Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 84

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Man hat gehört, die Gesetze sind zwischen Bund und Ländern zersplittert, sie sind unübersichtlich, man müsste die Verfassung ändern, um dem Bund diese Kompetenzen zuzuweisen und eine bundesweite einheitliche Patientenrechtsregelung zu haben. Also diese Übersichtlichkeit ist hergestellt. Da hat meine Vorrednerin schon Recht: Es ist transparenter, wenn man diese Materien pro Bundesland zusammenfasst. Aber wenn man sich diese Transparenz anschaut, dann, das muss ich sagen, versteht man den Widerstand der Länder, weil vieles dessen, was der Bund vor- und vorausgedacht oder zumindest beabsichtigt hat, auf Länderebene – ich sage es jetzt diskret und sehr höflich – etwas verwässert wurde. Vielfach findet sich hier eine Ansammlung von Selbstverständlichkeiten. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn ich jetzt lese – und das richtet sich nicht gegen Niederösterreich –: "Die Vertragsparteien verpflichten sich, dass klinische Prüfungen von Arzneimitteln, ... sowie die Anwendung neuer medizinischer Methoden erst nach eingehender ethischer Beurteilung vorgenommen werden dürfen.", muss ich sagen: No na net! Was heißt aber "eingehender ... Beurteilung" in Kärnten, was heißt es im Burgenland, und was heißt es in Oberösterreich?

Wenn im Artikel 14 festgestellt wird: "Es ist sicherzustellen, dass im Rahmen stationärer Versorgung Besuche empfangen werden können", sage ich wieder: No na net! "Tolle" Errungenschaft, diese Patientenrechte – hört, hört, man kann auch Besuche empfangen!

Im Artikel 15 heißt es: "In stationären Einrichtungen ist ein Sterben in Würde zu ermöglichen."

Damit sind wir bei der Enquete, dort waren sich alle einig. Aber wenn es darum geht, dafür etwas zu zahlen, räumliche Maßnahmen zu ergreifen, in Neubauten Räume des Abschiednehmens zu planen oder bei Sanierungen auch Räume für die Möglichkeit des Abschiednehmens zu bezahlen, dann ist die Patientencharta wahrscheinlich nicht der Hebelpunkt, um das zu erreichen.

In Artikel 15 heißt es außerdem: "Vertrauenspersonen der Patienten und Patientinnen ist Gelegenheit zum Kontakt mit Sterbenden zu geben." – Wie sieht diese Gelegenheit aus? Ist es der Besuch in der Besenkammer? Ist es der Besuch auf dem Gang? Was ist damit gemeint? – Also: nicht schlecht, aber glücklich wird man damit nicht.

Ich frage, woher der Widerstand gegen bundeseinheitliche Regelungen kommt. Für die Antwort brauchen Sie nicht viel Phantasie: Die Bundesländer haben – wie auch die Republik Österreich, das gebe ich schon zu – nie Freude, wenn sie etwas zahlen müssen. Qualität im Gesundheitswesen ist jedoch nicht etwas, was gratis ist, was durch die Sternsinger-Aktion aufgebracht werden kann oder wo Pfadfinder die professionellen Hilfen in der Sterbebegleitung ablösen. Dazu wird es nicht kommen.

Das heißt, es sind mehrere Punkte, die mir in den Chartas überhaupt fehlen. Die psychische Betreuung ist nur unzulänglich in Paragraphen gefasst. Auch ist bei Jugendlichen die Mitaufnahme von Begleitpersonen – deren Eltern, Müttern oder sonstigen Vertrauten – nur als Möglichkeit vorgesehen und wird bloß im Konjunktiv erwähnt. Die Rechte der behinderten Menschen sind kaum verankert. Auch für die Palliativmedizin, zum Beispiel auf Intensivstationen, gibt es keine rechtliche Absicherung.

Hinsichtlich der Medizinhaftung könnte ich Ihnen ein Beispiel aus Tirol nennen. Dort schlägt man einen Entschädigungsbeauftragten vor, der gleichzeitig Leiter der Schlichtungsstelle in der Tiroler Ärztekammer ist. Wer soll sein Vertreter sein? – Der Vertreter des Schiedsstellenvorsitzenden der Tiroler Ärztekammer! Wer soll der Sachverständige sein? – Der Gutachter, der für die Schiedsstelle der Tiroler Ärztekammer arbeitet! Dazu muss ich sagen: Bitte, fassen wir hier doch Regelungen und Rahmen ins Auge, die solchen Interpretationen keinen Spielraum lassen!

Aber ich gebe meiner Vorrednerin und sogar dem Ministerium insofern immer noch Recht: Ich bin froh darüber, dass es das gibt, und wir stimmen dem auch zu. Glücklich ist man nicht, und man muss im Auge behalten, dass der Föderalismus mittelfristig nicht so weit geht, dass auf


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