. (Abg. Schasching: Ah, das ist aber jetzt ein weiter Spagat!)

Trotzdem schafft es Gehrer, mit einem neuen Regierungspartner umfassende Reformen durchzusetzen, sowohl im Bereich der allgemeinbildenden höheren Schulen als auch im Pflichtschulbereich. Gerade das Landeslehrer-Dienstrecht, das wir vorige Woche beschlossen haben, ist ein wegweisendes Modell, wie auch die Ergebnisse der Arbeitsgruppe Verwaltungsreformkommission zeigen. Diese kommt genau zu dem Schluss, bezüglich dessen dieses neue Landeslehrer-Dienstrecht der richtige Schritt in die richtige Richtung ist. Sie erachtet nämlich eine klare Scheidung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern im Rahmen einer Verfassungsreform als notwendig und berichtet, dass die Kommission die öffentlichen Schulen in Hinkunft als Leistungserbringer ansehe.

Ich komme zu dem Punkt, der beweist, warum das so wichtig ist, was schon beschlossen wurde: Die Schule soll in Hinkunft unter der Leitung eines qualifizierten Vorstandes sein, der auf Zeit bestellt wird und aus ein oder zwei Personen besteht. (Abg. Dr. Lichtenberger: Was ist der


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Direktor? Nicht qualifiziert?) Die Schulleitung hat dann die übliche Verantwortung, und dem Vorstand kommt in einem vorgegebenen Rahmen, nämlich innerhalb des der Schule zugewiesenen Globalbudgets, Finanzhoheit und Personalhoheit zu.

Deshalb ist das, was vorige Woche in diesem Haus beschlossen wurde, der richtige Schritt in diese Richtung, denn das ist etwas, was wir uns unter Schule der Zukunft vorstellen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. ) Das sind konkrete Vorstellungen. Ich bin überzeugt davon, dass wir nach einer entsprechenden Diskussion vieles von dem, was die Reformkommission vorschlägt, auch tatsächlich umsetzen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Innerhalb dieses Rahmens kommt dem Vorstand Personalhoheit sowohl über das lehrende als auch über das nicht lehrende Personal zu. Und ich werde Ihnen jetzt zeigen, warum das so notwendig ist, Herr Kollege Brosz, weil es nämlich die Sozialdemokratie mit ihrer Vorstellung von Verwaltung bis heute nicht geschafft hat (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe), dass eine Reiserechnung nicht einen Irrweg geht und einen irrsinnig hohen Verwaltungsaufwand erfordert, bis sie endlich abgehakt ist, oder dass im Bundesschulwesen die Nachbesetzung einer Reinigungskraft, Kollege Antoni (der Redner hält ein weiteres Schriftstück in die Höhe), zehn Schritte braucht – und das wird jetzt einmal reformiert! Es ist doch der helle Wahnsinn, dass man all das nachvollziehen muss, bis man eine Putzfrau halbtags anstellen kann.

Da gilt es wirklich noch viele notwendige Maßnahmen zu setzen, das muss reformiert werden, und da werden wir auch einsparen. Wir haben im pädagogischen Bereich bereits viele Vorschläge gemacht und auch umgesetzt, das wird sich positiv auswirken. Jetzt werden wir da ansetzen müssen.

Kollege Antoni! Ich habe Ihnen noch ein weiteres Beispiel sozialistischer Verwaltung mitgebracht. (Der Redner hält die Kopie eines Organigramms in die Höhe.) Das ist das Organigramm eines Landesschulrates. Das ist eine sensationelle Geschichte, das sind 120 Schreibtische! (Abg. Brosz: Ist das die FPÖ?) Ich bin überzeugt davon, dass, sobald sich die Reformkommission das angeschaut hat, von diesen 120 Schreibtischen mindestens 100 nicht gebraucht werden, weil sich diese Schreibtische nur selbst verwalten. Da ist einiges zu tun, meine sehr geehrten Damen und Herren, und da werden wir sehr vieles tun!

Ich habe noch etwas gemacht: Ich habe mir die unter sozialdemokratischer Führung installierten Inspektoren und Direktoren von diversen Instituten zusammengeschrieben. (Zwischenruf des Abg. Brosz. ) Ungefähr 400 inspizierende Organe gibt es in diesem System. (Ruf bei den Freiheitlichen: Unglaublich!) Auch da werden wir reformieren. Das ist alles nicht notwendig. Da ist unter jahrzehntelanger sozialistischer Vorherrschaft inthronisiert und pragmatisiert worden. Und das ist auch das Problem der Frau Bundesminister, dass Sie nämlich alles, was Sie an Unsinn produziert haben, noch dazu pragmatisiert haben. Das ist das große Problem, mit dem wir heute zu kämpfen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Deshalb kostet es so viel Geld, und deshalb ist relativ wenig Spielraum für die Frau Bundesminister vorhanden. (Abg. Mag. Posch: Sind Sie schon pragmatisiert, Herr Schweitzer?)  – Ich bin pragmatisiert worden, ob ich wollte oder nicht. (Abg. Faul: Dann legen Sie es zurück!)  – 98 Prozent aller Lehrer haben Sie im Burgenland pragmatisiert, ohne dass es einen Bedarf gibt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.  – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Zum Abschluss: Kollege Posch! Der letzte konkrete Vorschlag, den Kollege Antoni gemacht hat, war, als er gesagt hat: Bitte schauen wir doch, dass wir all die Lehrer, die wir in der Lehrerreserve haben, sinnvoll beschäftigen. (Abg. Öllinger: Der zwangspragmatisierte Schweitzer! ... Erbarmen ...!)  – Allein das zeigt, welch falsche Politik Sie gemacht haben! Sie haben viel zu viele Lehrer angestellt, die Sie dann nicht beschäftigen konnten.

Was machen wir mit der Lehrerreserve? war Antonis Frage. Eine Antwort darauf konnte er nicht geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.09


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. (Abg. Mag. Schweitzer  – in Richtung SPÖ –: Euren Schutt müssen wir wegräumen! – Abg. Mag. Posch: Den Schweitzer muss man Ihnen vorwerfen, Frau Bundesminister!)  – Am Wort ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser! (Abg. Mag. Schweitzer: ... Putzfrau!)

17.10

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Das ist schon wichtig, Herr Präsident, dass sich Herr Schweitzer einmal ausspricht. (Abg. Mag. Posch: Möglicherweise hat Ihn ein Sozialist ...! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Mag. Schweitzer und Mag. Posch. )

Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn ein Budget die in Zahlen gegossene Politik einer Regierung darstellt, dann ist die Spezialdebatte der Ort für grundsätzliche Positionen, für Gemeinsamkeiten, für Annäherungen und auch für Unterschiede, Kollege Schweitzer. (Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Mag. Schweitzer und Mag. Posch. ) Und da fange ich gleich bei Ihnen an.

Sie haben hier von Schreibtischen gesprochen (Abg. Mag. Schweitzer: Unnötige!), Schreibtische, die zu viel sind, haben Sie gemeint, zu viele Schreibtische. (Abg. Mag. Posch: Er kommt aus der Möbelbranche! – Abg. Mag. Schweitzer  – auf das Organigramm zeigend –: Da schau dir das an! – Abg. Dr. Lichtenberger  – auf das Organigramm in der Hand des Abg. Mag. Schweitzer weisend –: Gilt das auch für schwarze Bundesländer? – Abg. Mag. Schweitzer: Das ist eh Oberösterreich! – Abg. Dr. Lichtenberger: Na bitte!) Haben Sie schon einmal überlegt, dass an diesen Schreibtischen Menschen sitzen, die ihre Arbeit machen, die zum größten Teil sehr gute Arbeit machen, die jene Gesetze vollziehen, die hier in diesem Hohen Haus beschlossen worden sind, teils einstimmig, teils in früheren Zeiten von SPÖ und ÖVP? Die verselbstständigen sich ja nicht!

Da gestern diese "Betrifft"-Sendung so schockierend war, habe ich mir gedacht: Kann ich den Beamten überhaupt noch danken, wie es üblich ist, wenn man über ein solches Kapitel redet? Kann ich das noch tun, ohne dass die Frau Vizekanzlerin in ihrer Meinung bestärkt wird, es handle sich da um lauter linke Widerstandsnester? So ist das doch gestern dargestellt worden! Menschen, die nichts anderes tun, als ihre Arbeit zu erledigen (Abg. Achatz: Die Kinder zwingen, dass sie Resolutionen gegen die Bundesregierung unterschreiben! Das ist politische Nötigung!), nämlich die Schule zu verwalten, die Universitäten zu verwalten, zu unterrichten und zu forschen, wurden mit Disziplinarverfahren bedroht.

Ich sage ausdrücklich – und ich hoffe, dass sich dieses Haus dazu entschließen kann (Abg. Achatz: Schämen Sie sich!)  – ein großes Danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Schulen, in den Universitäten, im Ministerium für ihre Arbeit, denn es ist eine hervorragende Arbeit, die hier geleistet wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie selten zuvor finden sich die Universitäten in den letzten Monaten ausführlich in den Medien. War es im Herbst 2000 die überfallsartig eingeführte Studiengebühr, so ist es jetzt die Diskussion um das neue Dienstrecht, durch welches junge Wissenschafterinnen und Wissenschafter zu "Wegwerfassistenten" degradiert werden sollen, wie es die Plattform "Neues Universitätsrecht" der Universität Graz in einer Stellungnahme ausführt. Über eine neue Organisation und die Schwerpunkte ist dabei noch gar nicht diskutiert worden.

Alles steht unter dem Mythos des Nulldefizits. Was heißt Nulldefizit für die Lehrenden? Was heißt es für die Studierenden? Es gibt entgegen allen Beteuerungen trotzdem neue Schulden, und noch nie haben die Österreicherinnen und Österreicher so viele Steuern und Abgaben bezahlt wie heute, und noch nie bekamen sie so wenig Leistung dafür. Das ist der Mythos Ihres Nulldefizits, und dazu können wir nur sagen: Danke, darauf können wir verzichten! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Am Beispiel der Universitäten ist es eine neue Steuer von 10 000 S pro Studienjahr ab dem heurigen Herbst. Es ist die Einschränkung von Leistungen bei internationalen Kontakten und Pro


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grammen. Es ist zu wenig Geld für Forschungsbeteiligungen da, etwa hinsichtlich der Mittel des Wissenschaftsressorts im Bereich der Weltraumforschung; es ließen sich jedoch noch viele andere Beispiele anführen. Es fehlt beim Ausbau der schnellen Datenleitungen, es ist bei den Zuschüssen für die studentischen Sozialleistungen wie Heime, Mensen und dergleichen gespart worden.

Bei den Personalkosten heißt es auch immer öfters: Einsparen! Frau Ministerin! Ich höre immer mehr Klagen von Universitäten, dass neue Studienpläne deshalb nicht bewilligt werden können – teils schon an den Universitäten nicht –, weil dafür die notwendige personelle Bedeckung nicht vorhanden ist, obwohl es sehr wichtig wäre, dass diese neuen Studienpläne in Kraft treten könnten.

Absolut gesehen steigt das Budget, da haben Sie schon Recht! Das Budget steigt von 2,295 Milliarden j auf 2,364 Milliarden j . Zieht man aber die Einnahmen aus den Studiengebühren, die ja vielfach die Eltern zu zahlen haben, ab, dann bleiben nur mehr 2,147 Milliarden j übrig. Und wenn man diese elterliche Zusatzleistung, die Sie sich einverleiben, abzieht, dann ist das heurige Budget um 6,5 Prozent geringer als im vorigen Jahr. – Kein Schwerpunkt also, sondern ein Schwachpunkt, ein Minus, das vor diesen "Steigerungen" steht.

Bei der Universitätsmilliarde sind es konkret rund 70 Millionen j , während die Einnahmen aus den Studiengebühren höher sind, das heißt, auch das, was bei Einführung der Studiengebühren versprochen wurde, als Qualität zurückzugeben, ist nicht einmal zur Gänze zurückgegeben worden. Wir haben zudem schon einmal kritisiert, dass bei den – wie es so schön heißt – "Abfederungsmaßnahmen" für die Studiengebühr ein Großteil dieser Gelder in verfassungs- und zweckwidriger Weise aus der Arbeitslosenversicherung kommt.

Lassen Sie mich nun zum Hauptthema der künftigen und aktuellen Universitätspolitik kommen, nämlich dem neuen Dienstrecht und der Universitätsorganisation. Frau Ministerin! Meine erste und seit jener Veranstaltung am 15. Dezember 2000 unbeantwortet gebliebene Frage an Sie lautet: Was wollen Sie mit diesen Reformen erreichen? Was sind die Ziele dieser Reform? – Da genügen keine oberflächlichen Antworten mehr wie "die Universitäten wettbewerbsfähig machen" oder Ähnliches, sondern die Antworten müssen sehr konkret sein. Wo fehlt es derzeit? Und: Warum ist genau diese Reform die richtige Antwort auf solche erkannten Mängel? Diese Frage ist bis heute unbeantwortet. (Abg. Dr. Brinek: Na, da musst du hinhören!)

Zum Dienstrecht. Eine Vorbemerkung: Österreich ist mit der Sozialpartnerschaft in den letzten drei Jahrzehnten zu einem der reichsten und wohlhabendsten Länder der Welt aufgestiegen. Als einer der zentralen Standortvorteile galt und gilt nach allen internationalen Studien neben der Qualifikation der Mitarbeiter auch der soziale Friede in Österreich. Daher erneuern wir unsere Forderung an die Bundesregierung: Finden Sie beim Dienstrecht eine Einigung mit der Gewerkschaft, mit der zuständigen Vertretung der Bediensteten!

Inhaltlich sollten wir, wenn wir über dieses neue Dienstrecht diskutieren – wobei ich nicht genau weiß, über welchen Entwurf wir momentan diskutieren können; ich lebe wie alle teilweise von Presseaussendungen, die von verschiedenen Seiten getätigt werden und kann mich nur auf das beziehen, was zunächst offiziell vom Ministerium vorgelegt wurde –, Folgendes bedenken: Wir wollen doch alle die qualifiziertesten Wissenschafterinnen und Wissenschafter an unseren Universitäten. Ich frage Sie, Frau Ministerin: Ist es dem Einzelnen zumutbar, im Alter zwischen 23 und 35 Jahren nur von befristeten Arbeitsverhältnissen zu leben? Möchten Sie auf einer solchen Basis eine Familie gründen? (Abg. Dr. Mertel: Die kriegen ja das Kindergeld! 6 000 S! – Super!)

Die zweite Frage: Braucht es nicht in jedem Betrieb auch eine notwendige Kontinuität auf dem personellen Sektor, dass man weiß, es gibt Leute, die die Grundstruktur aufrechterhalten? Und eine dritte Frage: Besteht nicht die Gefahr – und ich glaube, sie besteht –, dass, wenn man die an der Spitze einer Hierarchie stärkt und jene darunter schwächt, dieses System noch hierarchischer wird, die Abhängigkeit des Mittelbaus von den Professoren stärker wird als je zuvor? – Das sind unsere Bedenken!


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Wir glauben zudem, dass man ernst nehmen sollte, dass dieses Dienstrecht besonders schädlich für Frauenkarrieren ist. Auf Frauen entfällt derzeit der größte Teil der befristeten Dienstverhältnisse. (Abg. Ing. Herbert Graf: ... Privatwirtschaft ...!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Reformen sind notwendig! Wir als Oppositionspartei haben, auch wenn es Kollege Schweitzer nicht gehört hat, den Regierungsparteien eine Reihe solcher Vorschläge gemacht, ich erinnere an den Entschließungsantrag vom 12. März.

Was ist für die aktuelle Situation besonders wichtig? – Acht Punkte, angesichts der leuchtenden Lampe in aller Kürze:

Eine Umsetzung der neuen Studienpläne der Studienreform 1997 und 2000 ist notwendig. Wir brauchen diese neuen Studienpläne, einschließlich der Bakkalaureatsstudien, dringend, denn der Hauptgrund für die im internationalen Vergleich lange Studiendauer in Österreich ist, dass wir derartige Studien mit einer dreijährigen Mindestdauer nicht haben.

Die Universitäten müssen sich mehr im Bereich der Erwachsenenbildung engagieren. Wir müssen in die Fernstudien investieren. Da geht es nicht nur um Geld, sondern auch um Änderungen im Universitäts-Studiengesetz.

Wir müssen die außeruniversitären Forschungseinrichtungen stärken. Ich erinnere an die Max-Planck-Institute, die Frauenhofer-Institute, dort gibt es die neuen Arbeitsplätze. In der Industrie allein wird es sie nicht geben, es wird sie auch an den Universitäten allein nicht geben, es muss etwas Zusätzliches aufgebaut werden.

Zur Lehrer-Ausbildung: Frau Ministerin! Wir warten auf den Bericht der Evaluierungskommission. Was ist geschehen, seit wir dieses Gesetz im Hohen Haus beschlossen haben?

Zum Thema Budgetautonomie ausbauen brauchen Sie uns nicht zu fragen, das haben wir seit Jahren gefordert.

Dann gibt es die Verbesserung der prekären Dienstverhältnisse und als Letztes den Ausbau der Fachhochschulen, des Fachhochschulsektors, speziell im Gesundheitsbereich, im Sozialbereich und bei den IT-Berufen.

Kollegen Graf darf ich noch fragen, was denn aus dieser A-Wertigkeit geworden ist. Sie haben immer so tolle Anträge gestellt, als wir noch in der Regierung waren. Ich denke, da ist etwas fällig. Oder fällt das auch unter die Kategorie "versprochen und gebrochen"? (Abg. Dr. Martin Graf: Die Kärntner haben das umgesetzt!)

Das sind acht konkrete Vorschläge, die wir Ihnen heute machen, und ich bin sicher, zu den meisten davon werden Sie auch die Zustimmung an den Universitäten bekommen.

Abschließend zur Forschung: Die Forschung kommt bei "Neu Regieren" nicht mehr vor. BMWK oder BMVIT – also Wissenschaft und Kultur; Verkehr, Innovation, Technologie –, aber kein F mehr für die Forschung in den Ministerien. Oder doch? BMF würde passen – Bundesministerium für Forschung?! – Nein, Bundesministerium für Finanzen – und so ist es dann auch.

Forschung geht nämlich das Parlament nicht mehr viel an. Das ist ein Hauptvorwurf gegen dieses Budget, nämlich dass wir nicht über forschungspolitische Schwerpunkte sprechen können. Da schreiben Sie das Budget des Jahres 2001 fort, und alles, was darüber hinausgeht, legen Sie dem Rat für Forschung und Technologieentwicklung vor. Dieser soll Vorschläge machen, und der Finanzminister zahlt, wenn er dazu Lust hat, oder auch nicht.

Auch Sie, Frau Ministerin – Sie sind Forschungsministerin! –, haben dazu eigentlich keine Kompetenz mehr, und das ist unsere Kritik. Da geht es um 5 bis 6 Milliarden Schilling, die völlig am Parlament vorbei, an den Entscheidungen des Parlaments vorbei in die Forschungspolitik gesteckt, investiert werden – oder auch nicht! Wir wissen es nicht, wir können darüber nicht reden, weil das nicht Teil dieses Budgets ist. Das ist eine grobe Missachtung der Budgetwahrheit.


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66. Sitzung / Seite 19

Fassen wir zusammen: Wir haben unrealistische oder nicht formulierte Reformziele, unzureichende Budgetierungen aus dem regulären Budget und teilweise unzulässige Quellen – Stichwort: Arbeitslosenversicherung –, fehlende Budgetwahrheit und aus all dem ein durch die Regierung selbst verschuldetes Verunsicherungsklima an den Universitäten und auch an den Schulen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Brosz. )

Das ist die Bilanz dieser bisherigen Bundesregierung: Bildung und Forschung sind also nicht Schwer punkt, sondern Schwach punkt der Regierung, kaschiert durch den Fetisch des Null-Defizits, dem wichtige Zukunftsinvestitionen für unsere Jugend zum Opfer fallen.

Frau Ministerin! Für dieses Budget müssen Sie selbst und allein die Verantwortung tragen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt die Frau Bundesministerin. Die Regelungen über den Abzug von Redezeiten sind bekannt. – Bitte, Frau Ministerin.

17.23

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Diese Regierung hat eine wichtige Aufgabe: Sie hat die Aufgabe, die Verschuldung nicht anwachsen zu lassen. Wenn man weiß, dass man jährlich über 110 Milliarden Schilling nur an Zinsen zahlen muss, genauso viel wie das Bildungsbudget ausmacht, dann weiß man, welche Schuldenberge man hat. Wir würden uns viel leichter tun, hätten wir diese Schuldenberge nicht. (Abg. Murauer: So ist es!)

Es ist aber eine Aufgabe für die Zukunft, für die Jugend, dafür zu sorgen, dass sie auch in Zukunft noch etwas tun können, dass sie nicht nur mit Schulden herumlaufen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ein Jahr Bildungsministerium heißt, dass wir die Ziele, die vorher im Unterrichtsministerium gegolten haben, nun im gesamten Bildungsbereich umsetzen: mehr Autonomie, mehr Selbständigkeit, mehr Qualität, mehr Verwaltungsvereinfachung, weniger Zentralismus. Die Bildungspolitik ist in den Mittelpunkt der Politik gerückt.

Es ist notwendig, Strukturmaßnahmen zu setzen, um die Personalkosten in den Griff zu bekommen, aber ich stelle ganz klar fest: Diese Strukturmaßnahmen bedeuten keine Geringschätzung der Arbeit der Betroffenen. Unsere Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen leisten beste Arbeit, die Professorinnen und Professoren an den Unis auch, und meine Beamten im Haus leisten beste Arbeit, und ich danke ihnen für die Erstellung des Budgets. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Strukturmaßnahmen zur Eindämmung der Personalkosten heißen, man kann den Personalstand nicht ungehemmt wachsen lassen – egal, wie viele Schüler und Schülerinnen da sind, egal, wie viele Studierende da sind. Diese Strukturmaßnahmen bedeuten für die Schulen keine Verschlechterung im Angebot, und es sollte mit dieser Verunsicherung von Schülerinnen und Schülern, von Eltern ein Ende sein. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was ich bei der Opposition sehr schmerzlich vermisse, ist eine intellektuelle Redlichkeit, nämlich die intellektuelle Redlichkeit zu sagen: Jawohl, etliche Strukturmaßnahmen hätten wir genauso setzen müssen!, denn von Minister Edlinger sind damals genau dieselben Maßnahmen vorgeschlagen worden, um das Budgetdefizit einzudämmen.

Meine Damen und Herren! Diese intellektuelle Redlichkeit würde auch dem gesamten Bildungsbereich sehr gut tun, denn ich meine, dass Bildung von allen Seiten getragen werden sollte. Darum sage ich – wer es fassen kann, der fasse es! –: Durch die Budgetsanierung wird das gute Bildungswesen abgesichert; wir garantieren, dass die notwendigen Finanzierungen auch in Zukunft gegeben sind, damit Bildung für unsere Jugend auch weiterhin die beste Bildung bleibt.


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66. Sitzung / Seite 20

Ich möchte auch Herrn Kollegen Brosz sagen, der anscheinend lange nicht mehr in einer Schule war: Ich weiß nicht, wo Sie diesen einen Computer in einer Direktion gesehen haben. Wir werden zum Beispiel im Herbst jeder AHS ein zusätzliches Computer-Labor ausbauen, wir werden 20 neue Laptop-Klassen einrichten; jede AHS, die eine Laptop-Klasse einrichtet, erhält 80 000 S. – Diese Technologie-Offensive ist eine wichtige Offensive, und wir werden sie auch weiter treiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Betreffend neue Lehr- und Lernformen und den fächerübergreifenden Unterricht bitte ich Sie im Lehrplan 1999 nachzulesen: Darin steht alles sehr genau.

In diesem Budget sind auch die Universitäten enthalten. Es ist mir ein besonderes Anliegen, ganz klar zu sagen, was wir wollen: Wir wollen moderne, leistungsfähige Universitäten, die sich dem internationalen Wettbewerb stellen und die in der Weltklasse der Universitäten mitspielen. – Das ist unser Ziel. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dafür braucht es ein neues Dienstrecht – ein Dienstrecht mit mehr Flexibilität. Wir wollen aber denjenigen Assistentinnen und Assistenten, die sich derzeit in einem provisorischen Verhältnis zur Universität befinden, die an ihrer Habilitation arbeiten, die erwarten, dass sie in den Stand der pragmatisierten Universitätslehrerinnen und -lehrer übernommen werden, die diese Karriere vor sich haben, Sicherheit geben. Wir sagen: Von den 1 200, die sich derzeit in diesem provisorischen Verhältnis befinden, werden jene, die ihre Habilitation haben, in das pragmatische Verhältnis übernommen; die anderen werden einer Qualitätsprüfung mit zwei außenstehenden Evaluatoren unterzogen. Das wurde von der Gewerkschaft so angeregt. Wir werden die Sicherheit für diese jungen Menschen garantieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Gewerkschaft hat unter dem provisorischen Vorsitzenden Zelewitz gesagt: Wir sind damit einverstanden, dass zukünftige Dienstverhältnisse Vertragsbediensteten-Verhältnisse sind. – Das ist vernünftig und gescheit, und diesbezüglich werden wir zusammen mit der Gewerkschaft arbeiten.

Wir werden auch dafür sorgen, dass es durchgehende Professoren-Karrieren gibt, dass aber der Einstieg zu einem Universitätsprofessor die Qualitätssicherung für die Professorenschaft an der Universität ist. Wer als Assistent arbeitet, kann sich um ausgeschriebene Professoren-Stellen bewerben; es müssen aber Bewerbungen und somit eine Qualitätssicherung an diesem Schnittpunkt vorhanden sein. Es kann befristete Professuren geben, die in ein unbefristetes Verhältnis überführt werden, Voll-Professuren, die in einem unbefristeten Verhältnis mit einem erhöhten Kündigungsschutz sind. So ist es an modernen Universitäten üblich – Flexibilität, die wir im internationalen Wettbewerb brauchen.

Meine Damen und Herren! In diesem Bereich der Universitäten spielt die Forschung eine ganz wichtige Rolle. Es ist falsch, wenn gesagt wird, der Rat für Forschung und Technologieentwicklung macht Vorschläge. Die Vorschläge machen unsere guten Universitäten, die guten Institute. Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung evaluiert diese Vorschläge. Er stellt fest: Was ist moderne Forschung, was passt in die Konzeption in Österreich hinein, wo können wir Stärken ausbauen, wo können wir uns in Nischen etablieren?

Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung hat bereits Gelder frei gegeben: 71 Millionen Schilling für Investitionen in den Forschungsnachwuchs – in Schrödinger-Stipendien, in Meitner-Habilitationsstipendien, für Frauen, in Wittgenstein-Programme –; 143 Millionen Schilling für die Sicherung und den Ausbau der Infrastruktur, insbesondere für den Bereich der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Wissenschaftlichen Anstalten; 226 Millionen Schilling für den Ausbau der Forschung im internationalen Bereich, die Sicherung der Beteiligung an EU-Projekten, bi- und multilaterale Projekte; 60 Millionen Schilling in die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.

Das sind die Investitionen in die Forschung! 7 Milliarden Schilling werden von dieser Regierung für Forschung zur Verfügung gestellt, und die Universitäten werden einen großen Anteil daran haben.


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Meine Damen und Herren! Internationale Vergleiche zeigen uns: Mit den Ausgaben pro Schüler, pro Schülerin, pro Studierendem liegen wir im oberen Spitzenfeld. Interessanterweise sagen Rektoren, die aus Deutschland kommen, bei uns neu anfangen und sich das Budget anschauen: Dieses Budget ist gut. Damit können wir viel anfangen. Wir müssen nur mehr Freiheit haben, es vernünftig zu verteilen.

Wir werden dafür sorgen, dass es keine Erstarrung an den Universitäten gibt. Mehr Autonomie, mehr Selbständigkeit, mehr Mobilität, mehr Wettbewerb – das ist unser Ziel! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zusammenfassend stelle ich fest: 110 Milliarden Schilling für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Forschung, das sind 8 Milliarden Euro. Dies ist das größte Budget, das es jemals für diesen Bereich gab, und es stellt eine Stärke dieser Regierung dar: die Bildungsoffensive!

Das ist neu regieren: für unsere jungen Menschen das Beste tun! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Wolfmayr. Ich erteile ihr das Wort.

17.32

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Zum Thema Kultur etwas zu sagen, würde sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich habe aber meine Redezeit auf vier Minuten verkürzen lassen, und zwar auch deshalb – alle wesentlichen Punkte hätte man in dieser kurzen Zeit ohnehin nicht ansprechen können –, weil ich Ihnen zwei Aktionen des Bundesministeriums vorstellen möchte, die ich sehr gut finde und anhand derer ich glaube, Ihnen belegen zu können, wie man mit Kulturpolitik vom Finanziellen, aber auch vom Ideellen her umgehen kann.

Das Erste, was ich Ihnen zeigen möchte, ist eine Broschüre, die herausgebracht worden ist mit dem Titel: "MACHT UND SPRACHE". Dass die Beschäftigung mit diesem Thema wichtig ist, wird niemand bestreiten. Mehr Sensibilität im Umgang mit Sprache wird dauernd, auch sehr gern in diesem Haus, gefordert. Hier haben wir nun eine Broschüre, die jeder Interessierte über http://www.politischebildung.at/, das ist eine Servicestelle für politische Bildung, anfordern kann. (Abg. Schwemlein  – auf die Freiheitlichen deutend –: Geben Sie das da drüben ab! Das ist das Problem: Die, die es brauchen, lesen es nicht!)  – Ich sage das zu allen, und ich glaube, jeder von uns sollte das lesen! Ich meine mich damit durchaus auch selbst, obwohl ich glaube, mit Sprache gar nicht so schlecht umgehen zu können, aber man kann nie sensibel genug sein, und dem sensiblen Sprachgebrauch kommt jetzt wesentliche Bedeutung zu. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie des Abg. Schwemlein. ) – Danke!

Darin findet man Weltbilder, Einstellungen – besonders geschlechtsspezifische Unsensibilitäten – gerade in Bezug auf Achtung und Missachtung im Umgang mit Fremden oder Minderheiten. Ich würde sagen, schauen Sie sich das einmal an! Was ich in der Servicestelle politische Bildung auch sehr gut finde, ist, dass ein virtuelles Diskussionsforum eingerichtet worden ist.

Die zweite Aktion ist auch witzig und gelungen und hat sich, so glaube ich, noch gar nicht zu allen herumgesprochen: Seit 12. März gibt es nämlich endlich die Rubbelaktion. Ich zeige das jetzt her. Das ist die Vergrößerung eines Rubbelloses. (Die Rednerin hält das vergrößerte Rubbellos in die Höhe.) Im Original sieht es so aus. Es kostet 50 S. Unter dem Motto "Land der Schätze" scheint sich diese Aktion zu einem vollen Erfolg zu entwickeln. Man hat ursprünglich mit einem Ertrag in der Höhe von 30 Millionen gerechnet. Innerhalb der ersten zwei Wochen sind schon 20 Millionen eingenommen worden, in der letzten Woche weitere 20 Millionen.

Wir wissen, dass die Österreicher gerne rubbeln, dass sie das aber auch für einen guten Zweck tun, ist umso dankenswerter. (Abg. Mag. Kogler: Rubbeln für die Regierung!) Es profitieren davon sehr viele: Es profitiert davon jeder Einzelne, der rubbelt, denn er kann gewinnen; es profitiert natürlich die Österreichische Lotteriegesellschaft; es profitiert davon vor allem aber der


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österreichische Denkmalschutz, für den diese Gelder im Sinn von Weltkulturerbe und Erhaltung all dieser Kulturgüter ganz wichtig sind. All diese profitieren davon, somit also wir Österreicher in unserer Gesamtheit.

Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass es bis jetzt nicht möglich war, diese Aktion unter sozialdemokratischen Finanzministern durchzuziehen. Erst Finanzminister Grasser hat die nötige Flexibilität aufgebracht. Dafür bedanke ich mich bei ihm, denn ich finde, das ist eine sehr gute Sache. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

"Land der Schätze" ist für das Denkmalamt eine gute Sache. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Ich erteile ihm das Wort.

17.37

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Bundesministerin, versuchen wir es mit intellektueller Redlichkeit, wie Sie sagen, versuchen wir es beide damit! Rubbeln ist nicht schlecht: Wir können um Nachlässe bei Studiengebühren rubbeln, wir können um Mobilität rubbeln, um finanzierte Auslandsaufenthalte et cetera pp. Aber nicht nur! Vielleicht auch, aber nicht nur rubbeln – denn das ist zu wenig für eine Bildungs- und Forschungspolitik. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Frau Ministerin Gehrer! Mir ist klar, mann hat es Ihnen nicht leicht gemacht. Dieses "mann" würde ich mit zwei "n" schreiben, wie man Schüssel mit zwei "s" schreibt. Sie hat man damals vorgeschickt beim Weisenrat, man hat Sie ins Feuer geschickt. Sie hat man bei den Studiengebühren ins Feuer geschickt, und Sie hat man gestern ins Feuer geschickt – ich kann nur sagen, es war eine Groteske! Man fragt sich überhaupt, ob man ohne Einladung von Haider noch etwas verhandeln kann, denn das, was gestern herausgekommen ist, war absolut absurd. Das war absurd, sage ich Ihnen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber in dem Fall, in dem man Sie ins Feuer geschickt hat, war sich Schüssel treu: Er hat geschwiegen. Wenn es sich aber jetzt um Bildungs- und Forschungspolitik dreht, dann spricht er sogar mehr als Sie. Er spricht von der Zukunft der Jugend, er spricht von den Technologiemilliarden, er spricht von Schwerpunktsetzungen.

Man sieht, wie stark die Schwerpunktsetzung in Ihren Reihen ist: Die Reihen sind schütter besetzt wie noch nie. Ich glaube, es sind keine 5 Prozent der ÖVP-Abgeordneten da. Das sind also die Schwerpunktsetzungen. (Abg. Dr. Stummvoll: Das war schlecht geschätzt! – Abg. Schwarzenberger: Als Professor sind Sie ein schlechter Mathematiker! – Abg. Dr. Stummvoll: 5 Prozent wären 2,5!) – Vielleicht habe ich Sie für größer gehalten, als Sie sind, das könnte auch sein, Herr Stummvoll! – Gut, Schluss damit!

Was uns nicht erst seit heute bekannt ist, ist, dass das Motto "Zuerst denken, dann reden und zuletzt handeln" keine große Tradition in dieser Bundesregierung hat, und das fällt auf. Bleiben wir jetzt also ganz redlich und fragen, was mit den Universitäten los ist. Niemand bestreitet, dass sich die Universitäten seit Jahren in einem ständigen Reformprozess befinden. Gut, er kann für manche zu wenig sein, aber es ist unbestreitbar, dass es ihn gibt. Viele lernen erst jetzt, mit dem neuen UOG umzugehen, die Studienreform ist im Schwange, und was passiert? – Gleichzeitig wird eine neue Reform auf den Tisch gelegt!

In großen Betrieben oder Unternehmen, die Sie oder die Bundesregierung immer mit Universitäten gleichsetzen wollen, die unternehmensähnlicher strukturiert werden sollen, betriebsähnlicher handeln sollen, ist so etwas, glaube ich, nicht zielführend. Es wird nämlich die Konkurrenzfähigkeit nicht steigern, wenn man alle zwei Jahre die Zielbestimmung, die Organisationsreform und die Struktur ändert. Das glaube zumindest ich.


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Entscheidend ist aber der Inhalt und die Frage: Warum diese Reform? – Und da, würde ich sagen, ist intellektuelle Redlichkeit beidseitig gefragt. Ich erinnere mich noch gut an die – was war das? – Redoutensäle, Reformdialog – der Herr Kanzler und seine Vizekanzlerin laden ein. Das Argument dafür, dass an den Universitäten etwas geschehen muss, war der wirklich hoch erleuchtende, allerdings wissenschaftlich nicht gerade felsenfeste Satz: "So kann es nicht weitergehen!"

Und wenn man gefragt hat, warum es so nicht weitergehen kann, hat man gehört: Unsere Universitäten sind international nicht konkurrenzfähig. Schüssel hat hier gemeint, es findet sich keine einzige deutsche Universität unter den besten 50 der Welt. Das mag schon stimmen, und meine Antwort war ja auch: Nennen Sie mir eines der österreichischen Unternehmen oder einen Wirtschaftsbetrieb, welcher sich unter den ersten 50 der Welt befindet. – Ich glaube, er hat bis jetzt keinen gefunden! Also wenn man schon Vergleiche anstellt, dann sollen sie auch halten! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn dann Frau Riess-Passer, die Vizekanzlerin, hier nach einer Rede von mir, als ich nicht mehr entgegnen konnte, meinte, die Reform muss sein, weil es in Stanford und am MIT auch keine Dauerstellen gibt, muss ich sagen: Ich weiß nicht, was sie gelesen hat, was sie gehört hat – es ist jedenfalls falsch!

Falsch oder zumindest intellektuell unredlich ist es von der Frau Vizekanzlerin auch, so tolle Vergleiche anzustellen: Stanford gegen Klagenfurt, Massachusetts Institute of Technology gegen Linz, ETH Zürich gegen die TU Wien.

Also bitte: Ist das intellektuell redlich? (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) – Ich habe es nicht verstanden; das ist vielleicht ohnehin besser.

Sie wissen, Skalicky, der Bonmots immer sehr liebt, hat gesagt: Wir unterscheiden uns von der ETH Zürich überhaupt nicht. – Und er ist Rektor der TU Wien. Auf die Frage, warum er sich nicht unterscheidet, antwortet er: Na ja, wir haben etwa gleich viele Studenten, etwa gleich viel Lehrpersonal. Wir haben auch gleich viel Geld, aber: Die ETH Zürich hat den Betrag in Schweizer Franken und wir in österreichischen Schillingen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Also der Faktor 8 ist bei der Finanzierung natürlich auch ein Argument intellektueller Redlichkeit, das ich zumindest bei der Frau Vizekanzlerin vermisse. (Abg. Dr. Martin Graf: Ist das seit dieser Legislaturperiode so?)

Wenn Sie sagen, dass in dieser Legislaturperiode das Wissenschaftsbudget um den Faktor 8 gestiegen ist, dann ist es nicht mehr so. Da haben Sie Recht. (Beifall bei den Grünen.)

Sie sprechen von "Erstarrung". Diesbezüglich gibt es natürlich auch Evaluierungen, sogar eine ganz interessante, obwohl ich mich jetzt hier nicht zum Vorreiter der ewigen oder fortdauernden Pragmatisierung machen möchte: Es ist die Erstarrung sicher keine Domäne der Jugend. Wir haben uns das in der Evaluierung von großen Einrichtungen in Österreich, zum Beispiel der Physik und Biochemie, ganz genau angeschaut. Da gibt es hervorragende Institute mit einem nahezu durchpragmatisierten Personalstand, und es gibt hervorragende Institute, in denen die Mobilität riesig ist. Da hat sich überhaupt kein Trend zwischen Dienstrechtsverhältnissen – unbefristet oder befristet – herauskristallisieren lassen. Man findet für alles seine Kronzeugen, wenn man will.

Aber was mich schon wundert: Wenn Sie das Forschungsbudget so steigern wollen, wie Sie es versprochen haben, sollte man auch intellektuell redlich darüber nachdenken, wer an den Universitäten oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen eigentlich forscht. Es sind nicht die Maschinen, die wir uns dafür kaufen können. Es sind auch nicht die Bücher. Es sind auch nicht die Computertomographen oder was Sie sonst noch kaufen wollen oder uns kaufen lassen, sondern es sind letztlich Menschen.


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Wenn ich mehr forsche, brauche ich mehr Forscherinnen und mehr Forscher, und daher müssen auch diese Stellen geschaffen werden. Ich halte es auch für intellektuell nicht bestechend und sogar für sozial unredlich, wenn man Leute heranbildet, sie zu Spezialistinnen und Spezialisten erzieht und ausbildet, in sie viel Geld investiert und dann zu ihnen sagt: Na ja, aber Professorenstellen haben wir ja nur in beschränkter Anzahl. Sie sind 35, Sie waren schon sechs Jahre bei uns, Sie waren acht Jahre bei uns – gehen Sie!

Es ist auch intellektuell unredlich, wenn man sagt, sie sollen doch in die viel gelobte freie Wirtschaft gehen. Frau Bundesministerin, Sie wissen so gut wie ich, dass in der freien Wirtschaft und in unserer Industrie die Posten für Forscherinnen und Forscher pro 10 000 Erwerbstätige in dieser Branche europaweit nahezu letztklassig sind. Es gibt für diese Leute nicht die Möglichkeit, so leicht in die freie Wirtschaft und in die Industrie auszuweichen, wie sich mancher Industrielle das vorstellt – vorstellen tun sie es sich ja ohnehin nicht, aber zumindest wird es behauptet. Das ist der Punkt. (Ruf bei der ÖVP: Wo sollen die hin nachrücken Ihrer Meinung nach?)  – Indem man einmal Forschungsstellen aufmacht.

Bleiben wir weiterhin intellektuell redlich! An der Universität Innsbruck, sicherlich nicht die größte der österreichischen Universitäten, aber zumindest die drittgrößte, haben wir jetzt alle Stellen genau durchforstet. Wenn man – und ich weiß, da komme ich mit irgendjemandem hier übers Kreuz – wirklich alle Akademikerinnen und Akademiker, die an der Universität forschen, und Lehrenden hernimmt, und dazu zählen 1 600 Privatangestellte in unsicheren Arbeitsverhältnissen, meistens mit einem Arbeitsverhältnis von zwei bis drei Jahren Dauer, wenn man alle dazuzählt – und ich betrachte sie als Teil der Universität –, kommt Innsbruck auf einen Prozentsatz von definitiv Gestellten von 43 Prozent.

Rechnen Sie die nicht dazu, was ich für illegitim halten würde, kommen wir, das gebe ich zu, auf 53 Prozent mit einer jährlichen Fluktuationsrate von zirka 14 Prozent Turn-over vom akademischen Personal. Zeigen Sie mir große, wirklich große Betriebe, die auf der Ebene der Führungspositionen – und Sie werden mir schon zugestehen, dass AkademikerInnen solche zu einem guten Teil innehaben – so ein Turn-over von 14 Prozent als niedrig – oder in Ihrer Sprache vielleicht schwachmatisch oder indiskutabel – bezeichnen.

Ich möchte um noch etwas bitten: Glauben Sie bitte nicht, dass die Universitäten der Hort der Zementindustrie sind! Sie meinen ja dauernd, dort sitzen die Betonierer, dort will keiner etwas ändern. Ich glaube, die Universitäten wissen, und ich weiß es genauso gut, dass sie laufend reformiert werden sollen, und dass es auch durchaus Punkte gibt, die schleunigst – oder zumindest bald – verbessert und reformiert werden sollten.

Es geht aber um die Art, wie man reformiert, um die Art, wie man mit den Leuten diskutiert. Sie, Frau Bundesministerin Gehrer, haben im Dezember einen Dialog angekündigt, und das war glaubwürdig. Allerdings hat der zweite Dialog drei Monate später stattgefunden, hat drei Stunden gedauert, und ein ganz wichtiges Kapitel, gerade jenes der Ausgliederung, wurde überhaupt fallen gelassen, wie viele andere Kapitel auch, weil man sich in ein Dienstrecht verbissen hat – zu Recht, würde ich meinen –, das ja nur im Zusammenhang mit einer Ausgliederung zu sehen ist. Und Sie wissen, redlich, wie Sie sind – wie ich, hoffe ich –, dass über die Ausgliederung kein einziger Beschluss einer Universität oder eines universitären, demokratisch gewählten Gremiums vorliegt! Und in diesen Gremien sitzen nicht nur die Jungen, Neuen, nur die Studenten, sondern, wie Sie wissen, auch Professoren und Ältere, Habilitierte, die sich dafür entschieden oder dazu entschließen konnten.

Und wenn es heißt: Die Universitäten wünschen sich nichts lieber, als ausgegliedert zu werden, und man fragt dann nach: Wer sind diese Universitäten?, dann werden einem die Namen von drei Rektoren oder fünf Professoren genannt. Ich weiß so wie Sie, dass Sie eigentlich unterscheiden können sollten, ob "Universitäten" fünf oder sechs Leute sind, die Ihnen etwas erzählen oder weismachen wollen, oder ob Universitäten nicht doch mehr sind. (Beifall bei den Grünen.)


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Wenn auch Sie daran glauben, dann werden Sie sich leichter tun, über die Proteste zu diskutieren. Es ist gestern von "angemessenen Protesten" die Rede gewesen. Es kommt darauf an, wie man verwurzelt ist in diesem System, wie man diesem System zugeneigt ist, wie gern man es mag. Sie wissen selber, wenn man etwas gern mag, kämpft man auch sehr dafür. Wenn einem etwas Wurscht ist, dann wird man sich auch über Ausgliederungen nicht echauffieren. Uns sind die Universitäten eben nicht Wurscht!

