Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 115

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habt haben, vermieden haben. Dass sie in diesem Sinn sehr positive Arbeit geleistet haben, war gut.

Wenn ich die Debatte jetzt resümiere, dann fällt mir ein sehr positiv gemeinter Beitrag des Kollegen Mühlbachler auf, dem ich zunächst nichts Negatives abgewinnen kann. Ich gebe schon zu, ich passe auf. Ich passe auf, und ich erkläre auch, warum ich aufpasse.

Es geht um den Beitrag des Kollegen Mühlbachler, in dem ein Platz für die Vertriebenen beziehungsweise für die Landsmannschaften gefordert wird, an dem auch an ihr Schicksal, an die Vertreibung und das Unrecht, das diesen Personengruppen widerfahren ist, erinnert wird, in dem aber auch eine Aufarbeitung der Geschichte gefordert wurde. Nun ist die Geschichte der Vertriebenen-Verbände eine nicht so leicht "aufzudröselnde", weil es auch eine Geschichte ist, die mit NS-Kollaboration zu tun hat, aber nicht nur mit Kollaboration, sondern auch mit Unrecht, das in der Folge so manchen und sehr vielen Vertriebenen widerfahren ist.

Meine Damen und Herren! Was es mir so schwer macht, wenn ich jetzt resümiere – Gott sei Dank kann ich als Letzter sprechen –, das sind Worte, die zwischendurch in dem einen oder anderen Beitrag gefallen sind und die ich auch deshalb erwähnen möchte: Geschichte gleichgewichtig aufarbeiten. – Das war ein Beitrag des Herrn Bundesministers. Ich weiß nicht, wie Sie das gemeint haben, Herr Bundesminister, und ich will Ihnen nichts unterstellen, aber es gibt keine gleichen Gewichte.

Es gibt kein Gewicht, mit dem man das eine Opfer und die Opfer der Vertriebenen gleichgewichtig mit dem aufrechnen kann, was das NS-Regime, für das wir in diesem Land und auch gegenüber anderen Ländern, auch in den Ländern, aus denen die Vertriebenen gekommen sind, Verantwortung tragen, angerichtet hat. Dafür gibt es keine gleichen Gewichte. (Beifall bei den Grünen.)

Ich hoffe wirklich, Herr Bundesminister, Sie haben das nicht gemeint.

Irritiert hat mich an der Debatte auch der Begriff der politischen Gegner in den anderen Ländern, die verhindern wollen, dass wir und die Vertriebenen-Verbände diese Geschichte aufarbeiten.

Meine Damen und Herren! Die politischen Gegner, die anderen Länder, die da in den Mund genommen wurden, sind jene Länder, die in zwei, drei oder vier Jahren der Europäischen Union beitreten werden. Ist Ihnen klar, was Sie da sagen, wenn Sie diese als politische Gegner bezeichnen? Setzen wir uns mit unseren Feinden in Europa zusammen oder setzen wir uns mit unseren Brüdern und Schwestern in Europa zusammen? Sind das befreundete Staaten, mit denen es in der einen oder anderen Frage – darunter auch in der Frage der Vertreibung – Differenzen geben kann und denen man zu Recht oder zu Unrecht vorwerfen kann, dass sie mit ihrer eigenen Geschichte auch nicht so umgehen können? Aber bitte mea culpa: Klopfen wir vorher an unsere eigene Brust und stellen das fest, was für unser Land noch immer nicht endgültig festgestellt wurde! Wir haben gestern wieder die Möglichkeit gehabt, darüber zu debattieren, wie wir mit unseren eigenen Opfern umgehen, dass wir sie nicht anerkennen, dass wir immer noch bestimmten Opfergruppen die Anerkennung verweigern.

Setzen wir den Dialog mit diesen Ländern fort, oder setzen wir die Auseinandersetzung mit politischen Gegnern fort? – Sie müssen sich entscheiden, meine Damen und Herren!

Wir machen bei einer Auseinandersetzung mit "politischen Gegnern", denen man über den Umweg der Beneš- und AVNOJ-Dekrete letztendlich noch einen Strick hinsichtlich des Beitritts drehen will, nicht mit! Das spielt es nicht mit uns! Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun – sosehr ich auch die Auseinandersetzung über diese Frage berechtigt finde. Man muss sich mit jeder Frage offen und vorurteilsfrei auseinander setzen können, aber dazu bedarf es auch des Mutes, die Tabus im eigenen politischen Bereich, nämlich gegenüber unserer eigenen Vergangenheit, aufzuarbeiten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe in der gestrigen Debatte diese Tabus noch feststellen können, meine Damen und Herren. Ich wünsche mir auch, dass, wenn es um das schon erwähnte "Haus der Heimat" geht, die


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