Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 3. Sitzung / Seite 24

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muss ich sagen, spottet jeder Beschreibung im Umgang zwischen Dienstgeber, sprich Chef oder Arbeitgeber, und seinen Mitarbeitern. Da wurde gefuhrwerkt im Umgang mit Einzelnen und deren persönlichem Umfeld und deren persönlichem Schicksal, und dazu kann ich nur sagen: gänzlich verantwortungslos – im Einzelnen, im Persönlichen!

Generell betrachtet: Wenn man Menschen mit 55 oder knapp 60 – das gesetzliche Pensions­alter für Beamtinnen und Beamte liegt, wie Sie wissen, bei 65 – aus ihren Positionen drängt, so­mit ihr Wissen, ihre Kapazitäten verschwendet, was bedeutet das für jene, für die sie ihre Arbeit machen, nämlich für die österreichische Bevölkerung? Aus politisch eindeutig durchsichtigen Motiven – man macht sich nicht einmal die Mühe, etwas zu kaschieren oder etwas zu ver­decken – werden Leute auf die Straße gesetzt. (Beifall bei den Grünen.) Auf der anderen Seite senden genau jene, die die 55-jährigen Beamtinnen und Beamten wider deren Willen nach Hause schicken, Signale in die Öffentlichkeit aus: Abschaffung der Frühpensionen!

Es ist ungeheuerlich, was in Österreich geschieht im Zusammenhang mit Frühpensionierungen, mit Menschen, die 40 Jahre lang gearbeitet haben, seit ihrem 14. Lebensjahr, und dann auf Grund auch ihrer körperlichen Konstitution ihren im wahrsten Sinne des Wortes wohlverdienten Ruhestand antreten möchten, weil sie sich 40 Jahre lang zwar nicht im Geist, aber von den Jahren her darauf vorbereitet haben.

Das ist ein Widerspruch, und ich hätte gerne, dass nicht die Frau Vizekanzlerin allein, sondern dass die jeweiligen Ressortchefs, die alle einen Namen und ein Gesicht haben, Gehrer, Strasser, Molterer, Schüssel, einmal dazu Stellung nehmen, was sich diesbezüglich im öffent­lichen Dienst in den letzten Monaten abgespielt hat. Das interessiert mich als Bürgerin, als Ab­geordnete und auch als Beamtin. – Erster Teil.

Zweiter Teil, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es gab im Zusammenhang mit dem öffentlichen Dienst in den letzten Monaten etwas, was geradezu eine Groteske ist. Man ging nämlich daran, einen Gerichtshof, nämlich den Jugendgerichtshof Wien, der weltweit, bis nach Japan und in die Vereinigten Staaten, ein Vorzeigemodell für den Umgang mit Jugendkriminali­tät geworden ist, aus völliger Willkür, ohne eine tatsächliche sachliche Begründung, auszu­radieren, abzuschaffen. Es gibt ihn nicht mehr, sagt Minister Böhmdorfer! – Das umzusetzen, ist ihm auf Grund gesetzlicher Bestimmungen nicht gelungen. Es gibt den Jugendgerichtshof Wien immer noch!

Es gibt ihn. Er ist zwar räumlich umgesiedelt worden – ich habe diese Umsiedelungsaktion aus sachlichen Gründen, weil es eben um das Netzwerk der pflegschafts- und bezirksgerichtlichen strafrechtlichen Zuständigkeit geht, immer heftig kritisiert; es zeigen sich jetzt auch schon die Probleme, die dadurch entstanden sind –, aber noch ist der Jugendgerichtshof existent, aber er ist seit 1. Jänner dieses Jahres führungslos, denn der Präsident ist mit 65 Jahren in den wohl­verdienten Ruhestand übergetreten. Herr Minister Böhmdorfer denkt jedoch nicht daran – das hat er der Öffentlichkeit mitgeteilt –, diese vakante Stelle des Präsidenten/der Präsidentin des Jugendgerichtshofes auszuschreiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere Sie an Folgendes: Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes ist ebenfalls mit Jahresende in den Ruhestand getreten. Sein Nachfolger wurde von genau dieser Regierung bereits im Oktober bestellt, um Kontinuität zu wahren, um keine Lücken in der Führung des Gerichtshofes entstehen zu lassen. Der Jugend­gerichtshof hingegen ist seit 1. Jänner führungslos. Es fehlt – und das ist mein Hauptargument dafür, dass das ein Schaden für die Rechtsprechung ist – eine Arbeitskraft, es fehlt ein Richter oder eine Richterin, der oder die ja auch in der Rechtsprechung tätig werden könnte.

Sie müssen nämlich wissen, dass der Jugendgerichtshof keine Einheit ist, wo es um Hunderte von Posten geht, sondern dass er eine kleine, kompakte, schlagkräftige Einheit ist, wo jede Arbeitskraft und jeder Arbeitsplatz notwendig sind. Das ist aber nicht mehr der Fall auf Grund der Tatsache, dass es noch nicht einmal eine Ausschreibung für den Posten des Präsidenten des Jungendgerichtshofes gibt, geschweige denn ein Prozedere, wann dieser Posten nachbe­setzt wird.

 


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