Und ganz zum Schluss noch einmal zum Budget, um redlich zu bleiben. Es ist gestiegen, Sie haben Recht. Das war redlich gesprochen. Aber Sie haben es – das haben Sie selber zugegeben – mit den schlechtesten Jahren in den Neunzigern, ich glaube, mit 1993 und 1994, verglichen. Wenn man jetzt etwas mit Zeiten, in denen es ganz schlecht war, vergleicht, dann könnte man das nächste Mal erwarten, dass die Bundesregierung sagt, auch im Vergleich zum Dreißigjährigen Krieg ist alles viel besser geworden. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Auf diese Stufe sollten wir uns nicht begeben, sondern den Dialog auf höherem Niveau fortsetzen. Ich halte es für möglich. Und: Wenn Sie im Feuer stehen, bestehen Sie diese Probe. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Martin Graf. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

17.51

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Während der Rede des Kollegen Niederwieser kam mir der leise Verdacht, dass bei ihm schleichend die Abkehr von der konstruktiven zur Fundamental-Opposition stattfindet. (Abg. Dr. Mertel: Mein Gott!) Wenn Sie heute hier die ewige Frage aufgeworfen haben, wozu eine Vollrechtsfähigkeit oder ausgegliederte Universitäten notwendig sind, so müssten Sie sich diese Frage ja selbst beantworten können. Es haben ja auch unter Ihrer Wissenschaftssprecher-Ägide in der alten Koalition die Sozialdemokraten die Vollrechtsfähigkeit bereits angestrebt und das als wissenschaftspolitisches Ziel postuliert. Das können Sie nicht wegdiskutieren.

An sich waren wir – zumindest drei Parteien in diesem Hohen Haus – von dieser Ausgangslage her immer einer Meinung, nämlich dass wir dieses wissenschaftspolitische Ziel auch verfolgen. Dass dazu natürlich das eine oder andere Beiwerk notwendig ist, unter anderem eine Dienstrechtsreform, das wissen Sie – und das wissen auch der Kollege Niederwieser und der Kollege Grünewald.

Wenn man sich die Ausführungen des Kollegen Niederwieser, aber auch des Kollegen Grünewald heute hier angehört hat, muss man feststellen, eigentlich haben sie das Budget des Jahres 2000 oder 2001 kritisiert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser. ) Sie haben keinen einzigen handfesten Grund für eine Kritik am Budget 2002 nennen können – außer falsche Rechenbeispiele. Sie haben die Studiengebühren genannt – das war das Budget des Vorjahres. Das müssen Sie zugestehen. Ich weiß, das brennt Ihnen unter den Nägeln; das kann man als Oppositioneller nicht oft genug sagen. Aber tatsächlich ist das nicht unbedingt eine Kritik an diesem Budget.

Im vorigen Budget, im Jahr 2001 – aber auch im Budget 2000 – haben Sie selbst hier vom Rednerpult, aber auch im Ausschuss, immer gesagt, dass Sie, wären nicht die Studiengebühren, dem Budget vollinhaltlich zustimmen können. Nichts anderes ist an sich jetzt angesagt, denn es hat sich kaum etwas verändert in den Größenordnungen, in den Rahmenbedingungen – mit Ausnahme der zukünftigen Diskussion um die Ausgliederung der Universitäten und um das Dienstrecht. Aber das ist nicht Thema dieses Budgets.

Daher muss man auch feststellen, dass sich die Kritik der Opposition äußerst in Grenzen hält, was dieses Budget 2002 anbelangt, weil es ja Faktum ist, dass es in absoluten Zahlen das höchste Budget ist, das in dieser Zweiten Republik je geschrieben wurde. Das müssen wir auch so zur Kenntnis nehmen.


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Sie haben davon gesprochen, dass das Dienstrecht unter Umständen Schicksale schafft. Ich darf Ihnen dazu nur sagen: Herr Kollege Niederwieser! Auch auf der Universität wird man sich damit anfreunden müssen, dass man, wenn ein Dienstverhältnis angeboten wird und man sich um ein konkretes Dienstverhältnis bewirbt, dann nicht sofort bis zum Schluss pragmatisiert wird. Dass zeitlich befristete Dienstverhältnisse im tertiären Bildungswesen international durchaus üblich sind, das können Sie nicht wegdiskutieren. Ich glaube, da sollte man die Kirche tatsächlich im Dorf lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Wissenschaft wird nicht zu Grunde gehen, nur weil wir jetzt die Notbremse ziehen, um nicht für die Zukunft Manövriermassen für einen künftigen Universitätsmanager oder ein Managergremium zu nehmen. Es wäre ein fataler Zugriff auf die Zukunft, würden wir heute nicht eingreifen – Sie wissen das sehr wohl – und damit für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Zukunft alles verbauen, weil wir dann auf fünf, zehn oder 15 Jahre keinen einzigen jungen Wissenschaftler mehr beschäftigen könnten. Das ist das Problem.

Unter vier Augen beziehungsweise im Ausschuss, in der allgemeinen Debatte, ist man sich in der Analyse auch immer einig. Das Ziel ist in etwa auch noch gleich. Der Weg dorthin stört Sie. Aber das ist durchaus üblich.

Und eines lassen wir uns als Regierungsparteien oder als Regierung insgesamt nicht nehmen: Die Wissenschaftspolitik wird letztendlich nicht von den Standesvertretern auf der Universität gemacht, sondern von den Politikern, die spätestens bei den Wahlen auch den Kopf dafür hinhalten müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nicht der Standesvertreter hat letztendlich Reformen zu vertreten, sondern immer die Politik. Genau das ist es, was es zu reformieren gilt, wenn man sieht, dass es in der Vergangenheit immer ein einfacher Weg war, bloß den Pfad ins Ministerium zu beschreiten, um "Geld!" zu schreien, keine innovativen Gedanken, keine evaluierten Gedanken einzubringen, dann als Rektor, Institutsleiter oder Professor an die Universität zurückzugehen und zu sagen: Ich habe gekämpft wie ein Löwe, aber ich habe von der Frau oder vom Herrn Minister kein Geld bekommen. Die sind schuld, ich kann nichts dafür.

Das war der alte Weg, und den werden wir modernisieren – mit Ihrer Hilfe oder auch ohne Ihre Hilfe. Sie können es sich aussuchen.

Es heißt auch immer, auf den Universitäten gibt es zu wenig Geld. Ich schaue mir nur einmal das Vorlesungsverzeichnis an unter: "Europäische Ethnologie". (Abg. Mag. Posch: Typisch!) Jetzt gehe ich nicht unbedingt auf die Freiheit der Wissenschaft los, aber schließlich wird man doch hinterfragen dürfen: Was soll der Steuerzahler noch zahlen? (Abg. Dr. Cap: Wenn der Tag lang ist!)

Wenn ein Student dort eine Staatsprüfung ablegen will, muss er ein Proseminar "Kultur des politischen Widerstandes" besuchen. (Abg. Dr. Cap: Ja, und?) In der Erläuterung wird ausgeführt: Die Kunst der Stunde ist Widerstand. – So lautet das Programm-Motto. – Es geht weiter: Die Tatsache, dass dank der Steigbügelhalterfunktion der ÖVP mit der FPÖ eine nachweislich rassistische und fremdenfeindliche sowie vor allem auch kunstfeindliche Partei mit rechtspopulistischen Tendenzen in die Regierung eingetreten ist, hat in Österreich und besonders in Wien eine breite Protest- und Widerstandsbewegung hervorgerufen. (Abg. Mag. Schender: Unglaublich!)

Zum Inhalt der Lehrveranstaltung: In der Lehrveranstaltung soll die Breite und Kreativität dieser Widerstandskultur erfasst, Materialien aus der Szene gesammelt und die These vom Widerstand als neue Volkskultur überprüft werden.

Aufgabenstellung zur Lehrveranstaltung: Die TeilnehmerInnen haben kleine Recherchen zur neuen Widerstandskultur durchzuführen und Beiträge von einzelnen Kulturschaffenden und Kulturinitiativen darzustellen. (Abg. Mag. Schender: Unglaublich! Diplomierte Demonstrierer werden da ...! – Abg. Öllinger: Was zitieren Sie? Zeigen Sie das her!)


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Der Vortragende ist Herr Dieter Schrage, der 13 Anmerkungen zu Widerstand und Volkskultur gemacht hat. Ich habe nichts dagegen, wenn er da forscht. Dann soll er das aber mit seinem privaten Geld oder seinem Gönnergeld machen, nicht mit staatlichen Mitteln! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auf die Frage eines Studierenden, was denn Recherchieren und Sammeln von Stoff heißt, wurde ihm nämlich gesagt: Damit Sie einen Schein für diese Prüfung bekommen, müssen Sie drei FPÖ-kritische Demonstrationen besucht haben. (Abg. Jung: Das sind Methoden! – Abg. Mag. Schender: Unglaublich! – Abg. Schwemlein: Zeigen Sie das her!)

Jetzt sage ich Ihnen an dieser Stelle eines (Abg. Öllinger: Zeigen Sie das her!)  – ich gebe es Ihnen dann, Herr Kollege! –: Wenn eine außerparlamentarische Opposition auf der Universität mit Steuergeld finanziert werden soll, dann überspannt das den Bogen der wissenschaftlichen Freiheit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und ich sage noch etwas dazu: Es ist darüber hinaus feige! Und Sie wissen das auch, Herr Kollege Niederwieser! Herr Schrage ist kein Unbekannter. Er steht in der Staatsgunst: In der Bank Austria ist er Kustos. Er ist darüber hinaus noch – man kann ja lesen, was er alles ist – in der Stiftung Ludwig und überall mit involviert. Das Steuergeld nimmt er als Gehalt, aber dann demonstriert er gegen seinen Brötchengeber, und zwar in der perfidesten Art, die ich in dieser Zweiten Republik erlebt habe! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Abgeordneter! Ich verwahre mich dagegen, dass ein Außenstehender als "perfid" bezeichnet wird. Bitte die Sprache zu mäßigen!

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend): Herr Präsident! Ich habe nicht Herrn Schrage als perfid bezeichnet, sondern ich habe die Art und Weise seiner Demonstrationskultur als die perfideste bezeichnet, die es gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und das werde ich mir auch so nicht nehmen lassen!

Ich glaube, das überspannt wirklich jeden Bogen, den wir hier jemals gesehen haben. Und ich sage Ihnen: Es ist feige, in dieser Art und Weise vorzugehen!

Der Herr Schrage ist ein alter 68er und ist damals noch in körperlicher Unversehrtheit für die 68er-Ideale eingetreten. Das war noch mutig. Heute genügt es bei ihm – und das ist das Ärgste! –, vielleicht dreimal gegen diesen Staat zu pinkeln, um einen Studiennachweis, für den man dann vielleicht sogar noch ein Stipendium bekommt, zu erhalten. Das ist feige, und das ist das Allerletzte, was ich je gesehen habe!

Hier sind Reformbedarf und Evaluierung angesagt, denn das ist nicht in Ordnung. Und das wissen Sie, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Martin Graf überreicht dem zum Rednerpult kommenden Abg. Dr. Grünewald die Erläuterungen zur Vorlesung "Europäische Ethnologie". – Abg. Eder: Minus 9 Prozent! Die Sprache verstehen Sie am besten! – Abg. Dr. Cap: Eine so unengagierte Rede!)

18.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Den Vorwurf "perfide" weise ich zurück. Ich bitte die Damen und Herren, eine Sprache zu pflegen, die wir auch bisher in diesem Hause zustande gebracht haben!

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schasching. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

18.01

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Graf, ich möchte für alle, die uns zuhören, vor allem jenen gegenüber, die Ihnen zugehört haben, betonen: Wissenschaft und Forschung in Österreich sind frei und sollen das auch immer bleiben. (Beifall bei der SPÖ und


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den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Jung und Wenitsch.  – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Nach dem Motto "Man beißt nicht die Hand, die einen füttert" werden Sie unsere Wissenschafter und unsere Forscher nicht in die Knie zwingen und ihnen aufzwingen, das zu lehren, was Ihnen gefällt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Flugzettel fabrizieren!)

Dem Redebeitrag der Kollegin Wolfmayr, die unter anderem auch die "Macht der Sprache" zitiert hat, habe ich sehr gespannt zugehört. Ich hoffe, Sie bestellen sich diese Broschüre. Sie hat weiters ein paar nette Lose gezeigt, Rubbellose; ich möchte in diesem Sinn der Frau Bundesministerin ein ganz spezielles Los überreichen: das "Hoffnungslos" der Jungen Generation. Vielleicht gefällt es Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Die Rednerin überreicht der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministerin Gehrer ein Los. – Abg. Ing. Westenthaler: Das lernt man auf der Uni!)

Zur allgemeinen Erinnerung: Die blau-schwarze Regierung hat sich vorgenommen, Bildung zu einem ihrer Schwerpunkte zu machen. In Bildung und Wissenschaft zu investieren ist für Österreichs Zukunftschancen einer der bedeutendsten Faktoren, wurde bei der Regierungsvereinbarung zwischen Blau und Schwarz angekündigt. Bis hierher sind wir SozialdemokratInnen mit Ihnen durchaus einer Meinung. Aber leider: Seit dem Zeitpunkt, zu dem sich Frau Bundesministerin Gehrer dem Nulldefizit untergeordnet hat, sind alle schönen Vorsätze, in die Bildung zu investieren, wieder vergessen. Die Steigerung im Bildungsbudget von insgesamt einem Prozent seit 1999 spricht ja für sich, Frau Bundesministerin!

Ich muss Ihnen sagen: Ihre Bildungspolitik findet ausschließlich im Finanzministerium und durch die FPÖ in der Person des Herrn Finanzministers Grasser statt. Welche Initiativen haben Sie gesetzt, die nicht Einspar- und Postenabbauinitiativen sind? Was haben Sie an tatsächlichen pädagogischen Reformen für die Schulen überlegt? – Ihnen fällt zum Thema "Pädagogische Initiative" offenbar nur ein Rohrstaberl-Gesetz über Erziehungsvereinbarungen ein. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Während die SPÖ mehr Demokratie in die Schule bringen will und mit entsprechenden Anträgen – hören Sie gut zu, Sie sagen ja immer, wir bringen keine Ideen ein! – einen Ausbau der Schülermitbestimmungs- und -mitentscheidungsrechte verlangt hat, denken rechtskonservative Abgeordnete der regierenden Parteien über die Wiedereinführung des geistigen Rohrstaberls in der Schule nach. Auch dagegen verwahren wir uns! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: So ein Blödsinn!)

Das ist nicht nur vorvorgestrig, sondern das widerspricht auch allen wissenschaftlichen Erkenntnissen und vor allem den Erfahrungen, die viele österreichische PädagogInnen in der Ausübung ihres Berufes machen. Deutlicher als mit der Gesetzesvorlage zu den Erziehungsvereinbarungen kann man die Gegensätzlichkeit von zwei völlig konträren Weltbildern gar nicht manifestieren. Daher lehnt die SPÖ diese Erziehungsvereinbarungen auch ab. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich fürchte, Sie haben das selbst aufgeschrieben!)

So wie in anderen Bereichen der Politik treibt das autoritäre Denken der Freiheitlichen Partei die FPÖ-Minister vor sich her. (Abg. Ing. Westenthaler: Haben Sie das alles selbst aufgeschrieben?) Ein wunderschönes Beispiel von freiheitlicher Polemik gegenüber Lehrerinnen und Lehrern wurde den ÖsterreicherInnen gestern Abend in der Sendung "Betrifft" vorgeführt. (Abg. Ing. Westenthaler: Warum lesen Sie das alles runter? Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?) Da haben wir ja gehört, was Ihnen die Frau Vizekanzlerin und Ihr ehemaliger Parteiobmann alles schon gesagt haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Schwemlein hat Ihnen das aufgeschrieben? Ist das wahr? Das ist peinlich!) Was mich besonders daran empört, ist, dass das "einfache Parteimitglied" meinte, man müsse den Lehrern, die bereit sind, die Regierung zu kritisieren, das Handwerk legen, man müsse diesbezüglich in der Regierung endlich Flagge zeigen. (Abg. Ing. Westenthaler: Verlesen Sie sich nicht!)

Diesen Satz, verehrte Kolleginnen und Kollegen, möchte ich hier ganz besonders herausstreichen: Jemandem das Handwerk legen. – Was bedeutet das? Man droht mit Disziplinarverfah


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ren, und so kann es ja wohl nicht sein, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Ich fürchte, Sie haben das alles selbst aufgeschrieben! Im Parlament herrscht die freie Rede!)

Die österreichischen Lehrerinnen und Lehrer sollten motiviert werden, sie sollten auch beim gezielten Erarbeiten von Gesprächskultur, von Teamfähigkeit und von Konfliktbewältigungsstrategien die Jugend für die Gesellschaft fit machen und nicht ständig von Ihnen demotiviert werden.

Ein weiterer Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Klassenschülerhöchstzahl, denn das LDG, wie es jetzt mit der Einsparung von 2 118 Pflichtschullehrern im nächsten Jahr vorliegt – das liegt jetzt endlich auch auf dem Tisch; da können Sie sich nicht mehr hinter Eventualzahlen verstecken, Frau Bundesministerin –, bedeutet de facto, dass die Klassenschülerhöchstzahl ansteigen und nicht sinken wird.

Ich frage mich: Kennen Sie ein Seminar, eine Weiterbildungsveranstaltung in der Privatwirtschaft, in der im interaktiven Verfahren Inhalte erarbeitet werden, bei der die Gruppengröße die Zahl 30 übersteigt? – Ich kann mir ganz einfach nicht vorstellen, dass Sie bei Trainings mit mehr als 15 Personen in einer Gruppe zusammenarbeiten. Schauen Sie sich einmal den Schulalltag in einer HTL an: Dort sitzen bis zu 36 Schüler in einer Klasse, um sich auf zukünftige Aufgaben vorzubereiten. (Abg. Ing. Westenthaler: Das kennen Sie gar nicht! Den Betrieb in einer HTL können Sie nicht kennen! Ich kenne ihn! Ich weiß, wie das ist!)

Geh bitte, Herr Westenthaler! "Herr Minus 10 Prozent" in Simmering – das hat Ihnen eine Kollegin heute schon so wunderbar gesagt –, lassen Sie mich doch in Ruhe vortragen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Gerade die HTL-Schülerinnen und -Schüler hätten sich kleinere Gruppengrößen verdient, um sich auf ihre Aufgaben vorbereiten zu können. (Abg. Ing. Westenthaler: Schwemlein hat ihr eine Rede aufgeschrieben! Professor Schwemlein! Ein Mann, der so ist, wie er heißt!) Wenn dort Wissensvermittlung auf höchstem pädagogischen Niveau stattfinden können soll, dann müssen Sie uns das, Frau Ministerin, als Ex-Lehrerin auch einmal vorführen. (Abg. Ing. Westenthaler: Gott sei Dank ist die Rede aus! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich stehe aber auch nicht an, darauf hinzuweisen, dass vor allem Kollege Schweitzer letzte Woche damit begonnen hat (Abg. Ing. Westenthaler: Das Lamperl rettet Sie jetzt!), auf eine Kollegin, die mit ihrer Schülergruppe auf der Galerie Platz genommen hat, hinzuweisen. Sie ist mit einer Integrationsklasse gekommen. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Er hat damals gemeint, das sei ein ganz positives Schüler- Lehrer-Verhältnis in Österreich. Dass es sich hiebei aber um eine Integrationsklasse mit schwerstbehinderten Kindern gehandelt hat, dass man da einen ganz besonderen Bedarf an zusätzlichem Lehr- und Betreuungspersonal hat, dass dabei natürlich auch andere Begleitpersonen Hilfestellung geben müssen, damit diese Schülerinnen und Schüler das Hohe Haus überhaupt besuchen können (Abg. Ing. Westenthaler: Das haben Sie jetzt frei gesagt!), um zuzuhören, um politische Bildung lebbar zu machen, das hat er nicht bedacht und hat hier seine politische Polemik auf dem Rücken dieser Schülerinnen und Schüler durchgezogen.

Aber, Frau Ministerin, ich möchte Sie weiters fragen: Welche Lösungsmöglichkeiten bieten Sie eigentlich für unser Schulsystem an, wenn das Geld bereits entzogen wird? Vielleicht gibt es andere Lösungsansätze für Sie. Ich denke, Ihre Strategie ist: Strafen rein und Lehrer raus! Her mit dem geistigen Rohrstaberl! – so wie ich es bereits ausgeführt habe. Statt Klassenschülerhöchstzahlen zu senken, reduzieren Sie die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer. (Abg. Jung: Sagen Sie uns, wie wir Ihre Schulden gutmachen können, ohne zu zahlen!)  – Ich mache gerne mit Ihnen draußen ein Privatissimum, aber lassen Sie mich jetzt zu Ende reden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich frage mich, ob in Zukunft mit Ihnen, Frau Bundesministerin, zu rechnen ist. Ich frage Sie auch im Namen der Lehrerinnen und Lehrer von Österreich, ob mit Ihnen zu rechnen ist, ob Sie sich tatsächlich hinter die Lehrerinnen und Lehrer stellen, um sie vor dieser FPÖ zu beschützen. Ist mit Ihnen zu rechnen, dass Sie Ihre pädagogischen Kompetenzen in Zukunft wieder wahr


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nehmen, damit man mit Ihnen über Demokratisierung in der Schülervertretung reden kann? Ist damit zu rechnen, dass Sie sich nicht unter Hinweis auf die Zuständigkeit der Länder bei Pflichtschullehrerdienstposten aus Ihrer Verantwortung stehlen? Ist damit zu rechnen, dass unter Ihrer Führung Bildungspolitik nicht länger der größte Schwachpunkt dieser Regierung bleibt?

Nicht nur die Sozialdemokratie erwartet sich Antworten, Frau Bundesministerin, sondern auch die SchülerInnen und die LehrerInnen Österreichs. Schweigen Sie nicht, Frau Bundesministerin! Wenn einer ständig schweigt, ist das schon genug. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Schasching  – das Rednerpult verlassend –: Minus 10 Prozent, Herr Westenthaler!)

18.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Mikl-Leitner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.10

Abgeordnete Mag. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Frau Minister Gehrer hat zuvor in ihren Ausführungen klargelegt, was Aufgabe der Regierung ist. Aufgabe der Regierung muss es sein, Schulden abzubauen und die Verschuldung nicht noch mehr anwachsen zu lassen. Genau diesem Grundsatz hat die Frau Minister bei der Budgetlegung Rechnung getragen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gerade die Regierung war sich dessen bewusst, dass es ein Ende mit dem Schuldenmachen auf dem Rücken unserer Jugend geben muss, dass vor allem in den wichtigen Bereichen richtige Akzente zu setzen sind, Akzente, die richtungweisend und zukunftsweisend für uns sind, wie eben im Bereich Bildung die notwendigen Strukturreformen.

Selbstverständlich wissen wir – wir haben das ja in den letzten Tagen oft genug gehört –, dass die Opposition immer nur vom "Totsparen" spricht, dass sie sich aber noch nicht überlegt hat beziehungsweise sich anscheinend der Tatsache verweigert, dass der Bereich Bildung 13,72 Prozent des Gesamtbudgets ausmacht, dass also hier sehr wohl ein Schwerpunkt gesetzt worden ist. Zu verdanken ist es auch unserer Ministerin Gehrer, dass sie rechtzeitig in den richtigen Bereichen die Schwerpunkte gesetzt hat, nämlich im IT-Bereich und im Forschungsbereich.

Ich darf nur darauf hinweisen, dass wir seit Jahren gerade im berufsbildenden Bereich den Schwerpunkt auf die Computer-Ausbildung setzen. Ich darf auch auf die Computer-Milliarde verweisen, die es uns ermöglicht, gerade die EDV-Ausstattung in den Schulen zu verbessern, und die es auch ermöglicht, auf Grund dieser Schwerpunktsetzung die Lehrer im IT-Bereich eben adäquat auszubilden.

Herumgejammere ist zu wenig, und es genügt auch nicht, die Bildungspolitik von Frau Minister Gehrer zu verleugnen, denn mittlerweile wird das unglaubwürdig. Ich glaube, mit Allgemeinkritik kommen wir da in keinster Weise weiter, auch nicht damit, dass permanent sowohl bei den Lehrern als auch bei den Schülern Ängste geschürt werden. Es sind Konzepte und Verbesserungsvorschläge gefragt!

Ich darf Sie daran erinnern, dass sich gerade im Bildungsbereich die Schwerpunktsetzung im Technologiesektor auch in Zahlen fassen lässt. Ich denke dabei an die Schulabsolventenzahlen im IT-Bereich, die mittlerweile bei 20 000 Schülern liegen. Bereits in Planung ist aber eine Absolventenzahl von 30 000 Schülern im Jahr 2003. Auch das lässt sich bereits jetzt prognostizieren.

Die Zahl der Universitätsabgänger und Fachhochschulabsolventen wird sich bis zum Jahre 2003 ebenfalls vervierfachen; derzeit sind es 850 Absolventen. Es gibt eine richtige Schwerpunktsetzung ebenso im Technologiebereich; jede Konzentration im IT-Bereich kann einfach nur einen Vorsprung im internationalen Wettbewerb bedeuten. Gerade bei dieser Konzentration spielen die Fachhochschulen eine zentrale Rolle. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Schwemlein.  – Abg. Ing. Westenthaler: Sehr kompetent!)


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Wir wissen, dass sich gerade in der Nähe von Fachhochschulen wissenschaftliche und wirtschaftliche Betriebe ansiedeln und umgekehrt. Wir wissen auch, dass es nur ein Absichern von zukunftsträchtigen Arbeitsplätzen gibt, wenn es ein Zusammenspiel zwischen Bildung und Wirtschaft gibt. Das, so glaube ich, sind wichtige Komponenten, die wir sehen müssen, die wir auch in unserem Bildungskonzept berücksichtigen müssen.

Selbstverständlich sind auch Strukturreformen, von denen heute schon gesprochen worden ist, sowohl im Bildungsbereich als auch im universitären Bereich notwendig. Letzte Woche haben wir intensiv über das Landeslehrer-Dienstrecht diskutiert, das einen enormen Quantensprung für den Bereich der Bildung, für den Bereich der Lehrer bedeutet. (Abg. Schasching: Aber retour, nicht vorwärts!) Wir wissen, dass damit die Flexibilität erhöht wird, und wir wissen auch, dass gerade die Qualität durch die Schwerpunktsetzung noch weiter verbessert werden kann. Vor allem das Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse sowohl der Lehrer als auch der Schüler wird dadurch möglich.

Ich glaube, Bildungspolitik kann man nicht einfach auf Diskussionen über Zulagen beziehungsweise Streichungen reduzieren. Es wäre viel zu einfach, wenn man den Bildungsbereich auf diese Ebene reduzieren würde. Ich meine, es ist wichtig, zu erkennen, wo die Herausforderungen der Zukunft liegen und wo diesbezüglich die Schwerpunkte im Bereich der Ausbildung wie auch der Bildung zu setzen sind. Gerade unsere Bundesregierung hat dies erkannt und hat diesbezüglich auch die richtigen Schwerpunkte gesetzt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das war ein wohltuender Unterschied! Von einer Lesung zu einer Rede!)

18.15

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

18.16

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zuerst kurz auf die Rede des freiheitlichen Abgeordneten Graf eingehen (Abg. Schwemlein: Zahlt sich nicht aus!), der hier eine Lehrveranstaltung aus dem Sommersemester 2001 zitiert und kritisiert hat (Abg. Ing. Westenthaler: Haben Sie auch inskribiert?), dass unter dem Titel "Kultur des politischen Widerstandes" in der Europäischen Ethnologie auch das behandelt wird (Abg. Ing. Westenthaler: Flugzettel basteln, oder was?), was derzeit in Österreich passiert und im letzten Jahr in Österreich passiert ist. Dem Herrn Graf sei gesagt: Ethnologie ist nicht nur das, was bei fremden Völkern irgendwo in Afrika passiert (Abg. Öllinger: Baströckchen!), sondern es ist mittlerweile in einem modernen Verständnis sehr wohl das, was an Volkskultur – und das ist nicht nur Folklore – auch in Österreich passiert. Sich das anzusehen, das kann doch wohl nur in Ordnung sein! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber wahrscheinlich war es so, dass er die Auffassung vertritt, dass an den Universitäten nur das gelehrt werden darf, was ihm oder den Freiheitlichen oder der Regierung genehm ist. Meine Damen und Herren! Dieses Verständnis von Lehre können wir auf keinen Fall teilen. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber Flugzettel kann jeder basteln! Da brauche ich nicht eine Vorlesung!) Dieses Verständnis von Lehre ist eines, das wahrscheinlich "Leere" – mit Doppel-e – heißt und nicht "Lehre" mit "eh". Diesem Verständnis können wir uns auf keinen Fall anschließen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber nun zu dem Punkt, den ich eigentlich mit Frau Ministerin Gehrer besprechen wollte. Ich hätte von ihr gerne eine Antwort dazu. Das betrifft einen Bereich, der seit Wochen in einem Tauziehen zwischen der Außenministerin oder dem Außenamt und Ihrem Ministerium steht, nämlich den Bereich der Studiengebühren für Studierende aus Entwicklungsländern.

Vielleicht kann ich kurz auf die etwas skurrile Geschichte eingehen. Ursprünglich war in einer ersten Fassung des Budgetbegleitgesetzes ja vorgesehen, dass der Studienbeitrag für Studierende aus Entwicklungsländern einfach erlassen wird, das heißt, nicht einmal eingefordert wird. Im Gesetz handelt es sich dann nicht mehr um eine Erlassung, sondern auf einmal um eine Rückerstattung, wo zu lesen steht, Sie – Frau Ministerin – sollen durch Verordnung jene Staaten


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festlegen, bei denen den Studierenden die Studiengebühr zurückerstattet werden kann. Es ist mittlerweile so, dass diese Verordnung jetzt herauskommen sollte, aber dieses Tauziehen findet immer noch statt. Die Außenministerin will sich nämlich – so hat sie es uns in der Budgetanfrage gesagt – dafür einsetzen und setzt sich dafür ein, dass die Studierenden aus allen Entwicklungsländern von Studiengebühren befreit bleiben. Sie hat auch gesagt, die endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen.

Was ich höre, ist, dass es nun darum geht, dass Sie so wenige Länder wie möglich drin haben wollen, am liebsten nur die acht oder neun Schwerpunktländer, aber keineswegs die etwa zehn weiteren Kooperationsländer, mit denen Österreich enge Beziehungen unterhält. Es gibt noch einen Streit bezüglich dessen, ob auch Burkina Faso oder Simbabwe oder andere Länder dabei sind oder nicht. Sie wollen so wenige Länder wie möglich.

Das ist eine Vorgehensweise, die ich gegenüber den Studierenden als verunsichernd bezeichnen muss. Was heißt es denn, wenn Sie das per Verordnung festlegen können? – Das heißt, dass vielleicht im nächsten Jahr die Verordnung anders aussieht und andere Länder "verordnet" werden. Worauf sollen sich denn diese Studierenden, die noch dazu in ein fremdes Land, nach Österreich, zum Studieren kommen, verlassen können? – Die können sich in ihrer Studienplanung nicht darauf verlassen, dass sie vielleicht nächstes Jahr die Studiengebühr nicht mehr zu zahlen brauchen.

Etwas anderes: Sie haben im Budgetausschuss auf die Anfrage eines Kollegen von mir geantwortet: Na ja, da sind dann halt auch die Reichen, die genug haben, von dieser Studiengebühr befreit oder bekommen sie zurückerstattet! Was Sie aber machen, indem Sie die Studiengebühr nur für einige wenige Länder einheben wollen, bedeutet, dass aus Ländern, die sehr arm sind und ein äußerst niedriges Bruttonationalprodukt haben, die aber kein Schwerpunktland der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit sind, dann nur die Reichen kommen können, dann nur die Eliten kommen können. Verstehen Sie das unter Bildungspolitik auch für Menschen aus armen Ländern: dass aus jenen Ländern, die nicht zu den österreichischen Schwerpunktländern zählen, dann nur die Reichen kommen? Das, Frau Ministerin, kann nicht das Ziel einer österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungspolitik sein! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Schasching. )

Noch ein Punkt: Jetzt geht es nicht mehr um die Befreiung von den Studiengebühren, sondern um die Erstattung. Im Gesetz steht: Sie werden zuerst bezahlt und dann, vier Wochen später, rückerstattet. Aber einen Rechtsanspruch darauf wird es nicht mehr geben. Was heißt denn das?  Es kommen Studenten nach Österreich, zahlen 10 000 S – ohnehin schon schwierig genug –, und dann erfahren sie vielleicht drei, vier, fünf Wochen später, dass aus irgendeinem Grund, vielleicht weil das Bruttonationalprodukt in ihrem Heimatland plötzlich etwas angestiegen ist oder die Familie vielleicht ein bisschen zu viel verdient – bei dem ohnehin schon Wenigen, das sie haben –, diese 10 000 S nicht zurückerstattet werden. Diese Studenten sind aber davon ausgegangen, dass das der Fall sein wird.

Davon betroffen sind auch Stipendiatinnen und Stipendiaten, die von österreichischen, von staatlichen oder auch von kirchlichen Institutionen Stipendien erhalten. Was bedeutet das für diese Studenten? Sie haben einen Studienplatz, kommen nach Österreich, und dann wird ihnen gesagt: Nein, es tut mir Leid, Sie haben keinen Rechtsanspruch! Wir haben zwar gesagt, Sie bekommen die Gebühr rückerstattet, aber vielleicht bekommen Sie sie doch nicht! – Was machen sie dann? Müssen sie ihr Studium abbrechen? Müssen sie versuchen, vielleicht in Deutschland oder in einem anderen Land studieren zu können? Was heißt das für die Lebensplanung dieser Studierenden?

Frau Ministerin! Sie haben noch keine Antwort darauf gegeben, was das bedeutet und warum Sie nicht wirklich dafür sind, dass – was auch die OECD, das Entwicklungskomitee der OECD sagt – die Studierenden aus den Entwicklungsländern von den Studiengebühren befreit sein sollen!


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Da ist noch ein interessanter Aspekt. Bisher hat nämlich Österreich immer die anteiligen Studienkosten von Studierenden aus Entwicklungsländern als Entwicklungshilfe gemeldet und macht das auch weiterhin. Das haben die OECD und auch wir schon vor Jahren kritisiert, aber es ist immer noch so; es hat sich etwas gebessert, aber grundsätzlich ist das immer noch so. Jetzt halten Sie sich aber nicht an die Richtlinien der OECD!

Frau Ministerin! Das ist – würde ich jetzt einmal sagen – von Seiten der Bundesregierung mit doppelter Zunge gesprochen (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Muttonen ), und das können wir nicht akzeptieren! Das bedeutet, dass junge Menschen, die in ihrem eigenen Land nicht an die Universitäten gehen können, die ihre Familien mühsam davon überzeugt haben – und Sie wissen genauso gut wie ich, dass das gerade bei den jungen Frauen noch viel schwieriger ist als bei den Männern –, ins Ausland, nach Österreich, zu gehen, um dort zu studieren, um eine gute Ausbildung zu bekommen, um dann wieder in ihre Heimat zurückzugehen und etwas zur weiteren Entwicklung dieses Landes beizutragen, auf Grund dieser derzeit Noch-nicht-Verordnung, auf Grund der fraglichen Rückerstattung und der Nicht-Befreiung von einzelnen wenigen Ländern verunsichert sind.

Frau Ministerin! Ich wünsche mir sehr, dass Sie bereit sind, diese Situation noch zu verändern, und ich bringe daher folgenden Antrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grünewald, Lunacek Freundinnen und Freunde betreffend Befreiung Studierender aus Entwicklungsländern von Studiengebühren

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, mittels Ausnahmeverordnung die Befreiung Studierender aus Entwicklungsländern von der Zahlung von Studiengebühren sicherzustellen.

*****

(Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Muttonen. )

18.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

Ich trage noch nach: Der Entschließungsantrag, der soeben von der Vorrednerin eingebracht worden ist, nämlich der Entschließungsantrag der Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Bitte, Herr Abgeordneter Kurzmann.

18.24

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Die Ansätze des Kulturbudgets sind in diesem Jahr ebenso wie andere Haushaltsstellen auch von Sachzwängen geprägt. Es gilt nun einmal, den Staatshaushalt nachhaltig zu sanieren. Für mich und meine Fraktion gibt es aber keinen Zweifel darüber, dass für die Kultur im nächsten Jahr wieder vermehrt Geld eingesetzt werden muss, damit Österreich seinen guten Ruf in Europa und in der Welt nicht gefährdet.

Ich möchte aber auch auf falsche Aussagen mancher Oppositionsredner zu sprechen kommen, die behauptet haben, viele Kulturschaffende würden Österreich den Rücken kehren oder gar auswandern.


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Meine Damen und Herren! Wer die Wirklichkeit kennt, der weiß, dass das reine Propagandaphrasen sind, die jeder wirklichen Grundlage entbehren. So hat etwa Frau Jelinek, die bei Amtsantritt der blau-schwarzen Regierung noch die Aufführung ihrer Stücke untersagt hat, diese Blockade aufgegeben. Ich entnehme das einer Meldung der APA vom 6. März dieses Jahres, wo sie gesagt hat:

"Die Blockade war ein Zeichen. Jetzt hat sie ihren Sinn verloren und ist nur noch plakativ."

Sie sehen also, so schnell geht die Rückkehr zur Normalität. Sie ist schneller erfolgt, als vielleicht manchem Redner der Opposition lieb ist.

Die Regierung, meine Damen und Herren, betreibt eine äußerst liberale Kulturpolitik. Oder glauben Sie etwa, dass manche Künstler, die vor kurzem noch protestiert haben, heute aus Gründen der Opportunität dem Motto des römischen Kaisers Vespasian folgen, der einmal gesagt hat: "pecunia non olet!" – "Geld stinkt nicht!" –?

Der bekannte Grazer Soziologe und Philosoph (Zwischenruf des Abg. Schwemlein )  – na ja, vielleicht haben Sie Recht, Herr Kollege – Professor Karl Acham hat diese Situation schon im vergangenen Jahr einmal treffend beschrieben. Er hat nämlich im "Standard" im Juli wörtlich Folgendes ausgeführt – ich möchte Ihnen dieses Zitat in Erinnerung rufen –:

"Angesichts der Wirkungslosigkeit der nach dem 4. Februar lauthals verkündeten Parole ,Diese Regierung muss weg – aber sofort!‘, also in Anbetracht der nach wie vor bestehenden Regierungsbeteiligung der FPÖ, sind gleich mehrere Alterskohorten von österreichischen ,Kulturschaffenden‘ von der Sprachlosigkeit befallen worden."

Einige Zeilen weiter führt er aus: "In einem Land, in dem sich vor allem Staatskunstpreisträger darin gefielen, vor versammelter Ministerriege Dankesreden zu halten, die stets klangen, als handle es sich um die unter dem Galgen gehaltene Abschiedsrede eines Widerstandskämpfers, dem nicht Urkunde samt Scheck, sondern der Strick ausgefolgt wird, stellten sie als Staatskunstpreisträger auch die Staatskunst der sie Auszeichnenden unter Beweis: Jeder künstlerische Biss hatte zugleich mit jedem gebissenen Politiker die Toleranz des Systems zu bestätigen, welches sich solches gefallen ließ. Jetzt aber", schreibt Acham weiter, "ersetzt die Expressivität von Containern weitgehend die politische Analyse der kritischen Intelligenz." – So weit Karl Acham.

Ich glaube, dem ist nichts hinzuzufügen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

18.28

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Das Wissenschaftsbudget 2002 hat nach meinem Dafürhalten drei gravierende budgetrelevante Einschnitte. Das eine sind die Studiengebühren. Frau Kollegin Lunacek hat bereits auf diese Ungerechtigkeit bei den Studierenden aus Entwicklungshilfeländern hingewiesen. Sie haben sie mit allerhand Argumenten befürwortet und eingeführt. Sie haben gesagt, die Studiengebühren würden die Studiendauer verkürzen, wobei schon jetzt zwei Drittel aller Studierenden neben dem Studium arbeiten müssen. Sie haben von mehr Qualität durch Studiengebühren gesprochen, in Wirklichkeit verwenden Sie den Großteil davon für das Stopfen von Budgetlöchern. Sie haben davon gesprochen, dass die Leistung der Studierenden steigen würde, in Wirklichkeit ist die Akademikerquote in Österreich ohnehin nicht hoch, und Studiengebühren werden diesen Effekt noch verschärfen. Studiengebühren werden vor allem einen sozialen Numerus clausus bei mehreren Kindern bewirken und verstärken.

Es ist ein Hohn, dass Sie davon gesprochen haben, dass Sie Studiengebühren dadurch abfedern wollten, dass Sie ein Darlehensmodell in Aussicht gestellt haben. Das, was Sie für das


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Budget selbst in Anspruch nehmen, nämlich keine Schulden zu machen, das haben Sie sozial Schwachen zugemutet, das wollen Sie sozial Schwachen zumuten! Das ist blanker Zynismus!

Sie haben – man kann es nicht oft genug wiederholen – am 1. März 2000 gesagt: Es ist nicht mein Anliegen, Studiengebühren für eine Grundausbildung einzuführen. Ich meine, es ist Aufgabe des Steuerzahlers, die Bildungsangebote in Österreich von der Volksschule bis hin zum Doktorat zu bezahlen! – Ich habe immer den Eindruck gehabt, dass Sie hinter dieser Aussage stehen, weil es nicht nur ein Satz war, sondern weil es Gestus Ihrer Überzeugung war, so wie ich Sie vorher kennen gelernt habe. Das ist Ihr Sündenfall! Sie haben sich von Bundeskanzler Schüssel und von Minister Bartenstein fast sprichwörtlich hier auf der Bank in die Zwickmühle nehmen lassen. 31 Milliarden Schilling hat es im Budgetvollzug des letzten Jahres gegeben. 31 Milliarden Schilling! Sie haben wegen ein paar Millionen, 100 Millionen Schilling, Ihre Grundsätze verkauft, Ihre Überzeugung über Bord geworfen, ähnlich wie das Herr Klubvorsitzender Khol auf eine andere Art und Weise beim Verfassungsschutz gemacht hat. Sie wissen ganz genau, dass Sie hier Ihren Grundsätzen untreu geworden sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Punkt betrifft das Dienstrecht. Es wird Sie nicht weiter überrascht haben, dass Ihre Politik gegenwärtig zu zahlreichen Protesten an den Universitäten geführt hat. 4 000 Streikende haben Sie in Ihrem Heimatland überrascht. Hörsaalboykott an den Human- und Sozialwissenschaften der Uni Wien, auch in Linz sind Veranstaltungen ausgefallen. Jetzt sagen die Kunstuniversitäten: "Das ist unser Tod!", im heutigen "Kurier" zu lesen.

Das ist eine sehr prekäre Situation. In Wirklichkeit ist diese überfallsartige Einführung der Studiengebühren der erste Schritt zur Einschränkung beziehungsweise zur Abschaffung des freien Universitätszugangs, und dazu kommt jetzt diese große Verunsicherung der Universitätslehrer und -lehrerinnen durch Ihre Vorschläge betreffend ein neues Dienstrecht. 90 Prozent der Lehrenden an der Universität Innsbruck haben sich gegen die Einführung eines neuen Dienstrechts ausgesprochen, mehr als 80 Prozent gegen die Ausgliederung der Universitäten. Da geht es nicht um vernünftige Vertragsbediensteten-Verhältnisse, wie Sie heute gesagt haben, sondern in Wirklichkeit fühlen sich große Teile des Mittelbaus in ihrer beruflichen Existenz bedroht, wobei noch keineswegs gesagt ist, dass die Einführung des Angestelltenrechts billiger wird. Stichwort: Abfertigung, Stichwort: Pensionsrücklagen, Stichwort: teurere Kollektivverträge für jene Dienstnehmer, die in besonders gefragten Fächern tätig sind. (Beifall bei der SPÖ.)

In Wirklichkeit lassen Ihre Maßnahmen und die Einführung von Globalbudgets das Ende des freien Hochschulzugangs in Österreich befürchten, weil die Universitäten Globalbudgets nur dann akzeptieren werden, wenn auch die damit zu finanzierenden Studienplätze kontingentiert werden. Das ist vollkommen klar. Es gibt also beträchtliche Zusatzkosten. Sie haben sich von der Aufgabe und von der These, dass Hochschulbildung staatliche Kernaufgabe sei, verabschiedet. Es gibt demokratiepolitische Bedenken, den Verlust der politischen Steuerungsmechanismen. Es gibt Probleme mit der studentischen Mitbestimmung. Das alles ist wirklich kein Ruhmesblatt.

Sie haben auch im Forschungsbereich Ihre Politik fortgesetzt. Von den von Ihnen selbst angekündigten Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in der Höhe von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes – das haben Sie spätestens für das Jahr 2005 avisiert – sind wir weit entfernt. Das wären rund 70 Milliarden Schilling pro Jahr. Davon sind wir weit entfernt. In der Forschung ist in Wirklichkeit Ebbe in der Kasse.

