Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 80

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Da wundert es mich nicht, dass die Studenten mit großer Sorge erfüllt sind, wenn sie hören, dass die FPÖ die ÖH "modernisieren" will, wie Sie gesagt haben. Die ÖH "modernisieren", was bedeutet das, wenn "neue Formen der Mitsprache" Mitbestimmung abschaffen bedeutet? Ich glaube, da ist wirklich Anlass zu großer Sorge und zu großer Vorsicht in den nächsten Wochen und Monaten gegeben.

Der Prozess, in dem diese Universitätsreform in den letzten Monaten diskutiert wurde, ist tatsächlich bemerkenswert, gibt er doch ein sehr klares Sittenbild darüber ab, was "neues Regieren" bedeutet. Es wurde von "offener Planung" gesprochen, und es stimmt, es sind sehr viele Diskussionen geführt worden, viele Leute gehört worden, viele Stellungnahmen zur Kenntnis genommen worden, jedenfalls durften sie abgegeben werden. Die Frau Bundesministerin selbst hat von 1 300 Arbeitsgruppen, Enqueten et cetera gesprochen. Aber wenn wir heute schauen, was unter dem Strich übrig bleibt, müssen wir feststellen, dass so gut wie nichts aus diesen hauptsächlich sehr kritischen, aber konstruktiven und Reformbereitschaft widerspiegelnden Stellungnahmen in Ihre Reform eingeflossen ist.

Diese "offene Planung" ist leider zu einer Beschäftigungstherapie für die meisten verkommen. Heute dürfen sich diejenigen, die in den 1 300 Arbeitsgruppen an Stellungnahmen et cetera mitgearbeitet haben, anhören, dass die Frau Bundesministerin Gehrer ihnen ausrichten lässt, dass sie die Leute sind, die hinter den Mauern sitzen und sich fürchten, die mauern und gegen jede Reform sind. – Das, meine Damen und Herren, ist wirklich nicht die Vorgangsweise, die man sich unter einem konstruktiven, offenen Diskussionsprozess vorstellt, sondern Sie haben gemauert, sehr geehrte Damen und Herren von den Koalitionsparteien! (Beifall bei der SPÖ.)

Im Unterausschuss hat die Frau Bundesminister gemeint, nach diesem offenen Diskussionsprozess könne man natürlich nicht machen, was Einzelne wollen. – Das verstehen wir auch, denn das ist natürlich das Wesen der Demokratie, dass man nicht machen kann, was jeder Einzelne will. Aber, Frau Bundesministerin – sie ist noch im Saal, aber sie schenkt mir leider nicht ihr Ohr –, warum muss man etwas machen, was so gut wie niemand will? Sie wissen genauso gut wie ich, wenn Sie an den Universitäten waren und dort Diskussionen geführt haben, dass dort eine große Ablehnung Ihrer Reform gegenüber besteht. Es hat an einzelnen Universitäten Umfragen und Urabstimmungen gegeben. In Linz waren bei einer Urabstimmung 91 Prozent dagegen, in Innsbruck waren laut einer Umfrage 95 Prozent dagegen. Aber das alles beeindruckt Sie nicht. Es wird das einfach durchgezogen.

In den parlamentarischen Behandlungen im Unterausschuss bot sich ein ähnliches Bild. Besonders eindrucksvoll war das, als es um die medizinischen Universitäten gegangen ist, zu denen gerade Herr Bundesminister Haupt gesprochen hat. Alle, einhellig alle Ausschussexperten haben diesen Weg klar abgelehnt. Nur die von Ihnen eingeladenen Fraktionsexperten, die Sie selbst aussuchen konnten, haben Ihnen Recht gegeben. Alle anderen, die gewählten Vertreter der unterschiedlichen Gruppen haben es klar abgelehnt, aber Sie haben, wie man auf gut Wienerisch sagt, nicht einmal mit dem Ohrwaschl gewackelt.

Und da, meine Damen und Herren, stellen sich Regierungsvertreter her und reden davon, dass Sie weniger Bevormundung an die Universitäten bringen. – Genau das Gegenteil ist der Fall! Das kann man ganz klar nachvollziehen.

Noch ein letzter Punkt: Sie haben es nicht einmal geschafft, hier eine Reform vorzulegen, bei der wir davon ausgehen können, dass sie verfassungsrechtlich hält. Wir werden dieses Gesetz prüfen, und wir werden es vor den Verfassungsgerichtshof bringen.

Sie muten den Universitäten einen Weg zu, der sie dazu zwingt, diese Reform jetzt in einem unglaublichen Tempo zu implementieren, umzusetzen, obwohl sie gar nicht wissen, ob diese Reform in einem Jahr überhaupt noch halten wird. Sie führen die Universitäten sehenden Auges in einen Besorgnis erregenden Zustand. Das, meine Damen und Herren, ist verantwortungslose Politik! (Beifall bei der SPÖ.)

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