Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 55

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Ich glaube nicht, dass das das Problem der Sicherheitsbehörden war, nämlich, dass die Leute gesagt haben: Die drei Jahre Freiheitsstrafe, was kümmert mich das, setze ich mich halt drei Jahre ins Gefängnis!, sondern das Problem für die Sicherheitsbehörden ist, dass derartige üble Scherze nur sehr schwer aufklärbar sind, weil eben in der Regel die Täter nicht normale Gemeinkriminelle sind; das Problem ist, dass die, die derlei Dinge in verantwortungsloser Weise tun, schwer zu finden sind. Das sind sie bei einem Strafrahmen von drei Jahren, und das werden sie bei einer Änderung der Strafdrohung ganz genauso sein.

Kann mir irgendjemand mit irgendeinem rationalen Argument erklären, was eine solche Änderung in der Realität für die Arbeit der Sicherheitsbehörden bewirken soll?

Herr Bundesminister! Vielleicht sagen Sie der Ehrlichkeit, der Redlichkeit und der Rationalität halber, wie oft denn bisher diese Paragraphen mit der Ihrer Meinung nach zu geringen Strafdrohung angewendet worden sind, beziehungsweise woran in anderen Fällen die Verfolgung der Taten gescheitert ist. Es ist die Frage, ob es wirklich die Strafdrohung war. Ich glaube, die Argumente, die von der Opposition kamen, etwa jene von meiner Kollegin Stoisits, sind sehr berechtigt.

Herr Bundesminister, ich bitte Sie noch um ein Zweites: auch bei Ihrer Entscheidung – vielleicht auch bei zukünftigen Entscheidungen, denn ich fürchte, dass wir nicht am Endpunkt einer Entwicklung stehen – diese Argumente mit zu bedenken. Ich stelle Ihnen in aller Form die Frage: Wie intellektuell redlich sind Sie bisher in der Debatte vorgegangen?

Ich stelle auch Ihnen eine Frage, Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer. Hier kam vom Abgeordneten Ofner etwa die Bemerkung, dass die naiven Vorstellungen von der gefängnislosen Gesellschaft gescheitert seien. Abgeordneter Ofner hat gesagt, wir, die Opposition, die Grünen, hätten uns für die falschen Leute auf die Barrikaden gestellt. Weiters hat er gesagt, man dürfe doch nicht zulassen, dass jeder Straftäter eine goldene Uhr samt Kette bekommt.

Meine Frage an Sie, Frau Abgeordnete, und auch an Sie, Herr Bundesminister: Hat das irgendjemand hier gefordert? Hat irgendjemand hier und heute die gefängnislose Gesellschaft, Belohnungen für Straftäter, wie etwa goldene Uhren mit Ketten verlangt? Hat sich irgendjemand hier für mutmaßliche Verbrecher stark gemacht? Wenn Ihre Antwort "nein" lautet, dann frage ich Sie: Was tun Sie hier? Was versuchen Sie hier, rhetorisch zu tun? Sie bauen eine geschlossene Kette von Vorurteilen auf und richten dann über die von Ihnen selbst aufgebauten Vorurteile. Das nenne ich eine unredliche Führung der Debatte! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie meinen – was ja aus den Ausführungen des Abgeordneten Ofner sehr deutlich hervorkam –, dass dem Eintreten für das Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft, und zwar von rechtskonform lebenden Menschen, das Scheitern vorgeworfen werden muss, dann orte ich darin etwas anderes – und darin sehe ich Gefahren. Darin sehe ich Gefahren für den Frieden zwischen den Völkern, für den Frieden zwischen Menschen.

Wenn Sie den Satz sagen können: Wer hereinkommt, den muss man sich anschauen, wie er sich aufführt!, dann frage ich mich: Was heißt denn das im Klartext? Damit wird unterstellt, dass Menschen, die nicht in Österreich geboren sind, die irgendwann nach Österreich gekommen sind, wie wahrscheinlich die Urgroßeltern, die Großeltern, ein Großelternteil der meisten von uns, es mit den Gesetzen nicht so genau nehmen. Genau das sind die gefährlichen Vorurteile, die uns und dem friedlichen Zusammenleben zu schaffen machen, die aber auch die Arbeit und die konsequente Verbrechensaufklärung der Exekutive erschweren, weil damit auf der einen Seite nur einem Teil der Bevölkerung einseitig Vorurteile entgegengebracht werden und auf der anderen Seite Gefahren vielleicht gar nicht wahrgenommen werden.

Ist es nicht so, dass schwere, ganz schwere, die schwersten Verbrechen auch in Österreich von Menschen, die seit ihrer Geburt immer da waren, ganz unauffällig waren, begangen worden sind? Ich nenne nur einige Beispiele: Briefbombenattentate, getötete Roma, schwer verletzter Alt-Bürgermeister, andere verletzte Personen. Wer war denn das? War es nicht auch in Amerika so, dass Briefbombenterror durch einen Sonderling, einen Universitätslehrer, der sich


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