Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 52

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Gaugg, bei aller Problematik der Postgewerkschaft. Wenn Vorredner über die Indikatoren von weltweiten Rezessionen oder eben Nicht-Rezessionen sinniert haben, dann war das ein bisschen kleinlich an dieser Stelle und in dieser Situation.

Kommen wir zur Auseinandersetzung, und tauschen wir in aller Kürze die Argumente aus.

Wenn wir davon ausgehen, dass wir wirtschaftswissenschaftliche Begriffe brauchen, werden wir nicht sehr weit kommen, was genau eine Rezession ist oder nicht, denn die Wissenschaft bietet Orientierungshilfen, aber die politische Sprache hat sich aus guten und schlechten Gründen längst verselbständigt. Deshalb sehe ich nicht ganz ein, wieso von der Regierungsbank aus sozusagen dies bemüht wird, um zu signalisieren, dass das, was ohnehin immer getan wurde und eigene Ideologie ist, nach wie vor richtig ist. Also ein bisschen Flexibilität wird man schon einfordern dürfen, und es gibt immer noch Möglichkeiten, um in Ihrem Jargon zu bleiben, so genannte Hausaufgaben zu erledigen. (Beifall bei den Grünen.) – Darauf werde ich gleich noch zurückkommen.

Ich darf jetzt, weil ja die Debatte in die Richtung gegangen ist, ob wir uns nun – zumindest global betrachtet – in einer Rezession befinden oder nicht, den eher unverdächtigen, hoffe ich zumindest noch, "Economist" zitieren und Ihnen auch das Titelblatt präsentieren. Das Wort "Rezession" ist relativ grell auf die Titelseite gedruckt worden, aber nicht erst nach dem 11. September 2001, sondern bereits am 25. August 2001.

Der "Economist" kommentiert dieses Titelblatt mit den Worten: "People prefer not to use the word." – Nämlich "Rezession." – "But the fact is" – jetzt weiter in deutscher Übersetzung –, dass die Weltwirtschaft dabei ist, in einer Rezession zu sein, und zwar in einer besonderen – darüber zu diskutieren haben wir jetzt nicht Zeit –, in der bestimmte Ursachen gleichzeitig auftreten, die in dieser Konstellation neu sind. Und deshalb sehe ich für Schönreden tatsächlich wenig Anlass.

Faktum ist jedenfalls, dass in den drei großen Wirtschaftszentren der Welt, nämlich Nordamerika, Europa und Japan, entsprechende Abschwünge festzustellen sind. – Das hiezu.

Was kann nun getan werden? – Es ist ja nicht so, dass die Regierung schuld ist an diesen Umständen – das behauptet auch niemand. Es wäre von der Opposition völlig verfehlt, sich hierher zu stellen und zu sagen: Pfui Teufel, alles durch die Regierung! – Das kann man seriöserweise in einer verflochtenen Weltwirtschaft nicht machen, schon gar nicht, wenn man sich wie in Österreich in einer kleinen offenen Volkswirtschaft, der Herr Minister hat es vorhin angesprochen, bewegt.

Deshalb wäre es auch sinnvoll – das ist bis jetzt völlig ausgespart geblieben –, darauf Bedacht zu nehmen, was auf europäischer Ebene und im europäischen Zusammenhang geschehen kann. Da gibt es einiges, und da kann die Regierung natürlich schon auftreten.

Was wäre möglich? – Es müsste oder könnte etwa vom strikten Festhalten am so genannten Stabilitätspakt, der ein sehr enges Korsett darstellt und durchaus geeignet sein mag, Strukturvorgaben für Aufschwungphasen zu machen, etwas abgegangen werden. Das entspricht ungefähr der heimischen Debatte und Philosophie. Wir sind ja nach wie vor der Meinung, dass mit dem Nulldefizit, wie es hier propagiert wird, explizit für das Jahr 2002, eher eine Ersatzreligion sozusagen auf das Podest gehoben und dieser gehuldigt wird, als wirklich seriöse Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Man nimmt das sogar noch zum Vorwand, diese nicht zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

Also: Ob wir jetzt plus 0,2 oder minus 0,4 haben – um die Temperaturen auf die Prozentzahlen des Budgetdefizits umzulegen –, wird egal sein. Wenn es Ihnen, Herr Finanzminister, nicht egal ist, weil Ihnen ein Marketinggag abhanden kommt, dann wäre das, glaube ich, ein schlechtes Spielkapital für den Rest der Österreicher. (Beifall bei den Grünen.)

Es kann ja nicht so sein, dass mit derartigen Schlagworten die politische Bühne besetzt wird und entsprechend sinnvolle Maßnahmen sozusagen wegideologisiert werden. Sie sind wirklich


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