Der Sparkurs, den Sie den Schulen verordnet haben, bringt 3 700 Lehrerposten weniger, und für die Personalausgaben haben Sie die gleiche Summe wie im Jahre 2001 veranschlagt, was aber auf Grund von Struktureffekten wie Alter, Gehaltserhöhungen in Wirklichkeit eine Reduktion ist, und das wird sich zwangsläufig auf das Studien- und Betreuungsangebot negativ auswirken.

Sie flüchten sich zunehmend in Gemeinplätze. Sie reden immer von Zukunftssicherung. Sie reden von Strukturreformen. Sie reden von Mobilität. Sie reden davon, die Zukunft der Jugend zu sichern. Die Wahrheit ist aber eine andere, eine ganz traurige, und daher werden Sie sicher verstehen, dass wir diesem Budget unsere Zustimmung nicht geben werden. (Beifall bei der


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66. Sitzung / Seite 36

SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Der Herr Kollege Posch glaubt auch schon seine eigene Propaganda!)

18.35

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.35

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Mag. Posch, gerade das Gegenteil von dem, was Sie gesagt haben, zeigt sich im Medizinstudium. Es wird ein ganz modernes, neues, sehr offenes und sehr zukunftsreiches Studium angeboten, und das jetzt, zur Zeit unserer Ministerin. Dazu möchte ich ihr gratulieren. Sie hat die Voraussetzungen geschaffen, auf die wir sehr lange gewartet haben, sie hat dieses Thema in Angriff genommen, und wir können für die Zukunft eine wesentlich bessere medizinische Ausbildung erwarten. Wir werden auch dafür sorgen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben anno dazumal sicherlich erst postpromotionell erlernen müssen, was heute bereits während des Studiums einfließt. Wir gehen weg vom bisherigen System, das seine Wurzeln ja im 19. Jahrhundert hat, hin zu einem praxisbezogenen Unterricht in Kleingruppen und einem problemorientierten Lernen.

Bei all diesem Reformwillen dürfen wir natürlich nicht vergessen, dass noch einige Problemkreise zu erörtern sind. Ich glaube, dass im Curriculum noch einige Dinge fehlen, Frau Minister, aber – das habe ich schon das letzte Mal gesagt – ich kann mir vorstellen, dass das noch Berücksichtigung finden wird. Die Ernährungsmedizin sollte vielleicht doch noch ihren Platz im Curriculum finden, ebenso die psychosomatische Medizin, weil ja auch die Psyche eine große Rolle spielt; denken Sie nur an die psychosomatischen Erkrankungen.

Erfreulich ist, dass die Palliativmedizin beziehungsweise auch die Ethik in der Medizin in dieses Curriculum miteinfließen. Biotechnologie und all die interdisziplinären Zusammenhänge mit den verschiedenen Diskussionsforen werden angeboten. Ich halte das für eine sehr gute Lösung.

Was man bedenken muss und auch von den Studenten immer wieder vorgebracht wird, sind die personellen Ressourcen. Dazu möchte ich nur sagen, dass jene Professoren, Dozenten beziehungsweise Habilitierten, die außerhalb der universitären Einrichtungen tätig sind, in Zukunft sicher wesentlich mehr herangezogen werden können und auch sollten als bisher. Sie sollten ihrer Berufung, als Lehrer tätig zu sein, tatsächlich nachkommen.

Für die Räumlichkeiten und die finanzielle Gebarung haben Sie, Frau Ministerin, ja bereits vorgesorgt. Daher können wir sagen: Es sind wirklich sehr günstige und gute Voraussetzungen für das Medizinstudium geschaffen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Faul. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

18.38

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Schweitzer hat in seiner Rede zumindest einen Satz mit einem sehr hohen Wahrheitsgehalt gesagt. Wenn er mit der Bemerkung, dass jeder, der irgendwo in Österreich Schwachsinniges oder Stumpfsinniges von sich gegeben hat, dann pragmatisiert worden ist, auch sich selbst gemeint haben sollte, dann möchte ich ihm zumindest darin nicht widersprechen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Das habe ich gar nicht gesagt!)  – Das hast du gesagt!

Sehr verehrte Frau Ministerin! Ein Wort zur Fernsehsendung von gestern Abend – eine, wie ich meine, Pressekonferenz der FPÖ unter Ihrer Beteiligung, Frau Minister! Ihr Bundesparteivorsitzender war, wie immer in so wichtigen Angelegenheiten, auf Tauchstation! (Abg. Großruck:


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Kümmere dich um deinen eigenen!) Seit gestern, Frau Ministerin, werden Sie uns unsere Besorgnisse über den drohenden Lehrerabbau nicht immer wieder als Panikmache und Angstmacherei vorwerfen können, denn Sie haben gestern in Ihrer zweiten Wortmeldung selbst gesagt, dass es ohne schmerzliche Einschnitte und Eingriffe in die Dienstverhältnisse nicht gehen würde. Sie haben damit unsere Befürchtungen bestätigt, dass es wie in anderen öffentlichen Bereichen auch bei den Lehrern massive Arbeitsplatzverluste geben wird. Da helfen auch die Beteuerungen Ihres Koalitionspartners und der Mitglieder Ihrer Fraktion im Unterrichtsausschuss nichts, die uns von Neueinstellungen und von neuen Dienstposten – beispielsweise in Niederösterreich – berichten, wie das Frau Kollegin Brinek getan hat.

Frau Ministerin! Es bedarf immer wieder eines anschaulichen Beispiels, um Ihnen die wirklich traurige Realität der Umsetzung des neuen Landeslehrer-Dienstrechtgesetzes vor Augen zu führen. Aus diesem Grund bringe ich Ihnen ein neues und durchgerechnetes Beispiel von meinem Standort in der Steiermark, wo bei einem Klassenstand von 40 Klassen die Klassenvorstandsverluste und die Ordinariate mit 40 beziehungsweise mit 26 Stunden genau die Stundenzahl ergeben, die drei Lehrerinnen und Lehrer an meiner Schule brauchen würden.

Frau Ministerin! Es sind das keine jungen Lehrerinnen, es sind das keine Vertragsbediensteten, wie Sie meinen und wie die Kollegen von der FPÖ gemeint haben, die noch keinen Anspruch auf eine ausbildungsadäquate Beschäftigung haben und die man durchaus in anderen Berufsgruppen unterbringen könnte, sondern es sind das Lehrerinnen und Lehrer im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Sie haben sich auf die Ausbildung ihres Berufes eingerichtet, und sie haben letztlich den von ihnen gewählten Beruf schon mehr als zehn Jahre ausgeübt. (Abg. Mag. Schweitzer: Warum nimmst du nicht das Vorruhestandsmodell in Anspruch?) – Wart ein bisschen, ich werde es dir gleich sagen, Karli!

Sie haben sich zum Unterschied von dir auch an ihren Schulstandorten niedergelassen. Sie haben dort ihre Hausstände errichtet und ihre Familie gegründet. Wo werden wir die hintun, Frau Ministerin?

In meinem Bezirk werden wir sie nicht unterbringen. Im Land Steiermark werden wir sie auch nicht unterbringen, und ob die benachbarten Bundesländer diese Kollegen aufnehmen können, das frage ich und wage ich angesichts dieser Strukturmaßnahmen für ganz Österreich ganz vehement zu bezweifeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin! Vielleicht werden wir diese Lehrerinnen und Lehrer nach Deutschland in die konservativen Bundesländer bringen, wo auf Grund der langjährig verfehlten Bildungspolitik konservativer Bildungsminister heute akuter Lehrermangel herrscht.

Frau Ministerin! Es bleibt die Frage offen: Haben sich die jungen Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen dies verdient? Eine weitere Frage: Haben es sich die Schülerinnen und Schüler an unseren Schulen verdient, dass ihnen die jungen Lehrerinnen und Lehrer weggenommen werden, die mit viel persönlichem Engagement vor allem in den Bereichen tätig sind, wo junge Lehrer ganz besonders gefragt sind, wie in den Bereichen Sport, Computertechnik und Kunsterziehung? (Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Kollege Schweitzer! Die älteren Kollegen werden Ihr Angebot des Vorruhestandes nicht annehmen wollen, dazu ist es zu unattraktiv, und andererseits fühlen sich die Lehrerinnen und Lehrer Mitte fünfzig noch fit genug, um ihren Beruf auszuüben. Sie verstehen es auch nicht, dass man seitens Ihrer Regierung für sie das Pensionsalter anhebt und sie auf der anderen Seite mit unausgeglichenen Modellen früher in Pension schicken möchte.

Sie wissen von den Kolleginnen und Kollegen der Post und der Bahn und vor allem von den Landesbediensteten im öffentlichen Bereich, welche persönliche Betroffenheit es erzeugt, im schaffenskräftigen Alter von Mitte fünfzig in ein Vorruhestandsmodell geschickt zu werden. Sie haben auch Angst davor, dass Ihnen für den Lehrerbereich ähnliche Modelle einfallen werden wie bei der Post und bei der Bahn, dass dann der Lehrer zwar ohne Beschäftigung, aber doch im Dienststand bis 12 Uhr mittags bei seinem Telefon verharren muss, um für eine eventuelle Vertretung und Supplierung an einer Schule eingeteilt werden zu können.


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Sehr geehrte Frau Minister! Das sind die wirklichen Fallen im neuen Lehrerdienstgesetz. Sie können zwar die pragmatisierten Lehrerinnen und Lehrer nicht so leicht entlassen, aber Sie können sie in diesen drei Arbeitszeitblöcken flexibel einteilen. Frau Minister! Bei Ihrer Phantasie, vor allem aber bei der negativen Phantasie des Partners FPÖ wird Ihnen dazu möglicherweise noch viel Grausliches einfallen.

Liebe Frau Ministerin! Wir werden die negativen Auswüchse im Sinne unserer Kolleginnen und Kollegen beobachten. Wir werden sie davon überzeugen, einer Regierung, die exzessiv gegen die Lehrerinnen und Lehrer in Österreich ist und die für Bildungsabbau in Österreich steht, eine Absage zu erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sevignani. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.44

Abgeordneter Hans Sevignani (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Bildung ist das kulturelle Instrument zur Chancengleichheit, für Freiheit und für die Teilnahme am demokratischen Leben. (Abg. Schasching: Also für alle wichtig, nicht?)

Der Staat hat vor allem sicherzustellen, dass dem Grundrecht auf Bildung über ein breit gefächertes Angebot an hoch qualifizierten Bildungseinrichtungen entsprochen wird. Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir unser qualitativ hochwertiges, hoch stehendes Bildungssystem halten wollen – und das wollen wir, dazu stehen wir! –, müssen wir dieses über Strukturmaßnahmen für die Zukunft anpassen.

Im Pflichtschulbereich werden Planstellen nicht mehr nachbesetzt. Über die konkrete Verteilung sollen die Länder entscheiden. Dienstposten werden im AHS- und BHS-Bereich nicht mehr nachbesetzt. Durch natürlichen Abgang und ein attraktives Vorruhestandsmodell werden Entlassungen von Lehrern vermieden. Der Struktureffekt der Maßnahmen im Lehrerbereich beträgt im Budget 2 Prozent. Ab Herbst 2001 werden 40 Klassen mit einem neuen Angebot an Informationstechnologie eingerichtet. Es gibt Bestrebungen, forciert BHS und Fachhochschulen zu schaffen. Es ist nicht sinnvoll, bei steigenden Schülerzahlen ständig die Planstellen zu vermehren – darauf hat mein Kollege Charly Schweitzer schon hingewiesen. Es gibt sehr viele Lehrer, die pragmatisiert sind, aber keine Stunde mehr halten müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieser Vorwurf ist nicht der Frau Minister zu machen, sondern, wenn überhaupt, an die Länder und an deren Landesschulratspräsidenten, die dafür zuständig sind, zu richten.

Wir haben mit der Computermilliarde einen wichtigen Schwerpunkt gesetzt und zahlreiche leistungsorientierte Komponenten bei der Lehrerentlohnung eingeführt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Opposition verbreitet Unwahrheiten, Halbwahrheiten, und sie präsentiert keine eigenen Vorstellungen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Sie verunsichert Lehrer, Eltern und Schüler. Herr Kollege Faul! Gerade Sie haben das soeben genauso gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Ruf unserer Schulen ist im In- und im Ausland hervorragend, ebenso die Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen. (Abg. Dr. Antoni: Das sehen aber nur Sie so! – Abg. Böhacker  – in Richtung des Abg. Dr. Antoni –: Das ist ja unglaublich!) Aber jene Lehrer, die nun Kinder und Eltern verunsichern und als Druckmittel verwenden, mögen bedenken (Abg. Schasching: Denen muss man das Handwerk legen, hat Frau Riess-Passer gesagt!), dass Panikmache auch ihnen selbst und dem Ruf ihrer Schule schadet.

Das Bildungsbudget wird ausgeweitet, und es wird im kommenden Schuljahr keine einzige Unterrichtsstunde, keinen Wandertag, keine Projektarbeit weniger geben. (Ruf bei der SPÖ: Das werden Sie wissen!) Die Qualität der Bildung hängt nicht allein davon ab, dass immer mehr


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Mittel eingesetzt werden. Frau Minister! Wir unterstützen voll dieses Budget. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 6 Minuten eingestellt. – Bitte.

18.49

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Es stimmt: Verunsicherung gibt es im Schulbereich, und zwar bei LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen. Es gibt auch Gründe dafür, und diese liegen im Einsparen, im Wegrationalisieren und im Schlagwort und Modewort "Strukturbereinigungen".

Eines der brennendsten Themen im Bildungsbereich ist wohl die Frage, wie Sie dem enormen Ansturm von SchülerInnen an die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen begegnen wollen. Frau Ministerin! Im Budgetausschuss haben Sie auf eine ähnliche Frage geantwortet, dass eben nicht jeder oder jede in eine berufsbildende Schule gehen sollte. Wir alle sollten Argumentationshilfe geben und auf die Bevölkerung einwirken.

Frau Ministerin! Ich gebe Ihnen Recht, wenn Sie sagen, nicht jeder oder jede könne in eine berufsbildende höhere Schule gehen, aber mit dem Einwirken ist das schon eine schwierige Sache.

Es wird auch nichts getan, was die richtigen SchülerInnen in die richtige Schule bringen würde. "Berufsorientierung" wäre zum Beispiel da das Schlagwort. Was bedeutet Berufsorientierung aber? – Berufsorientierung würde eine Ausbildung für Lehrerinnen und mehr Werteinheiten für Schulen bedeuten. Doch ich frage mich: Warum geschieht nichts auf diesem Sektor? Warum werden keine neuen Projekte gestartet? Warum werden solche, die es gegeben hat, abgewürgt beziehungsweise beendet?

Ich höre schon das Argument, die Autonomie der Schule sei da gefragt. Ich meine aber: Nicht die Autonomie der Schule ist da gefragt, sondern die Unterrichtsministerin ist gefordert! Ich glaube, dass dieses "neu Regieren", dieses Nicht-Zuständig-Sein eben nicht bedeuten kann, dass es um eine Abschaffung der Zuständigkeit insgesamt geht, denn dann könnte man ja wirklich das Unterrichtsministerium genauso wie das Wissenschaftsministerium abschaffen. Auch den Bereich der Kultur könnte man dann weglassen. Wenn es immer heißt: Wir sind nicht zuständig, die Schulen müssen das selbst organisieren, die Universitäten müssen das selbst organisieren!, dann frage ich mich: Wozu ist dann das Unterrichtsministerium da? Das kann doch nicht sein! Ich denke, es geht um Konzepte, insbesondere um gesellschaftspolitische Konzepte. Nur so kann man Jugendlichen Hilfe anbieten, auf Jugendliche einwirken. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch problematisch, meine Damen und Herren, dass 8 Prozent eines Jahrganges, die die Schulpflicht erfüllt haben, keine weitere Ausbildung erhalten. Sogenannte Dropouts, die den Druck der überfüllten ersten Klassen nicht standhalten können, finden dann auch in den meisten Fällen schwer oder kaum weitere Ausbildungsmöglichkeiten.

Meine Damen und Herren von der Koalition! Sie sprechen oft von Durchschnittszahlen in der Ober-und Unterstufe und davon, dass unsere Durchschnittszahlen unter denen der OECD liegen. – Ich denke, wir sollten stolz darauf sein, aber nicht in der Richtung vorgehen, dass wir uns bei unseren Vorhaben sozusagen anpassen, sondern wir sollten darauf schauen, dass die anderen sich unseren Gegebenheiten anpassen können.

Meine Damen und Herren von der Koalition! Sie sprechen von Durchschnittszahlen, Sie sprechen aber nicht von den Zahlen in den ersten Klassen, zum Beispiel der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, und davon, wie viele oder wie wenige dann in den zweiten Klassen übrig bleiben. Das ist nicht deshalb so, weil die Schülerinnen und Schüler, die aussteigen, dumm sind, nein, das ist deswegen so, weil sie oft die übervolle erste Klasse nicht schaffen.


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Da werden Schüler und Schülerinnen aus allen Schultypen zusammengemischt. Manche kommen von weit entfernt, sind mit 14 oder 15 Jahren zum Teil Selbstversorger, oder sie stehen bereits um 4 Uhr früh auf und kommen erst um 7 Uhr abends nach Hause, denn die Bahn ist mittlerweile ja auch strukturbereinigt. Da heißt es dann, dass solche Schüler und Schülerinnen keine Probleme hätten. Ich glaube, da fehlt es an Maßnahmen, und das hat nichts, ja schon gar nichts, mit Schulautonomie zu tun.

Im Klartext würde dieser Weg, den Sie eingeschlagen haben, heißen: soziale Selektion, frühes Ende der Schulausbildung, sehr hohe Dropout-Raten, häufiges Repetieren der Schülerinnen und enorm viel Privatunterricht.

Ich glaube, angesichts dieser Umstände sind die Eltern und die Lehrer und Lehrerinnen zu Recht empört. Aber vielleicht sollten Sie einfach auf Ihren Befehlshaber aus Kärnten horchen, der sagt: Alles zurück, Kurs geändert, Politik mit Herz ist gefragt! – Nur: Offensichtlich schlägt Ihr Herz nicht links, und deswegen fordere ich Sie auf, Politik für die Menschen und für die Jugend zu machen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Noch ganz kurz zwei Punkte zur Kultur: Frau Ministerin! Es ist wieder ein Bild zweifelhafter Herkunft in der Sammlung Leopold aufgetaucht. Offensichtlich stammt es – einem Bericht des "Standard" zufolge – aus dem Besitz eines jüdischen Mitbürgers.

Frau Ministerin! Das Image Österreichs leidet, wie wir alle wissen, beträchtlich durch die immerwiederkehrenden antisemitischen Äußerungen gewisser Politiker. Es müsste doch auch in Ihrem Interesse sein, dass nicht noch mehr Schaden angerichtet wird, und ich glaube daher, dass man da endlich Klarheit schaffen sollte. Es gibt angeblich noch weitere Bilder; so vermutet zumindest der "Standard".

Ein zweiter Punkt noch: Das Kunsthistorische Museum, das, wie eine eher konservative Zeitung schreibt, in den letzten Jahren auffällig von der Politik gehätschelt wurde, kommt mit der Vollrechtsfähigkeit offenbar sehr gut zurecht. Es werden immer wieder Kooperationen eingegangen und auch Sponsoren gefunden, und es gibt keine Berührungsängste der Bevölkerung mit diesem Museum.

Berührungsängste gibt es aber sehr wohl, was die zeitgenössische Kultur betrifft, und daher denke ich, dass es an der Zeit wäre, mehr in Projekte und Museen zu investieren, die sich mit moderner Kunst beschäftigen. Das wäre ganz im Sinne Ihres steirischen Parteikollegen, des steirischen Kulturlandesrates Gerhard Hirschmann, der, wie er sagt, wild entschlossen ist, nicht die traditionellen Kulturtanker über die Runden zu bringen und gleichzeitig den Rest wegsterben zu lassen.

Ich glaube, es ist gefährlich, die Museen, die sich mit moderner Kunst auseinander setzen, einfach ins Wasser zu stoßen und dann zuzuschauen, ob sie schwimmen können oder eben untergehen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. )

18.55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.55

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Frau "Oberlehrerin" Schasching war vor kurzem hier am Rednerpult und hat ihre Rede mit der Äußerung eingeleitet, dass die autoritäre Regierung und die Koalitionsparteien über Kritiker drüberfahren. So ähnlich lautete es doch? (Abg. Schasching: Ich kann es genau zitieren, wenn Sie es wollen!)

Frau Abgeordnete! Sie haben dann Ihre demokratische Reife im einem Zwischenruf offenbart. Als unser Klubobmann Sie mit einem Zwischenruf bedachte, haben Sie gesagt: Lassen Sie mich in Ruhe vortragen! Das haben Sie gesagt! (Abg. Schasching: Ja! – Ruf bei der SPÖ: Ist das schlimm?)


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Wissen Sie, eine Debatte besteht ein wenig aus Rede und Gegenrede. Es sollte zumindest so sein. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben sich bei Ihrer Rede aber nicht gerne unterbrechen lassen. Sie und Ihre Lehrerkollegen spielen Demokratie nämlich in einer anderen Form, und zwar in jener, dass Sie die Lehrer mit einer Fragebogenaktion aufhetzen, in welcher Sie gegen alle Interessen des Dienstgebers zum Boykott aufrufen. (Abg. Schasching: Das ist ja richtig erheiternd!) Heute, am 2. April, läuft diese Aktion, die Sie initiiert haben, ab. Da heißt es: keine Tätigkeiten für Schulbuchaktionen, keine Gespräche mit Eltern, keine schulbezogenen Veranstaltungen, keine Schulveranstaltungen, keine Lehrerfortbildung, Boykott der Sprachwochen, Boykott der Projektwochen, Boykott der Sportwochen. (Abg. Schasching: Meinen Sie das auch?)

Das Ihre Initiative, das ist Ihr Demokratiespiel! (Abg. Schasching: Demokratie ist kein Spiel!) Ich wünsche dieser Ihrer Umfrage – vielleicht kennen Sie die Werte schon – das, was sie wert ist, nämlich einen Bauchfleck. So hat sich, glaube ich, heute Ihr Kollege ausgedrückt. (Abg. Dr. Grünewald: Das ist aber sehr "demokratisch"!)

Ich komme nun zum Thema Sport. Frau Bundesminister! Im Rahmen der Aktion "Born to move" wurden Schüler auf ihre Fitness getestet. Auf eine Frage an den Sportwissenschafter Dr. Roland Werthner – dieser Artikel ist vor wenigen Tagen erschienen – antwortete dieser auf die Frage: "Wie steht es mit dem Sportverhalten und der Gesundheit unserer Kinder" Folgendes – ich zitiere –:

"In punkto Kondition, also bei Kraft und Ausdauer, bin ich sehr enttäuscht. Ernüchternd sind auch die Ergebnisse bei den klassischen Bewegungsfertigkeiten wie Laufen, Springen oder Schwimmen."

Dann wird Dr. Werther gefragt: "Wo stehen unsere Kinder im europäischen Vergleich?" Darauf antwortet er wörtlich: "Da hinken sie im wahrsten Sinn des Wortes hinterher." – Zitatende.

Frau Bundesminister! Ich habe Sie immer wieder darauf angesprochen, ich weiß, dass Sie das nicht von einen Tag auf den anderen ändern können, aber es ist im Regierungsübereinkommen die tägliche Bewegungseinheit, insbesondere für den Pflichtschulbereich, verankert, und ich bitte Sie sehr, auf diesem Sektor weiterzuarbeiten.

Frau Bundesminister! Auch an unseren Universitäten besteht auf dem Sektor des gut organisierten Universitätssportes Handlungsbedarf. Die Teilautonomie hat sich da nachteilig ausgewirkt, und erst recht wird es die Vollautonomie mit sich bringen, dass den Universitäten dem sportlichen Verhalten seiner Hörer nicht mehr jene Bedeutung zubilligt, die bisher möglich war. Ich glaube, dass da eine gesetzliche Regelung vonnöten ist.

Zum Thema Gesetze im Zusammenhang mit Universitäten: Kollege Niederwieser hat uns ein Acht-Punkte-Programm offenbart, er hat es uns auch in Antragsform zur Verfügung gestellt.

Herr Dr. Niederwieser, es ist dies eine Abrechnung mit Ihrer Vergangenheit, und ich frage Sie in diesem Zusammenhang: Was hat Sie denn daran gehindert, die Absicherung der Forschungsmittel für fünf Jahre zu beschließen? Was hat Sie denn daran gehindert, die Anerkennung des Fachhochschulstudiums auf Hochschulniveau einzuführen? Was hat Sie denn daran gehindert, die Förderung des Bildungssparens nach Modell des Bausparens einzuführen?, und so weiter und so fort. – Das ist eine Abrechnung mit Ihrer Vergangenheit!

Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang Ihren Parteikollegen, den sehr beachtenswerten Herrn Dr. Strahammer, zitieren, der zur Universitätsreform folgende Forderungen aufgestellt hat:

"Universitäten brauchen eigene Rechtspersönlichkeit, Leistungsverträge, Schwerpunktsetzung bei Unis, Management statt Verwaltung, private Dienstverhältnisse und Globalbudgets."

Gehen Sie zu Ihrem Kollegen Strahammer, er wird Sie aufklären, was unsere Universitäten weiterbringen könnten! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.00


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66. Sitzung / Seite 42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riepl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

19.01

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich zuerst mit den Ausführungen meines Vorredners, Kollegen Grollitsch, ganz kurz beschäftigen.

Ich denke, im Bildungsbereich gibt es derzeit niemanden, der gegen diese Politik nicht protestiert: Lehrer protestieren, Schüler protestieren, Eltern protestieren, Uni-Personal protestiert, Studenten protestieren, Professoren protestieren. Ich glaube, es gibt niemanden, der es schaffen würde, all diese Menschen aufzuhetzen, wie Sie es formuliert haben. Ich denke, die schwarz-blaue Bildungspolitik ist es, die diese Menschen zum Protest animiert, und ich glaube auch nicht, dass Sie es schaffen werden, all diesen Personengruppen "das Handwerk zu legen", wie der ehemalige Parteiführer der Freiheitlichen es ausgedrückt hat, denn sie protestieren, wie ich meine, zu Recht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

Sehr verehrte Damen und Herren von der FPÖ und von der ÖVP! Sie versprechen mit Ihrer Politik und mit diesem Budget, der Bildung den Vorrang zu geben. Statt Vorrang gibt es aber Versäumnisse, und zwar viele Versäumnisse, welche zur Verringerung der Qualität und zur Verschwendung von Geld führen und die Leute verunsichern.

Versäumnis Nummer eins: Sie, sehr verehrte Frau Bundesminister, verunsichern die Berufsschulen, die Wirtschaft, die Lehrlinge und die Lehrer. Beispiel: Es gibt neue moderne Berufe, die von den Sozialpartnern entwickelt und vom Wirtschaftsminister verordnet worden sind, und da frage ich Sie: Wo sind die Rahmenlehrpläne dafür? Wo sind die Rahmenlehrpläne für die Berufsschulen?

Da gibt es als neue Berufe beispielsweise den Zerspanungstechniker, den Fertigteilhausbauer, neue Elektroberufe – aber es gibt dafür keine Lehrpläne. Es gibt zwar Lehrlinge, die in diesen Berufen ausgebildet werden, die die Berufsschule besuchen, aber es gibt keine Lehrpläne dafür, und dies schon seit rund einem Jahr nicht.

Wie gesagt, die Lehrlinge besuchen seit Beginn dieses Schuljahres die Berufsschulen, aber die Lehrpläne fehlen. Sie brauchen sie, Frau Minister, eigentlich nur zu verordnen. Nur: Sie tun es nicht! Was passiert? – Die Berufsschulen müssen improvisieren, weil es für die Schüler keine Rahmenlehrpläne gibt. Ihr Bildungssparbudget geht schon so weit, dass nicht nur das Geld, sondern sogar auch die Lehrpläne eingespart werden, sehr verehrte Frau Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesminister! Sie leiten das Zukunftsministerium unserer Republik! Ich frage Sie: Soll in Zukunft der Unterricht für unsere Lehrlinge ohne Lehrplan erfolgen? – Schauen Sie doch bitte, dass da etwas weitergeht! Dafür haben wir Sie ja!

Versäumnis Nummer zwei: Sehr verehrte Frau Bundesminister! In einer Anfragebeantwortung haben Sie mit Stolz darauf hingewiesen, dass Sie den Schulen Möglichkeiten zur Bestellung der Schulbücher per Internet anbieten, womit dies schneller, billiger, einfacher und mit weniger bürokratischem Aufwand erfolgen könne.

Wie schaut die Praxis aus? – Statt schneller geht es langsamer, statt billiger ist es teurer, statt einfacher komplizierter, und statt weniger Bürokratie gibt es mehr Verwaltungsaufwand und Schweißperlen für die Lehrer, die sich bemühen.

Ein Direktor einer Berufsschule schrieb Ihnen – Sie kennen das Schreiben sicher – vor einigen Wochen unter dem Betreff: "Bestellung der Schulbücher über das Internet, eine leidvolle Erfahrung!" Folgendes:


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66. Sitzung / Seite 43

"Beim Anlegen der Klassen erhielt ich fast immer statt der vorgesehenen Auswahlfelder für das Schulbuchprofil und des Limits leere Felder. Eine falsch eingegebene Klasse konnte ich trotz mehrerer Versuche nicht löschen, auch die Änderung der Schulstufe war nicht möglich. Das Programm verweigerte jede Änderung."

Dann heißt es weiter: "Nach wirklich vielen erfolglosen Versuchen an vier verschiedenen Computern, über drei verschiedene Provider, nach einem Aufwand von insgesamt etwa 15 Stunden in der Schulzeit und Privatzeit habe ich es aufgegeben."

Das Ende des Briefes lautet: "Zum Schluss möchte ich noch persönlich anmerken, dass die Schulbuchaktion wohl schön und aufwendig propagiert wurde, aber mit Verwaltungsvereinfachung nichts, aber schon gar nichts zu tun hat.

Wir sind wieder auf die Papierform umgestiegen. Maximal 2 Stunden ausfüllen, gegen 15 Stunden im Internet."

Das bedeutet bei Ihnen Zukunftsministerium! So sieht Ihre Zukunftspolitik aus, sehr verehrte Frau Bundesminister! Das kommt aus Ihrem Haus, aus Ihrem Ressort! Ich glaube, dem braucht man nichts mehr hinzuzufügen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt könnte man glauben, dass dieser Direktor vielleicht etwas falsch gemacht hat, dass er den PC vielleicht falsch bedient hat, dass er die über 100 Seiten Erläuterungen vielleicht nicht richtig verstanden hat. Nein, das ist auszuschließen, denn es handelt sich dabei um die Berufsschule für Elektrotechnik. In dieser Schule, die mit Ihrem Verwaltungsvereinfachungsprogramm nicht zurechtkam, wird man sich doch wohl auskennen.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie leiten das Zukunftsministerium. Ich frage Sie: Soll in Zukunft die Schulbuchbestellung so wie jetzt ablaufen? – Schauen Sie doch bitte, dass da etwas weitergeht! Dafür haben wir Sie ja!

Versäumnis Nummer drei: Die Qualität der Schulen, insbesondere der Berufsschulen, hängt auch davon ab, ob es zu einem guten Mix bei den Lehrern kommt. Eine gute Schule braucht erfahrene ältere, aber auch aus der Wirtschaft kommende jüngere Lehrer. Doch Sie, Frau Bundesminister, haben es verabsäumt, zeitgemäße Eintrittsbedingungen für junge Lehrer, und zwar gerade in technischen Fächern und gerade in Berufsschulen, zu schaffen. Anfangsgehälter von 15 000 S netto sind kein Anreiz für einen pädagogisch begabten Techniker, junge Menschen verantwortungsvoll zu unterrichten. Es kommt dadurch zu einer Verdünnung der Qualität in den Berufsschulen, also gerade dort, wo wir immer mehr Qualität brauchen könnten. Der Ausweg über Sonderverträge ist auch keine Lösung, dauert doch die Genehmigung dieser Sonderverträge immer häufiger viele Monate. Das löst also das Problem auch nicht. Sie verwalten die Bürokratie, und das belastet das Budget.

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sie leiten das Zukunftsministerium unseres Landes. Ich frage Sie: Sollen in Zukunft keine jungen Lehrer unsere Berufsschüler unterrichten? – Schauen Sie doch bitte, dass da etwas weitergeht! Dafür haben wir Sie ja! Oder? (Beifall bei der SPÖ.)

19.07

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schender. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.08

Abgeordneter Mag. Rüdiger Schender (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Riepl hat gemeint, dass es niemand im Bereich der Bildung und Wissenschaft gebe, der nicht protestiere. Dazu, Herr Kollege Riepl, muss ich Ihnen sagen: Sie und Ihre Genossen tragen ja das Übrige dazu bei, dass Lehrer und Universitätsprofessoren, dass auf dem Bildungs- und Wissenschaftssektor ganz gezielt geschürt und Stimmung gegen diese Bundesregierung zu machen versucht wird. (Abg. Edler: ÖVP-Lehrer gibt es keine! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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66. Sitzung / Seite 44

Meine Damen und Herren von der SPÖ, vom linken Reichsdrittel! Rote Lehrergewerkschafter sind es, die in den Schulen, die in Volksschulen acht-, neun-, zehn-, elfjjährige Schulkinder aufhetzen und verunsichern. (Abg. Schwemlein hält einen "FORMAT"-Artikel mit der Überschrift "Sex, Samen und Videotapes" in die Höhe. – Zwischenruf der Abg. Schasching. )

Frau Kollegin Schasching! Ich halte es für etwas Furchtbares, wenn Lehrer Volksschüler für ihre politischen Zwecke missbrauchen! (Abg. Schwemlein: Wo? An welcher Schule? Ein Beispiel!) Und wenn Sie von der SPÖ das auch noch unterstützen, dann muss ich sagen: Das ist verwerflich! Da wird es notwendig sein, dass man Gegenmaßnahmen setzt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Auch das Beispiel an einer Universität, wonach man an Demonstrationen gegen diese Regierung teilgenommen haben muss, um überhaupt ein Lehrveranstaltungszeugnis zu bekommen, entsetzt mich. Entspricht das Ihrem Demokratieverständnis? Entspricht dieser Zwang, gegen eine frei gewählte Regierung demonstrieren zu müssen, Ihrer Überzeugung von Demokratie? – Dass das so ist, das tut mir Leid, meine Damen und Herren!

Tatsache ist, dass das Wissenschaftsbudget 2002 eine äußerst positive Entwicklung genommen hat, denn mit einem Budgetrahmen von 2,364 484 Milliarden j weist es eine Erhöhung um 69 Millionen j oder um 3,01 Prozent aus. (Abg. Dr. Cap: Hat dir die Rede der Papi geschrieben?) Herr Kollege! Kommen Sie doch heraus und sagen Sie etwas! Sie müssen doch wissen, Herr Kollege Cap, was Universitätspolitik ist. Letztendlich haben Sie doch Ihr halbes Leben an der Uni verbracht (Abg. Dr. Cap: So jung bin ich noch?), aber Gott sei Dank haben Sie jetzt Ihren Doktor. Aber das macht Sie trotzdem nicht gescheiter. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Könnten Sie bitte die Hand aus der Hosentasche nehmen? – Weitere Zwischenrufe.)

Aber auch die Entwicklung im Vergleich zu den vergangenen Jahren ist recht beachtlich. Wir haben, wie gesagt, gegenüber dem Vorjahr eine prozentuelle Steigerung von 3 Prozent, wir haben im Budget 2001 eine prozentuelle Steigerung von 6,6 Prozent und im Budget 2000 eine Steigerung von 4,64 Prozent gehabt, und all das trotz eines Sanierungskurses!

Wenn man sich ansieht, was Ihre Regierung in den Jahren davor zustande gebracht hat, dann erhält man ein Bild über den Stellenwert, den Sie der Wissenschaft geben, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Abg. Schwemlein: Wir haben Sie studieren lassen!) Im Jahre 1995 etwa hat es eine Kürzung um 5,55 Prozent im Wissenschaftsbudget gegeben, im Jahre 1996 eine Kürzung um 8,32 Prozent und im Jahr 1997 eine Kürzung von 5,3 Prozent. (Abg. Schwemlein: Haben Sie kalte Hände, weil Sie die Hand nicht aus der Tasche nehmen?)

Meine Damen und Herren! Diese Regierung misst der Wissenschaft und der Forschung einen sehr hohen Stellenwert bei; daher haben wir es auch geschafft, in diesem Bereich Erhöhungen zustande zu bringen. Dazu kann ich der Frau Minister nur sehr herzlich gratulieren, und ich hoffe, dass diese erfolgreiche Wissenschaftspolitik auch fortgesetzt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Der Papi hätte eine bessere Rede gehalten!)

19.12

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

19.12

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es ist schon eine Kunst, hier in vier Minuten keinen einzigen bildungspolitischen Inhalt zu liefern. Aber, Kollege Schender, du beherrschst diese Kunst perfekt. Ich gratuliere dir! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu viel Bildung schadet. – Das ist ein alter und ziemlich verstaubter Spruch der Konservativen, der anscheinend heute wieder gilt, meine Damen und Herren. Während nämlich in Zeiten der


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66. Sitzung / Seite 45

SPÖ-Regierungsbeteiligung das Bildungsbudget permanent immer wieder erhöht wurde, ist es nun zum ersten Mal so, dass das Bildungsbudget gesenkt werden muss.

Meine Damen und Herren! Sie beschweren, Sie bescheren uns – "beschweren", das war jetzt ein guter Freud’scher Versprecher –, Sie bescheren uns und unseren Kindern und Jugendlichen finanzielle Kürzungen und einen bildungspolitischen Stillstand. Mit anderen Worten: Sie verfolgen eine Absicht, meine Damen und Herren, Sie wollen bestimmte gesellschaftspolitische und ökonomische Veränderungen erreichen. Es sollen bestimmte Zielsetzungen erreicht werden, die den Konservativen, Ihnen, in unserem Land schon lange ein Anliegen sind und jetzt unter dem Vorwand eines ausgeglichenen Budgets den ÖsterreicherInnen verkauft werden.

Sie ignorieren die immer wichtiger werdende Verbindung zwischen Sozial- und Bildungspolitik. Ihre Politik bringt diese beiden so wichtigen Stützpfeiler mächtig ins Wackeln. Sie wackeln nämlich schon. Ich weiß nicht, ob Sie wirklich wollen, dass diese Pfeiler einstürzen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

Ihr Kurs ist weder modern noch einmalig. Er hat konkrete Vorbilder, sowohl im Ausland als auch in der eigenen Geschichte. Erhöhungen der Arbeitszeit der Lehrer, Gehaltsreduzierungen der Lehrer, Reduzierungen des Personalstandes durch Aufnahmesperren, Erhöhung der Arbeitsleistung der Lehrer durch höhere Schülerzahlen, Reduzierung der Sachausgaben für die Schule – diese Maßnahmen, meine Damen und Herren, verordnete die Politik des Bürgerblocks in der Ersten Republik nach der Weltwirtschaftskrise 1929. (Ruf bei der ÖVP: Da waren Sie schon dabei?) Aber heute befinden wir uns nicht in einer Weltwirtschaftskrise, wir befinden uns in einer wirtschaftspolitisch relativ stabilen Situation, und ich sage dazu: dank der Sozialdemokratie der letzten 30 Jahre! (Beifall bei der SPÖ.)

Warum machen Sie im Jahr 2001 eine Bildungspolitik, als wären wir knapp nach einer Weltwirtschaftskrise? (Abg. Edlinger: Sehr richtig!) Das verstehe ich überhaupt nicht. Sie kürzen das Bildungsbudget und tun so, als wären Sie irgendwelchen dubiosen Sachzwängen unterlegen. Aber das tun Sie einfach, weil es Ihren gesellschaftspolitischen Zielen entspricht, die da lauten: den Sozialstaat untergraben, das Unternehmertum fördern und Hegemonie im öffentlichen Leben erreichen. Das sind in Wahrheit Ihre Ziele! (Abg. Dr. Mitterlehner: Schön auswendig gelernt!)

Bildung wird für Sie zur Ware. Meine Damen und Herren! Werden unsere Kinder für Sie auch zur Ware? Scheinbar! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Anscheinend!) Anscheinend. – Danke für die Belehrung, Herr Oberlehrer!

Braucht es wirklich Erziehungsvereinbarungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, um besser disziplinieren zu können? Braucht es wirklich Erziehungsräte, weil sich in Zukunft weniger Lehrer um mehr SchülerInnen kümmern müssen? Sind vielleicht unsere Kinder das neue Sparpotential? – Das ist wirklich traurig!

Herr Kollege Kiss! Sie, der Sie in der Schule gestanden sind, wissen genauso gut wie ich, dass die Herausforderungen (Abg. Kiss: Scheinbar!)  – ich habe es ohnehin schon gesagt, danke! – immer größer werden, sowohl im kognitiven als auch im emotionalen Bereich in der Schule. Wir alle sind gefordert, die Kinder sind gefordert, das ist keine Frage.

Anstatt "Eigenverantwortung statt jugendlicher Gewalt", "Schülermediatoren gegen Gewaltausbrüche", "Sagen lernen, wo es drückt" oder "Kinder streitet, aber richtig!" zu unterstützen, werden Erziehungsräte eingesetzt, die disziplinieren und die Kinder nicht einbinden, weil nämlich weniger Menschen dafür zur Verfügung stehen, weil weniger Lehrer für mehr Kinder da sind. Das ist die bittere Wahrheit, und die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Sie wissen das besser als ich. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Abschluss ein kleines Beispiel. Ich verstehe überhaupt nicht: Warum sollen Kinder vom Wandertag schon ausgeschlossen sein, bevor sie überhaupt mitgehen können? Das sagen diese neuen Vereinbarungen: Weil wir zu wenig Menschen haben, die mit diesen Kindern arbeiten


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können. (Widerspruch der Abgeordneten Steibl und Mag. Schender. )  – Das steht als Beispiel sogar im Gesetzentwurf, Kollegin Steibl. Lesen Sie nach!

Wir machen das sicher nicht mit. Die Jugend ist uns nämlich wichtiger als Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Edlinger: Sehr richtig!)

19.16

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Wochesländer zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.17

Abgeordnete Jutta Wochesländer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Frau Kollegin Heinisch-Hosek, an und für sich ist meine Leidensfähigkeit ohnehin relativ groß, aber bei Ihnen war es wirklich schlimm. Nur zu erzählen, was nicht in Ordnung ist, das ist nicht Oppositionspolitik, Frau Kollegin! Sie sollten stattdessen aufzeigen, was Sie besser machen könnten. Sie sollten bessere Vorschläge liefern! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Sie waren meine Kollegin! Erinnern Sie sich, Frau Kollegin? Sie müssten das kennen! – Zwischenruf des Abg. Edler. )

Ich muss Ihnen sagen: An Ihrer Stelle würde ich mich bei Herrn Ex-Finanzminister Edlinger wirklich bedanken. Hätte er nämlich nicht ein so großes Schuldenloch hinterlassen, würde ich sofort den Antrag stellen, für Sie einen Sonderlehrgang für Oppositionspolitik einzurichten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was Sie unter Oppositionspolitik verstehen, ist einzig und allein: Nein zu allen Maßnahmen – egal, ob Strukturmaßnahmen oder sonstige Veränderungen. (Abg. Schasching: Zu solchen Maßnahmen kann man nur nein sagen!) Warum denn? Welche Maßnahmen sind denn so schlecht? (Abg. Schasching: Lehrer raus!) Es ist keine Rede von "Lehrer raus!"! Die Lehrer sollen mehr in die Klasse hinein, aber das stört Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Die Abgeordneten Heinisch-Hosek und Schasching: Nein, nein!)

Wenn jemand heutzutage Lehrer wird, dann weiß er, dass er es nicht nur mit lauter Einser-Kindern zu tun hat, sondern dass er sicherlich eine aufgeschlossene, eine muntere Jugend vor sich hat, mit der er kommunizieren muss, mit der er beisammen sein muss. Aber bitte schön, eine Stunde für das Klassenbuchführen, wo sind wir denn? (Abg. Schwemlein: Jetzt sagen Sie mir bitte, wie das geht! Ich bin seit 28 Jahren im Dienst! Sie werden mir jetzt sagen, wie man unterrichtet! Ich höre Ihnen zu! – Abg. Dr. Cap: Wir wollen mehr Herz! Wo ist das Herz? Was sagen Sie zum Herz?)

Also mit Herz und Gefühl kann man sehr gut unterrichten und verstehen. Das ist richtig. Aber ich muss auch explizit machen, welche Verhaltensregeln gefordert sind, und darf nicht nur einfach sagen: Ja, ja, wird schon passen, geht schon. – Das kommt ja alles. (Abg. Heinisch-Hosek: Aber ein Mensch muss man bleiben!) Mensch ist man sicherlich dabei, das ist ganz klar. (Abg. Dr. Cap: Wir wollen mehr Herz!)

Meine Damen und Herren von der Opposition! Sie machen nichts anderes als polemisieren, krankjammern, verunglimpfen, falsch darstellen und – dafür kriege ich vielleicht sogar einen Ordnungsruf – sogar verhetzen. So weit gehen Sie! Sie verunsichern damit, und Sie rufen zu Streiks und zu Demonstrationen auf. Und das ist die Jugend von morgen? – Nein, das brauche ich aber wirklich nicht! (Abg. Schwemlein: Das ist ein starkes Stück!)

