Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 176

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Mit der Absicht, das Handelsgewerbe freizugeben, bleiben auch die geäußerten Befürchtungen über die Gefährdung des dualen Berufsausbildungssystems in diesem Bereich aufrecht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe zwei Berufe erlernt, der erste war Einzelhandelskaufmann, und ich kann Ihnen versichern, dass diese Zeit für mich keine verlorene Zeit gewesen ist. Die kaufmännische Ausbildung stellt für jeden Unternehmer ein Basiswissen dar, das er ständig brauchen kann. Abgesehen von den Kenntnissen im Bereich der Buchhaltung und des Schriftverkehrs lernt man dort den Umgang mit Kunden, Verkaufsgespräche und all diese Dinge sehr gut und sehr genau.

Zum Thema Zulassung zur Meisterprüfung ohne Lehrabschluss. – Man kann dazu stehen, wie man will. Meine Freunde und ich stehen dem Ganzen jedenfalls sehr kritisch gegenüber. Man hat im Ministerium die Bedenken dahin gehend völlig ignoriert, dass man mit dieser Möglichkeit den Anreiz, überhaupt eine Lehre zu absolvieren, reduziert. Das ist für uns nämlich klar.

Ganz wichtig ist meines Erachtens die Praxis. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie heute zu einem Installateur, zu einem Elektriker gehen, weil irgendetwas kaputt ist, dann soll Sie der Firmenchef dort beraten. Sie fragen ihn: Was kann kaputt sein? Was ist da geschehen? In der Zeit, die diese Meister vorher als Gesellen und als Lehrlinge verbracht haben, sind ihnen hunderterlei Störungen untergekommen. Und diese Erfahrungen, dieses Wissen, das sie dort gesammelt haben, ist es, das sie auch nachher brauchen!

Ich habe lange genug gebaut, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich weiß: Wenn man mit einem "gestandenen" Handwerksmeister verhandelt, merkt man sofort, ob er eine Praxis hat oder nicht. Daher bin ich sehr betroffen von dieser neuen Möglichkeit, die da eröffnet wird. Damit will ich gar nichts gegen den Absolventen einer höheren Schule sagen. Ich meine das nicht negativ, aber es nützt mir nichts, wenn jemand zwar die Theorie beherrscht, sich aber in der Praxis nicht auskennt. Wie soll mir der an Ort und Stelle sagen können, was ich von ihm brauche, was ich von ihm will?!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch diese Dinge gehören im Detail erwähnt. Abschließend möchte ich noch feststellen: Gar so groß ist der Jubel über diese Gewerbeordnung innerhalb der Selbständigen nicht! Das wird aus Briefen deutlich, die ich bekommen habe – die wir alle bekommen haben. Diese Briefe haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sicherlich auch bekommen. – Man kann diese Briefe entweder wegschmeißen – oder darüber nachdenken.

Wir sind mit der Gewerbeordnungsnovelle in dieser Form nicht einverstanden. Wir haben immer konstruktiv mitgearbeitet, aber dieses Mal – es tut uns sehr Leid! – können wir diese Novelle nicht mittragen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

19.13

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Kollege Kiermaier ist sicherlich ein Visionär. Er hat seinerzeit zwei Berufe erlernt, wie er uns mitgeteilt hat, die auf Grund der vorliegenden Gewerbeordnung und der Nebenrechte nun sozusagen gemeinsam ausgeübt werden können. Er hat den Beruf des Einzelhandelskaufmannes erlernt – und ist nun Gastronom.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es sind, wie ich meine, mit der neuen Gewerbeordnung alte Zöpfe abgeschnitten worden. Diese Gewerbeordnung bringt eine weitgehende Liberalisierung. Der Berufszugang wird erleichtert, aber dieser Berufszugang sollte trotzdem geordnet sein. Ich stelle fest, dass das, was bislang, insbesondere seit Österreich Mitgliedstaat in der Europäischen Union ist, möglich war, durch die neue Gewerbeordnung sicherlich nicht mehr möglich sein wird. Auf Grund der bisher geltenden Gewerbeordnung und unserer Mitgliedschaft in der


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