Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 91. Sitzung / Seite 82

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Es geht auch um eine Abgeltung für die Zivilpersonen; Zivilpersonen aus allen Richtungen, die im Ausland zum Handkuss gekommen sind, etwa auch im heutigen Jugoslawien und im heutigen Rumänien, wo man Kinder deutscher Muttersprache ab 16, Frauen und Männer bis 60 Jahre in Haft genommen hat, nach Russland gebracht hat, unter Tag im Kohlenbergbau hat arbeiten lassen und bis zu zehn Jahre lang nicht nach Hause hat kommen lassen.

Das ist alles nur mehr so vage in Erinnerung, aber es sind lauter Fakten, die man nicht vergessen darf.

Betroffene aus dem Ersten Weltkrieg – das ist recht und schön, auf Anhieb fällt einem ein, dass das eigentlich gerecht wäre, aber es hat leider keinen faktischen Hintergrund mehr! Ich erinnere mich, als ich Minister war, ist alle paar Wochen einmal der alte Dr. Stern – der Michael, nicht der Peter – zu mir gekommen und hat den jüngsten Überweisungsbeleg hinsichtlich seines Ehrensoldes für die Große Goldene Tapferkeitsmedaille, die er aus dem Ersten Weltkrieg gehabt hat, ausgepackt. Er hat immer gesagt: "Herr Minister, das ist mein liebstes Einkommen, darauf bin ich am meisten stolz!" – Das wird vielleicht im Ersten Weltkrieg noch viel Geld gewesen sein, in der Zeit, von der ich rede, waren es 62 S oder so ähnlich, aber wir alle wissen, dass auch der alte Dr. Stern, der damals rund 92 Jahre alt war, längst tot ist.

Das heißt, wir würden ein Gesetz für eine Population machen, die bedauerlicherweise nicht mehr am Leben ist und die als Normadressat nicht mehr in Frage kommt.

Es wird eine Lücke geschlossen. Alle, die sich darüber beschweren, dass es diese Lücke bisher gibt, die mögen sich selbst bei der Nase nehmen, denn sie hätten Jahre und Jahrzehnte früher, nämlich in den vergangenen 56 Jahren, in der Rolle der absoluten Mehrheitspartei, in der Rolle des Sozialministers der rot-schwarzen Koalition, der immer ein Sozialdemokrat war, etwas unternehmen können. Man hätte also schon längst etwas unternehmen können. Dass es jetzt endlich geschieht, ist gut.

Dass es keine wirkliche Entschädigung für erlittene Katastrophen, für Unbill ist, ist ganz klar. Es ist dies eine symbolische Gabe, die zeigen soll, dass wir die Leiden der Betroffenen nicht vergessen haben, dass wir sie positiv in Erinnerung behalten wollen und das deutlich anerkennen wollen, was sie mitmachen mussten. Kein Mensch hat das gewollt, nur Verrückte sind freiwillig in einen Krieg gezogen, von dem jeder hat wissen müssen, dass er mit fürchterlichen Verlusten auf allen Seiten enden wird. Dass die Betroffenen am Schluss noch völkerrechtswidrig bis zu zehn Jahre und länger in Haft gehalten wurden, das hat dem Fass noch den Boden ausgeschlagen.

Wir sind stolz und froh, dass es diese Regierung gewesen ist, die die Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte endlich aufgeholt hat, und dazu gehört auch das heute zu beschließende Gesetz. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Nürnberger. – Bitte.

12.31

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einige wenige kurze Bemerkungen zur vorliegenden Gesetzesnovelle machen. Ich werde das frei jeder politischen Polemik tun, werde mich auch nicht an dieser Diskussion beteiligen, denn wenn du, Herr Kollege Ofner, von jahrzehntelangen Versäumnissen gesprochen hast, müsste ich dir in Erinnerung rufen, dass es auch einige Jahre gegeben hat, in denen es eine rot-blaue Regierung gegeben hat, in der du selbst Minister gewesen bist. Damals hättest du hier etwas tun und initiativ werden können. (Abg. Dr. Ofner: Der Sozialminister war aber immer von der SPÖ! Dallinger war Sozialminister!)

Wir haben eine ÖVP-Alleinregierung gehabt, wir haben eine rot-blaue Regierung gehabt, wir haben eine rot-schwarze Regierung gehabt – streiten wir nicht darüber! Ich bin froh darüber,


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