Kurzfristig haben Sie mit diesem Vorgehen in Wien punkten können, aber langfristig – das garantiere ich Ihnen – demaskieren Sie sich selbst. Das, was Sie tun, ist demokratieschädigend! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Und das Herz? Haben Sie zum Herz etwas gesagt?)

Sie negieren den Willen und die Bestrebungen der Regierung zur Bildungsoffensive. Und was machen Sie? – Sie machen einzig und allein eine Zündleroffensive! (Abg. Dr. Cap: Wir suchen das Herz!) Sie betreiben das Spiel mit der Angst, und zwar nicht nur mit den Lehrern, sondern


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auch mit den Eltern und mit den Schülern. Vielleicht haben Sie gestern im Fernsehen erfahren, was derzeit geschieht: Es werden Fotos in den Klassen aufgestellt, und man sagt: Schaut her, das sind die Bösen, die euch die Lehrer kosten werden. – Das ist doch wirklich lächerlich! (Abg. Schwemlein: Wer denn?)

Meine Damen und Herren! Der Bundesvoranschlag für das Budgetkapitel Bildung und Kultur sieht für 2002 einen Ausgabenrahmen von 5,6 Milliarden j vor. Und, Herr Kollege Antoni, auch trotz konsequenten Einsparens wird es keine Deckelung und kein Einfrieren der Bildungsausgaben geben. Es wird das Stundenangebot gleich sein. Es werden die Förderstunden bestehen bleiben. Es wird sich in dieser Weise nichts ändern. (Abg. Dr. Cap zeigt auf das blinkende Lämpchen am Rednerpult.)  – Sie brauchen mir nicht immer das Licht zu zeigen, Herr Cap. Ich bin ja nicht blind! Ich sehe ja, dass Sie von der roten Reichshälfte kommen. Rot kann ich noch leicht unterscheiden von allen wirklich akzeptablen Farben. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich gebe Ihnen einen Tipp. Zu der Zeit, als Sie von der SPÖ die Bildungsminister gestellt haben, da war auch ich Lehrerin. Und was ist meistens passiert? Es wurde nur derjenige angestellt, der das richtige Parteibuch gehabt hat, und dann ist er als Supplierungsreserve im Konferenzzimmer gesessen. So etwas brauchen wir nicht! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.20

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 6 Minuten eingestellt. – Bitte.

19.21

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Diktion, die gestern die fernsehende österreichische Öffentlichkeit mitbekommen hat, haben Sie jetzt mit Begriffen wie "Volksverhetzung" und "undemokratisch" weitergeführt. So wurde es Ihnen gestern vorgeplappert. Sie haben es gut nachgesagt. Sie haben aber, wie ich meine, überhaupt nicht begriffen, worum es gegangen ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wochesländer: Ich plappere nicht nach!)

Seit gestern wissen die Österreicherinnen und Österreicher, dass es die roten Beamten und die dunkelroten Lehrer sind, die daran schuld sind, dass in dieser Republik nichts weitergeht und dass nichts mehr passiert. – Ich habe gar nicht gewusst, dass es so viele rote Beamte und so viele rote Lehrer gibt, denn soweit ich weiß, waren in diesem Bereich, bis gestern zumindest, die Roten immer in der Minderheit. Selbst 30 Jahre haben das nicht verändern können. (Abg. Schwemlein: Einer ist noch immer einer zuviel!)

Aber gut, das ist ja noch als Scherz zu verstehen. Wenn man aber dann gehört hat, wie es weitergegangen ist mit Ausdrücken wie "Handwerk legen" und "gegen diese Leute vorgehen", da hat man sich schon ein bisschen fürchten können. (Beifall bei der SPÖ.) Und die Frau Bundesministerin ist dagesessen, hat nichts dazu gesagt oder mit dem Kopf genickt, als Aussagen getroffen wurden wie zum Beispiel, dass Lehrer in der Schule über die Kinder Druck auf die Eltern ausüben, damit irgendwelche Unterschriften gegeben werden. Und Herr Schender hat sich hier herausgestellt und hat – wahrscheinlich in diesem Zusammenhang – vom Missbrauch gesprochen, den die Lehrer mit den Kindern angeblich betreiben.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie waren berühmt dafür, dass Sie sich immer schützend vor Ihre Lehrer gestellt haben, aber jetzt schweigen Sie zu solch schwer wiegenden Angriffen gegenüber unseren Lehrerinnen und Lehrern.

Bei Ihrer Stellungnahme hier im Parlament loben Sie die Lehrer zwar und betonen, wie gut sie doch seien, aber im Fernsehen, in der breiten Öffentlichkeit höre ich davon nichts. Das hätte ich mir von Ihnen auf jeden Fall erwartet.

Eines sage ich mit aller Deutlichkeit: Wenn es passiert, dass hier von Missbrauch die Rede ist, und wenn behauptet wird, dass Kinder unter Druck gesetzt werden (Abg. Schwemlein: "Ver


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hetzt"!), um die Eltern zu einer Unterschrift zu bringen, ja dann muss man bitte auch ein Beispiel nennen. Ich habe kein einziges Beispiel gehört! Ich habe kein einziges Beispiel von den "bösen" roten Beamten gehört, die irgendetwas nicht machen würden. Beispiel gibt es keines, aber man schüttet eine ganze Berufsgruppe an. Hauptsache, man hat wieder sein Feindbild, da lässt es sich dann wieder gut politisch arbeiten. – Das ist die Strategie Ihrer Partei. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Wochesländer. )

Sehr geehrte Frau Ministerin! Eine Frage habe ich noch im Zusammenhang mit den Anfragen zum Budget. Wir haben oder konkret ich habe Ihnen die Frage gestellt, ob es denn nicht möglich wäre, die Vorbereitungskurse für die Berufsreifeprüfung gebührenfrei anzubieten. Sie antworten mir in diesem Zusammenhang: Es handelt sich dabei um kein Angebot des Bundes. Diese Entscheidungen fallen ausschließlich in die Entscheidung der privatrechtlich organisierten Anbieter.

Frau Ministerin! Ich kann mit dieser Antwort nichts anfangen, und schon gar nicht können die Lehrlinge, die sich zu einer Berufsreifeprüfung angemeldet haben, etwas damit anfangen; und auch nicht jene Menschen, die das Wort vom lebensbegleitenden Lernen ernst nehmen und wahrlich nicht aus gut situierten Familien kommen, wahrlich nicht zu den Reichen gehören. Sie können mit dieser Antwort überhaupt nichts anfangen. Und weil heute behauptet wurde, wir gingen nicht auf das Budget ein, möchte ich festhalten, die Mittel für Erwachsenenbildung wurden im Budget 2001 bereits um 15 Prozent gekürzt. Im Budget 2002 ist der Stand gleich geblieben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir die Erwachsenenbildung ernst nehmen, wenn wir lebensbegleitendes Lernen ernst nehmen, dann ist es höchst an der Zeit, hier Maßnahmen zu setzen, damit sich auch die, die nicht wohlhabend, nicht betucht sind, eine Berufsreifeprüfung leisten können.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Uns von der SPÖ ist die Bildung unserer Jugend, die gediegene Ausbildung der jungen Leute wesentlich wichtiger als der Fetisch Nulldefizit! (Beifall bei der SPÖ.)

19.26

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Papházy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.26

Abgeordnete Dr. Sylvia Papházy, MBA (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Wienerin freue ich mich: Es tut sich viel in Wiens Kulturlandschaft. Das Museumsquartier ist knapp vor der Fertigstellung, die Ausgliederung der Bundesmuseen läuft plangemäß, und die Österreichische Nationalbibliothek wird mit 1. Jänner 2002 vollrechtsfähig.

Für die Museen bringt die Vollrechtsfähigkeit geänderte Rahmenbedingungen und neue Herausforderungen. Kunst braucht Publikum, und es ist wichtig, dass sich die Vielzahl von Museen im positiven Wettbewerb um Jung und Alt von nah und fern bemüht. Das Angebot muss die Besucher erreichen, und das Angebot muss erschwinglich sein.

An der Spitze der vollrechtsfähigen Museen brauchen wir Kunstexperten mit hervorragenden Managementqualitäten, die den Balanceakt zwischen Erhaltung des kulturellen Erbes und Förderung zeitgenössischer Kunst gut schaffen.

Der höhere Grad an Autonomie bringt die optimale Archivierung und die wissenschaftliche Tätigkeit auf der einen Seite im Kontext mit der attraktiven Aufbereitung und der Notwendigkeit effizienten Wirtschaftens auf der anderen Seite.

Synergien sind jedenfalls im Vorhinein zu evaluieren. Ich denke zum Beispiel an das Unterirdische Forum, das Kunsthistorisches Museum, Naturhistorisches Museum und Museumsquartier verbinden soll, oder an das jüngst angedachte U-MAK.


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Die Museen sind aufgefordert, Stammpublikum und neue Besuchergruppen anzusprechen. Museumspädagogik schafft Zugang zu den Kindern. Zum Beispiel an den steigenden Besucherzahlen des Technischen Museums sieht man, auf welchem Erfolgskurs sich Gabriele Zuna-Kratky mit ihrem Team befindet. Sonderausstellungen bringen interessante Schwerpunkte, und "Die lange Nacht der Museen" in Zusammenarbeit mit dem ORF ist ein positives Beispiel für ein gelungenes, attraktives Angebot.

Die "Basler Museumsnacht" Anfang dieses Jahres ging sogar noch darüber hinaus, wobei Sponsoren Gratiseintritte ermöglichten, und der Ansturm war so groß, dass der Einlass teilweise eingeschränkt werden musste.

Wichtig ist es in meinen Augen, dass unsere Museen ähnliche Initiativen setzen, dass Sponsoren durch Gratiseintritte, Tage der offenen Tür Zugang für weitere, auch für finanziell schwächere Besuchergruppen ermöglichen. Nach dem Motto "Tue Gutes und rede darüber!" wäre den Museen, wie ich meine, die Unterstützung der Medien gewiss.

Wichtig ist es, die Türen zu öffnen, statt zu schließen. Dabei denke ich zum Beispiel an das MAK, an Peter Noever, der seit 15 Jahren hervorragende Arbeit leistet und jetzt leider die Hallen schließt und Veranstaltungen und Diskussionen vor halb leerem Saal, im kleinsten Kreis anbietet, statt sich mit den geänderten wirtschaftlichen Möglichkeiten offensiv auseinander zu setzen. Das MAK und die gute Arbeit Peter Noevers hätten mehr Besucher verdient.

Von der Autonomie der Museen zu der Autonomie der Universitäten. Es ist wichtig, dass die öffentlich-rechtlichen Universitäten auf dem Weg zur Vollrechtsfähigkeit sind. Es ist wichtig, dass es zu einem tatsächlich gleichberechtigten Nebeneinander zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Universitäten kommt. Das betrifft die Zulassung neuer Lehr- und Studiengänge, das betrifft gemeinsame Gremien aller Rektoren et cetera. Und auch die Österreichische Hochschülerschaft wird in Zukunft einen anderen Stellenwert haben müssen.

Es ist auch wichtig, eine klare Abgrenzung zwischen den hervorragenden, praxisbezogenen Fachhochschulen und den wissenschaftlich ausgerichteten Universitäten aufrechtzuerhalten.

Frau Bundesminister! Ich bin überzeugt davon: Die positiven Entwicklungen in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur sind zum Nutzen von unseren Kindern und zum Nutzen von uns allen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.30

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Plank. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

19.30

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Frau Dr. Papházy, warum muss die ÖH ein neues Gesicht, eine neue Aufgabe bekommen? Vielleicht kann ein Nachredner von Ihnen darauf noch antworten. Vielleicht muss sie sich verstärkt in die Hochschulpolitik einbringen. Dann bin ich mit Ihrer Interpretation einverstanden.

Frau Ministerin! Hochschulbildung muss staatliche Kernaufgabe bleiben, und Wissenschaftspolitik muss wieder Schwerpunkt dieser Regierung werden dürfen und nicht Schwachpunkt bleiben. Ihr Bundesministerium nennt sich "Zukunftsministerium" – lassen Sie bitte Zukunft wieder stattfinden!

Zum Beispiel im Bereich der Fachhochschulen; VorrednerInnen sind schon darauf eingegangen. Wir wissen um den riesigen Bedarf und um diese Erfolgsgeschichte. Ich möchte nur zusätzlich von Ihnen als Ministerin eines einfordern: Nehmen Sie bitte Ihre Verantwortung wahr, was die Standortpolitik im Bereich der Fachhochschulen betrifft! Es gab einmal ein gewisses Regionalisierungskonzept für Fachhochschulstudiengänge. Jetzt ist es trotz des gestiegenen Bedarfs modern, von Konzentration, von Standortbereinigung zu sprechen. Nehmen Sie daher Ihre Verantwortung wahr, und entscheiden Sie! Sie sind zuständig!


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Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass Kleinstädte wie zum Beispiel die Stadt Rottenmann als Fachhochschulstandort nach wie vor mit der Begründung abgelehnt werden, dass aber eine Kleinstadt wie beispielsweise Feldkirchen einen Fachhochschulstudiengang genehmigt bekommt. Frau Bundesministerin! Ich will nicht annehmen, dass der Hauptgrund der ist, dass Feldkirchen in Kärnten liegt.

Zeigen Sie Ihre Zuständigkeit, und geben Sie eine Linie in der Standortpolitik vor, und zwar eine eindeutige, unmissverständliche und für alle Bewerberstädte gleich bleibende! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie auch zu, dass Zukunft zum Beispiel in der Wissenschaft und in der Forschung stattfinden kann. Die Schlagwortpolitik von Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit allein genügt nicht. Wenn Sie "Evaluierung" sagen, heißt das eigentlich: Brauchen wir das überhaupt? Wenn Sie "Schwerpunktsetzung" sagen, heißt das: Wir könnten vielleicht auch weniger anbieten. Und "Redimensionierung" heißt bei Ihnen Rückführung und weniger machen.

Ich frage mich tatsächlich: Geht es um Zerschlagung von Wissenschaft und Forschung? Geht es, wie hier in diesem Hause von Abgeordneten schon gesagt wurde, auch um die Verminderung der Zahl der Studierenden in Österreich? Sie wissen, dass unsere AkademikerInnenquote weit unter dem europäischen Schnitt liegt.

Die bisherige Politik dieser Bundesregierung lässt das befürchten: Es geht um eine Einschränkung. Studierende zahlen ab dem Herbst 10 000 S an Studentensteuer. (Abg. Wochesländer: Im Jahr!) Zusätzlich haben sie noch mit einer Verteuerung der öffentlichen Verkehrsmittel zu kämpfen. Im Gegenzug wird von der Regierung ausgedünnt, gespart und zugesperrt.

Diese beängstigende Charakterisierung Ihrer Politik sehe ich auch bestätigt in den Vorschlägen für das neue Dienstrecht an den Unis. "Forschung ist Basis für Wohlstand", ist eines dieser Inserate. (Die Rednerin hält einen Zeitungsausschnitt in die Höhe.)  – Ich habe es nicht als schwachsinnig bezeichnet, andere haben das getan.

In einem Interview, und zwar am 17. März im ORF, haben Sie gesagt, Österreich solle in der Forschung Weltklasse werden. – Das vorgelegte Vier-Säulen-Modell ist aber keine Basis für Wissenschaft und Forschung. Das ist ein Sackgassen-Modell, Sie wissen es. Wenn Sie diesen Weg weitergehen, wird es in wenigen Jahren keine Uni-LehrerInnen, keine Forschung und keine Zukunft der Wissenschaft mehr geben. Wissenschaft und Forschung brauchen Kontinuität. Die Abwanderung in die Wirtschaft ist nicht das Ziel von Wissenschaftern. Die kommen nicht zurück, weil sie in die Universitäten gar nicht zurückkommen können. Außerdem ist hohe Fluktuation noch nie ein Zeichen von Qualität eines Betriebes – auch nicht von Unis – gewesen. Und die mangelnde Identifikation lässt keine Weiterentwicklung zu.

Ihre Kündigungsautomatik ist leistungsfeindlich und demotivierend. Niemand von den angehenden WissenschafterInnen stößt sich an Qualifikation oder an Evaluierung. Es geht auch nicht um die klassische Pragmatisierung von Anfang an. Das ist es nicht. Auch heute schon müssen alle, die eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen, zahlreiche Schnittstellen überwinden; Sie wissen es. Nehmen Sie die Gesprächsangebote an, und verhandeln Sie so, dass Wissenschaft und Forschung sich kontinuierlich und ohne Kündigungsdruck weiterentwickeln können.

Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie und lassen wir Zukunft auch in einem anderen Bereich stattfinden! Das österreichische Studienförderungsgesetz ist, wie ich meine, gut und wurde auch laufend verbessert, aber der Internationalisierung, Mobilität, Leistungsbereitschaft und Flexibilität von heutigen jungen Menschen genügt es nicht mehr. Für zeitgemäße Anforderungen an Studierende und an den wissenschaftlichen Nachwuchs darf es im dritten Jahrtausend keine Schranken, keine Barrieren – keine geographischen, aber auch keine sozialen – geben. Es ist Zeit und kommt dem Standort Österreich zugute, Studienförderung auch auf österreichische Studierende im Ausland auszudehnen. Das nicht zu tun hieße, die besonders Qualifikationswilligen zu benachteiligen und zu bestrafen.

Ich bringe daher – und freue mich darüber – heute folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Brunhilde Plank, Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf, Dr. Grünewald und Kollegen betreffend verbesserte Studienförderung bei Auslandsstudien

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, dem Nationalrat bis Ende 2001 einen Bericht über die Erfahrungen mit staatlichen Stipendien, die Inländern für das gänzliche Studium im Ausland gewährt werden, zuzuleiten. Insbesondere ist darin auf die Feststellung des Studienerfolges einzugehen.

Überdies sollen auf Basis dieses Berichtes Vorschläge für die Einführung entsprechender Regelungen im Wintersemester 2002/2003 vorgelegt werden."

*****

Frau Ministerin! Wir warten darauf. Lassen Sie und lassen wir Zukunft stattfinden! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.38

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Plank, Dr. Brinek, Dr. Graf und Dr. Grünewald ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hetzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.38

Abgeordneter Mag. Gerhard Hetzl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Posch hat sich in seinem Debattenbeitrag darüber beschwert, dass der freie Zugang zu Hochschulen in Österreich durch die Einführung von Studiengebühren gefährdet sei. – Ich werde Ihnen beweisen, dass es diesen "Numerus clausus" in Österreich nicht erst mit der Einführung dieser Studiengebühren geben wird, sondern dass es diesen leider bereits seit vielen Jahren in Österreich gibt.

Die Sozialdemokraten haben sich immer damit gerühmt, dass sie dafür verantwortlich waren, dass es in den siebziger Jahren eine Bildungsexplosion gegeben hat. Was aus dieser Explosion geworden ist, hat man dann in den neunziger Jahren anhand der sich entwickelnden Massenuniversitäten gesehen. (Abg. Faul: Sie wären gar nicht da, wenn es sie nicht gegeben hätte!) Die Bildungsexplosion? In den siebziger Jahren konnte ich von der Bildungsexplosion noch nicht profitieren. Da haben Sie Recht, Herr Kollege. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Brix. )

In den neunziger Jahren hat sich durch die umfangreiche finanzielle Aushungerung, die sich an den Universitäten abgespielt hat, folgende Situation ergeben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Brix. ) – Ich höre Sie leider nicht; es tut mir Leid.

An den Universitäten hat sich die Situation ergeben, die das Studieren an Massenuniversitäten nicht mehr würdig machte. Man konnte sich nicht mehr zu Übungen anmelden, weil die Zahl der Plätze rigoros eingeschränkt und gekürzt wurde. Es war somit nicht mehr möglich, ein freies Studium zu absolvieren. Man hat damit Studienzeit verloren und konnte natürlich dieses Studium auch nicht in der entsprechenden Zeit abschließen. (Abg. Brix: Ist eh gescheiter!) Und das genau ist der Punkt, der heute wieder diskutiert wird.

Meine Damen und Herren! Verschließen wir uns nicht der Entwicklung, die sich in Europa abspielt! Wir müssen ja nicht überall Schlusslicht sein in der Entwicklung, so auch nicht in der Entwicklung bei der Bildungspolitik. Es hat am Montag letzter Woche eine sehr interessante Tagung


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gegeben, wo einige Modelle vorgestellt wurden, wie man Universitäten reformieren und von ihrem Aufbau her verändern kann.

Ich bringe Ihnen das Beispiel Niederlande und zitiere aus einem Zeitungsartikel der "Wiener Zeitung" vom Wochenende. Professor de Boer aus den Niederlanden hat erklärt:

"Das akademische Personal hat keinen Beamtenstatus" in den Niederlanden, "es kann gekündigt werden", und er hat daraus gefolgert: "Die Arbeitsplatzsicherheit ist sehr groß. Die Universitäten sind ja daran interessiert, ihre guten Leute – und das ist die überwiegende Mehrheit – an sich zu binden."

Das ist ein Reformvorschlag aus den Niederlanden, der auch für uns einiges an Wahrem beinhaltet.

Zu Basel hat jemand ausgeführt, dass das Dienstrecht 1998 geändert wurde und man auch dort auf den Beamtenstatus verzichtet hat.

Meine Damen und Herren! Das sind Ansätze aus europäischen Ländern, die auch für uns Anregungen sein sollten, in diese Richtung Überlegungen anzustellen, Anleihen zu nehmen. Das sind Ansätze, die uns Wege in die österreichische Universitätszukunft zeigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer weiteren Wortmeldung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Antoni gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.42

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich habe mich ein zweites Mal zu Wort gemeldet, weil es unseres Erachtens auffallend ist, dass seitens der Regierungsparteien kein einziges Wort zum lebensbegleitenden Lernen und kein Sterbenswörtchen zu den berufstätigen Studierenden fällt. Das ist entlarvend für Ihre Schwerpunktsetzung, die Sie angekündigt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ein Studium im zweiten Bildungsweg, ein berufsbegleitendes Studium ist eine ganz besondere Facette des lebensbegleitenden Lernens; das schweigen Sie tot. Für diese Studierenden ist und war es immer schon extrem schwierig, Beruf und Studium zu vereinbaren. Trotz Ihres Versprechens, geschätzte Damen und Herren, der Erwachsenenbildung und dem lebensbegleitenden Lernen einen besonderen Stellenwert zu geben, auch budgetär, hat diese Regierung im Hochschulbereich für ebendiese Gruppe eine weitere Zugangsbarriere geschaffen: 10 000 S an Eintrittsgebühr für das Studium.

Anstatt in diesem Bereich Abhilfen zu schaffen, wie in anderen Ländern üblich – ich erwähne das Konzept der Part-Time-Studies –, werden nunmehr fast alle Studierenden zur Kasse gebeten. Setzen Sie wenigstens Teile dieses Geldes für berufstätige Studierende ein!

Ich komme schon zum Schluss. Im Ministerium findet derzeit ein neuer Slogan Verwendung: "Wer will, kann studieren". – Aber wie sieht die Realität aus, wenn man künftig Gebühren zahlen muss? Ich glaube, meine Damen und Herren, Sie sollten dem Slogan "Wer will, kann studieren" hinzufügen: aber es kostet wesentlich mehr. (Beifall bei der SPÖ.)

19.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. Freiwillige Redzeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.45

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich zitiere zu Beginn Bundeskanzler Schüssel am 11. März dieses Jahres: Ich will Österreich zur Wall Street des Wissens machen. (Jawohl- und Bravo-Rufe sowie demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Wenn die Börsianer der Wall Street mitbekämen, was hier in Österreich an Bildungspolitik, an Wissensabbau betrieben wird, es würde den größten Börsencrash aller


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Zeiten in Amerika an der Wall Street geben, meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Beifall und Bravo-Rufe bei der SPÖ.)

Und warum? Ich kann Ihnen das auch beweisen. Es wurde heute schon gesagt, ich möchte es Ihnen daher nur mehr stichwortartig beweisen: Studiengebühren, und dazu kommt, was Sie heute beschlossen haben, nämlich eine weitere Daumenschraube mit Ambulanzgebühren, mit Erschwernissen bei der Mitversicherung und so weiter. Wir werden damit noch mehr junge Menschen aus dem Studienweg hinausdrängen. Wenn man weiß, dass ein Drittel aller Studierenden Eltern hat, die über ein Nettoeinkommen von höchstens 20 000 S pro Monat verfügen, dann muss einem klar werden, dass diese Studiengebühren und all diese "sozialen" Maßnahmen Probleme verursachen werden.

Ein weiterer Punkt – auch das wurde heute schon mehrmals gesagt –: Die Fachhochschulen werden für viele unserer jungen Menschen finanziell unerschwinglich, weil die Studienplätze rar geworden sind, die staatlichen Förderungen immer geringer werden und sich die jungen Menschen das nicht leisten können.

Was im Pflichtschulbereich passiert und im Laufen ist, möchte ich nicht wiederholen, das sagte ich bereits vorige Woche in der Generaldebatte.

Aber eines irritiert mich tatsächlich, und da bin ich wieder bei der Grundaussage unseres Herrn Bundeskanzlers: Wenn wir Wissen, Qualität und Bildung in den Vordergrund stellen und immer wieder von Qualitätssicherung die Rede ist, dann frage ich Sie: Warum sollen gerade jene Institutionen, die für Qualitätssicherung und Evaluation zuständig sind, nämlich die Bezirks- und Landesschulräte, abgeschafft werden? Ich kann mir vorstellen, weil das so eine vehemente Forderung der Freiheitlichen ist, dass eventuell ÖVP-Bastionen in den einzelnen Bundesländern etwas geschwächt werden sollen. Ich unterstreiche dies aus niederösterreichischer Sicht, wo doch immerhin drei Viertel aller Wahlberechtigten bei Personalvertretungswahlen ihr Votum für die ÖVP abgeben. Daher müsste es ja Ihr direktes Interesse sein, Herr Klubobmann, die Verwirklichung dieses Ansinnens der freiheitlichen Koalitionsmitregierer zu verhindern.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Warum betone ich das so? Ich bin ein Befürworter aller autonomen Bestrebungen. Wir haben Gott sei Dank Autonomie in den Schulen, aber auch diese bildungspolitischen Entwicklungen müssen kontrolliert, müssen überprüft werden, und es muss gesichert sein, dass sie der Qualität der österreichischen Schule entsprechen. Und das tut die österreichische Schulaufsicht, und ich hege Zweifel, ob eine, wie von Ihnen, Frau Bundesministerin, gesagt wurde, österreichweite Evaluationsagentur dies wird leisten können. Es ist ein altes Sprichwort: Wer zahlt, schafft an – bekommt das Ergebnis, das er will. Und genau das wollen wir für unsere jungen Menschen nicht: dass eine Agentur, die privat bezahlt wird, die gewünschten Ergebnisse liefert.

Ein Letztes: Schüssel sagte in dieser Debatte am 11. März: Das Beste ist für unsere jungen Leute gerade gut genug. – Was diese Regierung derzeit macht, ist für unsere jungen Leute nicht nur nicht das Beste, sondern es ist Mangelware. (Beifall bei der SPÖ.)

19.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über die Beratungsgruppe VI des Bundesvoranschlages für das Jahr 2002.

Diese umfasst die Kapitel 12 und 14 des Bundesvoranschlages in 500 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.


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Gemäß § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die Abstimmung über die bei der Verhandlung der Beratungsgruppe VI des Bundesfinanzgesetzes eingebrachten Entschließungsanträge sogleich vorzunehmen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Grünewald und Genossen betreffend Befreiung Studierender aus Entwicklungsländern von Studiengebühren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Plank, Dr. Brinek, Dr. Graf, Dr. Grünewald und Genossen betreffend verbesserte Studienförderung bei Auslandsstudien.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser ist einstimmig angenommen. (E 79.)

Beratungsgruppe X

Kapitel 65: Verkehr, Innovation und Technologie

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Beratungsgruppe X: Verkehr, Innovation, Technologie.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

19.50

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht Sie, Frau Bundesminister Forstinger, sondern die Freiheitliche Partei ist seit nunmehr über einem Jahr für die Verkehrspolitik in Österreich verantwortlich. Und dabei handelt es sich – das kann man heute eindeutig und klar feststellen – um ein verlorenes Jahr für Österreich in der Verkehrspolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

So erinnere ich beispielsweise nur daran, wie Ihr Amtsvorgänger, Bundesminister Schmid, notwendige Verkehrsprojekte hin- und hergeschoben hat: Einmal war er für den Semmering-Tunnel, einmal dagegen, einmal war er für den Ausbau der Westbahn, dann wieder dagegen. Einmal war er für die Güterzug-Umfahrung St. Pölten, dann hatte er wieder eine andere Meinung. Nach nur einem halben Jahr hat sich Bundesminister Schmid aus seinem Amt wieder verabschiedet, und zwar mit dem markigen Spruch, seine Batterien seien leer – und dann kamen Sie, Frau Bundesminister Forstinger!

Sie, Frau Bundesministerin, haben allerdings die Politik von Herrn Schmid im Wesentlichen fortgesetzt: Auch von Ihnen ist bisher keine der dringend benötigten Verkehrsinfrastruktur-Investitionen zur Verbesserung des Wirtschaftsstandorts Österreich und zur Wahrung der Chancen durch die Ostöffnung getätigt worden! Sie gefährden damit die Zukunft unseres Landes durch Ihre Nicht-Entscheidungen, wie zum Beispiel bei der Bahnhofsoffensive, sowie durch Falschentscheidungen, wie zum Beispiel durch die 1,7 Milliarden Schilling für eine Stichbahn in Kärnten im ländlichen Gebiet, die derzeit wirklich niemand braucht; aber darauf werde ich noch zu sprechen kommen. (Rufe bei den Freiheitlichen: Wer sagt das, bitte?)

Das sagte Ihr Herr Reichhold, Ihr Landesrat, Parteiobmann-Stellvertreter und Landeshauptmann-Stellvertreter in Kärnten. Der sagte das – und ist dann zurückgetreten! Damit Sie genau wissen, wer das sagt! (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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Der Ausbau von Wien als TEN-Knoten, der Ausbau von West- und Südbahn, der Ausbau des hochrangigen Verkehrsstraßennetzes – sei es eine Straße oder aber auch die Bahn – in die benachbarten Oststaaten, der Autobahn-Schnellstraßenring um Wien, überall: keine Entscheidung, keine Finanzierung, keine Realisierung in absehbarer Zeit! (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Interessant ist aber auch die Art, wie Sie, Frau Bundesministerin, Entscheidungen treffen: Einerseits setzt Sie Herr Landeshauptmann Haider unter Druck – und da gibt es ja diese "berühmten" Zeitungsartikel: "Der Wink mit der Schaufel"; Sie kennen das ja alle, wo eben Herr Dr. Haider mit Schaufel, mit Zuckerbrot oder einem anderen Gebäck zu Ihnen gekommen ist und Ihnen gedroht hat; ich könnte das jetzt aus Zeitungen zitieren. Es setzt Sie also der Herr Landeshauptmann unter Druck, indem er sagt: Wenn nicht 3,5 Milliarden Schilling für Kärnten dabei herausschauen, dann hat das persönliche Konsequenzen! Und andererseits meinte sogar Herr Wurmitzer, Landesparteichef der ÖVP Kärnten: Wenn Forstinger da stur bleibt, überlebt sie das nicht! – So also wird Politik in Österreich gemacht!

Wenn hingegen andere Landeshauptleute wie beispielsweise Pröll, Häupl oder Niessl ihre Sorgen über diese Ihre Infrastrukturpolitik bekunden, bekommen sie nicht einmal einen Termin bei Ihnen, Frau Minister, ja werden sogar von Ihnen noch via Presse als "Landesverräter" beschimpft, wenn sich diese Landeshauptleute in einer Notwehraktion an die Öffentlichkeit wenden!

Man muss sich einmal vorstellen, wie da mit öffentlichen Geldern umgegangen wird! Ich darf dazu nochmals sagen – eine Frage in diese Richtung ist ja von der Freiheitlichen Partei gekommen –: Meine fachliche Sympathie gehört da ganz einfach dem Herrn Verkehrs-Landesrat von Kärnten, Herrn Ing. Reichhold, der richtigerweise gemeint hat: Der Ausbau der Koralmbahn – ich zitiere – "gibt ohne Semmering-Basistunnel keinen Sinn".

Da muss man Herrn Landesrat Reichhold Recht geben, denn es ist tatsächlich so. Gleichzeitig aber scheint dies ein Hauptgrund für Reichholds Zerwürfnisse mit Herrn Landeshauptmann Haider gewesen zu sein, ebenso der Grund für Reichholds Rücktritt, denn Landeshauptmann Haider formulierte es so: Es ist ein Erfolg der Freiheitlichen Partei, den Semmering-Tunnel verhindert zu haben!

Andererseits hören wir aber ununterbrochen aus der Steiermark, und zwar von Frau Landeshauptfrau Klasnic (Abg. Steibl: Eine sehr gescheite Frau!), wie wichtig der Semmering-Tunnel sei. – Herr Landeshauptmann Pröll wiederum startet eine Aktion nach der anderen, um diesen für den Ausbau der Südbahn notwendigen Eisenbahn-Tunnel zu verhindern!

Und was machen Sie, Frau Bundesminister? – Sie schweigen, entscheiden nicht, und so werden Chancen für die Zukunft vertan und damit auch der Wirtschaftsstandort Österreich gefährdet.

Es geht aber auch darum, wie Sie, Frau Minister Forstinger, mit öffentlichen Unternehmen und den darin beschäftigten Menschen umgehen. So kürzen Sie beispielsweise in diesem Budget den Österreichischen Bundesbahnen erneut die Mittel für die Bahninfrastruktur, und zwar um 1 Milliarde Schilling – und das, obwohl alle Experten die Ansicht vertreten, dass die Bahn ausgebaut werden muss. Ständig verunsichern Sie die Beschäftigten der ÖBB! Sie sagen, es müsse neue Strukturen geben, eine Zerschlagung der Bahn; aus der Bahn sollen drei Unternehmungen gemacht werden! – Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖBB haben schlicht und einfach Angst!

Kürzlich nahm ich teil am Verkehrssicherheitstag der Österreichischen Bundesbahnen; dieser fand beim Südbahnhof statt. Auch dort konnte man diese Sorge, diese Angst der ÖBB-Bediensteten spüren! Und da darf man sich jedenfalls nicht wundern, wie diese Sicherheit dann eventuell aussehen könnte, wenn Menschen, die höchste Verantwortung um die Sicherheit anderer Menschen haben, nur unter Angst ihre Aufgaben erfüllen können.


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Daher mein Appell: Frau Bundesminister, hören Sie bitte endlich auf mit dieser Angstmacherei bei den Österreichischen Bundesbahnen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Jetzt zu einem anderen Unternehmen, zur Telekom AG. Dort gibt es bereits Selbstmorde von Mitarbeitern, weil Menschen erbarmungs- und rücksichtslos gekündigt werden, wodurch auch wichtiges Fachwissen verloren geht! Vor einiger Zeit konnte man dazu in einer Zeitung lesen, dass eine Mitarbeiterin 120 Kündigungen auszutragen hatte, und als sie dann zu ihrem Arbeitsplatz zurückkam, fand sie ihre eigene Kündigung auf ihrem Schreibtisch vor! Dieses Kündigungsschreiben hatte man ihr erst nachher gegeben, damit sie vorher noch diese Sache erledigt!

Ist das die "soziale Wärme", die "Politik mit Herz", von der Ihr Ex-Parteiobmann Haider spricht? – So kann man doch nicht mit Menschen umgehen! So geht das wirklich nicht! Diesbezüglich fehlt aber der Frau Bundesminister offensichtlich jegliche Erfahrung. – Ich möchte Sie jedenfalls dringend ersuchen, da einzugreifen!

Am Beispiel Telekom: Sie gefährden auch da den Wirtschaftsstandort Österreich! Welchen Sinn macht es denn bitte, einerseits hochqualifizierte Techniker zu kündigen, andererseits aber ganz genau zu wissen, dass 13 000 Österreicher auf einen ADSL-Anschluss warten; darunter zahlreiche Unternehmen.

Weiters: Warum gefährden Sie durch Nicht-Vorlage, durch Nicht-Entscheidung hinsichtlich einer Handy-Masten-Verordnung den Ausbau von UMTS in Österreich? Schweigen, keine Entscheidung, Zukunft versäumen, Wirtschaftsstandort gefährden! So geht das nicht, sehr geehrte Frau Bundesministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokraten fordern seit geraumer Zeit regionale Nahverkehrsgesellschaften, die Postbus und Bahnbus umfassen, ebenso die Nebenbahnen. Mit diesen soll ein attraktives Angebot für den öffentlichen Verkehr in der jeweiligen Region geschaffen werden. Aber was tun Sie, Frau Bundesminister? – Nicht entscheiden; die Schließung von Nebenbahnen hinnehmen, den Verkauf der Postbus AG, ins Ausland womöglich, ebenfalls hinnehmen!

Auch da: nichts als Chaos und Abbau sozialer Errungenschaften, die Zukunft verspielen – und den Wirtschaftsstandort Österreich gefährden!

Sehr geehrte Damen und Herren! Hier darf ich Ihnen eine "Schienen-Zeitung in die Zukunft" zeigen. (Der Redner hält kurz ein Schriftstück in die Höhe.) Ich habe schon gedacht, das hat der "Standard" selbst geschrieben, aber dann habe ich bemerkt, dass es sich dabei um eine Werbeeinschaltung des Bundesministeriums handelt.

Frau Bundesminister, hier steht zu lesen: "Kein Projekt wurde gestoppt." – Dazu darf ich Ihnen sagen: Sie, Frau Bundesminister, führen eines der wichtigsten Ressorts dieser Regierung, und in diesem Ihrem Ressort gibt es so viel, wo Sie keine Entscheidung getroffen haben! In diesem Zusammenhang darf ich beispielsweise anführen: Universaldienstverordnung der Post – nicht entschieden! Neues Telekomgesetz – nicht entschieden! Bundesverkehrswegeplan – nicht entschieden! Nationales Verkehrssicherheitssystem – nicht entschieden! Verhandlungen mit der EU betreffend Öko-Punkte und Transitvertrag – offen! Verbesserungen der Bahn- und Straßenbauinfrastruktur – nicht entschieden! Bahnhof-Offensive – abgesagt! (Rufe bei den Freiheitlichen: Das ist ja eine Abrechnung mit Einem!)

Anstehende Frequenzvergaben im Bereich der Telekom Austria – nicht entschieden! Führerscheingesetz-Novelle – nicht entschieden! Neue Telefonnummern-Verordnung – irrtümlich unterschrieben, zurückgezogen! Durchsetzung des LKW-Road-Pricing bis 2002 – weiter verschoben!

Weiters: notwendiger Lückenschluss bei den Autobahnen und der Ausbau neuer Strecken – geht nur langsam voran! Finanzierung bezüglich Road-Pricing – keine Entscheidung! (Rufe bei


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den Freiheitlichen: Ja wer war denn dort lange Minister? War das der Einem?) Zukunftskonzepte für ÖBB sowie für Post und Telekom AG – ausständig, fehlen!

Herr Kollege Kukacka, Sie werden dann sicherlich hier herauskommen und sagen: 30 Jahre lang habt ihr von der SPÖ das alles versäumt! – Dazu kann ich Ihnen jetzt schon sagen, wenn Sie das hier wieder behaupten wollen: Sie von der ÖVP waren mit in der Regierung und haben das dann mit versäumt! (Beifall bei der SPÖ.)

Damit, meine Damen und Herren, komme ich nun wieder zu meiner ersten Aussage von vorhin zurück. Vor mehr als einem Jahr übernahm die Freiheitliche Partei Verantwortung für Verkehrs- und Infrastrukturpolitik in Österreich. – Meine Damen und Herren, es war das ein verlorenes Jahr für Österreich. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei den Freiheitlichen: Ein gewonnenes!)

19.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte. (Abg. Schwarzenberger: Eine Abrechnung mit Einem! Eder will sicherlich den Einem als SPÖ-Klubvorsitzenden verhindern!)

19.59

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn das ein "Jahr verlorener Verkehrspolitik" war, frage ich mich schon, was dann die letzten 30 Jahre waren, Herr Kollege Eder! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

30 Jahre Versäumnisse, 30 Jahre Mängel! Ehrlich gesagt: Wenn ich Klubobmann der SPÖ wäre: Für diese Rede würden Sie, Herr Kollege Eder, von mir wirklich gescholten werden, denn das, was Sie hier vorgetragen haben, war doch nichts anderes als eine massive Anklageschrift gegen Ihre Verkehrsminister Streicher, Klima und Einem, eine Anklage, wie sie selten vorher in diesem Hause gemacht wurde, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Eder: Immer der gleiche Schmäh! Das geht doch nimmer eine!)

Ja glauben Sie denn, dass in einem Jahr, dass in drei oder vier Monaten – wie das bei Frau Bundesministerin Forstinger der Fall ist – all das aufgeholt werden kann, was Sie von der SPÖ jahre-, ja jahrzehntelang versäumt haben und was Sie gar nicht bereit waren, auch nur irgendwie anzugreifen! Und wenn Sie es einmal angegriffen haben, haben Sie dabei völlig versagt, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Abg. Eder: Diese Rede kennen wir schon, Herr Kollege!)

Versagt haben Sie – um nur ein Beispiel anzuführen – beim viel zitierten Semmering-Basistunnel. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es waren Ihre Verkehrsminister, die dieses Problem weder sachlich noch politisch noch rechtlich regeln konnten, Herr Kollege Eder! – Ich würde mich jedenfalls für eine solche Politik schämen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie, Herr Kollege Eder, sagten hier auch, die Mitarbeiter der Österreichischen Bundesbahnen "fürchten sich". – Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Ja, die fürchten sich deshalb, weil Sie von der SPÖ eine völlig konzeptlose Politik gemacht haben, weil Sie eine Verkehrspolitik betrieben haben, die ein ideologischer Ladenhüter war und ist! (Abg. Eder: Geschichtsfälschung betreiben Sie! Sie haben das zum Teil beantragt!) Sie waren und sind doch nicht in der Lage, moderne Erkenntnisse unserer Gesellschaft zu berücksichtigen! Und Sie verstehen auch nicht, dass auch in der Verkehrspolitik mehr Liberalisierung notwendig ist, dass neue Unternehmensformen notwendig sind, Herr Kollege! Überall in Europa wird das erkannt – nur Sie, Kollege Eder, und Ihre Sozialdemokraten erkennen das nicht! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder. )

Was Sie von der SPÖ im verkehrspolitischen Bereich gemacht haben, war doch – leider! – nichts anderes als massive Verschuldung! Bundesbahn: mit 50 Milliarden Schilling verschuldet. (Abg. Eder: Da gab es auch Anträge von euch!) Wir haben zum Teil auch mitgestimmt; das ist richtig. Der Grund dafür, dass wir von der ÖVP uns von Ihnen getrennt haben, war aber doch bitte der, dass wir von der ÖVP ganz klar erkannt haben, dass dieser Weg falsch ist! (Beifall bei


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der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Sie von der SPÖ verteidigen das ja alles heute noch, obwohl das bitte völlig in die Irre geführt hat!

ASFINAG: 82 Milliarden Schilling, SCHIG: 140 Milliarden Schilling, Telekom-Holding: 36 Milliarden Schilling Schulden! – Über 250 Milliarden Schilling Schulden haben Sie von der SPÖ im Verkehrsbereich angehäuft, Herr Kollege Eder! Das ist doch blamabel! (Abg. Edlinger: Den Wirtschaftsminister Schüssel gab es damals gar nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist doch eine Bankrotterklärung sozialdemokratischer Verkehrspolitik!

Auch heute ist es Ihnen wieder nicht gelungen – nicht einmal ansatzweise –, darzustellen, was Sie denn anders oder besser machen würden! (Abg. Edlinger: Alles!) Sie, Herr Kollege Eder, haben nur die alte Verkehrspolitik kritisiert – Ihre bitte! –, jedoch in keinem einzigen Punkt aufgezeigt, wo und wie es anders beziehungsweise besser gehen könnte! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Das ist bedauerlich, das ist tragisch! Sie sollten sich zumindest eine Anleihe bei Ihren deutschen Kollegen von der SPD nehmen. (Abg. Kiermaier: Auch in England? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie sollten beispielsweise nachlesen, was der deutsche Verkehrsminister, ein Mitglied der SPD, zum Thema "Bahnreform" gesagt hat! Dass nämlich eine klare und eindeutige Trennung zwischen Infrastruktur und Absatz notwendig ist und dass das, was die Deutsche Bahn bis jetzt gemacht hat, falsch war! Das, was wir seit langem fordern, nämlich eine klare Trennung in diesem Bereich, wird also auch in Deutschland gemacht, meine Damen und Herren von der SPÖ!

In Deutschland jedenfalls sind die Sozialdemokraten bereit, über ideologische Barrieren zu springen – nur Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, sind nicht in der Lage, Ihre ideologischen Scheuklappen abzulegen!

