Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 76

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11.45

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Da Herr Abgeordneter Kiss hier den Vorsitzenden des Innenausschusses, den Kollegen Leikam, kritisiert hat, dass er diesen Punkt nicht auf die Tagesordnung gesetzt hat: Da möchte ich schon betonen, dass unserer Überzeugung nach zuerst über eine Sicherheitsdoktrin diskutiert werden sollte, eine Vorlage, die ja jetzt in einem Unterausschuss liegt – und dann erst sollten Gesetze, die auf dieser Doktrin basieren, beschlossen werden. So wird doch das Pferd von hinten aufgezäumt, lieber Paul Kiss! (Zwischenruf der Abgeordneten Großruck und Kiss. )

Jetzt werden Gesetze beschlossen, die in Wirklichkeit auf dieser Doktrin aufbauen. Und daher war es auch vollkommen gerechtfertigt, dass der Vorsitzende des Innenausschusses, Abgeordneter Leikam, das nicht auf die Tagesordnung gesetzt hat. – Sie von ÖVP und Freiheitlichen haben sich mit Ihrer Mehrheit durchgesetzt und so eine Aufzäumung des Pferdes von hinten betrieben.

Herr Bundesminister Strasser! Diese 40 Gendarmen – falls sie noch hier oben auf der Galerie sitzen – werden sich sicherlich weniger für das Kriegsmaterialgesetz interessieren, sondern diese 40 Gendarmen haben in Wirklichkeit große Sorgen ob Ihrer Politik. Diese sind sicherlich in Sorge darüber, ob ihre Posten erhalten bleiben, ob sie versetzt werden oder nicht beziehungsweise welche Arbeitsbedingungen sie in Zukunft vorfinden werden. Und diese 40 Gendarmen wollen sicherlich auch endlich wissen: Werden ihnen die Überstunden weggenommen, wie Sie das vorhaben? Werden ihnen Karriere-Chancen genommen, wie Sie, Herr Minister, das ja vorhaben; und: Was passiert in Zukunft in diesem Bereich? Das interessiert diese 40 Gendarmen, meine Damen und Herren! Darum geht es in Wirklichkeit! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Das glaubst du ja selbst nicht! – Zwischenruf des Abg. Kiss. )

Hohes Haus! Wir sehen diese Novelle des Kriegsmaterialgesetzes und dieses neue Truppenaufenthaltsgesetz als einen Schritt in Richtung Abschaffung der Neutralität (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), das vor allem deshalb, weil der Begriff "immerwährende Neutralität" im Gesetz gestrichen wurde. Wir Sozialdemokraten betrachten das Kriegsmaterialgesetz in der alten Form als Bollwerk, als integralen Bestandteil des Neutralitätsgesetzes. Und die Streichung beider Bezugnahmen auf die immer währende Neutralität stellt unserer Ansicht nach ein deutliches Signal für die Ziele der beiden Regierungsparteien ÖVP und FPÖ dar.

Die Frau Außenministerin hat das ja direkt bestätigt, hat sie sich doch hier sehr klar für eine Bündnisfreiheit ausgesprochen, und das heißt doch in Wirklichkeit: Na ja, man kann ja dann, wenn man bündnisfrei ist, auch die Bündnisfreiheit ändern, weil man in ein Bündnis will. – Dass Sie in die NATO wollen, ist ja deutlich ausgesprochen worden! Und weiters betrachtet die Außenministerin die Neutralität sozusagen als formales Recht. Das, meine Damen und Herren, bestätigt doch, wie Sie von den Regierungsparteien mit der Neutralität Österreichs umzugehen gedenken.

Wir von der SPÖ sind gegen eine Aushöhlung der Neutralität, denn wir meinen, dass sich Österreich als neutraler Staat wesentlich besser in Bezug auf Friedenserhaltung einsetzen kann, und zwar in der Rolle des Vermittlers, aber auch was die Bereitstellung von Truppen beziehungsweise von Polizeikräften für die Friedenssicherung und den Wiederaufbau beziehungsweise Aufbau staatlicher Strukturen anlangt. Und Österreich hat sich mit dieser Politik auch sehr große Anerkennung in der Vergangenheit erworben.

Hohes Haus! Dieser Debattenbeitrag des Herrn Innenministers hier war schon sehr interessant (Ruf bei der ÖVP: Richtig!), hat doch der Herr Innenminister auch angesprochen, dass es da zu einer Vereinfachung kommen werde und die Mitwirkung des Bundeskanzlers und anderer Stellen jetzt ausgeschaltet werden konnte. – Meine Überzeugung: Dabei handelt es sich um eine außenpolitisch wirklich sehr sensible Materie, und durch das derzeit geltende Kriegsmaterialgesetz wird eben der Bundeskanzler, der Auswärtige Rat und die Bundesregierung da miteinbezogen.


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