Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 46

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es diese Unwissenheit bei Ihnen, weil Sie leider nicht mit uns geredet haben. Wir hätten Ihnen das gerne erklärt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Also: kurze Vollkarenzen, dann ein umfangreiches Teilzeitangebot und einen deutlichen Transferleistungsanspruch in Verbindung mit guter, qualitätsgesicherter Kinderbetreuung. Das ist das "Geheimrezept" – unter Anführungszeichen –, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern.

Dass es überall in Europa Defizite gibt, das stimmt, aber wir hätten doch einen kurzen Blick über die Grenzen werfen können, statt ein Modell zu proklamieren, von dem ich bezweifle, dass es die Situation für sehr viele Menschen verbessert.

Herr Abgeordneter Spindelegger! Wenn Sie von einem epochalen neuen Schritt, nämlich der pensionsbegründenden Karenzzeit, gesprochen haben, dann muss ich Ihnen sagen: Auch da, Herr Abgeordneter, hinken Sie hinter dem Modell, das die Grünen vor langer, langer Zeit auch Ihnen zur Verfügung gestellt haben, nämlich hinter dem Grundsicherungsmodell nach. Wir sind der Meinung, dass jeder Mensch, ob Frau oder Mann, im Alter, losgelöst auch davon, was der/die Betreffende vorher getan hat, zumindest einen existenzsichernden Pensionsanspruch braucht, nämlich eine Grundsicherung. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie jetzt den Frauen ein X für ein U vormachen, indem Sie sagen: Jetzt ist die Kindererziehung pensionsbegründend!, dann lade ich auch die Österreicherinnen und Österreicher ein, dieses ÖVP-Modell nachzurechnen. Die Frauen – überwiegend sind es solche –, die sich ausschließlich der Kinderbetreuung gewidmet haben, müssten, damit sie einen eigenen Pensionsanspruch nach diesem blau-schwarzen Modell hätten, zehn Kinder zur Welt gebracht und betreut haben, und zwar im Abstand von mindestens eineinhalb Jahren, damit sich das ausgeht. Ich finde, das ist ein bisschen armselig, um es als einen epochalen Fortschritt zu verkaufen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Großruck: Sie sagen nur Halbwahrheiten!)

Meine Damen und Herren! Es stellt sich auch die Frage, auf welchem Niveau sich das bewegt? In der Höhe von 6 000 S? Sie sagen, das sei eine Management-Tätigkeit, die da die Eltern, die Frauen, die Mütter erbrächten. Ich schaue mir an, welcher Manager – hier verwende ich bewusst die männliche Form – um 6 000 S im Monat arbeitet und auf diesem Niveau auch sozial abgesichert wird, denn nach diesem Niveau richtet sich dann der anteilige Pensionsanspruch.

So schaut es in Österreich aus: Die durchschnittliche Frauenpension im Alter macht gerade einmal die Hälfte einer Männerpension aus. Ich glaube, auch Sie werden nicht allen Ernstes behaupten, dass die Frauen in Österreich nur halb so viel arbeiten wie die Männer. Wir wollen eine echte Gleichstellung, und wir wollen, dass aus der Tatsache der Elternschaft kein Nachteil, vor allem kein Nachteil im Alter, entsteht. (Beifall bei den Grünen.)

Noch ein Punkt: Sie haben gesagt, bei diesem Modell gebe es jetzt eine höhere Zuverdienstgrenze. – Ich stelle Ihnen, Herr Abgeordneter Spindelegger, und Ihnen, Herr Bundeskanzler, die Frage: Wieso denn überhaupt eine Zuverdienstgrenze? Haben Sie nicht gesagt, Sie wollen ein ganz neues Modell, ein Familien-Modell, das losgelöst ist – wie sagten Sie doch, Herr Bundeskanzler? – von abstrakten Versicherungsansprüchen, von arbeitsrechtlichen Gegebenheiten? (Abg. Mag. Prammer: Für alle!) Wenn es für alle ist, wenn es eine reine Familienleistung sein soll wie die Familienbeihilfe, die Kinderbeihilfe, dann stelle ich Ihnen die Frage: Wieso differenzieren Sie da? Ist es nicht vielleicht eine ganz bewusste blau-schwarze Ideologie, die hier eingeflossen ist und die letztlich dieses Gesetz doch sehr, sehr stark prägt, und zwar in einer sehr, sehr frauenfeindlichen Art und Weise?

Ich frage mich: Was erreichen Sie mit einer Zuverdienstgrenze, die in der Größenordnung von 10 000, 11 000 S Monatseinkommen liegen wird? – Dass diese Frauen, bei welchen wir angeblich – auch Sie laut Parteiprogramm – anstreben, dass sie qualifizierte Frauen sind, die eben phasenweise Beruf und Familie kombinieren, aus der Regelung hinausfallen. Die Frau oder der Mann, die oder der ein eigenes Einkommen von über dieser Grenze hat, bekommt null Schilling – nicht einen Schilling! –, aufgrund der neuen Regelung. Das wird dazu führen, dass gerade Alleinerzieherinnen oder Frauen, die etwa einen studierenden Partner haben, gar nichts


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