Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 95

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jemals in den Energieverhandlungen geglaubt haben, und da ersuche ich insbesondere die SPÖ und den Abgeordneten Cap, ihre Position diesbezüglich noch einmal zu überdenken.

Meine Damen und Herren! Man muss sich aber auch etwas anderes vorstellen: Viele der Staaten, die den internationalen Terrorismus unterstützen, verfügen heute über Chemikalien und Bioreaktoren, die eine ganz andere Art von Anschlägen möglich machen. Wir wissen, dass es heute überhaupt kein Problem ist, Tabun oder Sarin in großen Mengen herzustellen. Wir wissen aber auch, dass die Bioreaktoren dazu zum Teil aus Österreich geliefert worden sind und dass die so genannten Agrarchemikalien, die die Bestandteile zur Herstellung von Giftgas bilden, aus vielen Staaten der Europäischen Union nach Libyen, in den Irak und in andere Gebiete exportiert worden sind.

Meine Damen und Herren! Wer den Terrorismus bekämpfen will, der muss sich das endlich vorstellen und darf nicht sagen, Wirtschaftspolitik ist das eine und der militärische Gegenschlag ist das andere. – Wer nicht bei der Wirtschaftspolitik, bei der Finanzpolitik, bei der Menschenrechtspolitik und bei vielem anderen rechtzeitig darauf schaut, dass nichts schief geht und missbraucht werden kann, der kommt mit der militärischen Intervention immer zu spät. (Beifall bei den Grünen.)

Wir stehen jetzt wieder vor einer Situation, bei der wir nicht wissen, was ein militärischer Schlag bringen wird. Na selbstverständlich hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen den Vereinigten Staaten von Amerika das Recht auf militärische Selbstverteidigung zugestanden. Gut. Aber heißt das, dass damit der Terrorismus erfolgreich bekämpft werden kann? Heißt das, dass damit die Wurzeln des Terrors ausgetrocknet werden? – Nichts deutet darauf hin! Nichts deutet darauf hin, dass dann, wenn alle drei Jahre ein militärischer Schlag gegen den Terrorismus geführt wird und sonst völlig normal Handel, sonst völlig normal Waffenhandel, sonst völlig normal Energiepolitik betrieben wird, irgendetwas besser wird.

Meine Damen und Herren! Wir werden auch in diesem Punkt umdenken müssen. Ich werde deshalb einen Antrag in dieser Nationalratssitzung einbringen. (Abg. Brosz legt dem Redner einen Antrag vor, den dieser unterschreibt.) Dieser Antrag handelt von den finanziellen Quellen des Terrors. Es gibt – Herr Abgeordneter Khol, das wissen Sie – eine UN-Konvention zur Bekämpfung der finanziellen Wurzeln des Terrorismus. Es gibt diese Konvention, aber nur vier Staaten haben sie bisher ratifiziert: Botswana, Usbekistan, Sri Lanka und Irland. Die USA führen einen militärischen Gegenschlag – und Usbekistan, Sri Lanka, Botswana, die Republik Irland und in den nächsten Tagen auch die Republik Österreich sollen gemeinsam die finanziellen Wurzeln des internationalen Terrorismus bekämpfen?

Folgende Forderung müssen wir an unsere amerikanischen Freunde stellen: Wenn ihr mit uns gemeinsam den Terrorismus bekämpfen wollt, dann ratifiziert endlich diese Konvention und schaut darauf, dass am Ende dieses Jahres, wenn die Frist abläuft, die 22 Staaten diese Konvention ratifiziert haben, damit sie in Geltung tritt!

Deshalb, Herr Präsident, bringe ich den Entschließungsantrag betreffend Solidarität gegen den Terror und seine Finanzierung ein, dessen Verlesung sich, nehme ich an, erübrigt, weil er in Kopie allen Abgeordneten dieses Hauses zugeht.

Eine letzte Bemerkung noch: Wenn wir uns gegen den Terrorismus verteidigen, dann müssen wir auch immer wissen, was wir verteidigen. Wir verteidigen nicht nur die Menschen, nicht nur Gebäude, nicht nur Städte und nicht nur unsere Wirtschaft, sondern wir verteidigen auch Rechtsstaat und Demokratie.

Aber eines, Herr Abgeordneter Westenthaler, bei aller Solidarität, die geboten erscheint, kann nicht möglich sein: Die Fingerabdrücke von allen Österreicherinnen und Österreichern werden Sie auch unter dem Titel "Terrorismusbekämpfung" nicht bekommen! Wer die Fingerabdrücke von allen Menschen verlangt, unterstellt allen Menschen etwas, nämlich dass sie erst durch die Abgabe des Fingerabdrucks ihre Unschuld beweisen müssen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich möchte sie gar nicht haben!) Fingerabdrücke nimmt man in einem Rechtsstaat immer noch


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