Bei einer solchen Verkehrspolitik werden wir von der ÖVP auch in Zukunft nicht mitmachen, sondern überzeugende und neue Wege zur Lösung der Verkehrsprobleme in Österreich gehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.04

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

20.05

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich meine Rede zum Budgetkapitel Verkehr mit einem verkehrsrelevanten und äußerst interessanten Thema eröffnen, und zwar mit dem Thema "neu regieren" beziehungsweise "sparen à la FPÖ", wenn es sich eben gerade um dieses Ministerium handelt.

Reden wir also über einen gewissen Herrn "N. N.", der – wenn man sich die Geschäftsverteilung des Verkehrsressorts ansieht, fällt einem das ja gleich auf – ganz oben steht, der Herr N. N. also, der natürlich auch einen ganz konkreten Namen hat. Es handelt sich dabei um die angeblich aus der Papierindustrie geholte "linke Hand" der Ressortchefin; es handelt sich also um Ihren derzeitigen Kabinettschef Miko.

Dieser Dipl.-Ing. Miko soll – das liegt ja mittlerweile schon sehr auf der Hand; einige Anfragen dazu waren ja sehr interessant – zu einem "Generalsekretär" des Ressorts gemacht werden. (Abg. Ing. Westenthaler: Kollegin, sprechen Sie nicht über Privilegien, denn sonst fällt mir Ihre Landesrats-Pension ein!) Es gab dazu eine Ausschreibung, und das Ergebnis dieser Ausschreibung sei so eindeutig gewesen, dass, wie die Ministerin in der Beantwortung einer entsprechenden Anfrage sagte, irgendeine Vermutung in diesem Zusammenhang "jeglicher Grundlage entbehre". (Abg. Ing. Westenthaler: Was hat denn dem Land Tirol Ihre Pension gekostet?)

Wenn dann in Ihrem Ministerium dieser "Generalsekretär" endgültig installiert sein wird, dann wird es wohl auch eine Umstrukturierung im Ressort geben – das ist ganz offensichtlich und zu


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erwarten –, und zwar in folgende Richtung: neue, große und zentralisierte Leitung, die Zentralsektion unter Leitung des "Generalsekretärs", wie das ja auch, wie eben gewünscht, ein Unternehmen – teure Konsulenten für gutes Geld! – empfohlen hat. – Unterm Strich bedeutet das natürlich auch auf Ebene dieses Ressorts massive, zusätzliche Kosten! Das ist also das "neu regieren" und Postenschaffen auf Ebene dieses Ressorts – jedenfalls etwas, bei dem die Grünen sicher nicht mitspielen werden! (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei den Freiheitlichen: Haben Sie eine Landesrats-Pension? Wie hoch ist die?)

Natürlich fragt man sich, wozu das Ganze stattfinden soll. – Es soll da ganz offensichtlich eine "wesentliche verkehrspolitische Koordinationskompetenz in den persönlichen Einflussbereich von FPÖ-Granden" gebracht werden. Das ist nicht etwas, was die Grünen blindwütig unterstellen, sondern etwas, was man in Medien nachlesen, was man aber auch anhand Ihrer Bestellungspolitik nachvollziehen kann. (Abg. Böhacker: Sie haben Ihr Wissen aus den Medien!)

Sie, Frau Ministerin Forstinger, haben ja mehrfach angekündigt – übrigens: ich schätze, dass das endlich fertig gestellt werden soll –, dass es einen Bundesverkehrswegeplan geben wird. (Abg. Böhacker: Haben Sie eine – und wie hoch ist Ihre Landesrats-Pension?) Das ist aber gar nicht notwendig. (Rufe: Wieso?) Seit 1994 wird an einem Bundesverkehrswegeplan gearbeitet. Mittlerweile sind 40 Millionen Schilling hiefür investiert worden. (Abg. Böhacker: Wer im Glashaus sitzt ...!)

Das ist also eine kluge und sehr gute Strategie, die von uns Grünen unterstützt wird, wenn Sie, Frau Ministerin, endlich einmal damit aufräumen, dass jeder Landeshauptmann einfach daherkommt, seine Wunschliste abgibt – und diese wird dann nach unterschiedlichen politischen Würfelspielen abgearbeitet. (Abg. Großruck: Das ist Föderalismus ...!) So kann es bitte in der Verkehrspolitik keinesfalls weitergehen! (Beifall bei den Grünen.)

An und für sich wäre das ein Projekt, das die Grünen sehr wohl unterstützen und wo wir sehr dafür sind, dass das endlich realisiert wird. – Nun kommen wir aber dazu, wie das in Wirklichkeit ausschauen wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie ist denn das mit Ihrer Pension?) Eine FPÖ-Verschwendungspolitik in diesem Zusammenhang werden wir Grünen sicherlich nicht unterstützen! Und ich möchte kurz aufzeigen, worin diese Verschwendungspolitik besteht. (Abg. Ing. Westenthaler: Wollen Sie über die Verschwendung im Zusammenhang mit Ihrer Pension reden? – Abg. Böhacker: Ja, bei Ihrer Pension ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Frau Ministerin Forstinger hat angekündigt – anfangs hielt ich das für eine seltsame Verwechslung von Worten –, dass es plötzlich einen General - Verkehrsplan geben soll, der offensichtlich über das darüber gesetzt werden soll, was in jahrelanger Arbeit von vielen Experten im Ministerium erstellt wurde. Und jetzt wird es spannend: Wer erhält den Auftrag zur Erstellung dieses General-Verkehrsplanes? Dazu also einige Fragen, Frau Ministerin, und ich hoffe, dass Sie diese zufrieden stellend beantworten können. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wozu braucht Österreich das Rad nun neu zu erfinden? Ist es richtig, dass die Erstellung dieses neuen General-Verkehrsplans ohne Ausschreibung an einen extrem straßenbaufreundlichen Verein – der ja auch immer eine Zeitung an alle Abgeordneten ausschickt (die Rednerin hält eine Zeitschrift in die Höhe)  – gehen soll, wie es in den Medien bereits zu lesen war? Ich frage Sie: Stimmt das? Ist das wirklich so, dass das ohne Ausschreibung an diesen Verein gehen soll?

Ist es richtig, dass der federführende Repräsentant dieser Gruppe in diesem Heft eine Arbeit zum Thema "Die neue Verkehrspolitik" und damit sozusagen den neuen General-Verkehrsplan schon längst veröffentlicht hat? Heißt das also, dass hier um Steuergelder in Millionenhöhe alte Hüte, die es schon längst gibt, eingekauft werden, obwohl sich etwas jahrelang Erarbeitetes und wesentlich besser Fundiertes im Ministerium kurz vor der Fertigstellung befindet? (Abg. Wattaul: Frau Lichtenberger, was wollen Sie denn überhaupt sagen?) Und ist es richtig – hören Sie mir zu, Herr Kollege Wattaul! (Abg. Wattaul: Heraus mit der Farbe! Wo wollen Sie hin? Wie war das mit dem Trittin?)  –, dass der Generalsekretär dieses Vereins (die Rednerin hält neuerlich eine Zeitschrift in die Höhe) ein adeliger Wiener FPÖ-Bezirkspolitiker ist? (Abg. Ing. Westenthaler: Der hat sicher keine Landesrats-Pension! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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Ist das also das Ende der Vetternwirtschaft in der Politik, wenn man sozusagen zuerst einen FPÖ-Menschen als Oberaufsicht installiert, der auch die Aufträge vergibt, und diese dann schon von vornherein ohne Ausschreibung an einen FP-Verein oder an einen FP-Mann in diesem Verein vergibt? – Damit machen Sie, Frau Ministerin, einen Bundesverkehrswegeplan kaputt, bevor er sinnvoll eingesetzt werden könnte. Ich würde sehr viel Wert darauf legen, dass es einen gescheiten, ausgearbeiteten Bundesverkehrswegeplan mit Prioritäten gibt, damit endlich einmal diese Bazarmethode im Bereich Verkehrswegeplan aufhört. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Eder. )

Weitere Punkte: Diese Woche noch, Frau Ministerin, werden Sie auf EU-Ebene mit Ihren Kollegen über eine Frage zu verhandeln haben, die wir in den Ausschüssen schon öfters besprochen haben, und zwar die Frage der Wochenendfahrverbote, diese Änderung einer Richtlinie beziehungsweise der überarbeiteten Richtlinie (Abg. Mag. Schweitzer: Nicht mehr einstimmig! Jetzt haben wir es! Da hätten wir früher Einstimmigkeit gehabt!), die für Österreich fatal wäre, weil dadurch jede neue Erlassung eines Fahrverbots unmöglich gemacht würde. Sie steht leider wieder auf der Tagesordnung (Abg. Mag. Schweitzer: Wer war denn für die Aufgabe der Einstimmigkeit in sensiblen Bereichen? – Ruf bei den Freiheitlichen: Die Grünen!), und ich ersuche Sie dringend, Frau Ministerin, den breiten Konsens im Verkehrsausschuss zur Ablehnung dieser Richtlinie auch umzusetzen. Ich bin eher enttäuscht, dass dieser Punkt überhaupt auf die Tagesordnung gesetzt wurde (Abg. Wattaul: Das ist ja die Schuld der Frau Ministerin, nicht wahr?), aber bitte, Frau Ministerin: Es gibt einen Allparteienkonsens – ein solcher hat sich zumindest noch im Ausschuss abgezeichnet –, dass es diese Richtlinie auf keinen Fall geben darf! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wattaul: Das hat sie richtig gesagt! – Abg. Böhacker: "Frenetischer" Applaus bei den Grünen! – Ruf bei den Freiheitlichen: Der Applaus hält sich in Grenzen!)

Weiteres Thema – und das gehört sehr klar hier dazu –: Die Einhaltung all dieser Richtlinien, die von europäischer Ebene kommen, beziehungsweise Verordnungen und Gesetze, die wir auf unseren Straßen vollzogen haben müssen, um die Sicherung zu gewährleisten – sei es im Bereich der Gefahrguttransporte, sei es im Bereich der illegalen Beschäftigung und der schrecklichen Ausbeutung von LKW-Fahrern –, müssen kontrolliert werden.

Frau Ministerin! Ich fordere von Ihnen, dass mehr Geld in diese Kontrollen fließt, dass die Infrastruktur ausgebaut wird, dass die Kontrolldichte erhöht wird! Ich war auf einem Kongress über Gefahrguttransporte und habe da auch mit Schweizer Repräsentanten gesprochen, und diese haben gesagt, unter einer Kontrolldichte von 10 Prozent in diesem Sektor würden wir keine Erfolge haben. Da gibt es schreckliche Fälle, die ich hier erzählen könnte, in denen Menschen in unwürdigster Weise ausgebeutet werden, so zum Beispiel den Fall einer liechtensteinischen Firma, von der litauische Lenker angeheuert werden, die dann mittels Werkvertrags als Schein-Selbständige zu einem Hungerlohn fahren und, weil sie über Kilometerleistung bezahlt werden, ohne Überschreitung der Fahrzeiten nicht einmal ihre laufenden Kosten abdecken können. Das führt zu gröbsten Sicherheitsproblemen auf unseren Straßen, und das muss aufhören! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Frau Ministerin! Ich habe im derzeitigen Budget keinerlei Schwerpunktsetzung in diese Richtung gesehen. Ich fordere Sie auf: Machen Sie alles Mögliche, damit sowohl im Bereich der Gefahrgutkontrollen – hier gibt es den Bundes-Gefahrguttransport-Prüfzug und andere Einrichtungen – als auch im Bereich der arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Kontrollen endlich die notwendige Kontrolldichte hergestellt wird, damit sich dieser Unfug und diese – sagen wir es offen – Schweinereien auf unseren Straßen aufhören. (Zwischenrufe der Abgeordneten Böhacker, Mag. Schweitzer und Ing. Westenthaler.  – Abg. Ing. Westenthaler: Sie passen zum Pirklhuber: "Schweinestall Österreich" und "Schweinereien"! – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: "Schweinestall", und Lichtenberger: "Schweinereien"!)

Das sind Dinge, die waren schon vor Gericht. Ich glaube, der Herr Kollege aus der Branche (die Rednerin wendet sich in Richtung des Abg. Wattaul) weiß sehr genau, wie es da zugeht und was für eine bösartige Konkurrenz von schwarzen Schafen in dieser Branche den vernünftigen Leuten gemacht wird. Unterstützen Sie mich doch besser darin, dass wir Sicherheit auf unseren Straßen herstellen und dass wir endlich einmal auch die Unternehmer bestrafen können und


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nicht nur ein paar hundert Schilling von den Fahrern abcashen! Das ist derzeit nämlich wirklich eine Systematik, die nicht länger akzeptiert werden kann. Ich glaube, da werden all jene, die sich im Fernfahrergewerbe ein bisschen auskennen, zustimmen müssen, weil hier eine bösartige Konkurrenzsituation entsteht, bei der diejenigen, die sich im Bereich dieses Gewerbes positiv verhalten, letzten Endes kaputt gemacht werden, weil alle Bestimmungen, die wir in Österreich haben, unterlaufen werden.

Dazu gehört auch eine Verbesserung der Strafbestimmungen – hier sind wir noch nicht hinreichend weit; das, glaube ich, wissen wir beide –, damit wir die schwarzen Schafe dort endgültig erwischen. Das ist von ganz zentraler Bedeutung! (Abg. Mag. Schweitzer: Herr Präsident! Schluss jetzt! Genug!)

Zum Schluss noch ein Punkt: Die Umstrukturierung im Bahnbereich ist ein Thema, über das wir noch lange diskutieren könnten, und wir werden in Zukunft sicher einige Male die Gelegenheit haben, das auch zu tun. Was derzeit aber im Bereich der Österreichischen Bundesbahnen an Leistungskürzungen stattfindet, wird von Ihnen, Frau Ministerin, in allen Anfragebeantwortungen immer mit dem zweifellos richtigen Satz kommentiert: Die ÖBB sind ein unabhängiges Unternehmen, und die tun eben das, was ihnen als richtig erscheint.

Ich möchte Ihnen nur eines ans Herz legen: Im Bezirk Osttirol soll die einzige Zugverbindung zwischen Lienz und der Landeshauptstadt Innsbruck auf zwei Zugpaare pro Woche verkürzt werden. – Das ist indiskutabel! Das darf nicht hingenommen werden! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist nicht nur die Meinung von Bahnfans oder von Grünen, sondern – Sie werden sicher auch von der dortigen Initiative damit vertraut gemacht werden – es haben mittlerweile schon über 15 000 Menschen aus Osttirol gemeinsam diese Initiative zu einer Erhaltung einer Bahnverbindung in diesem Bezirk getragen. Damit Sie sich darunter auch etwas vorstellen können: Das ist ein Drittel der Einwohner des Bezirks! (Abg. Wattaul: Die sollen einmal fahren mit dem Zug, nicht unterschreiben! Fahren! Unterschreiben ist zu wenig!)

In diesem Zusammenhang hat eine Initiative auch Marktforschung für die Bahn betrieben, um aufzuzeigen, wie viele Kunden sie mit einem guten Angebot tatsächlich haben könnte. (Ruf bei den Freiheitlichen: Alle fahren sie mit dem Fahrradl, die Grünen, statt dass sie mit der Bahn fahren!) Derzeit ist das Angebot leider so, dass es schwer nutzbar ist. Wenn diese Verbindung hinfällig wird, so trifft das Lehrlinge, Schüler, Menschen ohne Auto, die in die Landeshauptstadt müssen. Das, was vom Landeshauptmann angeboten worden ist, nämlich nur die Tagesrandverbindungen zu erhalten, ist aus meiner Sicht bei weitem nicht ausreichend. Dieser Ansicht sind auch über 15 000 UnterzeichnerInnen einer Resolution (Abg. Wattaul: Nicht unterschreiben, fahren!) gegen die Einstellung dieser Verbindung durch die Österreichischen Bundesbahnen. (Abg. Wattaul: Machen Sie einmal eine Initiative, damit die Leute mit dem Zug fahren!)

Frau Ministerin! Es bedarf einer Initiative, damit die Österreichischen Bundesbahnen zu einer echten Flächenbahn nach Schweizer Vorbild werden. Dazu braucht es eine gemeinsame Arbeit mit dem Ministerium. Sie können sich nicht länger auf den Standpunkt zurückziehen: Die ÖBB tun eben, was sie wollen, das geht uns in Wirklichkeit nichts an! Hier gibt es natürlich Zusammenhänge – da brauchen wir uns keine Illusionen zu machen. Das sind Probleme, die brennen, die dringend gelöst werden müssen! Da kann man nichts mehr in die Zukunft oder sonst wohin verschieben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Wieder nichts zur Pension! Jetzt haben wir geglaubt, wir hören etwas über die Landesrats-Pension!)

20.20

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte.

20.20

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leistungsfähige Verkehrswege sind


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sicher die Grundvoraussetzung für ein insgesamt funktionierendes Verkehrssystem, das in der Lage sein muss, in Zukunft Verkehrszuwächse reibungslos, umweltschonend und für die Allgemeinheit verträglich zu bewältigen.

Wir sind, glaube ich, in allen Fraktionen einer Meinung darüber, dass das ein gemeinsames Ziel ist. So weit, glaube ich, herrscht Übereinstimmung, aber das ist es auch schon. Wenn Kollege Eder, den ich sehr schätze und den ich im Ausschuss auch meistens sachlich erlebe, heute hergeht und das herunterspult, was er vor vier Monaten und vor drei Monaten und vor zwei Wochen heruntergespult hat, dann ist das der neue Stil der Fundamentalopposition, aber es ist kein sachlicher Debattenbeitrag, meine sehr geehrten Damen und Herren, der uns auch nur ein Stück weiterbringen würde. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Kollege Eder meint, das sei jetzt ein Jahr verlorene Verkehrspolitik gewesen, dann muss ich ihm entgegenhalten: Wenn das ein Jahr verlorene Verkehrspolitik war, dann müssen Sie aber 30 Jahre verlorene Verkehrspolitik unter Ihren sozialistischen Verkehrsministern verantworten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bringen wir es auf den Punkt: Sie können noch dreimal hier herausgehen und Forderungen aussprechen, die von Ihnen selbst, von Ihren Ministern nicht erfüllt wurden, und dafür jetzt eine Ministerin, die seit einem halben Jahr im Amt ist, verantwortlich machen! – Ich finde das schäbig! Aber bitte, das ist Ihr Stil. Machen Sie nur so weiter, es wird Ihnen ohnedies niemand mehr glauben, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ganz besonders frech und ganz besonders dreist finde ich es, wenn Kollege Eder hierher geht und die Verkehrsministerin für Belange der Telekom AG verantwortlich macht! Ich sage nicht: für Telekom-Angelegenheiten – dafür ist sie sehr wohl zuständig –, sondern es geht hier um die Telekom AG. Ich muss Ihrem schwachen Gedächtnis doch wieder einmal auf die Sprünge helfen. (Abg. Gaál: Das ist eine Beleidigung!) Gehen Sie bitte zurück ins Jahr 1997! – Haben wir das noch in Erinnerung, Herr Kollege Eder? (Abg. Gaál: Das sind beleidigende Worte!)

Was ist da passiert? – Da hat Ihr sozialistischer Finanzminister das Unternehmen Telekom verhökert (Abg. Ing. Westenthaler: Und die Gewerkschaft hat zugestimmt! – Abg. Mag. Schweitzer: Der Verzetnitsch hat zugestimmt!), ein schönes Aktienpaket zu einem hohen Preis. Die Gewerkschaft hat zugestimmt, hat zugeschaut. Allen war das recht. Klima hat noch einige Monate vorher davon gesprochen, man werde irgendwann einmal die Post als Ganzes an die Börse bringen – eine Vision, die von vornherein Humbug war, die Ihnen niemand geglaubt hat, aber Sie haben gefuhrwerkt. Sie haben dieses Unternehmen, weil Sie gierig waren und weil das Budget aus allen Nähten geplatzt ist, verkauft. Da war das recht. (Abg. Eder: Und ihr wollt nicht verkaufen?)

Meine Damen und Herren! Jeder hat gewusst, dass man das Unternehmen dann sanieren muss. Sie haben den Leuten Sand in die Augen gestreut: Sie haben gesagt, das werde alles nicht passieren, dass man dann einsparen muss, dass man konsolidieren muss. Aber jetzt ist die Ministerin verantwortlich! Meine sehr geehrten Damen und Herren, lächerlicher geht es wirklich nicht mehr! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich kann leider nicht mehr auf die vielen Punkte eingehen, die hier vorgebracht wurden, aber dazu wird in anderen Debatten noch Gelegenheit sein. Nur eines, bitte, ist schon klar festzustellen: Wenn hier von jemandem Angst gemacht wird, dann von Ihnen, von den Oppositionsparteien! Sie schüren die Ängste bei der Belegschaft der ÖBB, Sie schüren – und das gilt auch für Frau Kollegin Lichtenberger – die Ängste bei der Bevölkerung! (Zwischenruf des Abg. Eder. )

Lesen Sie doch bitte einmal im Budget nach! Da wurde nichts an gemeinwirtschaftlichen Leistungen gekürzt. Wenn Sie das Ministerium kennen, dann wissen Sie auch, dass keine einzige Nebenbahn geschlossen werden kann, ohne dass das ausdrücklich genehmigt wird. Damit eine solche Nebenbahn geschlossen werden kann, müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen.


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Meine Damen und Herren! Das ist ein sachlicher Beitrag, das sollten Sie sich zu Herzen nehmen – und nicht einfach polarisieren, herumpolemisieren und weiterhin die Leute verunsichern! Das ist eine schlechte Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Sehr gut! – Abg. Ing. Westenthaler: Also wie ist das jetzt mit der Telekom? Die Gewerkschaft hat zugestimmt!)

20.25

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Verzetnitsch. – Bitte.

20.25

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Bundesminister! Zu meinem Vorredner – bitte zuhören, ich zitiere –:

"Es gehe keineswegs darum, maximale Mittel in kürzester Zeit zu erzielen, sondern auch darum, den österreichischen Einfluss sicherzustellen, Arbeitsplätze sowie Konzern- und Entscheidungsstrukturen im Inland zu behalten." – So gesprochen vom Herrn Bundesminister für Finanzen am 18. September des Vorjahres.

Was jetzt aber bei der Telekom passiert, davon können Sie sich nicht entschuldigen! (Abg. Mag. Schweitzer: Habt ihr 1997 zugestimmt? Hat der ÖGB 1997 zugestimmt?)

Die Telekom-Börsegänge haben Sie zu verantworten und niemand anderer, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Koalitionsregierung! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brosz. )

Wenn Sie schon mit dem Aktiengesetz kommen – auch das ist mir bekannt (Abg. Böhacker: Bleib doch bei der Wahrheit! Wer hat denn die Post und Telekom immer ausgeräumt? 140 Milliarden!)  –: Was sind die Forderungen des Aktiengesetzes? – Dass es um das Wohl des Unternehmens, das Wohl der Eigentümer und das Wohl der Mitarbeiter geht. Und was passiert zurzeit? – Das hat Kollege Eder, so glaube ich, ganz klar und deutlich erklärt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist, so glaube ich, richtig, neben der Verkehrsproblematik auch auf den zweiten Bereich einzugehen, der die Frau Bundesminister letztendlich dazu bewegt hat, hier anwesend zu sein, nämlich Innovation und Technologie im Zusammenhang mit der Budgetdebatte.

Es tut mir Leid, dass wir in Wirklichkeit im Industrieausschuss – und das ist nicht Ihre Schuld allein, Frau Bundesminister, sondern es ist die Schuld der gesamten Koalitionsregierung – seit dem Vorjahr mit Ausnahme der ÖIAG überhaupt keine Vorlagen hatten. Das, was im Industrieausschuss passiert, ... (Abg. Haigermoser: In Ihrer Zeit hat es nicht einmal eine Sitzung gegeben, Herr Präsident!) Stimmt überhaupt nicht! Sie waren selbst mitbeteiligt im Unterausschuss – vergessen Sie das nicht! (Abg. Mag. Firlinger: So wie die Russen haben Sie "Njet!" gesagt!) Ich halte nur fest, dass wir seit dem Vorjahr, wenn sich der Industrieausschuss nicht selbst Themen geben würde, seitens der Bundesregierung keine Vorlagen haben. (Abg. Haigermoser: Weil wir für Technik sind und für Nachdenken!)

Das ist meiner Meinung nach insofern wichtig, als es auch um die klare Frage geht: Worüber reden wir denn eigentlich? Da ist zum Beispiel in der Unterlage zur Rede des Bundesministers für Finanzen zum Budget 2002, in der Übersicht 24 zu den Ausgaben des Bundes für Wirtschaftsförderung beim Punkt "Forschungs- und Technologieförderung" im Jahre 2001, die Rede von 608 Millionen j . Heuer werden für das Jahr 2002 nur mehr 99 Millionen j veranschlagt. Fußnote: Bei dieser Tabelle ist zu berücksichtigen, dass mehr als 500 Millionen j für das Jahr 2001 angeführt wurden, die für die nächsten drei Jahre gelten sollen.

Jeder, der das liest, denkt sich, da passiere tatsächlich etwas im Bereich Forschung und Entwicklung. Blättert man um auf die nächste Seite zu Tabelle 25 betreffend Ausgaben des Bundes für Forschung, so stellt man jedoch fest, dass hier seltsamerweise dieselben 500 Millionen j vorkommen! Zweimal verkauft – gute Werbestrategie! Faktum ist aber, dass diese Mittel nur einmal vorhanden sind, und daher stellt sich die Frage: Um welche Mittel handelt es sich?


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Am 19. September sagte der Finanzminister, 10 Milliarden Schilling seien für Forschung und Entwicklung vorgesehen.

Unmittelbar danach, am 4. Oktober, wird der damalige Minister Schmid befragt, wie es denn ausschaue mit den Forschungs- und Entwicklungsmitteln. – Keine Antwort möglich: Wir wissen noch nicht, wie es sich genau ausgehen wird.

Anfang des Jahres sind es auf einmal nur mehr 7 Milliarden. Da hat man nämlich die 10 Milliarden, die für Forschung und Entwicklung vorgesehen waren, geteilt und hat gesagt: 7 Milliarden für Forschung und Entwicklung, die restlichen 3 Milliarden für Infrastrukturmaßnahmen, wie dies ja auch von der Frau Bundesminister im Ausschuss bekannt gegeben worden ist.

Lässt sich das ambitiöse Ziel, das auch wir Sozialdemokraten unterstützen, wirklich erreichen, dass wir im Jahre 2005 2,5 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung ausgeben? (Abg. Böhacker: Aber schon gemeinsam mit ...!) Natürlich! – Wenn man sich das aber anschaut, dann werden Sie mir auch nicht darin widersprechen können, dass der Bund dafür 70 Milliarden Schilling aufwenden muss! 70 Milliarden Schilling, um das überhaupt zu erzielen, sonst geht es gar nicht – bei einem vierprozentigen Wachstum. – Was aber ist die Wachstumsprognose für die nächste Zeit? – Nicht 4 Prozent!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns dieses Ziel vornehmen, dann brauchen wir daher zum Beispiel ab dem Jahre 2003 weitere 16 Milliarden Schilling aus dem Bund. Jetzt haben wir das Kindergeld auf Grund Ihrer Budgetvorgabe gerade noch finanziert, und jetzt brauchen wir noch weitere 16 Milliarden Schilling für Forschung und Entwicklung! – Das schaue ich mir an, wie sich das mit dem Nulldefizit bei Ihnen in Wirklichkeit ausgeht. Faktum ist: Sie kürzen bei den Investitionen. (Abg. Böhacker: Die 2,5 Prozent hat schon der Einem vorgeschlagen!)

Frau Bundesminister! Einen Hinweis muss ich Ihnen schon auch noch näher bringen: Sie haben in der parlamentarischen Beratung im Budgetausschuss am 16. März erwähnt, dass im Jahre 2000 die Relation der Forschungsaufwendungen zum BIP erheblich gesteigert werden konnte.

Knapp davor sagt der Vorsitzende des Forschungsrates: Wenn man sich die Budgetentwicklung ansieht, kann man deutlich feststellen, dass es einen eindeutigen Knick vom Jahr 1999 auf 2000 gegeben hat, denn da sind die Forschungsausgaben nach unten gegangen. – Was stimmt nun bitte? Das hätte ich gerne gewusst.

Genau dasselbe gilt auch im Zusammenhang mit der Frage: Welche Forschungspolitik betreiben wir eigentlich? Bis jetzt – es mag schon sein, dass sich das alles erst entwickeln muss, Frau Bundesminister – gibt es außer Ankündigungen Ihres Vorgängers, außer Ankündigungen von Ihnen, dass das noch im April bekannt gegeben wird, überhaupt keine Informationen, für was in Wirklichkeit das Geld vorhanden ist. (Abg. Gaál: Für nichts, für gar nichts!) Es wird nur ausgegeben. Wir als Parlamentarier hätten gerne gewusst, wenn wir einem Budgetvoranschlag zustimmen sollen: Für was wird das Geld ausgegeben? (Abg. Ing. Westenthaler: "Wozu" heißt das, nicht "für was"!) Oder wozu – danke für den Hinweis; in Simmering spricht man vielleicht auch anders, das werden Sie wissen. (Abg. Ing. Westenthaler: "Für was" sagen wir jedenfalls nicht!) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entscheidend ist, dass wir wissen, worum es eigentlich geht.

Es ist bereits das dritte Budget der FPÖ-Koalition, das hier vorgelegt wird, und Faktum ist, dass es keine Ansätze gibt, an denen man erkennen könnte, wie es mit der Wirtschaftspolitik wirklich weitergeht. (Abg. Böhacker: Immer dieses Krankjammern! Positiv denken! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Es werden zwar Zahlen genannt, aber es mangelt eindeutig an der Umsetzung neuer Technologien, es fehlt eindeutig an Innovationen für neue Wirtschaftsbereiche. Erlauben Sie mir, nur ein Beispiel heranzuziehen: Ihre Wirtschaftspolitik führt zum Beispiel im Bereich der Biotechnologie dazu, dass es überhaupt keine Forschungsergebnisse gibt, denn das ist im Programm nicht vorgesehen. Das, was Sie tun, ist das Fortschreiben des sozialdemokratischen Forschungsvorhabens aus dem Jahre 1998/99 in die Zukunft. Neue


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Vorhaben kann ich diesem Programm nicht entnehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Sind Sie wirklich so schlecht im Programmlesen?)

20.32

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächste spricht Frau Bundesministerin Dr. Forstinger. – Bitte. (Abg. Dr. Mertel: Fanfare!)  

20.32

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Dipl.-Ing. Dr. Monika Forstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete des Hohen Hauses! Geschätzte Damen und Herren! Ich danke vorerst für diesen Kassasturz, den Herr Abgeordneter Eder gemacht hat, denn es ist eine ganze Liste von Aufgaben, die ich übernommen habe. Ich darf mir vielleicht auch erlauben, diesen Kassasturz aus einem Rechnungshofbericht noch zu vervollständigen. Dort steht ganz klar: Die verkehrspolitischen Ziele wurden nicht erreicht, der Verkehr konnte nicht proportional zu seinem Wachstum auf die Schiene verlagert werden, ein Bundesverkehrswegeplan lag nicht vor, und mehrere kapitalintensive Neubaustrecken entsprachen nicht den Prioritäten des Verkehrsmarktes und erbrachten wenig Kundennutzen. (Abg. Ing. Westenthaler: Bravo, SPÖ!)

Und es geht noch weiter – ich lese nur in Zusammenfassung –: Es wurde in der Darstellung der Finanzierungsbeziehungen mit den neu gegründeten Gesellschaften, insbesondere ÖBB und SCHIG, das Bundeshaushaltsrecht nicht eingehalten. Es ist eine ganze Liste von Punkten, die meinen Kassasturz nach den ersten Monaten nur bestätigen, und es ist wirklich eine Lektüre, die deutlich macht, wie wenig strukturiert in der Verkehrspolitik bisher gearbeitet wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich darf auf einige Punkte eingehen, die Sie angesprochen haben. Ich hoffe, in einem Punkt sind wir uns einig: Wir haben eine Verkehrspolitik zu verlassen, die auf Vermindern und Vermeiden eingestellt war, denn es hat nichts gebracht, wir ersticken förmlich im Verkehr! (Abg. Brosz: Wie bitte?) Damit bin ich auch beim Thema Wettbewerb angelangt: Es gibt heute keinen Wettbewerb mehr zwischen Schiene und Straße, sondern einen Mitbewerb, und jeder Verkehrsträger hat die Aufgabe zu erfüllen, die er am besten kann. (Abg. Gaál: Was ist das, ein "Mitwettbewerb"?)

Frau Abgeordnete Lichtenberger! Schon bin ich genau bei dem Thema, das Sie angesprochen haben: Ein Bundesverkehrswegeplan fehlt! – Es steht nicht nur hier in diesem Bericht, sondern auch die Recherche hat ergeben, dass es nicht möglich war, einen Bundesverkehrswegeplan zu erstellen. Ich könnte jetzt sagen, es hat noch nie die Chance gegeben, dass alle Verkehrsträger in einem Ministerium zusammengefasst waren, es hat aber eine Fülle von Studien und – Sie haben es erwähnt – eine Fülle von Ausgaben gegeben, die die Erstellung eines Verkehrswegeplans zum Ziel hatten.

Erstmals wird dieses Thema nunmehr wirklich angegangen. Sie brauchen keine Angst zu haben, dass ein Koordinator bestimmt, welche Verkehrspolitik gemacht wird. Ganz im Gegenteil: Es werden alle Beteiligten, alle Betreiber, alle Planungsgesellschaften, die Interessenvertretungen und selbstverständlich die Mitarbeiter aus dem Ministerium eingeladen, denn die haben ein großes Wissen. Und ich danke von dieser Stelle aus auch all jenen, die sich bereit erklärt haben, mitzutun, und auch sehr schnell mit der Datenrecherche, mit dem Zusammentragen der Daten begonnen haben, sodass wir jetzt wirklich beginnen können, einen Plan auszuarbeiten – einen Plan, der eine strukturierte, eine zeitlich abgestimmte und vor allem eine finanzierbare Infrastruktur in diesem Land ermöglichen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wissen Sie, es freut mich wirklich, wenn der Ausbau im Süden so stark betont wird, und ich stehe dazu. Ich stehe zur Feststellung, dass der Süden immer benachteiligt wurde und dass es wichtig ist, dass wir eine Anbindung vom Süden in den Norden haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Eder: Warum ist der Reichhold zurückgetreten? – Ruf bei den Freiheitlichen – in Richtung des Abg. Eder –: In Kärnten kennst du dich nicht aus!)


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Wir müssen heute in Verkehrskorridoren denken! Wo sind die Anbindungen an die TEN- und TINA-Netze? Warum ist es nicht gelungen, finanzielle Beteiligungen auch für das Straßennetz zu lukrieren? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es ist nicht gelungen, weil es im früheren Verkehrsministerium nicht möglich war, auch für hochrangige Autobahnen, für hochrangige TEN-Netze im Straßenbau überhaupt um Zuwendungen anzufragen. Man konnte bei der europäischen Finanzierungsbank gar nicht anfragen, weil es nicht möglich war, weil all das beantragte Geld nur für die Schiene investiert wurde.

Es ist auch richtig, dass der Schienenausbau forciert wird. Nur frage ich Sie, wo die strukturierte Planung geblieben ist. Wir haben ein Stückwerk vorliegen. Ich freue mich schon auf die erste Präsentation, wenn ich das bei der Landeshauptleutekonferenz einmal ganz deutlich aufzeigen kann. Jeder von Ihnen kennt seine Bereiche, kennt sein Bundesland, aber: Wenn man einen Gesamtüberblick hat und sich den Schuldenstand anschaut, dann brauchen wir noch gar nicht von einer Deckelung des SCHIG-Rahmens reden, denn die ist mit den jetzt verordneten Projekten schon mehr als ausgelastet, schon mehr als ausgeschöpft. Dabei reden wir noch gar nicht von der Finanzierung. Da zeigt sich nämlich, dass es bis zum Jahre 2010 234 Milliarden Schilling Schulden geben wird. Der Generationenvertrag gilt aber auch bei der Infrastruktur, denn wir können nicht heute in etwas investieren, das wir auch heute verbrauchen – schauen Sie sich die Straßen an, wie schnell die wieder erhalten werden müssen –, aber erst unsere Kinder werden zahlen müssen! Infrastruktur ist eine Investition in die Zukunft, daher ist es auch wichtig, strukturiert nach vorgegebenen Zeit- und Kostenplänen zu arbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn man bedenkt, dass wir noch Unterlagen vorliegen haben, einen so genannten Masterplan – noch vor zwei Jahren war er gültig –, in dem gestanden hat, dass bei einem Ausbau der Westbahn der Ausbau der A 1 nicht erforderlich ist, dann frage ich mich, auf welcher Datengrundlage hier gearbeitet wurde. Wir kommen nicht umhin, anzuerkennen, dass der Verkehr angewachsen ist, dass wir sowohl Straße als auch Schiene brauchen. Und noch einmal: Es gibt keinen Wettbewerb, sondern jeder Verkehrsträger muss jenen Teil leisten, den er am besten kann. Die Güter und die großen Massen gehören auf die Schiene, und dazu brauchen wir auch ein Netz.

Sie haben die Trennung zwischen Absatz und Infrastruktur angesprochen und sprechen immer wieder von Zerschlagung. Es geht jedoch um eine klare Trennung, es geht um den Wettbewerb. Wenn wir es nicht schaffen, dass wir den Wettbewerb so gestalten, dass sich auch Private beteiligen können und wir dann auch wirklich die Güter auf die Schiene bekommen, wird es nicht möglich sein, eine Entlastung im Verkehr zu erreichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wie in vielen anderen Punkten auch ist Herr Bodewig, Verkehrsminister in Deutschland, in diesem Punkt ganz meiner Meinung. In einem sehr guten Interview führt er aus, dass sich er und der Bahnchef einig seien, dass die Bahn-AG nicht im Betrieb Nachfrager und gleichzeitig im Schienennetz Anbieter sein könne. Er sagt also entgegen anderen Zitaten, die wir aus Deutschland kennen, dass er sich mit dem Bahnchef über die Notwendigkeit der Trennung von Netz und Betrieb einig sei. Das ist ein sehr vernünftiger Verkehrsminister, mit dem man sehr viele Gespräche gute Gespräche führen kann und der aus der SPD kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Edler.  – Abg. Mag. Kukacka: Edler, da kannst du dir was abschauen!)

Der wesentliche Aspekt ist nicht, ob es eine und welche Art von gesellschaftlicher Trennung es geben wird, sondern wesentlich ist, dass der Kunde wieder im Mittelpunkt stehen muss, der Kunde auf der Schiene im Güterverkehr, aber auch der Kunde im Personenverkehr. Auch im Rechnungshofbericht finden sich einige Beispiele, die zeigen, dass es zwar große Investitionen gegeben, aber der Kundennutzen sich nicht erhöht hat. Und das darf nicht sein! Daher habe ich einen Aufsichtsrat bestellt, der für Veränderungen und für Kundennutzen steht, und es wird auch einen dementsprechenden Vorstand geben. Gemeinsam wird man sich überlegen, wie die gesellschaftsrechtliche Konstruktion aussehen muss, damit all diese Anforderungen erfüllt werden. Am Wichtigsten ist, dass der Kunde zufrieden gestellt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Frau Abgeordnete Lichtenberger! Zu Ihren Anmerkungen zum Verkehrswegeplan und zum Feiertagsfahrverbot: Seien Sie versichert, dass ich die Position Österreichs vertrete. Sie konnten es heute auch bereits in den Medien sehen: Ein ganz klares Nein von Seiten Österreichs. Ich kann Ihnen nunmehr noch eine neue Information mitteilen: Auch Verkehrsminister Bodewig sieht, dass die französischen Verkehrsminister einschwenken und dass wir eine sehr starke Allianz haben. Das bedeutet, dass unsere Bemühungen in den bilateralen Gesprächen gefruchtet haben.

Eines muss ich Ihnen aber sagen, Frau Kollegin Lichtenberger, gerade in der Sache Tirol, Transitvertrag und Langfristlösung: Bitte tragen Sie auch dafür Sorge, dass wir eine einheitliche Position haben, denn sonst können wir uns nicht stärken! Wir können die österreichischen Interessen nur dann vertreten, wenn wir stark sind. Und da haben alle Diskussionen über die Höhe der Brennermaut, die Strafbarkeit, all diese kleinen nationalen Auseinandersetzungen wirklich keinen Platz. Wir müssen in Österreich eine starke Position haben, um verhandeln zu können. Und das ist auch mein Thema beim Verkehrsministerrat in den nächsten Tagen. Dort wird es auch darum gehen, die 108-Prozent-Klausel und den Transitvertrag einmal mehr zu verteidigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Beim ersten Gespräch mit dem Vorsitzenden des Verkehrsministerrates sind wir schon auf offene Ohren für die österreichischen Interessen gestoßen, denn er wird den Bericht der Kommission zur Diskussion stellen. Das gibt uns die Möglichkeit, die österreichische Position einmal mehr zu unterstreichen. Es wird jedoch nicht abgestimmt.

Gleichzeitig werden wir der Kommission auch vorlegen, dass es erforderlich ist, eine Studie über eine Langfristlösung auszuarbeiten. Wir in Österreich machen bereits unsere Aufgaben. Im Ministerium wird intensiv daran gearbeitet, und ich lade Sie alle ein, wie zu allen anderen Themen, sei es Verkehr oder Forschung, gemeinsam daran zu arbeiten, dass die Zukunft in Österreich sowohl für den Verkehr als auch die Technologie und andere Bereiche eine schöne ist. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Hervorragend! Sehr gut war das! – Abg. Eder: War nicht schlecht! – Abg. Mag. Firlinger: Da muss irgendetwas falsch gewesen sein, wenn der Eder das sagt!)

20.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

20.43

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns in einer Situation, in der die nachhaltige Sanierung des Staatshaushalts erfolgen muss. Mit einem Abgang von 900 Millionen Schilling und 43 Milliarden Schilling Gesamtverschuldung, das waren damals 12,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, hat die sozialistische Regierung vor 30 Jahren von uns das Budget übernommen. Bis zum Wiedereintritt der ÖVP in die Regierung 1986 haben es sozialistische Finanzminister geschafft, einen Budgetabgang von 105 Milliarden Schilling und eine Gesamtverschuldung von zirka 1 000 Milliarden Schilling anzuhäufen. In der großen Koalition ist es uns temporär gelungen, das Schuldenwachstum einzubremsen, aber eine nachhaltige Sanierung war infolge der sozialistischen Verschwendungspolitik nicht möglich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vollbeschäftigung und keine neuen Schulden hat sich diese Bundesregierung auf ihre Fahnen geschrieben. Um künftigen Generationen eine sichere Lebensgrundlage und mehr Spielraum zu verschaffen, müssen wir jetzt handeln. Deshalb tun wir alles, damit es in Zukunft keine neuen Schulden mehr geben wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Im Budgetkapitel Verkehr wurden wesentliche Schritte gesetzt, um die Entwicklung der Infrastruktur zu sichern und die Verkehrspolitik auf künftige Aufgaben vorzubereiten. Eine funktionierende Wirtschaft verlangt intakte Verkehrswege. Die Sanierung sowie der sechsspurige Ausbau der A 1 sind weiter voranzutreiben. Ebenso muss die Bahnreform vorangetrieben werden, um eine umweltgerechte Sicherung der Mobilität zu gewährleisten. Dabei wird man um eine Tren


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nung von Infrastruktur und Absatz nicht herumkommen, denn ohne Wettbewerb hat die Bahn keine Zukunft.

Ein weiterer, mir sehr wichtiger Punkt ist eine intelligente Lösung im Bereich der Autobahnmaut für LKW. Die Anschaffung eines vollelektronischen Systems muss sobald als möglich stattfinden, um der ASFINAG die nötigen Mittel zur Verfügung stellen zu können, die sie für den Erhalt und den Ausbau des hochrangigen Straßennetzes benötigt. Nicht unerwähnt lassen möchte ich in diesem Zusammenhang die positive Zusammenarbeit mit den Bundesländern, die in vielen Fällen bereit sind, Infrastrukturprojekte des Bundes vorzufinanzieren. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Lückenschluss der Pyhrn Autobahn, der bis 2004 fertig gestellt sein wird, ist nur eines von vielen positiven Beispielen, die beweisen, wie wichtig wir die Infrastruktur nehmen. Eine intakte Verkehrsstruktur ist Voraussetzung für einen funktionierenden europäischen Wirtschaftsraum. Wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung. Deshalb ist es unsere Aufgabe, jetzt die nötigen Schritte in der Infrastruktur zu setzen. Tun wir das, können wir auch die durch unsere Lage in der Mitte Europas gegebene Chance bei der EU-Erweiterung voll nützen.

