Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 100. Sitzung / Seite 23

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Vorbild sein könnten, gibt es selbstverständlich Einheiten auf der unteren Ebene, in der Regel dort "schools" genannt. Die Kennedy School of Government an der Harvard Universität zum Beispiel, die Schools of Medicine an den wichtigsten amerikanischen Universitäten – Einheiten unterhalb der Rektoratsebene, die ihrerseits Entscheidungskompetenzen haben.

Herr Prinzhorn schaut mich so zweifelnd an, aber ich glaube nicht, dass er ein Unternehmen nach den geplanten Prinzipien führen würde, geschweige denn eine forschungsorientierte Institution wie die Universität. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn. )

Und was ist die Konsequenz? – Die Konsequenz sehen wir ja schon, nämlich dass jede Fakultät einen starken Anreiz hat, sich auszugliedern, sich zu verselbständigen; so wie wir das jetzt schon an den medizinischen Fakultäten beobachten können und beobachtet haben.

Das wird höhere Kosten verursachen, höhere Personalkosten. Die Verwaltungen müssen vervielfacht werden, und dann wird es wieder heißen: Die Universitäten kosten zu viel Geld! Aber diesen Kostendruck erzeugen Sie von den Regierungsparteien selbst, anschließend werden Sie jedoch sagen: Da sieht man es wieder, die Universitäten wissen ja nicht, wie sie wirtschaften sollen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich hätte Ihnen gerne "at length" erzählt, wie Berufungsverfahren nach diesem Gesetz nicht mehr ablaufen können, fürchte aber, dass meine Redezeit dazu nicht ausreicht. Ich möchte daher nur noch Folgendes sagen: Die Autonomie der Universität ist nach diesem Gesetzentwurf nur eine scheinbare. Das Kostenrisiko wird zur Gänze auf die Universitäten verlagert und nicht in einer partnerschaftlichen Vereinbarung zwischen Universität und Republik aufgeteilt. – Das stimmt schon, Herr Prinzhorn! Sie haben sich offensichtlich das Gesetz nicht angeschaut.

Der Universitätsrat ist von der Universität weder beeinfluss- noch absetzbar in seiner Gesamtheit; auch einzelne Mitglieder können von der Universität nicht abgesetzt werden, ganz gleich, was sie tun, und ganz gleich, was der Senat und das Rektorat dazu sagen. Das Ministerium kann, wenn das betreffende Mitglied verkalkt, unfähig oder böswillig ist, das Mitglied abberufen, muss aber nicht. Der Universitätsrat hingegen kann – wenn man das Gesetz genau ansieht, stellt man das fest – das Rektorat, den Rektor jederzeit und ohne Angabe von Gründen abberufen. – Das nennen Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, dann "Autonomie".

Meine Worte sind kein trivialer Einwand, denn, Herr Kollege Prinzhorn, der Universitätsrat vereinigt bestimmte Kompetenzen eines Vorstands und eines Aufsichtsrates in sich, ohne aber die Pflichten eines Aufsichtsrates zu haben. Er unterliegt zum Beispiel nicht denselben Haftungsregelungen wie der Aufsichtsrat eines Unternehmens. Ein Gremium zu schaffen, dessen Mitglieder für allfällige Fehlentscheidungen nicht von der Universität selbst verantwortlich gemacht werden können, das nenne ich wirklich eine geniale Vorstellung von Universitätsautonomie. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Stimmt nicht!)

All das stimmt, Herr Kollege Prinzhorn, Sie haben nur das Gesetz nicht gelesen. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie haben es nicht gelesen!)

Meine Damen und Herren! Abschließend zur Mitbestimmung: Ich gehöre einer Generation an, die schon alles miterlebt hat: die alte Ordinarien-Herrschaft und sämtliche Universitätsreformen.

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlusssatz!

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Das, was Sie hier mit der teilweisen Reetablierung der alten Ordinarien-Herrschaft machen, ist hinsichtlich Qualität, Entscheidungsabläufe und Transparenz das Schlimmste aller Systeme. Schade, dass Sie Mitbestimmung nicht auch mit Qualität identifizieren. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.13


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