Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 59

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Aber jetzt zum Sozialstaat-Volksbegehren. Mich wundert es, dass die SPÖ nicht vor Jahren die Gelegenheit ergriffen hat – es ist schon drei Jahre her, dass Sie die Hauptverantwortung hier im Staat getragen haben –, die Forderungen, die in diesem Sozialstaat-Volksbegehren enthalten sind – es ist ja von vielen Ihrer ehemaligen Minister unterzeichnet und befürwortet worden –, umzusetzen. Wieso haben Sie es nicht getan? Wieso nicht? Wieso gerade jetzt? Wieso jetzt? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Reheis. ) Sie hätten die Möglichkeit gehabt.

Aber jetzt einmal zum Sozialstaat-Volksbegehren. Ich habe mich sehr eingehend damit auseinander gesetzt, weil ich eigentlich gedacht habe: Vielleicht ist es gar nicht so ungeschickt, dass man das in die Verfassung schreibt. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht. Aber – Kollege Cap hat ganz kurz etwas von Sozialverträglichkeitsprüfung gesagt, und Kollege Öllinger hat dieses Thema auch angeschnitten – eine Sozialverträglichkeitsprüfung wäre schon sehr schwierig. Was ist eigentlich "sozial verträglich"?

Die Definition von Sozialverträglichkeit ist total unterschiedlich. Es gibt verschiedene Zugänge dazu. Bevor man die Sozialverträglichkeit definiert, müsste man nach Kriterien suchen. Ein Landwirt würde unter "sozial verträglich" andere Maßnahmen verstehen als ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger. Dieser hat einen ganz anderen Zugang zu Sozialverträglichkeit als ein Angestellter. Da gibt es ja verschiedene Voraussetzungen. (Abg. Dr. Petrovic: Genau das soll man prüfen!) Man kann nicht so undefinierte Schlagworte, wie Sie sie hier verwendet haben, einfach in eine Bundesverfassung hineinnehmen. Sie haben dort meiner Meinung nach überhaupt nichts zu suchen.

Im Sozialstaat-Volksbegehren ist auch die Absicherung im Fall von Krankheit, Unfall, Behinderung, Alter, Arbeitslosigkeit und Armut enthalten. Weiters heißt es darin: Die Finanzierung der Staatsausgaben sollte sich am Grundsatz, dass die in Österreich lebenden Menschen einen ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage angemessenen Beitrag leisten, orientieren.

Selbstverständlich, es passiert ja nichts anderes. Aus dem Sozialbericht aus dem Jahre 1999 – dieser stammt eigentlich aus einer Zeit, als es noch einen sozialistischen Sozialminister gegeben hat – geht hervor, dass Österreich ein sozialer Staat ist. Das steht so im Sozialbericht.

Die Sozialausgaben haben in Österreich im Jahre 1998 745 Milliarden Schilling oder 48,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen. Seit 1980 erhöhte sich die Sozialquote um 1,3 Prozentpunkte. Jene, die der unteren Einkommenshälfte zuzurechnen sind, lukrieren zirka 70 Prozent des Sozialtransfers in Österreich und jene, die der obere Einkommenshälfte zuzurechnen sind, zirka 30 Prozent. Österreich ist also ein Sozialstaat.

Das bedeutet, dass die Forderungen dieses Volksbegehrens eigentlich in höchstem Maße umgesetzt werden. Durch die Maßnahmen, die durch diese Bundesregierung seit dem Jahr 2000 gesetzt wurden, wird dieser Anteil noch erhöht. Ich erinnere Sie: Das Kindergeld wurde eingeführt, die "Abfertigung neu" wurde gestern hier im Hohen Haus beschlossen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich bin sehr froh darüber, obwohl Sie alle sich jetzt mit diesen Federn schmücken. Die Behindertenmilliarde wurde geschaffen, die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten. Das haben Sie in jener Zeit, als Sie die Hauptverantwortung hier im Staate Österreich getragen haben, auch nicht zustande gebracht. Ab 2003 wird die Familienbeihilfe erhöht. Eine Entschädigungszahlung für die Kriegsgefangenen von Ost und West ist erfolgt. Es wurde auch das Pflegegeld ab der Geburt eines behinderten Kindes durchgesetzt. Ein Sozialpaket für NS-Opfer wurde verabschiedet.

Das logische Ergebnis ist, dass uns sogar die Europäische Union dafür lobt. Sie lobt uns für ein vorbildliches Vorgehen bei der Armutsbekämpfung in Österreich. Österreich hat ein vorbildliches Familienförderungssystem und eine der höchsten Frauenbeschäftigungsquoten in Europa. (Abg. Parnigoni: Das ist nicht das Verdienst dieser Regierung!)

Herr Kollege Parnigoni, dieses Volksbegehren haben zwölf Leute unterstützt, die eine Vergangenheit haben, wie Johanna Dohnal, ehemalige Frauenministerin in Österreich, Karl Blecha,


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