Tatsache ist, dass in Zukunft der internationale Wettbewerb noch stärker werden wird – eine Herausforderung für unsere Wirtschaft, aber auch für uns als Verkehrspolitiker. Wir sind es, die jetzt die Weichen stellen, um unseren Betrieben die Chance zu eröffnen, international konkurrenzfähig zu bleiben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich plädiere dafür, dass man Infrastrukturfragen gesamteuropäisch sieht. Eine nationale Lösung wird langfristig den Anforderungen des Marktes nicht gerecht werden. Es muss eine europaweite Abstimmung in der Verkehrspolitik geben, um Kosten zu senken und die Effizienz zu erhöhen. Nur dann kann sich auch die Europäische Union im internationalen Wettbewerb behaupten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verkehrsbudget 2002 ist ein großer Schritt in die richtige Richtung – keine neuen Schulden bedeuten größeren Spielraum, eine bessere Wettbewerbssituation und vor allem eine gute Startposition für die Zukunft unserer Kinder. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.47

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

20.47

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich habe doch wirklich meinen Ohren nicht getraut, mein Vorredner Firlinger hat das Wort "umweltschonend" in den Mund genommen, aber leider blieb es bei diesem Wort. Ich habe nur dieses eine Wort gehört. Frau Ministerin! Ich habe meinen Ohren nicht getraut, denn Sie haben das Wort "umweltschonend" überhaupt nicht in den Mund genommen. Sie haben nur darauf hingewiesen – ich habe das genau mitgeschrieben, soweit es mir möglich war –, dass frühere Verkehrspolitik auf Vermeiden und Vermindern ausgerichtet und deshalb verfehlt war. Das habe ich aus Ihrem Mund gehört! Nun, ich kann mir nur einen Reim darauf machen, aus dem einen Wort, das ich einmal hörte und einmal nicht hörte, dass es nämlich umweltpolitisch für Sie völlig irrelevant ist, wie sich der Verkehr in Österreich entwickelt! Das sei einmal festgestellt. (Beifall bei den Grünen.)

Daher unterscheiden sich unsere Herangehensweisen, unsere Ansatzpunkte und auch unsere Kriterien in der Verkehrspolitik so wesentlich. Mir ist vollkommen klar, dass Sie mit dem Kollegen aus Deutschland von der SPD relativ schnell einer Meinung sind oder handelseins werden oder durchaus gemeinsame Strategien entwerfen. Das ist so, weil das auch eine konventionelle Form der Verkehrspolitik ist. Laut einer Bemerkung Ihres Generalverkehrsplaners, Herrn Dr. Oismüller – uns ist er schon jahrzehntelang als Verkehrsplaner verschiedenster Projekte bekannt, die immer umstritten waren –, werde sich das Emissionsproblem bis zum Jahre 2005 gelöst haben. Ich weiß nicht, was er damit gemeint hat, ich kann mir nur vorstellen, dass er damit gemeint hat, entweder sind die Leute völlig immun geworden oder es fährt kein Auto mehr, wo


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bei ich Letzteres nicht annehme, weil er schließlich ein Verkehrsplaner ist, der aus dieser Branche kommt.

Ich wollte mit diesem einen Zitat darauf hinweisen, dass Sie, Frau Ministerin, vielleicht nicht gerade den fachkundigsten Herrn zu Ihrem Generalverkehrsplaner gemacht haben, sondern dass Sie womöglich, wie es halt so üblich ist, einen Bock zum Gärtner machen. Ich meine, Frau Ministerin, diese Warnung ist dringend notwendig, auch hier im Hohen Haus, denn noch haben Sie es in der Hand, bevor Sie es an Herrn Oismüller weitergeben. Ich könnte Ihnen da noch einige Geschichten erzählen.

Sie haben sicherlich ein schwieriges Erbe übernommen, das ist keine Frage. Ich beneide Sie nicht, Sie haben Mühlsteine über Mühlsteine zu bewältigen. Es ist nicht leicht, die verfahrenen Karren auf mindestens zehn verschiedenen transeuropäischen Routen einigermaßen wieder in eine Richtung zu bringen, die Österreich und vor allem der Bevölkerung nützen könnte.

Sie haben selbst gesagt, der General-Verkehrsplan sei ein Angelpunkt, ein Ansatzpunkt. Sie stellen hiermit auch von der Philosophie her Ihre verkehrspolitischen Weichen. Wenn Sie nunmehr jemanden wie Herrn Oismüller wirklich an diese Hebel lassen, dann bedeutet das, dass Sie mehr oder weniger das alte Wort – wie heißt es in Deutschland? – "Bahn frei" oder "Autobahn frei für die deutsche Bürgerin" oder "für den deutschen Bürger" wieder aufgreifen. (Abg. Böhacker: "Freie Fahrt für freie Bürger"!)  – Ja, genau, danke! Sie von den Freiheitlichen wissen es eben! (Abg. Böhacker: Ich habe es auch nur aus der Zeitung!) Also: "Freie Bahn für freie BürgerInnen!" (Abg. Böhacker: "Freie Fahrt"!) Na sehen Sie, ich bin eben eine überzeugte Bahnfahrerin, ich habe extra auch die Karte mitgenommen, sodass es mir kaum über die Lippen kommt, dass es verstärkt "Freie Fahrt für freie Bürger!" auf der Autobahn geben soll.

Mein Ansatzpunkt wäre, dass dieser General-Verkehrsplan sich wirklich einmal auch am Aspekt des Klimaschutzes und der Kyoto-Ziele ausrichten sollte. Frau Verkehrsministerin! Sie haben vielleicht nicht darauf geachtet, dass Ihr Kollege, Herr Minister Molterer, immer wieder gesagt hat, wir müssten das Kyoto-Ziel erreichen. Auch Minister Bartenstein, früher Umweltminister, hat damals hoch und teuer das Kyoto-Ziel beschworen.

Frau Ministerin! Für Sie ist das anscheinend jedoch auch ein Fremdwort, ich habe es heute jedenfalls nicht gehört. Dabei müsste das als Überschrift über dem General-Verkehrsplan, über Ihrer Verkehrspolitik und auch über Ihrem Budget stehen: Kyoto-Ziel! Sie wissen, dass 33 Prozent des CO2-Ausstoßes verkehrsverursacht sind und dass es im Verkehrsbereich vergleichsweise leicht sein wird, volkswirtschaftlich gesehen, von den Kosten her die Emissionen zu reduzieren. Genau hier müsste man einhaken, anstatt es mehr oder weniger freizugeben und Leuten aus Kreisen, von Lobbies in die Hände zu spielen, die verstärkt gegen das Kyoto-Ziel arbeiten. Wir sind ... (Abg. Böhacker  – eine Bahnkarte in die Höhe haltend –: Frau Kollegin! Schauen Sie, ich habe auch eine Bahnkarte!)  – Danke! Dann können wir einander vielleicht einmal in der Bahn begegnen, Herr Kollege. (Abg. Böhacker: Ich habe jedenfalls auch eine Bahnkarte! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich wollte auch Sie für das Kyoto-Ziel gewinnen, und vielleicht habe ich Sie damit auch schon gewonnen. Bitte legen Sie in Ihrer Partei mehr Gewicht darauf und helfen Sie Ihrer Ministerin, dass Sie das wirklich als Ziel über Ihre Maßnahmen schreibt! Sonst schaffen wir es nicht! Und das würde uns auch Geld kosten, denn wir haben uns international verpflichtet, diese Reduktion der Emissionen zu erreichen. Wenn wir es nicht erreichen, dann werden wir geklagt. Verkehrspolitisch wäre wirklich in der Richtung sehr viel möglich. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin! Die ÖBB sind eine Möglichkeit, das Kyoto-Ziel zu erreichen; es lässt sich durchaus darüber diskutieren, ob es nicht sinnvoll ist, diese Trennung zwischen Infrastruktur und Betrieb vorzunehmen. Eine Trennung aber, bei der ich persönlich Bedenken hätte, wäre jene zwischen Güter- und Personenverkehr. Das Problem liegt darin, dass der Personenverkehr defizitär ist, und wenn man das im Güterverkehr erwirtschaftete Geld dem Güterverkehr überlässt, würden die doch hunderttausend "Taurus"-Loks kaufen; die würden Europa mit "Taurus"-Loks überziehen, weil das etwas bringt. Es würde aber kein Geld in den Personenverkehr fließen. Ich


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kenne keine Lok, die für den Fernverkehr in Österreich neu angeschafft worden wäre. "Taurus" soll für die Güter eingesetzt werden. Welche Lok transportiert den Fernverkehr?

Ich sehe hier tatsächlich – was das für die Fahrpläne bedeutet, hat bereits meine Kollegin angesprochen – eine Erosion auf uns zukommen. Sie kommen ohnedies auch aus Oberösterreich. Die Pyhrnbahn wird fahrplanmäßig wieder ziemlich ausgedünnt; es soll womöglich nur mehr Tagesrandverbindungen nach Graz geben. Bitte, das sind zwei Landeshauptstädte! Und in der Steiermark verlangen auch die Industriellen – lesen Sie das nach im "WirtschaftsBlatt" – einen Ausbau der Pyhrnstrecke. Die Pyhrnstrecke auf der Bahn hat Zukunft; vor allem dann, wenn man sie auch noch über die Summerauerbahn verlängert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Damit sind wir bei einem zweiten großen Problem angelangt, der Konkurrenz zwischen Straße und Schiene, die sich speziell im Mühlviertel zwischen der Summerauerbahn und der B 301 abspielt. Es gibt Varianten für den Ausbau der B 301, die beim Land liegen. Sie haben zwar – und damit komme ich auf Ihre Verantwortung zu sprechen – gewisse Mitwirkungsmöglichkeiten, aber letzten Endes wird es von den Gutachten her wahrscheinlich auf Landesebene entschieden werden. In Ihrer Verantwortung liegt jedoch die Erhebung in den TEN-Rang. Wenn die B 301 – ganz egal, ob sie später eine Schnellstraße sein wird oder eine Autobahn oder eine ausgebaute, verbesserte Bundesstraße – ins TEN-Netz kommt, dann wissen Sie ganz genau, dass Sie dort keine verkehrspolitischen Instrumente wie Nachtfahrverbot, Wochenendfahrverbot, Feiertagsverbot oder Tonnage-Beschränkung mehr einsetzen können, dann haben Sie dieses Stück Straße zusammen mit den anderen TEN-Verbindungen praktisch exterritorial gestellt und EU-Regelungen überlassen, und diese laufen in Richtung Liberalisierung.

Ich warne Sie, ich warne Sie eindringlich vor einem offensiven TEN-Projekt für die Straßen in Österreich. Sie geben damit etwas aus der Hand, und Sie liefern vor allem die Bevölkerung aus. Sie können dann das Verkehrsaufkommen nicht mehr in Grenzen halten, Sie können keine Nachtfahrverbote mehr erlassen, Sie können die Leute nicht mehr vor transeuropäischen Bewegungen auf der Straße schützen. Bitte, berauben Sie sich nicht dieses Instruments!

Noch zwei wesentliche Anmerkungen: Für Ihren General-Verkehrsplan ist wissenschaftliche Begleitung notwendig. Warum haben Sie die Zuwendungen an den VCÖ gekürzt? Ich meine, der VCÖ leistet sehr wesentliche Beiträge auch zur Verkehrspolitik Österreichs.

Leider ist die Zeit schon ziemlich weit fortgeschritten, aber ich muss noch ein Wort über die Telekommunikationssituation in Österreich verlieren; zwei Bemerkungen gestatten Sie mir: Heute Nachmittag waren drei Damen und Herren von der Telekom Austria AG – Herr Kollege Firlinger, ich sage extra "AG" – hier. Die Republik besitzt noch 47,8 Prozent dieser AG, der Rechnungshof kann die Telekom AG prüfen. Sie sind nicht aus der politischen Verantwortung entlassen! Zusammen mit Herrn Finanzminister Grasser tragen Sie immer noch politische Verantwortung für die Telekom AG. (Beifall bei den Grünen.)

Bitte, nehmen Sie diese Verantwortung vor allem in einer Richtung wahr: Es sollen bis 2005 12 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer "outgesourct" werden, gekündigt werden, irgendwie aus dem Unternehmen gebracht werden. Und die Art – ich betone: die Art  –, wie mit diesen Menschen umgegangen wird, das ist etwas, das Menschen zerstört. Ich habe heute Nachmittag, Schlag 17 Uhr war es, gehört, dass fünf Leute dort Selbstmord begangen haben, weil sie teilweise um 14 Uhr die Kündigung bekommen hatten, dann noch Nachtdienst leisten und danach gehen sollten. Es ist menschlich völlig untragbar, wie dort mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umgegangen wird. Ich verstehe, dass man wegen dem Börsegang und dem ganzen Programm, das im Jahr 1996 aufgestellt worden ist, umstrukturiert. Dass das aber auf so eine brutale Art passiert – da sind Sie auch in der Pflicht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hagenhofer: Genau! – Abg. Böhacker: Uns das zu unterstellen! Das ist wirklich unerträglich!)

Bitte zeigen Sie, dass Sie wirklich das haben, was der Herr Landeshauptmann, auf dessen Zurufe aus Kärnten Sie ansonsten doch durchaus achten, einmahnte, zeigen Sie auch diesen Mit


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arbeiterInnen gegenüber Herz! Gehen Sie einmal hin, sprechen Sie mit ihnen, und sorgen Sie dafür, dass wirklich korrekt vorgegangen wird!

Das war mir wirklich ein persönliches Anliegen, und diesem Anliegen möchte ich manch andere Themen opfern, also beispielsweise nicht mehr auf die Universaldiensteverordnung eingehen, und nur noch sagen: Vergessen Sie nicht auf die vielen AnrainerInnen von Sendemastenanlagen! Es gibt noch immer kein Übereinkommen zwischen den Mobilfunkbetreibern und dem Städtebund, rein was die Information anlangt. Ein Grundrecht auf Information, nicht einmal das ist gewährleistet! Ich meine, diesen Minimalhandlungsbedarf könnten Sie sicherlich in Kürze abarbeiten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Wattaul ist der nächste Redner. – Bitte. (Abg. Brosz: So viel Papier für 3 Minuten!)

20.59

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Offensichtlich ist Herr Kurt Eder, der Verkehrssprecher der SPÖ, so begeistert von unserer Ministerin, dass er sich um die Verkehrspolitik keine Sorgen mehr machen muss. Er hat das alles uns überlassen. Das muss man hier einmal festhalten.

Frau Lichtenberger! Ihnen muss ich etwas sagen: Fahren müssen Sie mit dem Zug, nicht unterschreiben! Wenn Sie 15 000 Unterschriften haben und es fährt keiner mit dem Zug, hilft das gar nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt komme ich zu den Drittlandfahrern, und dazu muss ich hier herinnen ganz klar sagen: Auch das ist ein Versäumnis der sozialistischen Fraktion. Drittlandfahrer sind jene, die ihre Fahrzeuge in Luxemburg angemeldet haben, Fahrer aus Oststaaten beschäftigen und dann eben illegal fahren. Das werden Sie wissen.

Dazu – das muss ich Ihnen ehrlich sagen – hat die Frau Minister schon etwas für den nächsten EU-Rat vorbereitet. Da ist ein Punkt drinnen, wonach man eine Fahrerlizenz einführen wird. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das haben wir schon längst gefordert!) Also die Frau Minister arbeitet schon daran, die hat die Problematik schon lange erkannt.

Ich gebe aber zu, dass diese Umstände wirklich ein Wahnsinn sind. Das gehört unbedingt sofort abgestellt, wobei man eines dazusagen muss: Im Moment hat Österreich kein entsprechendes Gesetz. Nur Deutschland kann Firmen aus dem Ausland kontrollieren. Das ist momentan in Österreich nicht möglich. Das gehört repariert, aber es wird daran gearbeitet. (Beifall bei den Freiheitlichen und den Grünen .)

21.01

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Edler ist der nächste Redner. – Bitte.

21.01

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Zum Einstieg nur Folgendes an die Adresse der Regierungsparteien: Ihre Sager über die Staatsschulden, die ziehen nicht mehr. Das Wiener Wahlergebnis hat das deutlich gezeigt. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Wir waren in der Lage, die Menschen aufzuklären, dass die Sozialdemokratie in den letzten 30 Jahren Österreich von einem Armenhaus zu einem modernen Wohlfahrtsstaat, zu einem Sozialstaat gemacht hat. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

An die Adresse der ÖVP: Frau Gehrer ist heute auf der Regierungsbank gesessen. Ich würde mir nicht so sicher sein, und auch Herr Präsident Fasslabend sollte dies nicht sein, denn sie waren bei dem letzten gemeinsamen Sparbudget, das wir in der Koalitionsregierung 1996 und 1997 beschlossen haben, laut Rechnungshofberichten jene Ministerin und jener Minister, die am meisten überzogen haben. Man soll daher nicht immer der Sozialdemokratie die Schulden vor


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werfen (Abg. Wattaul: Aber Sie haben nichts zusammengebracht!), wenn man selbst im Glashaus sitzt.

Meine Damen und Herren! Kurt Eder hat das Wesentliche angesprochen. (Abg. Mag. Firlinger: Er hat es heruntergespult! Sie sollten eine neue Platte auflegen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Frau Bundesministerin, ich habe das im Ausschuss schon gesagt, aber ich muss es wiederholen: Sie haben bis dato eine Nichtverkehrspolitik betrieben. Sie haben heute wesentliche Ankündigungen gemacht, zu denen wir in Zurufen gemeint haben: Jawohl, das wäre der richtige Weg! Aber warum setzen Sie das nicht um? – Sie haben die Prinzhorn-Leute im Nacken (Abg. Mag. Schweitzer: Was?), und Sie haben Leute von der ÖVP wie Herrn Kukacka – das mussten wir immer wieder zur Kenntnis nehmen – als Prellbock, als Bahnverhinderer, als Mehr-Bahn-Verhinderer. Das ist Ihr Problem.

Meine Damen und Herren! Als Eisenbahner möchte ich selbstverständlich die ÖBB ansprechen. Wir haben eine ÖBB, die auf Erfolgskurs ist, die Europaspitze ist, und darauf könnten wir gemeinsam stolz sein. Es wird so vielen Berufsgruppen gedankt. Ich möchte auch einmal den Kolleginnen und Kollegen von der Eisenbahn herzlich danke sagen für ihre Leistungen, die sie für Österreich erbringen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Fink. )

Und nur kurz, weil man immer wieder sagt, bei den Österreichischen Bundesbahnen gibt es einen Reformstau, da ist nichts weitergegangen: Es ist schmerzlich für mich als Gewerkschafter und Sozialdemokrat, wenn ich zur Kenntnis nehmen muss, dass in den letzten Jahren seit 1992 bei den Österreichischen Bundesbahnen insgesamt 20 000 Arbeitsplätze abgebaut worden sind, verloren gegangen sind. (Abg. Zweytick: Die Gewerkschaft und die Sozialdemokraten haben das zu verantworten!) Das tut mir persönlich Leid, aber hier wurden Reformen umgesetzt. (Abg. Mag. Firlinger: Aber da hat es noch keinen freiheitlichen Minister gegeben! Warum hängen Sie das immer uns um? Das ist die Gemeinheit! Die magerlt einen!)

Wir haben die Beförderung besonders im Güterverkehr von damals 50 Millionen Tonnen auf jetzt fast 85 Millionen Tonnen erhöht. – ÖBB auf Erfolgskurs! (Beifall bei der SPÖ.)

Der derzeitige Generaldirektor Draxler ist nicht unbedingt ein Freund der Gewerkschaft der Eisenbahner – da gibt es harte Auseinandersetzungen –, aber er hat sicherlich einen Bahnkurs eingeleitet, von dem man sagen kann: Okay, darüber kann man diskutieren, und darauf kann man sicherlich auch für die Zukunft ein Modell aufbauen. (Abg. Mag. Schweitzer: Da kann man den ÖBB gratulieren!) Generaldirektor Draxler hat ja auch ein Holding-Modell vorgeschlagen, bei dem ohne weiteres auch eine Trennung zwischen Absatz und Infrastruktur möglich ist.

Frau Bundesministerin! Wer sagt denn, dass die Deutschen da unbedingt als zwei Gesellschaften drinnen sein müssen? Das ist dort überhaupt nicht angesprochen, sondern angesprochen sind die Rechnungssysteme. Und das, meine Damen und Herren, könnten wir ohne weiteres auch in Österreich bei den Österreichischen Bundesbahnen so umsetzen, noch dazu wo wir in Österreich schon in der letzten Legislaturperiode den Schienenregulator beschlossen haben, der Vorsorge dafür zu treffen hat, dass eine Liberalisierung bei der Bahn, auf den Bahnstrecken eintritt. (Abg. Mag. Schweitzer: Darf ich gratulieren? Lass dir gratulieren!)

Meine Damen und Herren! Kurt Eder hat es schon erwähnt, und ich möchte das auch wiederholen: Es ist unverständlich, wenn hier eine Politik der Verschleuderung des Staatsvermögens angesprochen wird, denn so sieht jetzt auch das Konzept, das so genannte Geheimkonzept, aus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie davon überrascht waren, dass der Koalitionspartner – Molterer, Bartenstein, Kukacka – hinter Ihrem Rücken ein Geheimpapier ÖBB erstellt hat, worin die Zerschlagung und die Verschleuderung des Staatsvermögens vorgesehen sind. Das kann doch nicht Ihre Politik sein, Frau Bundesministerin, doch Sie haben das überhaupt nicht in Abrede gestellt.

Als Wiener Abgeordneter möchte ich zum Schluss besonders die Verkehrssituation im Großraum Wien ansprechen, und ich hoffe, dass Sie bei den kommenden Aussprachen mit den Landeshauptleuten das auch ausräumen, was in den letzten Monaten hier Anlass zu Unmut war. (Abg. Mag. Schweitzer: Was soll sie ausräumen?) Frau Ministerin, Ihre Äußerung, das ist


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"Verrat an Österreich", ist ein kleiner politischer Skandal, keine Frage. Ich habe das schon zum Ausdruck gebracht. Ich glaube, das haben Pröll, Niessl und besonders Häupl nicht notwendig, denn sie haben sich ja Gedanken gemacht, wie wir die Probleme der Verkehrsinfrastruktur in der Ostregion lösen könnten. (Abg. Mag. Firlinger: Sie haben nur 100 Milliarden gefordert!)

Meine Damen und Herren! Uns muss bewusst sein: Wien ist unsere gemeinsame Bundeshauptstadt, und wenn die Transeuropäischen Eisenbahnnetze nicht hier angeschlossen werden, verliert nicht nur Wien, sondern dann verliert Österreich. (Abg. Mag. Firlinger: Die Umfahrung des Eisenbahnverkehrs um Österreich herum ist auch keine Lösung!)

Kollege Graf! Wir brauchen auch in Wien – besonders unsere Bezirke Floridsdorf und Donaustadt – die Nordostumfahrung, und ich hoffe jetzt, dass Abgeordneter Graf nicht nur im Wahlkampf – die Wahl im Bezirk Donaustadt hat er ja schrecklich verloren – mit Aussagen aktiv war, sondern dass er sich wirklich bei der Frau Bundesministerin für die Wiener Nordostumfahrung einsetzt. (Abg. Mag. Firlinger: Hereinbringen, nicht Österreich umfahren!) Ich kämpfe persönlich für die Schnellbahn S 80, und diesbezüglich werden wir noch Gespräche führen.

Zum Schluss noch, Frau Bundesministerin – Sie haben das sicherlich gelesen (der Redner hält eine Zeitung in die Höhe)  –: Mehr Bahnpolitik ist notwendig. Wir haben einen LKW-Horror auf der Straße. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.07

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete Mag. Hakl ist die nächste Rednerin. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Martin Graf. )

21.07

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Schweitzer: Was hast du für meine Eisenbahn getan, Lokführer? Was hast du für meine Eisenbahn getan?) – Das geht auf meine Zeit, lieber Herr Kollege. Das ist heute nicht mehr tragbar, tut mir Leid.

Meine Damen und Herren! Die Kollegen Eder und Edler sind beide auf die Bahnreform eingegangen, und Kollege Eder hat am Anfang sogar gesagt: Frau Bundesminister, Sie machen den Angestellten der Österreichischen Bundesbahnen Angst. – Ich kann dazu nur sagen: Wenn ich bei den Bundesbahnen wäre – und ich weiß auch, wovon ich da rede –, dann hätte ich Angst, wenn jetzt nicht bald etwas passierte, und zwar mehr und anderes passierte als bisher bei den Österreichischen Bundesbahnen und in der österreichischen Verkehrspolitik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben mit der Bundesrepublik Deutschland ein Nachbarland, das bereits Ende 1990 ein riesiges Problem, riesige Defizite bei der Bahn hatte und letztlich 1993 bereits ein Gesetz für eine große Bahnreform verabschiedet hat. Das Ziel war damals, die Mobilität umweltgerecht zu sichern, die Wettbewerbsbedingungen zu verbessern, gleichzeitig ein finanziell unabhängiges Unternehmen zu schaffen und das Unternehmen finanziell zu sanieren. Wir wissen heute – viele von unseren Abgeordneten der Koalition haben vor wenigen Tagen mit dem Abgeordneten Brunnhuber, Verkehrssprecher der CDU, gesprochen –, dass die Reform in Deutschland aus einem Grund nicht funktioniert hat: weil keine klare Trennung von Absatz und Infrastruktur erfolgt ist. Und ich kann Ihnen sagen, Herr Eder: Im Unterschied zu Ihnen hat Kollege Brunnhuber auch die Fehler, die seine Regierung damals gemacht hat, durchaus eingestehen können, und auch so etwas verdient Bewunderung.

Sehr interessant war auch, was der CDU-Verkehrssprecher auf die Frage, was er denn als das wichtigste Verkehrsprojekt zwischen Deutschland und Österreich erachte, gesagt hat. Er hat gemeint: Besonders wichtig ist, dass Österreich das Unterinntal ausbaut, weil das für den süddeutschen Raum die wichtigste Verkehrstransversale schlechthin ist. Weiters hat er gesagt, dass Deutschland sogar bereit wäre, zuzustimmen, den Brenner-Basistunnel im Wege der Querfinanzierung zu subventionieren, also das zu akzeptieren.


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Meine Damen und Herren! Ich glaube, diese beiden wichtigsten Dinge können wir von der deutschen CDU lernen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

21.10

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ihre erste Antwort, Frau Ministerin Forstinger, hat mir genug Anlass gegeben, heute noch herunterzurollen und wirklich einmal mit Ihnen über die ÖBB zu diskutieren. Ich glaube immer noch, Sie reden von einem Phantom, das Sie nicht kennen, denn würden Sie die ÖBB, den Zustand der ÖBB kennen und wissen, wie es den MitarbeiterInnen bei den ÖBB geht, dann, Frau Ministerin, könnten Sie das nicht sagen, was Sie gesagt haben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Frau Ministerin! Wissen Sie, ich bin eine regelmäßige Bahnfahrerin, ich fahre sehr intensiv mit den ÖBB. Ich sehe es auch schon als meine Aufgabe, die Zugbegleiter ein wenig zu betreuen, zumindest ein Stück auf dem Weg von Wien bis meistens St. Valentin, denn wie es denen geht, Frau Ministerin, danach hat anscheinend noch kein Mensch gefragt.

Sie haben gesagt, bei allen Investitionen, bei allem, was bei den ÖBB gemacht wird, geht es um die Kunden-Nutzen-Rechnung im Personenverkehr. Frau Ministerin, das ist hochinteressant, das ist wirklich hochinteressant. Ich nenne Ihnen jetzt ein paar Beispiele, wie Sie mit Ihrer Kunden-Nutzen-Rechnung im Personenverkehr natürlich nur danebenhauen können und auch nur danebengehaut haben.

Ich habe erst letzte Woche – ich glaube, es war am Sonntag – in der "Kronen Zeitung" ein großes Inserat gesehen, mit dem die so genannten Automaten zum Fahrkartenkauf beworben wurden. Ich habe geglaubt, ich sehe nicht recht, und habe mir das wirklich zweimal angeschaut, weil ich das nicht für möglich gehalten habe. Da wird für Automaten geworben und dafür, dass sich die Bahnkunden dieser Automaten bedienen sollen. Frau Ministerin, ich frage Sie nur: Wo sollen sie sich denn bedienen? An den Bahnhöfen sind diese Automaten nicht! (Beifall bei den Grünen. – Widerspruch bei den Freiheitlichen. – Abg. Achatz: Oh ja, in Linz gibt es sie!) Sollen sie sich zu Hause einen Automaten aufzeichnen, oder was sollen sie tun? Das ist wirklich eine Verhöhnung der Bahnkunden! (Abg. Mag. Schweitzer: Auf zum Draxler! Auf zum Lokführer! Der Edler ist zuständig für die Automaten!)

Ich war jetzt in den letzten 14 Tagen in Salzburg – in Wien bin ich sowieso regelmäßig –, ich war in Linz, ich war in Graz. Wir waren eine Gruppe von Menschen, und wir haben ganz verbissen einen Automaten gesucht, wo wir eine Karte von Graz nach Wien hätten lösen können (Abg. Achatz: In Linz gibt es Automaten!), und nicht nur ich, sondern wir alle haben ihn nicht gefunden, Frau Ministerin. Ich bin schon ganz neugierig auf Ihre Beantwortung meiner Anfrage, worin ich Sie gebeten habe, mir die Standorte zu nennen, wo denn diese Automaten sind. Ich weiß, diese Anfragebeantwortung wird ganz kurz ausfallen. Es gibt nämlich keine Automaten. (Abg. Achatz: Dafür ist die Frau Ministerin nicht zuständig!) Hauptsache, sie werden um Millionen beworben.

Das, Frau Ministerin, ist Ihre verfehlte Politik. Mit solchen Dingen können Sie keine Kunden-Nutzen-Rechnung im Personenverkehr machen, denn die wird im Interesse der Kunden immer negativ ausgehen, weil diese nur Aufwendungen haben und kein Gegenangebot, nämlich in diesem Fall die Automaten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Frau Ministerin! Es wird auch diese so genannte Internet-Buchung stark beworben. Ich habe damit keine Freude. (Abg. Böhacker: Das ist ganz hervorragend!) Ja, ich habe es schon einmal gemacht. Es ist ganz "hervorragend": Sie können nämlich immer nur eine Strecke buchen und keine Retourfahrt. Dazu müssen Sie neu ins Programm einsteigen. Vielleicht fahren Sie immer nur irgendwohin und nie mehr zurück. Das weiß ich nicht. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Das kann ja schon ein Zwölfjähriger! – Abg. Mag. Firlinger:


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Jetzt können Sie wenigstens die Fahrkarte ausdrucken! Das war vorher nicht möglich!) Ich fahre auch zurück und musste mir dazu zwei A4-Seiten ausdrucken.

Und jetzt kommt es, Frau Ministerin! Der Hit dieser ganzen Angelegenheit ist der: Der Zugbegleiter hat so ein großes Kastl – das werden Sie wahrscheinlich nicht kennen –, und in dieses Trumm Kastl muss er jetzt drei hochkomplizierte siebenstellige Codes eintippen, wenn er mir diese Internet-Fahrkarte abnehmen will. Für das Eintippen dieser drei wirklich hochkomplizierten Codes – das sind Kombinationen aus Ziffern und Buchstaben, aber nicht, dass zuerst die Ziffern wären und dann die Buchstaben, sondern das geht ganz durcheinander; auf jeden Fall muss der Zugbegleiter drei solche Codes eintippen (Abg. Mag. Firlinger: Das ist ein ...code aus Ziffern und Zahlen!)  – braucht er, wenn er ganz schnell ist, genau zwei Minuten, damit er eine Fahrkarte erfasst hat. Und wenn jetzt BahnbenützerInnen ganz vif sind, dann kaufen sie sich, wenn sie von Wien nur nach St. Pölten fahren, keine Karte, sondern hoffen, dass schon einige diese Internet-Karten haben. (Abg. Böhacker  – ein Formular in die Höhe haltend –: So schaut das aus!) Wenn nämlich 40 solcher Karten vom Zugbegleiter kontrolliert werden müssen, kann der Rest gratis fahren, denn der kann seine Karten nie herzeigen, weil er bereits wieder aussteigt. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das ist Ihr Kunden-Nutzen in der ÖBB. (Abg. Mag. Schweitzer: Aber wer ist dafür zuständig? – Abg. Böhacker: Frau Kollegin, das ist ein Online-Ticket aus dem Internet! – Abg. Mag. Firlinger: Aber der ÖBB-Generaldirektor heißt nicht Forstinger!) Irgendwann werde ich ein Buch über die ÖBB schreiben. Es wird mir nicht erspart bleiben. Sie, Frau Ministerin, geben mir wirklich genug Stoff dafür. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Das ist die Forstinger – und nicht der Draxler!)

Sie geben mir auch genug Stoff dafür, wenn Sie darüber sprechen, wie denn diese Bahnhofsoffensive weitergehen soll. Sie wissen, in St. Valentin sind die Geleise fertig. Aber was kommt jetzt? Der Bahnhof St. Valentin soll de facto aufgelassen werden. (Abg. Böhacker: Das stimmt ja nicht!) Selbstverständlich! Es sollen nur mehr Regionalzüge nach St. Valentin fahren, und die Züge, die von St. Pölten nach Linz fahren, sollen in St. Valentin – nicht laut diesem Fahrplan, aber bereits im nächsten – nicht mehr stehen bleiben.

Frau Ministerin, glauben Sie, die Leute sind verrückt und fahren nach Linz, nur damit sie dann wieder dieselbe Strecke nach Steyr zurückfahren? Wofür halten Sie die Menschen? Glauben Sie, ich fahre eine Stunde lang spazieren, und das vielleicht zwei-, dreimal in der Woche? Das kann es doch nicht sein! Wozu haben Sie den Bahnhof St. Valentin ausgebaut, wenn man ihn jetzt nur mehr im Vorbeifahren sieht und dort nicht mehr aussteigen kann, wenn man nicht bereit ist, einen Pendlerzug bereits ab Wien zu nehmen?

Oder, Frau Ministerin, Bahnhof Steyr: Sie wissen, auch dort haben wir inzwischen einen halbwegs schönen Bahnhof. Schön sind die Geleise, aber das Bahnhofsgebäude wurde, glaube ich, Anfang der fünfziger Jahre zum letzten Mal renoviert. An den Außenmauern sind noch die Einschusslöcher – sie sind zwar verputzt – vom Zweiten Weltkrieg zu sehen. Dieser Bahnhof soll jetzt nicht umgebaut werden, er soll so bleiben, wie er ist, lediglich neue Toiletten sollen wir bekommen.

Frau Ministerin! Glauben Sie, die Leute gehen zum Bahnhof, nur weil sie aufs Klo müssen? (Lebhafte Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Neudeck: Ich gehe prinzipiell am Bahnhof aufs Klo!) Die Leute gehen zum Bahnhof, weil sie wegfahren wollen, die Leute gehen zum Bahnhof, weil sie dort vielleicht eine Zugkarte kaufen wollen und unter Umständen warten müssen, bis der Zug kommt, aber nicht, um aufs Klo zu gehen. Setzen Sie doch bitte Ihre Initiative nicht in die Toiletteanlagen, die selbstverständlich wichtig sind! Aber das allein kann es in der Bahnhofsoffensive nicht sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich gebe Ihnen wirklich einen guten Tipp: Machen Sie anständige Klos nicht auf den Bahnhöfen, sondern in den Zügen, denn dort wären sie nämlich viel wichtiger! Wenn Sie sich diese neuen City-Shuttles und die "Wiesel" anschauen, so gibt es dort zum Beispiel keine Rollstuhltoiletten. Ich weiß nicht, ob Sie das wissen. Und wissen Sie, warum es die dort nicht gibt? Weil die ÖBB


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sagen, auf einer Strecke von 200 Kilometern geht kein Mensch aufs Klo. (Neuerliche lebhafte Heiterkeit. – Abg. Böhacker: Das haben wir alles schon einmal gehört!) Ja, dann hören Sie sich das ein zweites Mal an! Vielleicht werden Sie dann einmal so schlau, dass Sie wissen, dass man im Zug auch ein Klo braucht. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie haben aber nicht daraus gelernt, denn es gibt noch immer keine Toiletten in den Zügen. (Abg. Böhacker: Bin ich der Generaldirektor Draxler?)

Aber das war es nicht. Ich kann Ihnen noch ein paar Dinge erzählen, die ganz wichtig sind. (Abg. Achatz: Machen Sie Minister Einem dafür verantwortlich!) Die City-Shuttles, die "Wiesel" und auch viele andere sind erst nach Minister Einem gekommen, und die haben auch keine Klos. Das kann also nicht Minister Einem allein gewesen sein, sondern da waren hinterher noch einige beteiligt. (Abg. Achatz: Aha! Und jetzt ist es die Frau Forstinger alleine! Nicht?) Frau Forstinger ist jetzt verantwortlich, das hat sie sich selbst ausgesucht. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Ich habe sie nicht gebeten, Infrastrukturministerin zu werden. Ich nicht! (Abg. Wattaul: Haben Sie einen Misstrauensantrag eingebracht? – Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Achatz: Stellen Sie einen Misstrauensantrag!)

Frau Ministerin! Ich habe eine Frage an Sie: Was muss ich tun, damit ich, so wie Ihr "einfaches Parteimitglied" Jörg Haider den Koralpen-Tunnel gekriegt hat (Abg. Neudeck: Was wollen Sie für einen Tunnel?), den Umbau des Bahnhofes in Steyr und die Fertigstellung des Bahnhofes in St. Valentin bekomme? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Vielleicht können Sie mir das beantworten. Ich werde das tun, denn es kann nicht sehr schwierig sein. Herr Haider hat seinen Koralpen-Tunnel sehr schnell gekriegt, also müsste ich meine Investition auch bald kriegen. (Abg. Dr. Martin Graf: Einen gescheiten Wahlerfolg brauchen Sie!)

Aber ich rechne nicht damit, Frau Ministerin, weil Sie wirklich nicht bereit sind, dort Geld zu investieren, wo es notwendig ist. Sie lassen halb fertige Bahnhöfe jetzt mehr oder weniger in der Umbauphase stehen. Wahrscheinlich werden die in zehn Jahren schon wieder kaputt sein, bevor sie überhaupt einmal fertig gebaut worden sind.

Das, Frau Ministerin, ist Verschwendung von Steuergeld (Beifall bei den Grünen), und diese Verschwendung können Sie verhindern oder fördern. Aber so, wie das neue Konzept Ihrer Bahnhofsoffensive ausschaut, werden Sie das Geld umsonst beim Fenster hinausgeschleudert haben.

Ich habe letzte Woche in der Zeitschrift "NEWS" einen Artikel darüber gefunden, wie denn die ÖBB in Zukunft ausschauen sollen, was man sich da alles vorgenommen hat, was man da machen will. Da steht zum Beispiel, dass 2 100 Bahnkilometer ausgegliedert werden sollen. Frau Ministerin, wenn die ausgegliedert werden, was passiert denn dann mit denen? (Abg. Dr. Martin Graf: Dann werden die "Häuseln" gerichtet!)  – Sie werden aufgelassen! (Abg. Wattaul: Da fährt ein Zug drauf!)

Dann steht in diesem Papier drinnen, dass 29 Nebenbahnen aufgelassen werden sollen. (Abg. Wattaul: Das stimmt nicht!) Ja, was heißt denn das? – Dass es nur mehr einen Zug von Wien nach (Abg. Neudeck: St. Valentin! – Abg. Wattaul: Nach Steyr!) Bregenz und wieder retour gibt? Und wer heute zum Beispiel in St. Pölten aussteigen muss, um dann mit einer Nebenbahn weiterzufahren, der hat ganz einfach Pech gehabt?!

Frau Ministerin! Was heißt es denn, wenn da drinnen steht, dass man im Personenverkehr weitere 2 100 bis 3 800 ÖBB-Bedienstete abbauen will? Auf wessen Kosten wird denn dieser Abbau gehen? Der geht auf Kosten der BahnbenutzerInnen, und er geht auch auf Kosten der noch verbleibenden ÖBB-Bediensteten, denn dann muss ein Zugbegleiter nicht mehr sieben oder acht Waggons alleine kontrollieren, sondern dann muss er halt zehn und zwölf Waggons alleine kontrollieren. Und das wird in der Praxis nicht möglich sein (Abg. Dr. Martin Graf: Weil Sie die Leute von der Arbeit abhalten!), noch dazu, wenn Sie dieses Kartenkaufen im Internet weiterhin so bravourös anbieten. Dann werden diejenigen, die mit der Bahn fahren, nur mehr deshalb fahren, weil sie gratis fahren können, weil der Zugbegleiter nicht mehr in der Lage ist, jemals die Karten zu kontrollieren. (Abg. Wattaul: Wenn keiner mitfährt, braucht er eh nicht zu kontrol


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lieren! – Abg. Böhacker: Das stimmt nicht! Ich wurde immer kontrolliert!) Ja, Sie fahren so selten, darum. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Böhacker: Nein, nein, nein! – Abg. Dr. Martin Graf: Mit wem werden Sie dann Ihr Schwätzchen halten?)

Frau Ministerin! Ich erwarte mir von Ihnen wirklich einmal konkrete Antworten auf meine Fragen. Ich habe ja noch das Glück, dass es mir immer wieder gelingt, das teilweise wirklich als lustig zu sehen. Ich kann darüber auch noch manchmal lachen und andere anscheinend auch. Aber lustig ist es nicht, Frau Ministerin, wenn Sie heute in einen Zug einsteigen und gar nicht mehr wissen, ob am nächsten Bahnhof, wo Sie aussteigen wollen, überhaupt noch jemand da ist, der Ihnen aus dem Zug wieder heraushilft. Das wissen Sie nicht und ich auch nicht. Nur: Sie steigen alleine aus, und ich kann nicht alleine aussteigen. Das ist der Unterschied. Sie kommen dort hinaus, wo Sie wollen, ich muss unter Umständen zwangsweise weiterfahren.

Es müsste heute doch eine Selbstverständlichkeit sein, dass sich in jedem Zug ein anständiges Klo befindet, das nicht nur von einem Teil der Bevölkerung oder einem Teil der Zugreisenden benützt werden kann, sondern von allen, die im Zug sind. Frau Ministerin, es ist wirklich traurig, dass man das immer und immer wieder erwähnen muss. Das ist das Natürlichste auf der Welt, dass jemand aufs Klo gehen muss. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir verlangen da keine Utopien, das sind unsere ganz normalen Grundbedürfnisse, die wir abgedeckt haben wollen. Und das, bitte, darf doch nicht unmöglich sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

21.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sodian. – Bitte.

21.24

Abgeordneter Andreas Sodian (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Eder sprach von einem "verlorenen Jahr" sowie davon, dass keine Infrastrukturmaßnahmen gesetzt würden. – Ich nenne Ihnen ein paar Zahlen, mit denen das eindeutig widerlegt wird.

Die Infrastrukturausgaben im Budget 2002 erreichen einen Rekordwert von 37,3 Milliarden Schilling. Für die Straße sind das 13 Milliarden Schilling; das ist eine Steigerung um 45 Prozent gegenüber dem Budget 1999, also Ihrem Budget. Für die Schiene gibt es ein Rekordbudget von 16,6 Milliarden Schilling. Das ist ein Plus von 36 Prozent gegenüber 1999 und gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 13 Prozent. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Zweytick. ) Im Hochbau werden wir im Jahr 2002 7,7 Milliarden Schilling investieren. Das ergibt zusammen 37,3 Milliarden Schilling, meine Damen und Herren.

Wir haben daher, ob Sie es wollen oder nicht, das Budget im Bereich der Infrastruktur gegenüber 28 Milliarden Schilling, die Sie im Jahre 1999 ausgaben, heuer für das nächste Jahr auf 37 Milliarden Schilling aufgestockt. Das ist ein Plus – ah, Herr Kollege Eder ist da, das ist nett – von 8 Milliarden Schilling. (Abg. Eder: Ja, aber wofür?) Wofür? Für die gesamten Infrastrukturmaßnahmen, Herr Kollege. (Abg. Eder: Für den Straßenbau!) Für die Straße und für die Schiene; für die Schiene um 13 Prozent mehr, Herr Kollege. (Abg. Eder: Vor allem für den Straßenbau! Sagen Sie das doch!) Insgesamt geben wir 37 Milliarden aus. (Abg. Eder: Insgesamt mehr Schulden!) Und das ist ja ganz wesentlich. Warum? – Wir wissen nämlich, dass die Bauinvestitionen einen Multiplikatoreffekt und damit einen Beschäftigungseffekt haben. Das ist uns ganz wichtig. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Eder: Sie machen mehr Schulden!) Aber bitte, das haben Sie auch gehabt. (Abg. Mag. Firlinger: Aber nicht so, wie Sie mit Ihrem Konzept: ein Stückerl da, ein Stückerl da!) Wir haben von 28 auf 37 Milliarden Schilling insgesamt aufgestockt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder. ) Ich habe jetzt zu wenig Zeit, Kollege Eder. Liebend gern nachher.

Dies wird in Österreich vielen Menschen mehr Beschäftigung geben, und es werden viele Bauprojekte verwirklicht werden. Daher ist es ein wesentlicher Fortschritt, den wir im Infrastrukturbereich erreicht haben. Jedes Jahr mit einer freiheitlichen Verkehrsministerin ist ein gewonnenes


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Jahr, Herr Kollege Eder! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Martin Graf: So einfach ist das! Echt Frauen-Power!)

