Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 154

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"... und im Hinblick darauf" – dann wird auch die Moskauer Außenministerkonferenz zitiert und wörtlich darauf hingewiesen, dass "die Regierungen Großbritanniens, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten von Amerika" übereingekommen sind, "daß Österreich ... das erste freie Land" war, "das der Hitlerschen Aggression zum Opfer gefallen ist" und "von der deutschen Herrschaft befreit werden muß".

Angesichts dessen wird die Unabhängigkeitserklärung proklamiert, und dann wird auch sehr ehrlich darauf Bezug genommen, dass im Nachsatz zur Moskauer Konferenz auch auf die Mitverantwortung Österreichs "für die Beteiligung ... auf seiten Hitlerdeutschlands" hingewiesen wird, und "daß bei der endgültigen Regelung unvermeidlich sein eigener Beitrag zu seiner Befreiung berücksichtigt werden wird".

Dann kommt die Erklärung:

"Rafft Euch auf! Wirkt zusammen zu unser aller Befreiung! Helft mit, das vormalige, unabhängige Gemeinwesen der Republik Österreich wieder aufzurichten!"

Und weiters: "Vergeßt nicht, daß diese ersten Schritte nur dadurch ermöglicht worden sind, daß die Rote Armee große Teile unseres Staatsgebietes vom Drucke der Hitlerarmee erlöst hat."

Und dann wird auch das Bekenntnis dieser neuen, freien Republik zum Ausdruck gebracht, dass sie das Vertrauen der drei Weltmächte und der gesamten Staatenwelt wieder erringen will und die Republik – wörtlich! – "wieder in die Reihen der souveränen Staaten" zurückführen will. "Sie wird sich bemühen, ... Friedens- und Freundschaftsverträge zu schließen, vor allem aber mit seinen unmittelbaren Nachbarn, mit denen das österreichische Volk – trotz aller politischen Wirren der Vergangenheit – im Austausch der Wirtschafts- und Kulturgüter durch lange Jahrhunderte zusammengearbeitet und zusammengelebt hat."

Seit damals, meine Damen und Herren, gedenkt die Republik, die jeweilige Bundesregierung am 27. April der Unabhängigkeit der Zweiten Republik, dem Wiedererstehen eines unabhängigen Österreich. Das ist ein Grundkonsens, einer, der gehalten hat, als die ÖVP mit der SPÖ oder die SPÖ mit der ÖVP, die Sozialdemokraten mit den Freiheitlichen oder jetzt wir, die ÖVP mit den Freiheitlichen, eine Regierung gebildet haben.

Am 27. April 1955 hat Julius Raab, nachdem er von den Verhandlungen in Moskau zurückgekommen ist, eine bedeutungsvolle Rede gehalten – die eigentliche Rede zum Staatsvertrag, noch bevor der Vertrag unterzeichnet worden ist.

Man muss sich vergegenwärtigen, dass diese Unabhängigkeitsproklamation zu einem Zeitpunkt beschlossen wurde, als Österreich noch nicht frei war, als dieses neue Österreich nicht anerkannt war; nur die sowjetische Seite, die Föderation, hat die Republik Österreich anerkannt. Erst am 4. Mai 1945 haben amerikanische Truppen Innsbruck und Salzburg befreit, am 6. Mai dann Linz und Steyr – und am 8. Mai 1945 erfolgte die bedingungslose Kapitulation Deutschlands.

Julius Raab erinnert 1955 an die nächtelangen Verhandlungen in der Wenzgasse in Hietzing, als man versucht hat, eine ganze Fülle von Gesetzen zusammenzutragen, um letztlich die Wiederherstellung Österreichs, den Wiederaufbau seiner Verwaltung und seiner Wirtschaft zu ermöglichen.

Daher haben wir jedes Jahr eine bestimmte Sequenz:

Der 27. April, an dem der Ministerrat zusammentritt und gedenkt.

Der 5. Mai, an dem man symbolisch der Befreiung eines – des größten – österreichischen Konzentrationslagers, Mauthausen, gedenkt. Das ist ein wichtiger Gedenktag für uns alle.

Der 8. Mai, an dem die deutsche Armee kapituliert hat und den Menschen in ganz Europa, glaube ich, viele Steine vom Herzen gefallen sind, weil der Krieg zu Ende gegangen ist.


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