Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 203

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

2. Mangelnde Kosteneffizienz, weil die Schaffung der neuen Behörde wesentlich teurer kommt als die teilweise Nutzung bestehender Ressourcen und Personen. Die Nationalbank sollte weisungsfrei mit der Finanzmarktaufsicht betraut werden, und kein neuer, mit hohen Kosten verbundener Apparat aufgebaut werden. Die Kosten werden für Kreditwirtschaft und Versicherungen um rund 200 Millionen ATS höher sein als dies im Fall der Beauftragung einer Notenbank-Tochter der Fall wäre – bei den Versicherungen könnten die Kosten um das Vierfache steigen – bezahlen werden das die Sparer.

3. Mangelnde rechtliche Klarheit und Kraft, weil die wichtigen Vor-Ort-Prüfungen von Banken nicht verpflichtend von der Notenbank durchgeführt werden sollen, und

4. keine optimale internationale Koordination, weil im Euro-Raum die Länder und ihre Institutionen zusammenrücken und weil eine internationale Koordination auch der Finanzmarktaufsicht durch bestehende Einrichtungen wie die Notenbanken, die es in allen Ländern gibt und die bereits im System der Europäischen Zentralbanken zusammenarbeiten, besser möglich ist als durch unterschiedliche privatrechtliche Institutionen.

Ziel der SPÖ-Reformvorschläge ist es, eine qualitativ hochwertige, effektive, zukunftsgerichtete und gleichzeitig kostengünstige Form der Finanzmarktaufsicht zu errichten. Aus Sicht der Finanzmarktstabilität ist – wie auch bereits vom Rechnungshof gefordert – die Einrichtung einer Aufsicht "mit Biss" erforderlich, deren Möglichkeiten erweitert, deren Instrumente geschärft und deren politische Unabhängigkeit gesichert ist. Die Einhaltung internationaler Standards, wie etwa die Unabhängigkeit der Behörde, stellen eine Grundvoraussetzung für operative Handlungsfähigkeit und die internationale Akzeptanz der Finanzmarktaufsicht in Österreich dar.

Der international beobachtbare Trend eines zunehmend sektorübergreifenden Angebots von Finanzdienstleistungen durch einzelne Finanzinstitute erfordert auch ein Umdenken im Rahmen der Finanzaufsicht. SPÖ steht dem Reformgedanken bezüglich der Finanzmarktaufsicht sowie dem Konzept einer Allfinanzaufsicht in Österreich demnach grundsätzlich positiv gegenüber.

Um die Effektivität der Finanzaufsicht allerdings sicherzustellen, ist es aus Sicht der SPÖ notwendig, die Aufsichtsverantwortung der Zentralbank zu übertragen oder diese zumindest so eng als möglich in die Aufsicht mit einzubeziehen. Insbesondere in kleinen Volkswirtschaften – so der IWF – sollte in besonderem Ausmaß auf die Ressourcen der nationalen Zentralbanken zurückgegriffen werden, um einen höchstmöglichen Qualitätsgrad der Finanzmarktaufsicht zu erlangen.

Die Errichtung einer Allfinanz-Aufsichtsbehörde durch Vollintegration der Finanzmarktaufsicht (FMA) in die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) wäre nach Expertenmeinung allerdings schwer machbar.

Die Finanzmarktaufsichtsbehörde, die mit der Banken-, Versicherungs-, Wertpapier- und Pensionskassenaufsicht betraut ist, sollte daher als Tochtergesellschaft der Oesterreichischen Nationalbank in Form einer Aktiengesellschaft in 100%igem Eigentum der OeNB errichtet werden.

Durch die organisatorische Nähe zur Oesterreichischen Nationalbank können deren anerkannten Kapazitäten im Bereich der Finanzmarktaufsicht effizient von der FMA genützt und somit Doppelgleisigkeiten vermieden werden. Im Bereich der Bankenaufsicht sind die Durchführung von Vor-Ort-Prüfungen, die laufende Überwachung, sowie die Erstellung von Gutachten über die ordnungsgemäße Risikoerfassung verpflichtend und gänzlich der Oesterreichischen Nationalbank zu übertragen. Dies hat nicht nur eine kostenentlastende Wirkung für die FMA, sondern stellt auch die optimale Nutzung bestehender Ressourcen und langjähriger Erfahrung dar.

Die Sozialdemokratische Partei Österreichs sieht unter den gegebenen politischen Umständen die vorgeschlagene Reformvariante der Finanzmarktaufsichtbehörde in Form einer 100%-Tochtergesellschaft der Oesterreichischen Nationalbank als die für Österreich beste Lösung an.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite