Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 115

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der 11. September 2001, der Terroranschlag in New York, eine unvorstellbare Zäsur. Das dritte Jahrtausend beginnt für uns mit einem Albtraum. Angesichts dieser Ereignisse wird die Verwundbarkeit unserer modernen Industriegesellschaft deutlich. Plötzlich wird allen klar – das ist auch sehr häufig zum Ausdruck gekommen –, dass alles möglich ist. Man denke nur etwa an Anschläge auf Atomkraftwerke, an den Einsatz biologischer oder chemischer Waffen oder von Atomwaffen.

Das heißt, die Selbstmordattentate bringen uns weltweit in größte Schwierigkeiten. Dabei ist überhaupt noch nicht gesagt, welche Auswirkungen dieser Angriff auf das internationale Wirtschaftswachstum, auf unsere Börsen, auf das Gleichgewicht der internationalen Wirtschaft hat.

Selbstverständlich gilt in dieser Situation unser Mitgefühl den vielen Opfern und ihren Angehörigen und dem amerikanischen Volk. Ich stehe auch dazu, dass Terror entschieden bekämpft werden muss, bin aber fest davon überzeugt, dass dieser Terroranschlag, ungeachtet seines entsetzlichen Ausmaßes, ein politisches Verbrechen war und kein Akt des Krieges, sondern ein krimineller Akt. Ich hoffe sehr, dass sich die besonnenen Kräfte der USA, Europas, Russlands, ja der ganzen Welt durchsetzen werden – das ist heute schon mehrmals angesprochen worden – und dass, sollte es zu Aktionen in Afghanistan kommen, diese sehr gezielt, sehr besonnen durchgeführt werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Tatsächlich besteht eine begründete Angst vor einem unkontrollierbaren Krieg. Dass das Taliban-Regime in Afghanistan grausam und menschenverachtend ist, das wissen wir seit Jahren. Wir haben in diesem Hohen Haus auch bereits einen Antrag gegen dieses Regime unterstützt. Ich erinnere aber auch daran, dass man weltweit mit afghanischen Flüchtlingen in den letzten Monaten nicht gerade solidarisch umgegangen ist. Auch das sollte man in dieser Situation einmal sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Gebot der Stunde ist: Wir müssen dem Terrorismus den Nährboden entziehen. Dieser Nährboden – Kollege Posch hat es angesprochen – ist vor allem die politische und wirtschaftliche Situation im Nahen Osten. Ich bin sehr froh, dass auch von Seiten der Bundesregierung diesbezüglich Maßnahmen gesetzt worden sind, dass die Frau Außenministerin zu Gesprächen im Nahen Osten unterwegs ist. Es müssen alle politischen Mittel ausgeschöpft werden, um den Friedensprozess im Nahen Osten wieder in Gang zu setzen. Der Nahostkonflikt gehört im Sinne der Madrider Konferenz von 1991 gelöst. Es ist auch bemerkenswert, dass in der Zeit des Osloer Friedensprozesses der Terrorismus so gut wie nicht existierte.

Ein zweiter Punkt – und das ist heute nicht angesprochen worden –: Meiner Meinung nach muss auch der Irak wieder in die Völkergemeinschaft aufgenommen werden. Selbstverständlich muss dies mit Kontrollauflagen im Bereich der Massenvernichtungswaffen verbunden sein, aber es muss ein Weg gefunden werden, mit dem Irak wieder ins Gespräch zu kommen, ein Weg hin zu einer Normalisierung der Situation.

Drittens – und das muss die Welt auch begreifen –: Während dieses Terroranschlags hat sich eine Delegation des Parlaments in Burkina Faso aufgehalten. Das ist eines der ärmsten Länder der Welt. Angesichts dieses Ungleichgewichts, dieser ungleichen Entwicklung auf der Welt müssen wir einfach sehen und auch den Blick darauf richten, dass nur eine gerechte Weltwirtschaftsordnung auf Dauer weltweit Frieden und Demokratie schaffen kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dafür müssen wir massiv eintreten, und ich appelliere in diesem Zusammenhang auch an das österreichische Parlament: Das, was wir im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit tun, entspricht nicht unserer Wirtschaftskraft, entspricht nicht unseren Möglichkeiten. Vielleicht ist das jetzt auch der Zeitpunkt dafür, dass wir zusammenstehen und dass alle hier im Hohen Haus vertretenen Parteien auch ihre Unterstützung dahin gehend zum Ausdruck bringen, dass wir in diesem Bereich mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.12


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