21.27

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete Sophie Bauer ist die nächste Rednerin. – Bitte.

21.27

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Da wir heute über das Budget 2002 diskutieren, wäre es wichtig gewesen, dass im Budgetbericht 2001 die Verkaufserlöse aus den Privatisierungsmaßnahmen der ÖIAG, die bis jetzt vorgenommen wurden, nämlich die Erlöse aus dem Verkauf der Anteilsrechte der P.S.K., der Anteilsrechte der Telekom Austria AG, der Anteile an der Flughafen Wien AG und der 100 Prozent Anteile der Österreichischen Staatsdruckerei, einzeln ausgewiesen worden wären, um den Effekt der einzelnen Maßnahmen feststellen zu können. Da dies nicht der Fall ist, Frau Bundesministerin, stellt sich die Frage, warum die vier Posten, die ich soeben angeführt habe, nicht einzeln aufgelistet wurden.

Liegt das vielleicht daran, dass man mit der Telekom-Aktie doch etwas voreilig an die Börse gegangen ist? (Abg. Zweytick: Zu Spät! Viel zu spät!) Am 21. November des Vorjahres war die Telekom-Aktie das erste Mal erhältlich, und zwar zu einem Ausgabekurs von 9 j . Ende Jänner ist dieser Kurs sogar auf den erschütternden Tiefstand von 5,86 j gefallen. Meine Damen und Herren, sogar der Telekom-Austria-Chef Heinz Sundt war über diesen Absturz der Aktie entsetzt. Sundt meinte, dass in einem Zeitraum von fünf weiteren Jahren 5 000 Mitarbeiter zusätzlich freigesetzt werden. Ein Großteil des Personalabbaues soll sich in den Jahren 2001 und 2002 abspielen, und 1 000 Mitarbeiter wurden bereits im letzten Jahr freigesetzt.

Finanzminister Grasser sah damals in der Privatisierung ein positives Instrument für die Mitarbeiter und den Arbeitsmarkt. Er versicherte, kein Arbeitnehmer müsste Angst haben um seinen Job. Die Wahrheit ist, dass 1 000 Mitarbeiter bereits gekündigt wurden. Das ist die Politik, die Sie auf dem Rücken der Schwächsten und jener, die Angst um ihren Job haben, betreiben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Aber Klima hat einen Posten erhalten!)  – Das können Sie sich schenken. Sie werden immer andere dafür schuldig machen, nur nicht sich selbst. (Abg. Mag. Firlinger: Klima hat die ganze Zeit keine Modernisierung zugelassen!)

Frau Bundesministerin! Bei der Vergabe der Budgetmittel sollten Sie mit dem Maßstab der Gleichbehandlung agieren. Warum sage ich das? – Kärnten hat ohne Dotierung zirka 120 Millionen Schilling für Programme bekommen. Woher beziehungsweise aus welchem Budgetposten kommen diese 120 Millionen Schilling außerhalb der bereits bestehenden Programme für das Bundesland Kärnten? Frau Bundesministerin! Werden die anderen acht Bundesländer auch diese 120 Millionen bekommen? War das überhaupt mit den anderen Bundesländern abgestimmt? Wie werden Sie die anderen Landeshauptleute behandeln (Abg. Böhacker: Das ist aber keine Fragestunde heute!), wenn sie ebenso gute Konzepte vorlegen? Forschung und Entwicklung ist nämlich für jedes Projekt wichtig.

Frau Bundesministerin! Es müsste für Sie eigentlich klar sein, dass solche Vorgangsweisen ein Ausspielen der einzelnen Bundesländer mit sich bringen. Auf meine schriftliche Anfrage bezüglich dieser 120 Millionen Schilling haben Sie nur eine ausweichende Antwort gegeben. Ich ersuche Sie, mir heute dazu eine klärende Antwort zu geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Das ist ja keine Fragestunde! – Abg. Sophie Bauer  – auf dem Weg zu ihrem Sitzplatz –: Ja, aber Antwort gab es keine! – Abg. Mag. Schweitzer: Die Fragestunde kommt erst!)

21.31

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete Mag. Mikl-Leitner ist die nächste Rednerin. – Bitte.

21.32

Abgeordnete Mag. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Wir haben heute schon sehr viel von Investitionen gesprochen. Entscheidend ist


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vor allem die Prioritätensetzung. Wir haben heute schon vom Bereich Bildung gesprochen, jetzt sprechen wir vom Bereich Forschung, Technologie und Entwicklung, denn wir alle wissen, dass gerade diese Bereiche Garant sind für eine zukunftsträchtige Arbeitsmarktpolitik und für eine zukunftsträchtige Standortpolitik.

Ich darf daran erinnern, dass wir bereits im Vorjahr mit einer intensiven Forschungs- und Entwicklungsoffensive begonnen haben – Stichwort: 7 Milliarden Schilling –, ich darf daran erinnern, dass für diese Entscheidungen vor allem der Rat für Forschung und Technologieentwicklung ganz, ganz wichtig ist. Dieser Rat hat vergangenen Dienstag wieder einmal getagt, und es ist eine Empfehlung ergangen, weitere 1,3 Milliarden Schilling zu investieren.

Wir wissen, dass gerade diese Technologieoffensive, diese Forschungs- und Entwicklungsoffensive auch die Wirtschaft motiviert hat, initiativ zu werden. Ich darf hier ein ganz zentrales, wichtiges Projekt nennen, das nicht nur für Niederösterreich, sondern vor allem auch für Österreich von entscheidender Bedeutung ist: das Großforschungsprojekt "Austron". Hier muss so rasch wie möglich die ganze Vorbereitungsarbeit vorangetrieben werden, denn viele Experten sagen, dass dies für lange Zeit die letzte Möglichkeit ist, ein Forschungsprojekt in dieser Dimension nach Österreich zu bekommen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

21.33

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte jetzt auch ganz gerne über diese Technologie-Milliarde oder -Milliarden mit Ihnen reden, und zwar im Zusammenhang mit der Vorstellung des Kanzlers und seiner Vizekanzlerin über die Universitätsreform und die Technologieoffensive.

Sie werden sich daran erinnern, dass damals einer der Kronzeugen dieses Projekts einer Vorstellung "Aufbruch in die Zukunft", Hutschenreiter vom Wifo, eine ökonometrische Studie vorgelegt hat, deren Sukkus letztlich nichts anderes war, als zu sagen: Diese 7 Milliarden sind erfreulich, man bedankt sich auch höflich dafür, aber sie würden bei weitem nicht ausreichen, um das Break der Bundesregierung zu schaffen, im Jahre 2002 auf 2 Prozent und im Jahre 2005 auf diese ominösen – oder sagen wir großartigen statt ominösen – 2,5 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung zu kommen.

Die Rechnung ist relativ einfach. Das BIP beträgt zirka 2 300 Milliarden Schilling. Wie viel ein Prozent davon ist, lässt sich leicht ausrechnen, das sind nämlich 23 Milliarden Schilling. Aber durch eine einmalige Investition erreicht man das nicht. Man erreicht es zwar für ein Jahr, aber nicht bis zum Jahr 2005. Das heißt, 23 Milliarden würden jährlich investiert werden müssen, um dieses Ziel der Bundesregierung zu erreichen. Fairerweise muss man das natürlich durch zwei dividieren, denn man erwartet sich von der Wirtschaft ja auch etwas, oder sogar durch mehr als zwei, denn der Anteil der Wirtschaft an diesem Forschungs- und Technologieprodukt am BIP ist ja, verglichen mit anderen Industrienationen, eher spärlich.

Jetzt fehlen laut Gernot Hutschenreiter 70 Milliarden Schilling, und da erlaube ich mir schon die Frage: Ist es so schwierig festzustellen, dass 7 Milliarden ein Zehntel davon sind? Und ist es – auch wenn das Budget schwer zu lesen ist, da sich Ihre Ausgaben für Forschung und Technologie letztlich auf drei Ressorts erstrecken – so schwer zu verstehen, dass man mit diesen 7 Milliarden nicht das Auslangen finden kann, oder rechnet man an und für sich damit, dass niemand diese Modellrechnung von Hutschenreiter nachvollzieht oder ihn niemand gehört hat?

Jetzt würde ich schon gerne wissen: Was stellt sich Grasser vor? Ich meine, Sie werden nicht jeden seiner Träume erahnen oder seine Vorstellungen auch nicht kennen, aber Sie müssen ja Vorstellungen haben, wie Sie Vorwürfen begegnen, wenn man Ihnen – wahrscheinlich dann zu Unrecht – vorhält, budgetär zu wenig zu tun. (Beifall bei den Grünen.)


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Es ist natürlich weiterhin, auch wenn die Regierungsparteien immer das Gegenteil behaupten, nicht erfreulich – das sagen alle Expertinnen und Experten –, dass sich diese Agenden nunmehr auf drei Ressorts aufteilen. Das bringt Schwierigkeiten. Sie haben uns gesagt, Sie werden sich bemühen, hier möglichst gute Akkordierungen zwischen den drei Ressorts vorzunehmen. Letztlich ist – und wiederum, das gebe ich gerne zu, müssen nicht hauptsächlich Sie die Schuld daran tragen – hier nur relativ Vages versprochen worden, richtig handfest Greifbares außer den Zuwendungen für FWF, außer Doppler-Labor-Unterstützungen, K-ind- und K-plus-Projekten ist nicht vorhanden. Zudem sind alle Zusagen immer mit dem nicht uninteressanten Beisatz "im Falle der budgetären Bedeckbarkeit", "vorausgesetzt, dass Einsparungen in anderen Bereichen gemacht werden können" verknüpft. Also Offensiven, die so viele Voraussetzungen brauchen, von denen man weiß, dass sich nur ein Bruchteil erfüllen wird, stehen auf schwachen Beinen und damit auch Kanzler und Vizekanzlerin, die es beide versprochen haben.

Ich halte es auch für eine irreführende Darstellung im Budget, wenn in Tabelle 24 und 25, glaube ich, diese 7 Milliarden Schilling für das Jahr 2001 verbucht werden und eigentlich überhaupt nicht aufscheint – und das verleitet dann zu Denkfehlern oder zu nicht angebrachtem Optimismus –, dass diese 7 Milliarden Schilling im Prinzip bis 2003 zu rechnen sind. Das macht nämlich schon einen Unterschied: Wenn ich im Budget ein Plus von – na toll! – 7 Milliarden sehe, so macht das im Anstieg Erkleckliches aus, wenn ich das dann aber durch drei dividiere, dann kommt natürlich beträchtlich weniger heraus. Ich würde also bitten, auch die Lesbarkeit des Budgets bei Herrn Minister Grasser einzuklagen, auch wenn er wahrscheinlich mehr Freude hat, wenn man das Budget nicht lesen kann und nicht versteht. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Ein wichtiger Punkt ist natürlich auch: Wie werden diese 7 Milliarden Schilling ausgegeben? Die Bundesregierung hat dazu diesen Rat für Forschung und Technologieentwicklung installiert. Im Prinzip kann man dagegen nicht ungeheuer viel einwenden, aber erlaubt ist es schon, ihn mit etwas Skepsis zu betrachten. Das Parlament sollte wissen, dass dieser Rat natürlich Empfehlungen für Mittelverteilungen aussprechen wird, wobei Sie und andere – vermutlich aber eher aus psychologischen oder politischen Gründen – gut beraten sein werden, diesem Rat zu folgen. Wozu haben Sie ihn denn sonst? Mit anderen Worten: Dieser Rat führt über diese Summen einiges an Entscheidungen am Parlament vorbei. Darüber sollte man sich auch klar werden. Das Parlament hat da nicht mehr die Hand drauf.

Jetzt lese ich hier K-ind und K-plus – bei Doppler hätte ich wenige Bedenken ... (Abg. Dr. Martin Graf: Kollege Grünewald, so wie bisher!) So wie bisher. Aber Sie wollen ja alles besser machen! "So wie bisher" sollte Sie nicht zufrieden stellen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Nein, die Entscheidung!) Auch bei der Entscheidung sollte "so wie bisher" gerade für Sie keine Ausrede sein.

Wenn ich mir vergegenwärtige, was ich in Konferenzen – das waren sehr freundliche Einladungen, die ich bekommen habe – des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, wo auch Sie anwesend waren, gehört habe, dann erfüllt mich nicht alles mit grenzenlosem Optimismus. Nur so eine kleine Anekdote: Natürlich waren da honorige Industriekapitäne und Manager eingeladen, wenige von den Universitäten waren da – das kann vielleicht sogar die Schuld der Universität sein –, und dort spricht mich einer an und sagt, er geht jetzt zu einem Weltmeister. Ich habe mir gedacht, das hängt jetzt sicher mit Forschung zusammen, und ich frage dann nach. Er sagt: Nein, es ist ein römischer Koch da, deshalb freut er sich schon so auf das Abendessen.

Das waren so die Debatten im Rat für Forschung und Technologieentwicklung, und da muss ich sagen, in dieser Gesellschaft fühle ich mich auch, selbst wenn es ein gutes ... (Abg. Dr. Martin Graf: Das ist billig!) Nein, das ist nicht widerlich. (Abg. Dr. Martin Graf: Billig!) Ich sage nicht, dass jeder zu einem Weltmeister des römischen Essens gegangen ist, aber es ist nicht jeder, der dort ist, so an Forschung interessiert, dass ich mir die Erfüllung all dessen erwarte, was sich Universitäten und die Republik, wenn Sie so wollen, erwarten sollten und möchten.

Das heißt, man muss, glaube ich, wirklich präzise unterscheiden: Was nennt sich Förderung der angewandten Forschung und was ist reine Wirtschaftsförderung? Wenn man hier nicht zwi


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schen einer Verstaatlichung des Risikos und der Privatisierung von Gewinnen differenziert und wenn man meint, man kauft einem Betrieb einen Computer und vielleicht noch ein Ultraschallgerät, wenn also sozusagen nur der Verschub vom Stand des gegenwärtigen Wissens in die Technik und die Wirtschaft erfolgt, so ist das keine Forschungsförderung. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bitte wirklich – ich traue Ihnen das auch zu –, darauf Bedacht zu nehmen und in einen Dialog mit den Universitäten einzutreten. Sie könnten hier – jetzt rede ich im Konjunktiv – Verbündete finden, über die Sie in Zukunft sicher froh sein könnten. (Beifall bei den Grünen.)

21.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. – Bitte.

21.42

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte in meinem Debattenbeitrag ein paar Worte über den Ausbau der Schieneninfrastruktur sprechen. Sie wissen ja, dass die Finanzierung der Schienen über die SchIG geregelt wird, und der Finanzierungsrahmen der SchIG beträgt 143 Milliarden Schilling. Nun ist dieser Rahmen mit bereits genehmigten Übertragungsverordnungen im Wesentlichen ausgenützt. Wenn die genehmigten Bauprojekte, die anstehen, Zug um Zug ausgeführt werden, so ist dieser Finanzierungsrahmen bis zum Jahr 2007 oder 2008 voll ausgenützt.

Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es unumgänglich, einerseits für die bereits vorhandenen Projekte eine neuerliche Prioritätenreihung vorzunehmen und andererseits ein klares Bekenntnis für neue Finanzierungsformen abzugeben, damit in Zukunft der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur auch unter dem Gesichtspunkt der Osterweiterung vorangetrieben werden kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bundesminister! Viele Fachleute und Experten sind sich einig, dass die Westbahn forciert werden soll, und ich möchte insbesondere auf das Teilstück von Wien über das Tullnerfeld nach St. Pölten hinweisen. Die Kosten betragen rund 15 Milliarden Schilling. (Abg. Dr. Khol: Er ist der Bürgermeister von Neulengbach!) Da mittlerweile für den ersten Bauabschnitt auch die Bewilligungen vorliegen, würde ich bitten, dass innerhalb kürzester Zeit mit dem Bau begonnen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Das war der Schlussapplaus!) Die Problematik liegt natürlich darin, dass gerade in diesem Bereich noch keine Übertragungsverordnung vorliegt.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich denke, dass auf Grund des neuen Generalverkehrsplanes auch dort die Weichen richtig gestellt werden und der Ausbau dieses Teilstückes in Bälde begonnen werden wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.44

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete Binder ist die nächste Rednerin. – Bitte.

21.45

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich dem Thema Verkehrssicherheit widmen. Die Bilanz des Jahres 2000 zeigt einen Rückgang der Zahl der Toten bei Verkehrsunfällen um minus 10 Prozent im Vergleichszeitraum 1999/2000. Insgesamt ist feststellbar, dass im Jahre 2000 rund 42 000 Verkehrsunfälle mit Personenschaden passiert sind, und es gab 55 000 Verletzte.

Es zeigt sich aber auch, meine Damen und Herren, dass in der vergangenen Zeit eine Fülle von Verkehrssicherheitsmaßnahmen umgesetzt wurden, die auch ihre Wirkung gezeigt haben, wie zum Beispiel die Einführung der Tempolimits von 100 beziehungsweise 130 Kilometern pro Stunde, die Einführung der Gurten- und Helmpflicht, die Herabsetzung der Promillegrenze, der Einsatz von Alkomaten, der Einsatz von Lasergeräten für Geschwindigkeitsmessungen.

Nach wie vor ist die Hauptunfallursache die nicht angepasste Geschwindigkeit. Der prozentuelle Anteil beträgt 36,3 Prozent. Andere Ursachen sind zum Beispiel mit einem Anteil von 11,8 Pro


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zent Vorrangverletzungen, mit 10,5 Prozent Überholmanöver, mit 5,5 Prozent die Problematik Alkohol, mit 5,2 Prozent die Fälle von Übermüdung, mit 4,4 Prozent das Fehlverhalten der Fußgänger.

Die Zahlen und Fakten, meine Damen und Herren, schreien förmlich nach einem umfassenden Verkehrssicherheitsprogramm. Frau Ministerin, wir warten darauf, vor allen Dingen warten wir auf ein nationales Verkehrssicherheitskonzept. Innerhalb der EU wird ja ein Zehnjahresprogramm zur Hebung der Verkehrssicherheit auf Ebene der Mitgliedstaaten mit konkreten Zielen umgesetzt, ich denke aber, die Basis für Österreich muss ein nationales Programm sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Ziel, meine Damen und Herren, ist es, zum einen keine Verkehrstoten mehr und zum anderen weniger Unfälle im Straßenverkehr zu haben. Das Recht auf Gesundheit und Leben muss auch für Verkehrsteilnehmer Gültigkeit haben.

Wodurch kann dieses Ziel erreicht werden? – Es gibt eine Fülle von Vorschlägen wie zum Beispiel Bewusstseinswandel in Richtung partnerschaftliches Miteinander, dadurch Verhaltensänderung, Hebung der Eigenverantwortung, Akzeptanz der Regeln durch die Verkehrsteilnehmer, Schwerpunkte bei der Verkehrsüberwachung und Verkehrskontrolle, das heißt punktgenaue Kontrollen und nicht Schikanen, verkehrsorganisatorische und straßenbauliche Maßnahmen, bessere und umfangreichere LenkerInnenausbildung und unter anderem auch Entschärfung von Unfallhäufigkeitspunkten.

Vorschläge und Ideen liegen tatsächlich umfassend und ausführlich auf dem Tisch, was fehlt, sind die Umsetzung und die Durchführung. Ich denke, es ist an der Zeit, denn – da schließe ich mich den Aussagen von Dr. Othmar Thann vom Kuratorium für Verkehrssicherheit an, der meint –: Jedes gerettete Menschenleben zählt! (Beifall bei der SPÖ.)

Sicherheit, meine Damen und Herren, hat Vorrang, und das gilt auch für die Eisenbahn. Da kann ich mich Frau Kollegin Haidlmayr anschließen und jeden Punkt, den sie angeführt hat, unterstreichen. Sie ist wahrlich eine Kennerin der Situation der österreichischen Eisenbahnen. Ich könnte noch viele Ergänzungen anbringen. Ich denke, Frau Ministerin, zuständig für den Personenverkehr ist Herr Vorstandsdirektor Stindl. Ich würde ihn einmal ganz ernsthaft ins Gebet nehmen.

Zum Bahnhof St. Valentin kann ich nur feststellen: Ein kleiner Teil des Ausbaus wird weiterhin fortgesetzt. Was den Stopp von Schnellverbindungen, von ICs betrifft, so werde ich hoffentlich in Frau Kollegin Haidlmayr eine Verbündete finden, wenn es darum geht, die Anknüpfung der Steyrer Bahn und der Donauuferbahn an die Westbahn auch weiterhin zu gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein wesentlicher Punkt zum Thema Sicherheit ist natürlich auch die Sicherheits- und Qualitätsgewährleistung bei der Eisenbahn, und ich hoffe, die Entscheidungen, die Sie demnächst treffen werden, werden auch bei der Bahn in diesem Zusammenhang im Vordergrund sein.

Zuallerletzt noch eine Frage, auch wenn keine Fragestunde ist: Was gibt es Neues bei den Nebenbahnen, Frau Ministerin? Als Vertreterin Niederösterreichs interessiert mich das natürlich besonders, denn durch die Schließung und Einstellung der Nebenbahnen wären die verkehrsmäßige Zukunft, die Erreichbarkeit, Arbeitsplätze und Wohlstand vor allen Dingen in den ländlichen Regionen massiv bedroht, und das sind wahrlich keine Zukunftsperspektiven, die optimistisch stimmen.

Frau Ministerin! Treffen Sie Ihre Entscheidungen! Werden Sie aktiv! Wenn Ihnen das Wohl und die Zufriedenheit der Menschen wirklich am Herzen liegen: Bitte, in deren Sinne!

21.50

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Fink ist der nächste Redner. – Bitte.

21.50

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Organisationsvertreter Edler ist leider


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nicht im Raum. Er weiß ganz genau, dass diese Ministerien in den letzten 30 Jahren von sozialistischen Verkehrsministern geführt wurden und dass in dieser Zeit rund 700 Milliarden Schilling an Staatszuschüssen gegeben wurden. (Abg. Haigermoser: Wie viel?) Ungefähr 700 Milliarden, es könnten auch ein bisschen mehr sein, es könnten auch an die 800 Milliarden sein.

Da müsste man sich fragen: Was haben Sie daraus gemacht? Ich glaube, nichts. Null haben Sie daraus gemacht. Aber ich glaube, es ist trotzdem falsch, was ich jetzt sage. Dass Sie nichts daraus gemacht haben, wird nicht richtig sein, denn Sie haben mehr Schulden daraus gemacht, wie das eben die Politik der Sozialisten ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Leute von der linken Reichshälfte! (Abg. Schwemlein: Mit Reichen wollen wir nichts zu tun haben!) Sie können niemandem vorwerfen, dass die entscheidende Modernisierung von anderen verhindert wurde. Sie wurde nämlich nur von Ihnen verhindert. In Österreich ist nichts geschehen im Bahnbereich. Ich glaube, dass es die Unfähigkeit der Verantwortlichen in der Regierung und selbstverständlich auch in der Gewerkschaft war (Abg. Neudeck: Vor allem in der Gewerkschaft!), die eine rechtzeitige Modernisierung verhindert hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Freunde von der Gewerkschaft! Das ist leider die Wahrheit. Jahrelange Versäumnisse in den ÖBB haben die ÖBB ins Eck gestellt. (Abg. Dr. Khol: Ein guter Satz!) Unsachliche Polemik sozialistischer Gewerkschaftsfunktionäre kann die Versäumnisse nicht verdecken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.53

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Dobnigg ist der nächste Redner. – Bitte.

21.53

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich in meinen heutigen Ausführungen mit einem Thema auseinander setzen, anhand dessen es sich aufs Neue zeigt, was sich hinter dem von dieser Bundesregierung geprägten Motto "Österreich neu regieren" verbirgt.

"Österreich neu regieren" bedeutet für Sie den Ausverkauf erfolgreicher österreichischer Industriebetriebe, damit verbunden den Verlust österreichischer Industriekerne und somit den Transfer von wichtigem Know-how ins Ausland. Und das mit einer Geschwindigkeit – speed, so heißt das Wort; es wird sicherlich das Negativwort des Jahres 2001 sein (Abg. Haigermoser: Nein, das ist "SPÖ"!) – , die atemberaubend ist, sodass nicht auf sinnvolle und durchdachte Verkäufe gewartet, sondern im Eilzugstempo heimisches Familiensilber zu Diskontpreisen verscherbelt wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Meinen Sie "Euroteam"? – Abg. Neudeck: "Konsum"!)

Man braucht sich nur den total missglückten Verkauf der Staatsanteile an der Telekom anzuschauen oder etwa das Desaster rund um die Versteigerung der UMTS-Lizenzen. Ihre Devise ist es, mit großer Geschwindigkeit über die Österreicherinnen und Österreicher drüberzufahren und dabei sozusagen im Vorbeigehen Arbeitsplätze zu killen. (Abg. Neudeck: Sind Sie jetzt wieder bei der Eisenbahn?) Nein.

Diese Methode wenden Sie offenbar nun auch bei der Hals-über-Kopf-Privatisierung der Beteiligung der GBI an. Diese Gesellschaft des Bundes für industriepolitische Maßnahmen wurde im Jahre 1983 gegründet, um pleitegefährdete Unternehmen zu übernehmen, zu sanieren und später wieder abzugeben. (Abg. Neudeck: Seit Sie nicht mehr in der Regierung sind, gibt es keine Pleiten mehr!)

Das Ziel der GBI ist es, überall dort, wo die Existenz eines Betriebes für die regionale Wirtschaft besondere Bedeutung hat, die Arbeitsplätze und damit in Verbindung die regionale Kaufkraft zu sichern. Wenn man sich das Aufgabengebiet der GBI ansieht, stellt man fest, es ist dies eine überaus sinnvolle Einrichtung der öffentlichen Hand. Noch dazu agiert sie überaus erfolgreich. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Wir machen gesunde Wirtschaftspolitik, wir brauchen das nicht! – Abg. Haigermoser: Zu welchem Drittel der Sozialdemokratie gehören Sie da?)


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So ist es laut einer Untersuchung der GBI im Jahr 1999 gelungen, rund 3 200 Industriearbeitsplätze zu erhalten und rund 600 Millionen Schilling an regionaler Kaufkraft zu sichern. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Da war das noch notwendig, da waren Sie noch an der Regierung!) Also gut, da gab es eine Koalition zwischen SPÖ und ÖVP.

Auch in meiner Heimatregion, der Obersteiermark, konnte man hautnah miterleben, wie wichtig die GBI als regionalpolitisches Instrument ist. So wurden zahlreiche in Gefahr befindliche Betriebe saniert, wodurch rund 800 Arbeitsplätze, davon 400 für Frauen, gerettet werden konnten. (Abg. Haigermoser: Wo war das?)

Den Privatisierungsideologen in der Koalition, auch Freundeskreis Prinzhorn genannt, passt diese Erfolgsgeschichte offenbar nicht ins Konzept, und so haben Sie, Frau Bundesministerin, anscheinend wieder auf diese freundliche Beratungsgruppe hörend, beschlossen, alle Beteiligungen an der GBI rasch zu verkaufen, wohl wissend, dass zwei der drei von der GBI gehaltenen Beteiligungen, nämlich die ATB Antriebstechnik und die Ergee Textilgruppe, noch gar nicht so weit saniert sind, um sofort verkauft werden zu können. Auch von Expertenseite wird der jetzige Zeitpunkt als äußerst ungünstig beschrieben.

Beim geplanten Verkauf der dritten Beteiligung, nämlich der Beteiligung an der Firma Assmann Ladenbau, besteht die Gefahr, dass eine aktuell bekannte Anbietergruppe nur am Know-how Interesse zeigt und deshalb der Standort und somit auch die Arbeitsplätze vor Ort in akuter Gefahr sind. (Abg. Zweytick: Warum?)

Nichts spricht also für einen überstürzten Verkauf der GBI-Beteiligung. Zum einen bringen Verkäufe unter Zeitdruck erhebliche Mindererlöse, zum anderen wären wieder einmal Hunderte Arbeitsplätze in Gefahr. Auch wir sind für einen zeitgerechten Verkauf der sanierten Unternehmen. Die Erlöse daraus sollten aber nicht dem Säckel des Finanzministers, sondern der Förderung von Technologie und Innovation zugute kommen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Wie war das mit dem "Konsum"?)

Es stellt sich in diesem Zusammenhang aber auch die Frage, warum eine so erfolgreiche öffentliche Einrichtung, wie es die GBI nun einmal ist, zerschlagen werden soll, was nach dem Verkauf aller Beteiligungen mit ihr geschehen wird. Was passiert mit den vorhandenen gut funktionierenden Strukturen und dem bestens qualifizierten Personal? Ebenso stellt sich die Frage, wer in Zukunft wirtschaftlich in Bedrängnis geratene Unternehmen auffangen soll und somit regionalpolitisch und arbeitsplatzerhaltend eingreifen wird. – All das sind Fragen, auf die es meiner Meinung nach nur eine Antwort gibt: den Erhalt der GBI als erfolgreiche Sanierungsholding sicherzustellen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Was heißt GBI, Kollege? Was heißt GBI?)

Die Politik hat doch auch die Aufgabe, ländliche Räume und strukturschwache Regionen entsprechend zu unterstützen, um den Gefahren der Arbeitslosigkeit und Abwanderung entgegenzuwirken. Zum kurzfristigen Stopfen von Budgetlöchern dürfen nicht Unternehmen verschleudert und Arbeitsplätze gefährdet werden. (Abg. Haigermoser: Wo gefährdet man denn Arbeitsplätze?)

Hohes Haus! Werte Damen und Herren der Regierungsparteien! Frau Bundesministerin! Es ist noch nicht zu spät, hier umzudenken. Nehmen Sie die Chance wahr und erhalten Sie mit der GBI eine sinnvolle wirtschaftspolitische Lenkungseinheit! Verschleudern Sie nicht gut florierende österreichische Unternehmen, sondern sorgen Sie für eine zukunftsorientierte österreichische Standort-, Wirtschafts- und Industriepolitik! (Beifall bei der SPÖ.)

Einige regionale Probleme liegen mir, Frau Bundesministerin, noch sehr am Herzen, heißt es doch von Seiten der Regierungsfraktionen in den letzten Tagen, sie wollen Politik mit Herz für die Menschen machen. Wenn das stimmt, so erhalten Sie die Bahnstrecke Leoben–Vordernberg für den Personenverkehr, forcieren Sie den von Ihrem Vorgänger bereits zugesagten Bahnhofsumbau und -ausbau in Leoben, und machen Sie auch den baldigen Spatenstich für die Straßenumfahrung von Vordernberg! Auch die Menschen der Obersteiermark haben ein Recht


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auf eine funktionierende Infrastruktur und eine entsprechende Lebensqualität. Machen Sie also eine Politik mit Herz und nicht eine Politik mit Schmerz! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Perestroika, Towarischtsch!)

22.00

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler ist der nächste Redner. – Bitte.

22.00

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! (Rufe bei den Freiheitlichen – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: "Eurolim" spricht!) Ich möchte lediglich drei Feststellungen zur heutigen Budgetdebatte anbringen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Erste Feststellung: Allen Reden von Oppositionspolitikern entnehme ich, dass noch immer die Quantität der Ausgaben fälschlicherweise als Qualitätskriterium beurteilt wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Marxismus!)

Zweite Feststellung: Es wird von den Oppositionspolitikern das letzte Jahr als "vergebenes" Jahr (Abg. Eder: Verloren!), als "verlorenes Jahr" bezeichnet. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.) Ich kann Sie eines Besseren belehren. Erst seit die neue Regierung am Werk ist, gibt es beispielsweise in Oberösterreich Regelkreise, die in der Lage sind, den Nahverkehr zwischen Bahn und Post zu koordinieren, und mit denen auch Zieldefinitionen eingeführt werden, um zu garantieren, dass nicht Investitionen tatsächlich umsonst getätigt werden. Das findet im Übrigen unter Einbindung von Gemeinden statt.

Dritte Bemerkung: Selbst der Einsatz von Mitteln in Höhe von 700 bis 800 Milliarden Schilling konnte unter sozialistischer Regierungspolitik und Verkehrspolitik nicht dazu führen, dass das Verhältnis zwischen Straße und Schiene wesentlich besser als 3  :  1 geworden wäre. (Abg. Schwemlein: O ja!) Das heißt, es ist auch mit höchstem Mitteleinsatz nicht gelungen, die Schiene tatsächlich attraktiv zu machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Meisterhafte Rede!)

22.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Plank. Sie hat das Wort.

22.02

Abgeordnete Mag. Brunhilde Plank (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kollegen und Kolleginnen! Frau Bundesministerin, ich teile noch immer nicht Ihre Ansicht, dass sich jeder Landeshauptmann sein gewünschtes Infrastrukturpaket bei Ihnen abholen kann. Dass der Kärntner Landeshauptmann dies tun konnte, überzeugt mich nicht.

Faktum ist, jetzt hat ein bislang bekennender Südbahn-Gegner von Ihnen höchste Kompetenzen für den Bundesverkehrswegeplan bekommen. "Forstinger befördert einen Bekämpfer der Südbahn", schreibt dazu die "Kleine Zeitung". Das heißt, meine damals geäußerten Bedenken, die Koralmbahn könnte eine Sackgasse werden, könnten schneller als damals befürchtet Wirklichkeit werden. Milliarden gelangen in ein unsicheres Projekt, Milliarden, Frau Ministerin, die woanders dringend fehlen, zum Beispiel bei der Bahnhofsoffensive. Sie sagten mir, Sie kennen auch desolate Bahnhöfe, so wie wir alle. (Zwischenruf des Abg. Großruck. )

Frau Ministerin, tun Sie etwas dagegen! Sie sind die Bundesministerin, und Sie tragen die Verantwortung dafür! Wenn Sie vorgesehene Mittel für die längst fällige Bahnhofsoffensive streichen und einfrieren (Abg. Böhacker: Das sind alles Tendenzen ...!), dann ist damit nur Schaden angerichtet und sonst gar nichts! (Beifall bei der SPÖ.)

Bis jetzt haben Sie als Verkehrsministerin eingestellt, eingespart und aufgeschoben. Sie machen keine Schienenpolitik, und das ist verfehlte Schienenpolitik. Legen Sie endlich ein Gesamtkonzept vor, Frau Bundesministerin! (Abg. Böhacker: Erst wird einmal strukturiert!) Sie diskutieren ständig Einzelprojekte. Das gefährdet aber die Entwicklung der Bahn und damit die Ver


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sorgung der Österreicherinnen und Österreicher. Es gefährdet auch Arbeitsplätze, und Sie wissen das. (Abg. Haigermoser: Erzählen Sie uns was von der 30-jährigen sozialistischen Verkehrspolitik!)

Ein böses Lied von ähnlichen Situationen, von politischem Versagen können Tausende Telekom-MitarbeiterInnen bereits singen. Das war heute schon ein Thema. Ich lese Ihnen den Beginn des Kündigungsbriefes an einen Telekom-Mitarbeiter vor:

Graz, 29. Jänner 2001. – Sehr geehrter Herr! Die Einheit Regionalleitung Technik Graz und damit Ihre Dienststelle wird mit 1. Februar – zwei Tage später! – neu strukturiert. Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass auf Grund dieser Organisationsänderung Ihr bisheriger Arbeitsplatz aufgelassen wird und Sie von Ihrer bisherigen Verwendung abberufen werden. Im Hinblick auf die vorzunehmende Neustrukturierung des Unternehmens kann Ihnen eine neue Verwendung derzeit nicht zugewiesen werden.

Frau Ministerin! Können Sie sich vorstellen, wie es einem Menschen geht, der 20 oder 30 Jahre lang in der Telekom Austria gearbeitet hat und von einem Tag auf den anderen so auf die Straße gestellt wird? Können Sie sich das vorstellen? – Ich kann das nicht wirklich, aber es muss eine schreckliche Situation sein. Sie haben Mitverantwortung, nämlich politische Mitverantwortung! (Abg. Neudeck: Das habt ihr 30 Jahre gemacht! Da war es euch Wurscht!)

Wenn ich jetzt lese, dass noch dazu die Gewinnwarnung angeblich falsch war, wenn ich jetzt die neuen Zahlen anschaue, die heute publiziert worden sind, dann gebe ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Telekom in ihren Befürchtungen Recht, die besagen, dass die Telekom systematisch zerstört und zerschlagen werden soll, damit sie noch billiger ans Ausland verscherbelt werden kann. (Abg. Neudeck: Seit Sie nicht mehr an der Macht sind, sind Sie sensibel!) Ich glaube, diese MitarbeiterInnen haben tatsächlich Recht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Wie viele Arbeitsplätze haben Sie im "Konsum" "geschaffen"?)

Die Fehler begannen schon früher, es begann mit der Versteigerung der UMTS-Lizenzen. Ein gewisser Herr Prinzhorn erwartete 40 Milliarden Schilling an Erlös. Es war dann um vieles weniger, weil es viel zu spät dazu kam. (Abg. Neudeck: Wer hätte es früher machen sollen?) Man hätte bei einer besseren Vorbereitung viele Mittel in der Telekom lassen können (Abg. Neudeck: Wieso habt ihr es nicht rechtzeitig gemacht?)  – im Frühling war Herr Minister Schmid zuständig, das wissen Sie genau –, und Investitionen und Materialbeschaffung für die Telekom hätten vonstatten gehen können. Wir hätten nicht die Situation gehabt, die wir heute haben, dass die MitarbeiterInnen spazieren gehen, dass sie von Existenzängsten und Verzweiflung geplagt sind, aber die Telekom Austria die Kundenwünsche nicht erfüllen kann. Sie hat kein Personal, sie hat kein Material, und die Kunden laufen ihr davon. ADSL-Anschlüsse werden nicht erstellt. Sie wissen es.

Frau Ministerin! Der nächste Pfusch mit den UMTS-Lizenzen ist die Ausschreibung an sich. Die Hälfte der Österreicher müssen versorgt sein. Wissen Sie, was das für die ländlichen Regionen heißt? – Toni, jetzt kannst du zuhören, du lebst auch auf dem Land, so wie ich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck  – in Richtung des Abg. Knerzl –: Toni!)

Sie leisten der Aushungerung und dem Ausbluten von ländlichen Regionen Vorschub. Die Hälfte der ÖsterreicherInnen müssen versorgt sein. Und wo wird das sein? Wird das in den Ballungszentren sein, oder wird das auf dem Land sein? – Vermutlich in den Ballungszentren. (Abg. Böhacker: Das ist ein Horror-Szenario!) Wenn die Minister in diesem Zusammenhang von Politik für die Regionen reden (Abg. Böhacker: Seien Sie nicht so negativ!), dann glaube ich das nicht. (Abg. Böhacker: Denken Sie positiv!) Ich schaue, was diese Regierung tut, und ich merke, was dabei herauskommt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Da werden Sie aber noch schön schauen!)

UMTS-Lizenzen: "UMTS-Start droht Verzögerung ... Es ist eine untragbare Situation." – "Kurier" vom 28. März.


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Frau Ministerin! Sie stoppen laufende Prozesse, Sie nehmen Verhandlungen, die es schon gab, nicht ernst und nicht wahr, Sie lassen wertvolle Zeit verstreichen und beginnen bei der Stunde null. Das hat sich Österreich nicht verdient! Haben Sie schon mit den alternativen Handynetzbetreibern bezüglich Gebührenbefreiung verhandelt? Wo sind die Verträge? Sind sie schon da? – Sie haben auch das versäumt.

Was ist mit der asymmetrischen Regulierung im Telekom-Bereich? – Die Telekom ist längst nicht mehr Marktführer. (Abg. Neudeck: Was heißt das?) Sie ist mittlerweile durch Ihre Politik benachteiligt, und das wissen Sie. Denken Sie an die Post-Universaldienstverordnung, wie Sie damit den Regionen schaden, wie Sie uns, den Österreicherinnen und Österreichern, die auf dem Land leben, Nachteile zukommen lassen!

Frau Ministerin! Sie helfen beim Ausdünnen, Aushungern und Ausbluten! Sie sind eine Gefahr für die ländlichen Regionen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Knerzl: Wer ist denn verantwortlich für ...?)

22.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zweytick. Er hat das Wort. (Abg. Gradwohl  – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Zweytick –: Hannes, Vorsicht!)

22.08

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Große Versäumnisse der Vergangenheit wurden auch heute wieder – nahtlos, möchte ich fast sagen – von meinen vielen Vorrednern aufgedeckt. Tatsächlich hat das, was passiert ist und uns zum heutigen Status quo geführt hat, eine lange Geschichte von 30 Jahren. Aber heute einfach herzugehen und, nur auf ein Jahr zurück replizierend, für die Schuld an der ganzen Situation der Infrastruktur in Österreich nur die neue Ministerin zur Schau zu stellen, das ist sehr mager und sehr dünn, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir hatten damals im 19. Jahrhundert große Erfolge. Es ist in der ganzen Infrastrukturpolitik niemals so viel weitergegangen, wie damals in Österreich geschafft wurde. (Abg. Schwemlein: Wie alt warst du da?) Das waren Jahrhundert-Projekte! Im 20. Jahrhundert ist dann nach dem Krieg und in den letzten 30 Jahren nichts mehr gegangen. Genau da ist jetzt diese Regierung gefordert, und sie ist gewillt, im 21. Jahrhundert das nachzuholen, was versäumt wurde. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Schau einmal, da hinten, deine eigenen Leute!)

Da stehen sehr viele Dinge auf dem Plan, das ist eine Notwendigkeit und eine Verpflichtung! Es war auch sehr wichtig, Herr Kollege Dobnigg, dass seinerzeit die Politik eingegriffen hat, wenn Firmen eingegangen sind; die Gründung der GBI war damals sehr wichtig. Heute ist es ein Gewinn bringendes, erfolgreiches Unternehmen, und heute kann sich die Politik zurückziehen. Es ist sehr wichtig, dass dieses Unternehmen floriert und dass damals nicht alle Leute entlassen werden mussten, wie es in anderen Bereichen geschah. Daher sollte sich die Politik nicht mehr einmischen, was die Zukunft anlangt, sondern das Unternehmen selbst mehr Mitsprache haben.

Herr Edler – Gewerkschaftskollege Edler ist jetzt nicht mehr da! Ich möchte dem, was er gesagt hat: "Wien, Wien nur du allein", nur hinzufügen: Das allein kann es nicht sein! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gartlehner. Er hat das Wort.

22.10

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich weniger mit den Verkehrs- und Infrastrukturthemen beschäftigen als mit dem Bereich Forschung und Technologie, aber nicht deshalb, weil wir nach 30 Jahren sozialdemokratischer Politik in diesen Punkten ein schlechtes Gewissen hätten. Ich glaube, dass die Infrastruk


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turpolitik in den letzten Jahrzehnten eine sehr positive war (Abg. Dr. Khol: Ein schlechtes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen!) und dass jetzt diesbezüglich ein sehr aggressiver Kurs gefahren wird, der in diesen Betrieben an die Substanz geht. Das ist das Problem. (Abg. Böhacker: Ein schlechtes Gewissen ist ein sozialistisches Ruhekissen!)

Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Sie haben ein sehr starkes Ministerium "geerbt" – weil Sie ja noch nicht sehr lange in diesem Geschäft sind. Obgleich die Aufgaben und Funktionen der Bereiche Forschung, Innovation und Technologiepolitik bei dieser Regierungsbildung weiter als jemals zuvor auf mehrere Ministerien "zerbröselt" wurden, ist es Ihrem Vorgänger – und auch dem Herrn Finanzminister bei der Mittelzuteilung und den Verantwortlichkeiten – doch gelungen, das BMVIT zu dem Schlüsselministerium in diesem Segment zu machen. Sie haben hier eine riesige Chance, die Sie, so meine ich, in den nächsten Jahren auch nutzen sollten, weil damit nicht nur die Infrastruktur, sondern auch der Innovationsbereich, der für die zukünftige Entwicklung der Republik ganz wesentlich ist, in Ihren Händen liegt.

Was ich mir wünschen würde – ich sage es so vornehm und so fein –, ist, dass Sie diese Chance nützen, und zwar die Chance, in diesem Segment stärker als bisher politisch aktiv zu werden. Ich denke, dass die Funktion des Forschungsrates, den wir eingerichtet haben, nicht unbedingt darin bestehen kann, mehr oder weniger als Ersatz für die Bundesregierung operativ tätig zu werden, sodass alle Entscheidungen, die der Rat für Forschung und Technologiepolitik empfiehlt, sozusagen amtliche Politik werden und dann auch beschlossen werden. Ich denke, dass dieses Outsourcen der politischen Verantwortung im Innovations- und im Forschungsbereich nicht richtig ist.

Ein konkretes Beispiel dafür ist jetzt die Entscheidung des Rates, die gestern getroffen wurde – oder die letzte Empfehlung, wenn wir es präzise formulieren –, nämlich 1,3 Milliarden Schilling für den Ausbau der Kompetenzzentren bereitzustellen. Die Kompetenzzentren werden in einem Wettbewerbsverfahren ermittelt, einem sehr strengen, sehr restriktiven und bisher durchaus erfolgreichen Verfahren. Dann wird es vom Rat noch einmal evaluiert, und wenn er seinen Segen erteilt hat, gibt auch die Ministerin ein positives Zeichen, ein Signal, und der Finanzminister nimmt schließlich die Finanzierung vor. Ich denke, dass dieser Weg nicht unbedingt der optimale ist, und würde mir wünschen, dass hier stärker aktiviert wird.

