Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 101. Sitzung / Seite 104

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Diese vernichtende Einschätzung des ministeriellen Begutachtungsentwurfs für ein "Universitätsgesetz 2002" stammt von keiner Oppositionspartei, sondern wurde mit Zwei-Drittel-Mehrheit von der Österreichischen Rektorenkonferenz und den Vorsitzenden der obersten Kollegialorgane am 8. April 2002 beschlossen.

Nicht nur die Rektorenkonferenz lehnt den Gesetzesentwurf vehement ab. In einer Resolution der Bundeskonferenz des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals (BUKO), der Österreichischen Hochschülerschaft, des Universitätslehrerverbands, des Verbands der UniversitätsdirektorInnen, der Bundessektion Hochschullehrer (GÖD), des Zentralausschusses für die Universitätslehrer und des Zentralausschusses für die Bediensteten mit Ausnahme der Universitätslehrer vom 12. April 2002 heißt es:

"Die unten angeführten universitären Gruppen lehnen den vom BMBWK vorgelegten Gesetzesvorschlag zum Universitätsgesetz 2002 zur Gänze ab und fordern seine Rücknahme sowie die Neuverhandlung zwischen BMBWK und VertreterInnen aller universitärer Gruppen in einem gleichberechtigten Diskussionsprozess. Als vorrangige Gründe für die Ablehnung führen wir Folgendes an:

Den oft zitierten "offenen Diskussionsprozess" hat es nie gegeben. Sämtliche guten und konstruktiven Einwände der universitären Gruppen zum Gestaltungsvorschlag fanden keine Aufnahme im Gesetzesvorschlag.

Der Gesetzesvorschlag sieht die politische Abhängigkeit der Universitäten und nicht deren Autonomie vor. Durch die Möglichkeit der mehrheitlich (partei-)politischen Besetzung des Universitätsrates werden die Universitäten politisch willfährig gemacht.

Die Mitbestimmung der universitären Gruppen wird zur Gänze abgeschafft. Der so genannte Mittelbau wird der freien Forschung und Lehre beraubt, die Studierenden zu Kunden degradiert und ArbeitnehmerInnenrechte und soziale Sicherheit abgebaut.

Aus diesen Gründen sehen sich die angeführten Gruppen dazu veranlasst, keinen weiteren Gesprächen über den vorgelegten Gesetzesentwurf mehr beizuwohnen und fordern nachdrücklich seine Rücknahme."

Auch die Österreichische Hochschülerschaft als Vertretung der österreichischen Studierenden lehnt den Gesetzesentwurf komplett ab.

Aus den Unis sollen "neoliberale Ausbildungsstätten unter dem Vorwand der internationalen Anpassung gemacht werden": "Dass demokratische Strukturen dieser Regierung ein Dorn im Auge sind, hat sie schon oft genug unter Beweis gestellt. Nun ist die ÖH das Ziel dieser Angriffe. Konnten die Studierenden bis jetzt das Geschehen an der Universität mitbestimmen, ihren Lebensbereich sozusagen mitgestalten, werden ihnen nun diese Rechte entzogen. Einzig im Universitätssenat, einem vergleichbar unwichtigem Gremium, wird StudentIn noch zu 25 % vertreten sein – gegen eine Mehrheit von ProfessorInnen, die dann gewissermaßen alleine über alle studienrelevanten Bereiche entscheiden können. Selbst die Studienpläne werden nur noch auf Vorschlag der ProfessorInnen beschlossen."

Die gegenwärtige Bundesregierung hat es verstanden, durch eine provokante und vertrauensschädigende Politik gegenüber den Universitäten und deren Angehörigen deren grundsätzlich vorhandene Reformbereitschaft breitflächig zu zerstören. Der in Begutachtung stehende Gesetzesentwurf ignoriert bewusst die in den letzten Monaten vorgebrachten Bedenken und Vorschläge und will die Organisationsstruktur von gewinnorientierten Unternehmen an die Stelle der universitären Selbstverwaltung setzen.

Durch den Gesetzesentwurf der Bildungsministerin würde der Einfluss des Ministeriums im Vergleich zur jetzigen Rechtslage deutlich gestärkt, der parteipolitischen Einflussnahme wäre Tür und Tor geöffnet und die Mitsprache der meisten Universitätsangehörigen würde abgeschafft. Dadurch würden die Strukturen der universitären Selbstverwaltung grundlegend zerstört und die


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