Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 122

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich möchte noch auf ein paar Punkte dieser Verordnung, die mir teilweise widersinnig erscheinen, im Detail eingehen. Etwa: Warum gibt es zwei verschiedene Grenzwerte? Warum können die konventionellen Landwirte nicht das Gleiche schaffen, was auch die Biobauern schaffen können? Warum bekommen die einen einen Grenzwert von 0,5 Prozent und die anderen einen Grenzwert von 0,1 Prozent auferlegt? – Das kann ich nicht nachvollziehen.

Der zweite Punkt betrifft die EU-Ebene. Herr Minister! Sie erinnern sich sicher daran, wie oft wir schon darüber gesprochen haben, warum es bei der Futtermittelkennzeichnung in Österreich keine Kennzeichnungsregelung gibt. Sie haben mir immer gesagt: Nur im europäischen Gleichklang, sonst macht das keinen Sinn. – Wo ist denn jetzt bei diesen Grenzwerten der europäische Gleichklang? Der scheint derzeit auf Urlaub zu sein, denn plötzlich ist es kein Problem, in diesem Bereich nationalstaatlich eine Regelung einzuführen, und das obwohl die EU-Kommission erst im Juli einen Vorschlag für die so genannte Food+Feed-Verordnung vorgelegt hat, in der es auch um Grenzwerte geht. Diese wird allerdings noch im Kodezisionsverfahren im Europäischen Parlament – ich schätze in ungefähr zwei Jahren – über die Bühne gebracht werden. Da wird noch sehr viel diskutiert werden, und am Ende wird man dann sehen, ob es Grenzwerte geben wird oder nicht. Aber auf einmal ist vom europäischen Gleichklang keine Rede mehr. Wie ist das nur zu erklären?

Noch ein absurdes Detail, das mir aufgefallen ist: In der Verordnung – zumindest von der Formulierung her – steht: "Der zulässige Grenzwert für gentechnisch veränderte Organismen derselben Art beträgt 0,5 Prozent". Wenn man sich das am Beispiel der Vorfälle des letzten Sommers ansieht, muss man feststellen, dass es da eine Maissorte gab, die mit drei verschiedenen gentechnisch veränderten Arten verunreinigt war, also maximal 0,5 Prozent von jeder GVO-Art. Das heißt, im Prinzip hätten in Summe 1,5 Prozent an gentechnischer Verunreinigung enthalten sein können. Man hat sozusagen eine additive Regelung geschaffen, die, je nach dem, wie viele GVOs sich drinnen befinden und potenzieren, bis zu ein paar Prozentpunkten hinaufgehen kann. Das finde ich völlig widersinnig.

Ein weiteres absurdes Detail, das mir sofort ins Auge gesprungen ist, betrifft unsere Importverbote. Wir haben immer sehr hart dafür gekämpft, auf europäischer Ebene gegen bestimmte gentechnisch veränderte Organismen, die zum Beispiel Antibiotikaresistenzmarker oder sonstige für uns gefährlich oder riskant erscheinende Eigenschaften in sich tragen, ein Importverbot zu verhängen. Wir waren ganz stolz darauf, dass wir das durchgekämpft haben, dass wir das über Jahre hinweg durchgehalten haben. Nach dieser Ihrer neuen Verordnung ist es aber so, dass diese GVOs, diese gentechnisch veränderte Organismen, gegen die noch immer ein Importverbot auf EU-Ebene besteht, in Österreich quasi als Verunreinigung auf unseren Feldern angebaut werden dürfen. – All das muss man sich doch einmal "auf der Zunge zergehen" lassen!

In Brüssel wird uns überhaupt niemand mehr ernst nehmen. Wir machen uns total lächerlich. Zuerst erklären wir dort in 30 Seiten langen Schriften, warum das gefährlich ist, und dann bauen wir das in Österreich als zulässige "technisch unvermeidbare" Verunreinigung an. Das ist doch lachhaft! Aber vielleicht können Sie hier noch zur Aufklärung beitragen.

Meine Damen und Herren! Die Gentechnikindustrie hat an sich immer damit geworben, diese neue Technologie völlig im Griff zu haben. Dieses Argument kenne ich aus vielen Debatten mit Vertretern der Gentechnikindustrie. Jetzt stellt sich schön langsam heraus, dass sie nicht einmal in der Lage dazu sind, das Saatgut auseinander zu halten. Was für ein Eindruck von der Fähigkeit, diese Technologie unter Kontrolle zu halten, soll da bei mir erweckt werden? – Ich habe den Eindruck, dass diese Technologie überhaupt nicht unter Kontrolle ist, wenn man nicht einmal so elementare Dinge tun kann wie Saatgut in die richtigen Säckchen abzufüllen. Diese Verunreinigung kommt nämlich nicht von einer natürlichen Ausbreitung oder von Pollenflug. Sie ist zum größten Teil auf Probleme beim Vertrieb, bei Kreuzkontaminationen und bei der Abfüllung zurückzuführen.

Warum Sie, Herr Minister, dieser schleichenden Verbreitung von Gen-Saatgut in Österreich mit dieser Verordnung auch noch Vorschub leisten, ist mir ein Rätsel. Ich kann das überhaupt nicht


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite