Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 138

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

wichtiger Handelspartner für Österreich. Die Bedeutung dieses Partners wird sicher mit dem EU-Beitritt noch ansteigen.

Die Chancen, die die Mehrsprachigkeit bietet, müssen daher noch verstärkt und gefördert werden, sei es bei den Kindern in den Volksschulen oder auch in den Kindergärten. Denn da wird die Basis für eine tatsächlich gelebte Sprache mit all ihren Facetten und Zwischentönen gelegt.

Eines stimmt jedoch nachdenklich: Wir unterschreiben die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, wir beschließen jetzt den zweisprachigen Unterricht in den vierten Volksschulklassen in Kärnten, und trotzdem gibt es in diesem Land unbemerkt oder von vielen ignoriert eine Strömung, die als rückschrittlich bezeichnet werden kann. Es werden nämlich plötzlich Leitungsposten an zweisprachigen Kärntner Volksschulen nicht mehr mit zweisprachigen Personen besetzt, obwohl das seit 1945 immer wieder der Fall gewesen ist und sehr gut funktioniert hat. Das heißt, es gibt jetzt Direktorinnen und Direktoren an zweisprachigen Schulen, die nicht dieser zweiten Landessprache mächtig sind. (Abg. Dr. Mertel: Unter Haider!)

Das ist an sich ein Widerspruch. Das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz sieht ja vor, dass Lehrer und Lehrerinnen an zweisprachigen Schulen für beide Sprachen qualifiziert sein müssen. Direktorinnen und Direktoren müssen im Bedarfsfall abwesende Kolleginnen und Kollegen vertreten. Sie müssen aber auch eine Verbindungsstelle zwischen den Schulen und dem Umfeld der Schule sein. Die Frage ist nun, wie das gut funktionieren kann, wenn sie dieser zweiten Landessprache nicht mächtig sind.

Unter diesem Aspekt verstehe ich nicht, warum Sie, Frau Ministerin, sich für diese Problematik einfach nicht interessieren oder es auch immer wieder als Landessache abtun. Es kann doch nicht sein, dass wir wiederum die Gerichte bemühen werden müssen oder dass die Gerichte sich darum bemühen werden müssen, zu einer Entscheidungsfindung zu kommen.

Es wäre ja nichts leichter, als dem Gesetz – und zwar einem Bundesgesetz – einen Passus hinzuzufügen, der besagt, dass zweisprachige Schulen in einem zweisprachigen Umfeld mit zweisprachigen Kindern und zweisprachigen Lehrern und Lehrerinnen mit zweisprachigen Direktorinnen und Direktoren besetzt werden müssten.

Hier könnten einfach Zeit und Nerven gespart werden, indem Sie, Frau Ministerin, dieses Gesetz durchbringen. Allein, so scheint mir, es fehlt der politische Wille.

Ich denke, mit der Taktik des Ignorierens ignorieren Sie auch das von Ihnen oft verbal so sehr unterstützte Europäische Jahr der Sprachen. Ich glaube, dass in diesem Jahr der europäischen Sprachen, in dem Sie einen Schwerpunkt auf die Nachbarsprachen legen wollten, doch klare Worte zur Situation in Kärnten gefordert wären. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zernatto. Die Uhr ist wunschgemäß auf 8 Minuten eingestellt. – Bitte.

17.25

Abgeordneter Dr. Christof Zernatto (ÖVP): Sehr geehrte Frau Minister! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über den Anlass, der dazu geführt hat, dieses Minderheiten-Schulgesetz in einigen wenigen, aber sehr wichtigen Passagen zu ändern, hat Frau Kollegin Muttonen schon referiert.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass es sehr wohl auch eine historische Entwicklung, was diese Minderheitenschule, die Möglichkeit, zweisprachigen Unterricht in Kärnten zu konsumieren, anlangt, gibt. Bereits 1848 wurde in Kärnten die Möglichkeit geschaffen, dass Kinder zweisprachigen Unterricht konsumieren. Seit 1848 hat es im Zusammenhang mit diesem zweisprachigen Unterricht natürlich nicht nur pädagogische Diskussionen über die Art und Weise, über die Sinnhaftigkeit und über die Zulässigkeit gegeben. Das Ganze hat sich logischerweise auch in einem politischen Umfeld abgespielt, das hier nicht unerwähnt bleiben soll, weil ich mit Frau Kollegin Muttonen durchaus übereinstimme, dass am Beginn des dritten Jahrtausends ein neuer


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite