Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 168

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Sehr geehrte Damen und Herren! Die blau-schwarze Bundesregierung beabsichtigt, 650 Postämter in Österreich zu schließen. Blindwütig werden Strukturen zerschlagen, die den Menschen in den Dörfern und Städten die Versorgungsqualität garantieren und die Lebensqualität bringen. Die Post AG, noch zu 100 Prozent im Besitz der Republik Österreich, wird von den blau-schwarzen Zusperrern ohnehin als Selbstbedienungsladen angesehen.

Ich begründe das: Zunächst entzieht man dem Unternehmen Sonderdividenden in der Höhe von mehr als 4,6 Milliarden Schilling, mit der Begründung, dieses Unternehmen hätte ohnedies zu hohes Eigenkapital. Damit treibt man den Betrieb in eine wirtschaftlich schwierige Lage und ebnet den Weg für die Schließungen und Kürzungen. Damit gefährdet man nicht nur die Post in ihrer Gesamtheit als Unternehmen mit einem wichtigen öffentlichen Versorgungsauftrag, sondern vor allem – und das tut weh – Tausende Arbeitsplätze.

Laut Angaben des Post-Vorstands soll sich die Post AG durch die Schließung von 650 Standorten österreichweit rund 300 Millionen Schilling pro Geschäftsjahr ersparen. Auf den Wirtschaftlichkeitsrechnungs-Nachweis warten wir noch immer. In diesem Zusammenhang muss ausdrücklich noch einmal auf die Tatsache hingewiesen werden – ich sagte es bereits –, dass die blau-schwarze Bundesregierung der Post AG 4,6 Milliarden Schilling an Sonderdividenden abverlangt hat, damit der Herr Finanzminister sein so genanntes Nulldefizit zusammenbringt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hätte man auf diese Sonderdividende verzichtet, wären das derzeitige Filialnetz der Post und somit Tausende Arbeitsplätze für mehr als 15 Jahre finanziert und auch abgesichert. Aber das wollen Sie von der ÖVP nicht. Sie wollen die Post zerstückeln und nachher, wie wir jetzt schon wissen, verscherbeln.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass das Schließungskonzept und die parallel laufende Filetierung der Post in fünf Geschäftsbereiche nur die Einleitung einer der größten Ausverkaufsaktionen der Zweiten Republik sind. Eine in fünf Bereiche filetierte Post kann leichter an ausländische Interessenten – wie zum Beispiel an die Deutsche Post oder die französische Post – verkauft werden. Mit dem Abbau von rund 11 000 Postjobs soll diesen Investoren der Happen "Postkauf Österreich" besonders schmackhaft gemacht werden. Wir können den Beschäftigten, die in ihrer berechtigten Notwehrsituation auch Streiks nicht ausschließen, nur Recht geben und werden sie auch unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Massive Verschlechterungen bei der Versorgung der Bevölkerung sind ebenso zu befürchten wie ein Rückgang des Postservices, vor allem im ländlichen Raum. Besonders auf dem Land drohen den Menschen Anfahrtswege von 30 Kilometern und mehr bis zum nächsten Postamt. Briefe und Paketsendungen werden noch länger unterwegs sein, als das bisher schon der Fall war.

Sehr geehrte Damen und Herren von FPÖ und ÖVP! Die Postbeschäftigten wissen sich in ihrem Widerstand gegen Ihre blau-schwarzen Zerschlagungspläne in Übereinstimmung mit der Bevölkerung. Zigtausende empörte Bürgerinnen und Bürger haben bereits mit ihren Unterschriften gegen die Schließung der Postämter protestiert. In vielen Gemeinden, auch in Niederösterreich – das richtet sich vor allem an die Damen und Herren ÖVP-Abgeordneten –, gibt es einstimmige Gemeinderatsbeschlüsse, getragen von allen ÖVP-Bürgermeistern und ÖVP-Mandataren, die sich gegen den Abzug der Post aus ihrem Ort aussprechen. Allein 180 Petitionen gegen Postamtsschließungen wurden hier im Hohen Haus eingebracht.

Ex-Ministerin Forstinger versicherte, dass keine Postämter ohne Zustimmung der Bürgermeister und der Landeshauptleute geschlossen werden. Ich frage jetzt: Welche Landeshauptleute haben einer Schließung zugestimmt? Hat Erwin Pröll sein Okay dazu gegeben, dass in Niederösterreich 220 Postämter zugesperrt werden? Haben Jörg Haider in Kärnten oder Wendelin Weingartner in Tirol zugestimmt? Wenn ja, dann legen Sie diese Zustimmungserklärung Ihrer Landeshauptleute vor; wenn nicht, dann begehen Sie einen klaren Wortbruch. Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)


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