Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 40

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möglicht hat, Regionalentwicklung mit dieser Entwicklung der E-Wirtschaft zu betreiben – Regionalentwicklung zur Versorgungssicherheit, aber Regionalentwicklung auch im Sinne von Unabhängigkeit der Energieversorgung.

Es ist bei uns im Land nur eines passiert: In den sechziger Jahren sind nahezu alle Länder der Fehleinschätzung unterlegen, in den folgenden Jahren einen Mangel an elektrischer Energie zu haben. Und es sind Entscheidungen – wie zum Beispiel in Österreich bezüglich Zwentendorf – gefallen. Wenn es eines Beweises für die Glaubwürdigkeit der österreichischer Energiepolitik, der Anti-Atompolitik bedarf, dann war es genau die Entscheidung – spät, aber doch –, dieses Monument, das sich unser Altbundeskanzler Kreisky in Zwentendorf hingestellt hat, nicht in Betrieb zu nehmen – auch wenn es wirtschaftlich noch so schwer gefallen ist –, dieses Atomkraftwerk nicht in Betrieb zu nehmen und der ganzen Welt ein deutliches Signal dafür zu geben, dass wir es mit unserer Anti-Atompolitik ernst meinen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Andere Staaten, meine Damen und Herren, sind den anderen Weg gegangen: Sie haben in Atomkraftwerke investiert. Wir haben – wie der Herr Bundeskanzler schon ausgeführt hat – in Österreich in den letzten 20 Jahren nochmals 110 Milliarden Schilling in den Ausbau unserer Wasserkraft, in die Nutzung der Wasserkraft investiert. Wir sind heute in Österreich bei einem Anteil von über 70 Prozent von Strom aus Wasserkraft – ein Spitzenwert, wie er in keinem anderen Land erreicht wird. Wir müssen natürlich sehen, dass sich die Marktsituation, die Wettbewerbssituation inzwischen völlig verändert hat. Wir leben im Stromüberfluss: Das führt zu einem völlig veränderten Marktverhalten. Globalisierung findet bei den Anbietern statt – und auch ein Überlebenskampf. Das müssen wir uns einmal vor Augen führen.

Die Politik kann da oder dort mit Wettbewerbsregeln Rahmen setzen, die einschränkend oder fördernd für erneuerbare Energieträger wirken. Klar ist aber Folgendes: Die kaufmännischen Prinzipien, die hinter der Führung solcher Unternehmen stehen, zwingen zu strategischen Allianzen, zwingen zu Fusionen. Was wir in der Politik tun können, ist, die rechtlichen Spielräume auszunützen. Und das hat Österreich wiederum in sehr vorbildlichem Maße getan. Das neue ElWOG beinhaltet eine Drittstaatenregelung, die den Import von Atomstrom aus Drittstaaten verhindert. Selbst der deutsche SPD-Wirtschaftsminister Müller hat diese Regelung als vorbildlich gelobt und sie der EU sogar als Beispiel für die gesamte EU vorgeschlagen. Die Kennzeichnungspflicht für die Herkunft des Stroms ist in diesem Gesetz für jeden einzelnen Stromhersteller verankert.

Darüber hinaus ist zu sagen: Wir nutzen auch unsere politischen – nicht nur die rechtlichen – Spielräume. Denken Sie nur daran, was sich in Temelin abspielt, was dem Herrn Bundeskanzler und Herrn Bundesminister Molterer in Melk bezüglich Temelin gelungen ist, nämlich: die Tschechen in einen Verhandlungsprozess zu bringen, ja zu zwingen, als einzige Chance, um ein Ausstiegsszenario für dieses Kraftwerk zu verhandeln und sicherzustellen.

Und was tun – um schließlich beim Thema der heutigen Aktuellen Stunde anzukommen, Frau Kollegin Glawischnig (Abg. Dr. Glawischnig: Der Ausstieg wird nicht verhandelt! Es wäre schön, wenn es um den Ausstieg ginge!)  – die Grünen in diesem Augenblick, in dem wir mitten in einem Verhandlungs-, Entwicklungsprozess stehen? – Sie verabschieden sich von dieser gemeinsamen Anti-Atompolitik und opfern damit Österreichs Anti-Atompolitik auf dem Altar des Populismus oder vielleicht auf dem Altar der "Kronen Zeitung"! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.39

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte, die als "Bundesländerdebatte" bezeichnet worden ist – es wurde auch gesagt, es sei unverständlich, dass man hier über Kärnten reden müsse –, ist letzten Endes eine Debatte über die Atomstrompolitik der Regierung.


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