Zur GBI möchte ich nur so viel sagen: Es gibt auch heute – und in der Gegenwart viel mehr als in der Vergangenheit – noch Betriebe, die ins Schwanken kommen, insbesondere Betriebe, die in ländlichen oder in nicht ganz urbanen Regionen angesiedelt und dort ein wichtiger regionaler Beschäftigungsfaktor sind. Ich denke, dass die GBI die Funktion, solche Betriebe zu sanieren und weiter zu vermarkten, auch in Zukunft haben sollte. Ich halte das für eine sehr vernünftige Einrichtung. Jedenfalls stimmt die These eines der Vorredner sicher nicht, dass die GBI nicht mehr notwendig sei, weil es keine Konkurse oder keine Konkursfälle mehr gebe. – In diesem Sinne danke ich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

22.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. Er hat das Wort.

22.15

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Bundesminister, heute wurden viele Wünsche und Anliegen an Sie herangetragen. Dem stehen die Versprechungen der früheren SPÖ-Minister Streicher, Einem und Klima gegenüber. Die Situation, alle Wünsche zu erfüllen, ist für Sie also nicht leicht. Sie werden ohne Prioritätenreihung nicht zu Rande kommen.

Als Tiroler Abgeordneter, welcher den Bürgern im Unterinntal verbunden ist und selbst dort lebt, muss ich die Unterinntaltrasse heute noch einmal einfordern. Wir hatten in den letzten Jahren enorme Verkehrszuwächse. Im Inntal ist ein Ausbau der Straße nicht mehr möglich, es gibt also keine Alternativen zum Ausbau der Bahn. Die Bürger im Inntal sind ohnedies genug belastet. Wir haben keine Chance auf der Straße, und wir haben keine Alternativen.


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Wir sollten also das viele Geld, das bisher in Projektierungen und Sondierungsarbeiten geflossen ist, nützen und eine rasche Entscheidung für die Unterinntalbahn treffen. Auch sollte es erlaubt sein, Geld, welches auf der Straße verdient wird, in die Schiene zu investieren. Als Grund dafür wird wohl zu rechtfertigen sein, dass Tirol als sensibles Gebiet gilt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Niederwieser. )

Der Ausbau der Schieneninfrastruktur entschärft die Situation. Er darf nicht an den Grenzen enden, sondern muss sich nach Europa fortsetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Er hat das Wort.

22.17

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Auch ich möchte mich wie mein Vorvorredner mit der Technologiepolitik beschäftigen. Aber vorher kann ich nicht umhin, Herr Kollege Zweytick, hier darauf hinzuweisen, dass es für die GBI auch in der Zukunft, wie schon in der Vergangenheit, Betriebe geben wird, die kein anderer übernehmen wird, auch wenn es private Unternehmen gibt, die heute derartige Betriebe, die in Konkurs geraten, aufkaufen.

Es wird auch künftig Betriebe geben, die in einer Randlage, in einer ländlichen Region angesiedelt sind, wo die Menschen keine Möglichkeit alternativer Arbeitsplätze haben und wo nur eine Einrichtung wie die GBI in der Lage ist, diese Unternehmen aufzufangen, den Menschen dort weiterhin Arbeit zu geben und zu versuchen, ein Sanierungskonzept umzusetzen. Ein Privater wird kein Interesse daran haben. Daher wird es notwendig sein, Herr Kollege Zweytick, die GBI nicht nur aus diesen Gründen, sondern auch aus vielen anderen Gründen – ich denke an die vielen Technologieparks, die unter Federführung der GBI entstanden sind – zu erhalten und nicht zu verkaufen. Es wird auch notwendig sein, die Anteile und Beteiligungen nicht zu verkaufen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Technologiepolitik: Der Herr Bundesminister für Finanzen hat hier in seiner Budgetrede von seinem Traum gesprochen. In der Technologiepolitik haben wir in den letzten zwei Jahren eine Fata Morgana erlebt. (Abg. Dr. Niederwieser: Tiefschlaf!) Sie werden fragen: Warum eine Fata Morgana? – Man braucht sich nur die Geschichte der Technologiepolitik und vor allem der Finanzierung der Technologiepolitik anzuschauen. (Abg. Dr. Pumberger: Weil Sie in der Wüste sind!) Nein, Herr Kollege, ich bin nicht in der Wüste. Dort werde ich auch nicht hinkommen – vielleicht im Unterschied zu ein paar anderen hier herinnen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Budgetrede des Finanzministers zum Budget 2001 ... (Abg. Dr. Khol: Es sind schon Hausherren gestorben, Herr Gradwohl!) Sterben müssen wir alle einmal, Herr Dr. Khol (Abg. Dr. Khol: Hausherren!), sterben müssen wir alle einmal!

In seiner Budgetrede zum Budget 2001 sprach er von 10 Milliarden Schilling. (Abg. Neudeck: Wer?)  – Der Herr Bundesminister für Finanzen! Er sprach von 10 Milliarden Schilling, die in die Technologiepolitik und damit in die Erhöhung der F&E-Quote fließen sollen. Von diesen 10 Milliarden Schilling sagte er: 10 Milliarden zusätzlich kumulativ für die kommenden drei Jahre sind vorgesehen. – Davon ausgehend wurde weiterverhandelt, und man nahm an, nein, man gab vor, die Forschungsquote in Österreich bis zum Jahre 2005 auf 2,5 Prozent zu erhöhen.

Frau Bundesministerin! In den nachfolgenden Sitzungen des Industrieausschusses, in denen diese Technologie-Milliarden ein Thema waren, kam man darauf, dass es sich nicht um 10 Milliarden Schilling für die Technologiepolitik handelt, sondern um 7 Milliarden für die Technologiepolitik und um 3 Milliarden für Verkehrs- und Infrastrukturmaßnahmen.


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Aber auch damals war noch von "jährlich" die Rede. Erst beim Budget 2001 und in den Vorbereitungen für das Jahr 2002 konnten wir in Erfahrung bringen, dass diese 7 Milliarden, die übrig geblieben sind, nicht jährlich gemeint sind. Vielmehr sind sie rücklagefähig und für die nächsten drei Jahre, also steht pro Jahr maximal ein Drittel dieser 7 Milliarden Schilling zur Verfügung. Das soll dann ausreichen, eine Forschungsquote von 2,5 Prozent zu erreichen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ich behaupte: Mitnichten! Aber nicht nur ich, sondern viel profundere Kenner der Situation – wie der heute schon angesprochene Gernot Hutschenreiter vom Wifo – gehen davon aus, dass mit diesen Geldmitteln nicht das Auslangen gefunden werden kann und dass bis 2005 keine Quote von 2,5 Prozent erreicht wird. Dafür – so führt er aus, und er geht dabei vom Jahr 2000 aus – müsste das Budget im kommenden Jahr um knapp 6 Milliarden Schilling steigen, im Jahr darauf um zusätzliche 6 Milliarden und sodann um 7,4 Milliarden. Wenn man das alles zusammenrechnet, kommt man auf mehr als 21 Milliarden, 22 Milliarden Schilling, um von der öffentlichen Hand einen entsprechenden Impuls zu geben, damit die F&E-Quote tatsächlich 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ein weiterer Punkt dafür, dass ich bezweifle, dass das erreichbar sein wird, ist Folgender: Sie sind in Ihrer Beantwortung budgetärer Fragen – in der Budgetausschussdebatte, aber auch in den schriftlichen Beantwortungen – davon ausgegangen, dass die Länder ihre Kosten entsprechend mit erhöhen werden, dass sie ihre Unterstützungen für Forschung und Entwicklung mit erhöhen werden. Ich glaube nicht, dass sie das können. Diese Bundesregierung hat sowohl die Länder als auch die Gemeinden belastet und dort Beiträge zur Nullen-Erotik einkassiert. Ich halte es da eher mit Johannes Steiner, der im "Standard" vom 27. März meinte: "In der Technologiepolitik gibt es kein Simsalabim."

Frau Bundesministerin! Auch Sie werden nicht in der Lage sein, das herbeizuzaubern. Deshalb möchte ich darum ersuchen, dass man von tatsächlichen Fakten und Zahlen ausgeht, aber nicht Luftschlösser und Fata Morganas errichtet! (Beifall bei der SPÖ.)

22.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Khol: "Herr Obmann", nicht "Herr Abgeordneter"!)

22.23

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit einigen Zukunftsthemen beschäftigen. Was mir in diesem Budget ein bisschen abgeht, sind Mittel für innovative, zukunftsfördernde Maßnahmen, die die Verkehrssicherheit erhöhen.

Frau Bundesministerin! Es wurde heute schon sehr viel von der Vergangenheit gesprochen, speziell von der rechten Seite dieses Hauses. Ich hoffe, dass Sie als junge, neue Ministerin doch mehr in die Zukunft blicken und hier Innovationen, die Straßenplaner und Straßenbauer herausbringen, auch in die Tat umsetzen werden. Die Straßengestaltung darf sich doch nicht allein an der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs orientieren, sondern muss vor allem einen sicheren Verkehr gewährleisten.

Schon bei der Straßennetzplanung muss die Verkehrssicherheit einbezogen werden. Es sollten Sicherheits-Audits zu Straßenentwürfen eingeführt werden, damit die entsprechenden Sicherheitsbelange schon im Straßenentwurf durch unabhängige Experten in einem besonderen Verfahren beurteilt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Verkehrssicherheit kann auch durch den Bau von Ortsumfahrungen erhöht werden. Sie verbessern die örtlichen Lebensverhältnisse durch die Reduzierung von Lärm und Abgasen, und sie vermindern die Unfallgefahren.

Der Ausbau der Autobahn – das wissen wir alle – und damit die Verlagerung der Verkehrsleistungen auf die relativ sicheren Autobahnen haben trotz steigenden Verkehrs wesentlich zur


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Verringerung von Unfällen beigetragen. Daher ist der weitere Ausbau des Autobahnnetzes auch unter Verkehrssicherheits-Gesichtspunkten dringend notwendig.

Baustellen sind nicht vermeidbar – wir wissen das –, aber eine Häufung von Baustellen sollte vermieden werden. Es gilt auch, der Schulung des Fachpersonals, das für die Einrichtung von Baustellen zuständig ist, mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Vielleicht haben Sie das auch gelesen, Frau Bundesministerin! Laut "Kurier" vom 5. März soll es eine neue Betonleitschiene namens "Delta-Bloc" geben, die bei einem Anprall praktisch nicht zu durchbrechen ist. Tests hätten gezeigt, dass sogar ein 38-Tonnen-LKW es nicht schaffen würde, dieses System zu durchbrechen. Ich weiß nicht, wie weit die Prüfung dieser Sicherheitsmaßnahme durch Ihr Ministerium schon erfolgt ist. Auch Motorradfahrer hätten bei einem Sturz keine Probleme, da im Gegensatz zu scharfkantigen Leitplanken praktisch keine Gliedmaßen abgetrennt werden können. Diese Leitschienen sollen auch nur unwesentlich mehr kosten als die bekannten, bisher verwendeten gefährlicheren Leitschienen.

Auch die Wegweisung könnte eindeutig verbessert werden. Ich erinnere da an die elektronische Verkehrsbeeinflussung mit Wechselschildern in Bayern. Dort sind bereits über 400 Kilometer Autobahn mit Über-Kopf-Wegweisern ausgerüstet.

Aus Sicherheitsgründen sollte auch das Werbeverbot bei Autobahnen nicht aufgeweicht werden. Werbetafeln lenken die Verkehrsteilnehmer ab und können das Sicherheitsrisiko erhöhen.

Frau Bundesministerin! Ich möchte noch auf eine Initiative in Oberösterreich verweisen. Sie haben sicher schon davon gehört, dass unser Landeshauptmann-Stellvertreter, der zuständige Verkehrsreferent Dipl.-Ing. Erich Haider, die Gelder aus den Rückflüssen aus der Wohnbauförderung dazu verwendet, einen Infrastrukturfonds zu bilden, aus dem für die nächsten zehn Jahre 24 Milliarden Schilling für Infrastrukturmaßnahmen Verwendung finden. Ich möchte Sie ersuchen, Frau Bundesministerin, dass Sie auch von Seiten des Ministeriums die entsprechende Unterstützung geben, damit vor allem die Koordination zwischen Ministerium und Land Oberösterreich, aber auch, wo es notwendig ist, die Zusammenarbeit mit den Gemeinden verbessert wird, damit diese Projekte rascher umgesetzt werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

Einen allerletzten Satz muss ich als Abgeordneter des Bezirkes Linz-Land noch anbringen. Die größte Gemeinde unseres Bezirks, die Stadt Traun, hat gegen die qualitative und quantitative Ausdünnung der Leistungen durch die Österreichischen Bundesbahnen im Gemeinderat eine Resolution beschlossen, weil bei den Städteverbindungen zwischen Linz und Graz kein Halt mehr in Traun vorgesehen ist. Ich glaube, eine Stadt mit 25 000 Einwohnern hat es verdient, dass ein Halt so wie bisher beibehalten wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Einstimmig oder mehrheitlich? – Abg. Dietachmayr  – das Rednerpult verlassend –: Einstimmig!)

22.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. Er hat das Wort.

22.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Zunächst eine Vorbemerkung, weil das heute schon wieder als "sozialdemokratische Verschwendungspolitik" herausgekommen ist – ich glaube, Kollege Ellmauer hat davon gesprochen und auch Kollege Kukacka mit seinem "Verkehrspolitik: 30 Jahre Versäumnisse" –: Sie stellen es immer wieder so dar, als ob Sie nicht dabei gewesen wären. Kollege Stummvoll war auf Tauchstation, Ellmauer war vermutlich noch nicht im Nationalrat. (Abg. Ellmauer: 16 Jahre waren wir nicht in der Regierung!)

Ich möchte daran erinnern: Ich glaube, dass ein Teil der Verkehrspolitik und der Schulden auch den Wirtschaftsministern zuzurechnen ist. Oder täusche ich mich da? – Es hat da einen Herrn Ditz gegeben, es hat einen Herrn Schüssel gegeben, einen Herrn Farnleitner und auch eine Frau Staatssekretärin Dr. Maria Fekter, die ebenfalls daran beteiligt war. (Beifall bei der SPÖ.)


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Es ist immer wieder interessant, diese Darstellung von Kollegen Edlinger zu zeigen, um zu sehen, wie in der Koalition die Schulden angestiegen sind. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe, auf dem ein Diagramm mit einem ansteigenden Kurvenverlauf zu sehen ist.) Ich habe sogar ein Untersuchungsergebnis, in dem man sich ansehen kann, wie das auf die diversen Ressorts verteilt ist. Die Schulden hat ja nicht allein der Finanzminister gemacht, da sind durchaus auch die ÖVP-Ministerien in einem guten Feld, und sie haben einen Löwenanteil daran kassiert.

Aber jetzt zurück zum Thema und zu Frau Minister Forstinger. Ich denke, dass man beim Budget – ich werde jetzt nicht so sehr auf das Budget eingehen – auch die Effizienz eines Ministeriums, einer Ministerin und der Mitarbeiter diskutieren kann. Da fällt mir – ich bin ja schon lange im Nationalrat – etwas auf: Die ÖVP-Regierungsmannschaft ist relativ gefestigt. Das muss ich ganz ehrlich sagen. (Abg. Schwemlein: Findest du das wirklich?) Mit einer Ausnahme – gefestigt ist er auch, aber er ist meistens auf Tauchstation –, und das ist der Bundeskanzler. Den sieht man relativ wenig.

Probleme hat die ÖVP mit dem Koalitionspartner. Ich erinnere daran: Man könnte die FPÖ von der Abkürzung her fast schon als "Fluktuierende Partei Österreichs" bezeichnen. Es sind Ihnen ja schon eine ganze Menge Minister abhanden gekommen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Irgendwie leid ist mir um Kollegen Krüger, den ich immer sehr gemocht habe. Aber er ist weg. (Abg. Dr. Krüger: Ich bin hier!) Dann war da Kollegin Sickl. Jetzt lese ich in den Zeitungen auch Meldungen – das ist ja nicht die böse Opposition –, in denen Frau Kollegin Forstinger, vielleicht sehr boshaft, als "Sickl zum Quadrat" bezeichnet wird. Auch Herr Kollege Schmid hat sich verabschiedet. (Zwischenruf des Abg. Kiss. )  – Ich freue mich, dass mein burgenländischer Freund hier vorne steht und mir ein bisschen Assistenz leistet.

Dort gibt es also Problemfälle. Das sagt nicht die böse Opposition, sondern das steht ja in den Zeitungen, das füllt schon Bände. Es gibt die Problemfälle Böhmdorfer – das wissen wir ja, Probleme mit den Verflechtungen –, Waneck, auch Frau Rossmann. (Abg. Böhacker: Ist kein Problem!) Das Problem ist, dass man sie nicht sieht. Aber jetzt war sie in der Zeitung, weil sie im Ministerbüro einen Barkeeper eingestellt hat. Ich bin gespannt darauf, zu hören, ob er einen Sondervertrag hat. Das würde mich sehr interessieren. (Abg. Böhacker: Unglaublich, einen Berufsstand so anzugreifen!)

Bei Frau Kollegin Forstinger war ich ursprünglich sehr stolz darauf, dass sie als Oberösterreicherin dort eingezogen ist. Frau Kollegin, Sie haben, weil ich im Ausschuss ein bisschen persönlich geworden bin, sofort gemeint, ich wäre irgendetwas wie ein Betriebsratsobmann der Lenzing AG. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich war nie Betriebsratsobmann. Ich habe in der Lenzing AG dieselbe Funktion gehabt wie Sie in Laakirchen: Ich war dort der Zuständige für den Umweltschutz.

Ich bleibe ja höflich, aber ich kann nichts dafür. Kollegin Forstinger tut mir einerseits Leid, wenn ich sehe – das ist, wie gesagt, wirklich nicht die Opposition (Abg. Wochesländer: Frau Minister Forstinger!), Frau Minister, okay; vom Umweltschutz her ist sie eine Kollegin, und ein bisschen auch von der Ausbildung her (Abg. Dr. Khol: Wenn die Bures das hört! – weitere Zwischenrufe)  –, wie Sie in den Zeitungen auf Glanz hergerichtet wird. Wenn ich da die Reden der Regierungsvertreter höre und dann in den "Salzburger Nachrichten" – kein sozialdemokratisches Blatt – lese: "Bilanz eines Zukunftsressorts: Hundert Tage Einfallslosigkeit" oder – das geht, bitte schön, so weiter – in der "Kronen Zeitung": Letzter Walzer mit dem Staatssekretär?, dann muss ich sagen, das ist arg! (Abg. Wattaul:  ... informieren, nicht nur Zeitung lesen!)

Das möchte ich auch sagen: Es sind ja nicht nur die Minister, die auf eurer Seite problematisch sind, sondern auch die Mitarbeiter. Ich habe schon den Barkeeper erwähnt. (Abg. Böhacker: Was haben Sie gegen einen Barkeeper?) Jetzt ist Minister Haupt unter Beschuss gekommen, da gibt es ganz eigenartige Versorgungsstrukturen. (Zwischenruf des Abg. Wattaul. )

Ein Problem sehe ich auch beim Kollegen Miko. Ich habe das im Ausschuss schon gesagt: Wir reißen noch heute in Vöcklabruck die Eternitdächer herunter, weil er die Umstellung von Asbest


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auf etwas anderes komplett in den Sand gesetzt hat. Dort sagt man mir – Frau Kollegin Fekter, selbst Wirtschaft, du kennst das! –, dass der Schaden ungefähr 1 Milliarde Schilling beträgt. (Abg. Dr. Fekter: Aber geh, das hat alles der Sturm erledigt!) Jetzt mache ich mir natürlich Gedanken darüber, dass ein so "hervorragender" Mann, der die Firma Hatschek fast in den Ruin getrieben hat, jetzt die ÖBB als Aufsichtsrat beglückt – aber nicht nur die ÖBB, sondern, ich glaube, auch die ASFINAG und die Austro-Control.

Das macht mir Sorge, und da appelliere ich an die Freiheitlichen, ein bisschen mehr auf die Auswahl erstens ihrer Minister und zweitens ihrer Mitarbeiter zu achten! Das macht die ÖVP viel geschickter. Nur diesbezüglich habe ich zu den "Wanderern durch die Wüste Gobi" etwas mehr Vertrauen. – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Kollege Keppelmüller! Hast du die "Salzburger Nachrichten" zum Gusenbauer gelesen?)

22.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. Er hat das Wort.

22.34

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Auch heute wieder und bei jeder Gelegenheit jammert diese Bundesregierung darüber, dass zu wenig Geld im Staatssäckel sei. Sie betet bei jeder Gelegenheit das Nulldefizit wie eine heilige Kuh an, belastet die Unfall- und Invalidenrentner, schröpft die Österreicherinnen und Österreicher mit ungerechten Steuern, finanziellen Mehrleistungen auf allen Ebenen sowie bei Abgaben und Gebühren wie zum Beispiel der heute wieder beschlossenen Ambulanzgebühr, verprasst zig Millionen für eine unnötige Werbekampagne und verschenkt unnötigerweise viel Geld, gerade in Ihrem Ressort, Frau Bundesministerin, dem Verkehrsressort.

Sie haben heute hier von Schulden in Milliardenhöhe gesprochen. Ich sage Ihnen, wo Sie Geld verschenken, Frau Bundesministerin: An die 15 Milliarden Schilling sind es seit 1998 allein durch die ständige Verzögerung beim LKW-Road-Pricing. Die freiheitlichen Minister setzen hier nahtlos beim ÖVP-Frächterlobbyisten Ex-Minister Farnleitner als damals dafür Zuständigem an. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Ob Schüssel, Farnleitner, Schmid oder jetzt Sie, Frau Bundesministerin: Ihre Devise scheint zu sein, zu verzögern, zu bremsen, zu verschieben – zum Schutz der Frächter, aber auch zu Lasten der vom Transit mehr als überbelasteten Bevölkerung und der Umwelt. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesminister! Durch Ihre Säumigkeit allein beim LKW-Road-Pricing entgehen unserem Land jährlich zwischen 4 und 5 Milliarden Schilling, die wir gerade im Verkehrsbereich dringend benötigen würden. (Abg. Wattaul: Du bist wirklich ein Phantast! Bei den Milliarden habt ihr euch noch nie ausgekannt!) Die Brennermaut sinkt in Salamitaktik, scheibchenweise, Herr Kollege Wattaul! Kein Wunder also, wenn sich die Brenner-Route im Jahre 2000 bei den Transit-LKW ungebrochener Beliebtheit erfreut hat. (Abg. Wattaul: Beim Geld habt ihr euch nie ausgekannt!) Neue Rekordwerte sind auf der A 13 zu verzeichnen gewesen.

Frau Bundesminister! Wegen einer nach Frächtermeinung um 150 Prozent überhöhten Brennermaut fordern die Frächter auch noch Milliardenbeträge zurück. In- und ausländische Frächter bedrängen eine schwarz-blaue Bundesregierung, die ihnen seit langer Zeit mehr als entgegenkommt. Sie wollen noch mehr, und sie werden immer noch mehr wollen, weil Sie es zulassen und weil Sie nichts dagegen unternehmen! Oder sagen Sie uns, was Sie dagegen unternehmen! Ich kann bisher nichts erkennen.

Frau Bundesminister! Auch in dem leidigen Streit zwischen Ihnen und Landeshauptmann Weingartner betreffend die Bestrafung der Ökopunkte-Sünder ist immer noch keine Ruhe. Ich denke, Sie sind nicht in der Lage, endlich Klarheit herzustellen. Sie sind nicht in der Lage, dem Land Tirol die für die Bestrafung der Ökopunkte-Sünder nötigen Daten zur Verfügung zu stellen. Jährlich verjähren Hunderte Vergehen und verfallen Millionen an Strafgeldern. Sie haben das mit verursacht und sind daran schuld!


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Und da jammern die Frächter noch, Herr Wattaul? – Die Frau Bundesministerin ist ihre Schutzheilige, die Schutzheilige der LKW-Lobbys des In- und Auslandes. (Abg. Wattaul: ... Lobby! Da muss ich die ÖBB schützen!) Aber sie ist leider nicht die Schutzheilige der betroffenen Bevölkerung, der Umwelt und derjenigen, die viel mehr ihres Schutzes bedürften. Aber dieser Schutz dürfte sie nicht interessieren. (Abg. Wattaul: Wir müssen die ÖBB schützen vor euch!)

Frau Bundesminister! Was sagen Sie zu der heutigen Schlagzeile in der "Kronen Zeitung": Lkw-Horror droht auch am Sonntag!? (Abg. Wattaul: ... eure Gewerkschaft!) Oder: Lkw-Horror: "Kilometerlange Staus, Blechlawinen mit tonnenschweren Lkws und riesige Abgaswolken". Der von Ihnen heute hier schon zitierte Verkehrsminister Kurt Bodewig sprach von einer Katastrophe für den Fall, dass Schwerlastverkehr und Sonntagsverkehr zusammenkommen würden. Bei einer Abschaffung des Fahrverbots rechnet er mit Megastaus. (Abg. Böhacker: Tut ja keiner! Keine Sorge, die Frau Bundesminister wird das verhindern!)

Aber dieses Thema steht ja am Donnerstag beim Treffen der EU-Verkehrsminister in Luxemburg auf der Tagesordnung. (Abg. Böhacker: Vorlesen, was die Frau Bundesminister dazu sagt! Steht in der "Krone" drin!") Die BENELUX-Staaten, Großbritannien, Skandinavien, Spanien und Portugal wollen dieses Sonntagsfahrverbot abschaffen. (Abg. Schwarzenberger: Allesamt sozialdemokratische Regierungen!) Aber Ihr Kollege Bodewig geht davon aus, dass seine ablehnende Haltung von Frankreich, Österreich und Italien unterstützt wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Lauter Sozialdemokraten! Alles SP-Regierungen!) Ich hoffe, dass das auch so bleibt, Frau Bundesminister.

Gerade in Bezug auf unseren Verbündeten Italien habe ich eine Frage: Inwieweit stimmt es, dass Sie Ihren italienischen Kollegen derart brüskiert hätten, dass er nicht nach Österreich gekommen ist, um mit Ihnen zu verhandeln? – Frau Bundesministerin, sagen Sie uns, wie Sie mit Ihren und unseren europäischen Verbündeten da in Zukunft verhandeln wollen! (Abg. Schwarzenberger: Er hat nicht zugehört, als die Frau Bundesminister dieses Thema ansprach!)

Frau Bundesministerin! Noch ein persönliches Interesse, auch aus meinem Wahlkreis: Sie haben uns hier letztes Mal mitgeteilt, dass die Außerfernerbahn gerettet sei und dass es dort keine Probleme geben würde. Aber jetzt gibt es von der Arbeiterkammer ein Schreiben – dieses haben Sie erhalten – mit dem Betreff: dramatische Verschlechterungen für PendlerInnen, Außerfernerbahn, Geisterbahnhöfe und so weiter (Abg. Schwarzenberger: Derselbe Sekretär, der diese Rede geschrieben hat?): Dem Fahrplanentwurf für Juni 2001 ist zu entnehmen, dass es für die Außerfernerbahn keinen neuen Fahrplan mehr gibt. (Abg. Wattaul: Da ist aber nicht die Ministerin schuld!)  – Was werden Sie da der Tiroler Arbeiterkammer antworten?

Frau Bundesministerin, mich würde interessieren: Stimmt es, dass diese Bahn tatsächlich gerettet ist, oder wird sie auch das Schicksal anderer Nebenbahnen erleiden? – Für das Außerfern ist der Erhalt dieser Bahn sehr wichtig. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Ich bitte Sie, sich dafür entsprechend einzusetzen! (Beifall bei der SPÖ.)

22.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Kubitschek. – Bitte.

22.40

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Echte wirtschaftspolitische Initiativen sind in dieser Regierung leider einigermaßen selten geworden. (Abg. Wattaul: Wirtschaft ist aber ein Fremdwort für Sie, oder?) Umso wichtiger ist es, die angekündigte Technologieoffensive besonders ernst zu nehmen.

Meine Damen und Herren! Das erklärte Ziel der Regierung ist es bekanntlich – das ist heute hier schon einige Male erwähnt worden –, die F&E-Quote von 1,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahre 2005 auf 2,5 Prozent anzuheben, und zwar mit einem Zwischenziel von ursprünglich mindestens 2,2 Prozent im Jahre 2002. Das ist wirklich ein sehr ambitioniertes Ziel, obwohl in der Zwischenzeit zumindest dieses Zwischenziel für 2002 schon auf 2 Prozent nach unten revidiert worden ist, und zwar, wie ich glaube, durchaus mit gutem Grund. Tatsächlich ist es so,


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dass die Regierung beim Thema Technologiepolitik einen ziemlichen Fehlstart hingelegt hat, sodass das Jahr 2000 auch für Forschung und Entwicklung, auch für die Technologiepolitik ein verlorenes Jahr geworden ist.

Bei den Investitionen für die Universitäten wurde zum Beispiel wirklich radikal gekürzt. Die öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind auf das niedrigste Niveau seit dem Jahr 1993 gefallen. Natürlich hat das konsequenterweise dazu geführt, dass die F&E-Quote zuerst einmal gesunken statt gestiegen ist.

Wie wir wissen, ist aller Anfang schwer, und so wurde letztlich doch noch eine Technologieoffensive im Ausmaß von 10 Milliarden Schilling angekündigt. Diese 10 Milliarden Schilling haben sich sehr schnell auf 7 Milliarden Schilling reduziert, und das hat letztlich zu den bekannten 7 Milliarden Schilling für die nächsten drei Jahre geführt. Ich denke, dass sich da der Begriff "Offensive" wiederum deutlich relativiert.

Um welche Dimensionen es bei der Technologieoffensive wirklich geht, hat Kollege Aiginger, der Industrieexperte des Wifo, im Technologiepolitischen Rat der Regierung dargestellt und vorgerechnet. Es geht – das ist heute auch schon gesagt worden – um 70 Milliarden Schilling, das heißt wirklich um einiges mehr als das, was Sie in Ihrem Budget festgeschrieben haben. Es ist für mich wirklich überraschend, dass es niemand der Mühe wert findet, auf diese Aussage von Herrn Aiginger zu reagieren. Vielleicht können wir Sie mit unseren Debattenbeiträgen, die wir heute gebracht haben, ermutigen, zumindest in Zukunft dazu Stellung zu nehmen.

Die einzige Möglichkeit, die ich dafür sehe, dass diese 2,5 Prozent tatsächlich erreicht werden, wäre die, dass Sie von einem Multiplikator in der Höhe von 1  :  10 ausgehen würden. Das heißt, demnach müsste jeder Schilling, der in Österreich in die direkte Technologieförderung fließt, in der Privatwirtschaft zusätzliche Investitionen in Höhe von 9 S induzieren. Tatsächlich hat aber gerade erst in der letzten Woche das Wirtschaftsforschungsinstitut eine Modellrechnung präsentiert, wonach man höchstens von einem Multiplikator von 1,6 ausgehen kann. Bisher sind wir immerhin von einem Faktor 3 ausgegangen. Das heißt aber, Frau Minister, dass diese neue Berechnung zusätzlich bedeutet, dass Sie einen erheblichen Erklärungsbedarf haben, wie Sie Ihr Ziel erreichen wollen!

Trotzdem glaube ich, das eigentliche Problem in der Technologiepolitik besteht eher darin, dass man zunehmend den Eindruck bekommt, dass sich in dieser Regierung eigentlich überhaupt niemand für das Thema Technologiepolitik verantwortlich fühlt. Das Thema Technologiepolitik ist an einen Rat für Technologieentwicklung ausgelagert worden, und damit geht man offenbar davon aus, dass man das Thema schlicht und einfach abhaken kann.

Während andere Länder wie zum Beispiel Bayern im Jahr 2000 über 18 Milliarden Schilling an Privatisierungserlösen in eine High-Tech-Offensive pumpen, verschleudert die österreichische Regierung die UMTS-Lizenzen, um Budgetlöcher zu stopfen, meine Damen und Herren, obwohl uns erst kürzlich wieder – und das sicherlich nicht zum ersten Mal – die EG-Kommission bestätigt hat, dass wir gerade in diesem Bereich enormen Nachholbedarf haben. Insbesondere gilt das auch, wie wir alle wissen, für das Thema Informationstechnologie. Dort stellt wirklich jeder Monat, um den weiter zugewartet wird, ein Versäumnis dar, das nicht mehr aufgeholt werden kann.

Meine Damen und Herren! Der Stehsatz der Regierung Ihrer Parteien dazu lautet: Zuerst Schulden zahlen, und dann in die Zukunft investieren! – Für Sie beginnt daher die Zukunft offensichtlich erst im Jahr 2003. Ich würde sagen: Da kann man nur hoffen, meine Damen und Herren, dass sich die Zukunft bis dahin nicht schon längst überholt hat! (Beifall bei der SPÖ.)


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22.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Er hat das Wort. (Oh-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Beifall.  – Abg. Wochesländer: Herr Lehrer fährt auch mit der Eisenbahn? – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

22.46

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Danke für den Auftrittsapplaus. (Heiterkeit.)  – In gebotener Kürze Folgendes (Abg. Mag. Schweitzer: Das war’s aber dann! Nachher gibt es keinen Grund mehr zum Applaudieren!):

Frau Bundesministerin! Wie wir alle wissen, sind Sie dabei, den Bundesverkehrswegeplan zu erstellen. Wie ich gehört habe, ist in diese Vorarbeiten kein Touristiker eingebunden. Ich glaube, Ihnen gegenüber nicht betonen zu müssen, dass die Verkehrsinfrastruktur für das touristische Angebot ein ganz wesentlicher Bestandteil ist. Ich bitte Sie daher, unbedingt Touristiker in das Team mit einzuladen. Tatsache ist, dass die ausbleibende Bahnhofs-Offensive einen großen Rückschlag für all jene Gäste bedeutet, die in Bahnhöfen ankommen und dort feststellen müssen, dass diese nicht nur wenig einladend sind, sondern dass auch die Abwicklung auf den meisten großen Bahnhöfen äußerst rückständig ist.

Ebenso bitte ich Sie, auf etwas Rücksicht zu nehmen, was Kollege Dietachmayr schon kurz angesprochen hat. Wir wissen, dass in den Sommermonaten leider sehr viele unserer Gäste mit ihren PKW auf den Autobahnen unterwegs sind. Je mehr Baustellen wir in der Hauptsaison haben, desto mehr erschweren wir den Verkehrsfluss und desto mehr erhöhen wir den Frust der Gäste, die zu uns kommen. Ich bitte Sie, auch bei der Terminisierung der Baustellen unbedingt Rücksicht auf die Tourismus- und Freizeitwirtschaft zu nehmen!

Frau Bundesministerin! Ebenso bitte ich Sie um Folgendes – von dieser Stelle aus sage ich das aus ehrlicher Überzeugung, denn wie ich höre, arbeiten Sie sehr gut mit Frau Landesrätin Burgstaller zusammen, um die Krimmler Bahn zu retten –: Ich bitte Sie, diese sehr konstruktive Vorgangsweise fortzusetzen! Was all die anderen Nebenbahnen betrifft, lade ich Sie ein: Weiten wir den Kreis der diskutierenden Personen aus (Abg. Böhacker: Schwemlein, nur gemeinsam sind wir stark!) und versuchen wir, die Nebenbahnen über die Einbettung in touristische Konzepte zu erhalten! Ich denke, das wäre ein zusätzliches Standbein, um diese wichtige Infrastruktur aufrechtzuerhalten.

Alles in allem sage ich aus tiefer Überzeugung und als Tourismussprecher meines Klubs: Bitte, binden Sie die Touristiker in all Ihre Arbeiten ein! Wenn diese nicht eingebunden sind, dann können gerade in der Infrastruktur Rückstände und Mängel auftreten, die für diesen Wirtschaftsbereich von größter Bedeutung wären. (Beifall bei der SPÖ.)

22.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Er hat das Wort.

22.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es freut mich, dass jetzt sowohl mein Kollege Rada als auch ich noch die Möglichkeit haben, euch bei einem ziemlich vollen Plenum ein bisschen mit den Problemen des Weinviertels zu konfrontieren.

Kollege Mühlbachler hat in seinen Ausführungen zumindest sinngemäß gemeint: Ausgaben sind kein Qualitätskriterium! Damit mag er durchaus Recht haben. (Abg. Kiss: Er ist aber nicht aus dem Weinviertel, er ist aus dem Mühlviertel!) Es freut mich, dass du auch mich unterstützt, nicht nur Kollegen Keppelmüller. – Er mag durchaus Recht damit haben, dass das kein Qualitätskriterium ist. Aber keine Ausgaben zu tätigen, ist ganz sicher ebenfalls kein Qualitätskriterium!

Weil ich den lieben Kollegen Kopf dort sitzen sehe, möchte ich fragen: Wie entwickelt sich Wirtschaft? Wie entwickelt sich Infrastruktur? Was ist zuerst da, die Henne oder das Ei? – Ich glaube, es ist zuerst die Infrastruktur da, und dann kommt die Wirtschaft. Sehr selten wird es Beispiele dafür geben, dass zuerst die Wirtschaft kommt und man dann die Infrastruktur macht. Hiermit sollten eigentlich die Prioritäten klar sein.


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66. Sitzung / Seite 97

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Wenn Sie die vorwöchige Debatte einigermaßen ernst nehmen – ihr habt vorige Woche behauptet, der Ankauf von Abfangjägern rechne sich von selbst, er koste praktisch nichts, und in Summe sei das mit den Kompensationsgeschäften ein Riesengeschäft (Abg. Ing. Westenthaler: Wir haben jetzt aber eine Verkehrsdebatte!)  –, dann frage ich mich: Wenn das bei den Abfangjägern gilt, warum nicht auch bei der Infrastruktur? Warum sparen wir die Infrastruktur zu Tode? Warum hungern wir Regionen aus?

Herr Kollege Kukacka! Dafür, dass es auch bei der Eisenbahn durchaus Erfolge gegeben hat, gibt es praktische Beispiele. Sie müssen nur aufpassen und mit offenen Augen durch das Land gehen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka. ) Vor 15 Jahren waren es sozialdemokratische Verkehrsminister, die die Schnellbahn nach Mistelbach errichtet haben. Was ist passiert? – Keine Katastrophe, sondern eine Entwicklung der Region Wolkersdorf, eine Entwicklung der Region Mistelbach. (Abg. Donabauer: Weil das Land mitgezahlt hat!)

Sozialdemokratische Verkehrsminister haben eine Nebenbahn in einem Probeversuch wiederbelebt, von den bedeutenden Ortschaften Gaweinstal bis Obersdorf. Was ist geschehen? – Es hat funktioniert, es ist angekommen. Nicht einmal bei der jetzigen Ministerin steht diese Nebenbahn zur Diskussion. Herr Kukacka! Es ist eine Tatsache: Wenn man etwas tun will, dann bringt es auch Erfolge! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Warum haben Sie dann nicht mehr getan? – Zwischenruf des Abg. Wattaul. )

Weniger Erfolge sehe ich, wenn ich mich frage, wie es weitergehen wird. Der neuen Regierung nämlich ist Vertragstreue ein Fremdwort. Da wurde 1999 ein Vertrag mit Finanzierungsplan und Ausbauplan über die S 2 bis Laa unterschrieben. Dort entsteht eine Therme, ein 400-Millionen-Schilling-Projekt. Was ist heute damit? – Dieser Vertrag ist in Frage gestellt. Was sind schon Verträge, unterschrieben oder nicht unterschrieben, für die Regierung!

Die S 2 ist mehr als in Frage gestellt, die ÖVP-Bürgermeister sind mehr als besorgt, ob sie tatsächlich kommt.

Aus dem Land Niederösterreich hat uns ein Verkehrsreferent, der für seine Qualitäten bekannt ist, nämlich Landeshauptmann Pröll, einen Ausbau der Straßenverbindungen in Richtung Brünn versprochen: zuerst eine Schnellstraße, dann eine Autobahn, jetzt weder eine Schnellstraße noch eine Autobahn! Diese Konzepte hängen komplett in der Luft.

Meine Damen und Herren! Was aber nicht in der Luft hängt, ist die Bevölkerung, das sind die Bewohner in den Ortschaften an der Brünner Straße, die ähnliche Probleme haben, wie wir sie in Bezug auf den Brenner laufend diskutieren. Meine Damen und Herren von der ÖVP und von der Regierung, das ist euch leider ziemlich egal. Für euren Götzen Nulldefizit – Sparen um jeden Preis – verkauft ihr ganze Regionen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Der Bürgermeister ist auch nicht mehr das, was er einmal war!)

22.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rada. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Khol: Wieso bist du immer der Schlussredner, Herr Landesschulinspektor? – Abg. Mag. Schweitzer: Im Dienst?)

22.54

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Klubobmann Khol! Spätestens seit Ihrer Rede vergangene Woche in der Generaldebatte wissen wir, dass diese Regierung Politik mit Herz, aber auch mit Hirn macht. Genau unter dieser Prämisse möchte ich mir die Verkehrspolitik anschauen. (Abg. Dr. Khol: Ein interessanter Ansatz!)

Herr Klubobmann Khol! Es wurde heute bereits gesagt, dass Nebenbahnen geschlossen und zugesperrt werden. Genau für diese Nebenbahnen wäre die Politik mit Herz wichtig. Dort trifft es doch die alten Menschen, dort trifft es die Schüler, die zur Schule fahren müssen. Dort trifft es diejenigen, die nicht in einer Luxuskarosse oder im Dienstwagen zur Arbeit und in den Betrieb fahren können. Das wäre die Politik mit Herz! (Beifall bei der SPÖ.)


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Aber es gibt auch die Möglichkeit, Politik mit Hirn zu betreiben, und diese Politik mit Hirn muss auch auf öffentliche Verkehrsmittel setzen, weil der Individualverkehr allein es nicht mehr schaffen wird. Wenn man sich die Situation im Umland von Wien anschaut, so erfährt und hört man, dass Wien die S 80 zwar enorm ausbaut, Niederösterreich aber nicht. Gerade das wäre jedoch politisch ein wirklich effizienter Bahnanschluss, verbunden mit der neuen U-3-Bahnlinie, mitten ins Zentrum von Wien, mitten ins Zentrum des Geschäftslebens.

Aber diese Politik, auch mit Hirn und Gewinn bringend, ist hier anscheinend nicht gefragt, denn dieser Ausbau, der im Gang ist, wurde von dieser unserer Bundesregierung nicht mehr ernst genommen und weitergeführt. Ich betone "Gewinn bringend" deshalb, weil wir vor einer Erweiterung der Europäischen Union stehen. Diese Erweiterung geht auch in Richtung Osten. Wir brauchen entsprechende Verkehrsverbindungen auch in die Slowakei – irgendwann wird auch sie innerhalb der Europäischen Gemeinschaft sein –, und dazu zählt die Schiene.

Zur Verkehrssituation insgesamt möchte ich sagen, es ist fast beschämend für ein so reiches Land wie Österreich, im Norden eine Pontonbrücke zu haben, welche die meiste Zeit geschlossen ist, weil der Fluss entweder Hochwasser oder Niedrigwasser führt. Mittendrin befindet sich ein Fährenbau, der seit einiger Zeit vor der Vollendung steht, aber nicht wirklich zur Vollendung gekommen ist, weil viele Dinge, die zu einem solchen Betrieb gehören, einfach fehlen.

Ich möchte es positiv erwähnen, dass neuerdings eine Brücke im Bereich von Marchegg ins Gespräch kommt. Frau Bundesministerin, das wäre ein zukunftsweisendes Projekt, für das es schon sehr viele Vorarbeiten gibt! Ich ersuche Sie und erinnere Sie daran, im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung Österreichs auch diese Möglichkeiten aufzunehmen.

Ein Letztes betrifft ebenfalls die bevorstehende Erweiterung. Es gibt eine sehr effiziente, umweltfreundliche und umweltschonende Möglichkeit, nämlich die Wasserstraße. Frau Ministerin, ich habe Sie schon einmal darum ersucht: Bitte prüfen Sie endlich das Projekt des Donau-Oder-Elbe-Kanals! (Beifall bei der SPÖ.)

22.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Wunsch von Seiten des Berichterstatters nach einem Schlusswort liegt mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beratungsgruppe X des Bundesvoranschlages für das Jahr 2002.

Diese umfasst das Kapitel 65 des Bundesvoranschlages in der Vorlage 500 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dieser Vorlage ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Die Tagesordnung ist erledigt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Anfragen 2263/J bis 2266/J eingelangt sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für morgen, Dienstag, 3. April 2001, um 9 Uhr ein, und zwar mit folgender Tagesordnung:


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Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage 500 der Beilagen: Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2002 samt Anlagen.

Zur Beratung kommen die Beratungsgruppen Justiz, weiters Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sowie schließlich Inneres.

Eine Fragestunde ist nicht vorgesehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.59 Uhr