Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 3. Sitzung / Seite 56

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hungsweise hoffe, dass das nicht nur seine persönliche Meinung ist, sondern auch die Meinung der Mehrheit seiner Fraktion – ein bisschen das Bild zurechtgerückt hat, das man gewinnen konnte, wenn man dem Klubobmann Cap sehr genau zugehört hat – was wir alle hier natürlich getan haben –, und vor allem, wenn man den Antrag gelesen hat, so wie er hier vorliegt.

Meine Damen und Herren! Ich glaube – und da gebe ich allen meinen Vorrednern Recht, die das erwähnt haben –, dass es selbstverständlich wichtig und notwendig ist, die Rechte der Parlamentarier innerhalb des Parlaments, aber auch gegenüber der Bundesregierung immer auf ihre Effizienz und auf ihre Machbarkeit hin zu überprüfen und, wenn es geht, auch permanent weiterzuentwickeln.

Aber das sollte von einem möglichst objektiven Standpunkt aus geschehen und nicht von dem Standpunkt: Was nützt mir und meiner eigenen Fraktion am besten? Wenn die erforderliche Zahl für den Beschluss der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit einem Drittel der Abgeordneten festgelegt wurde, dann muss ich sagen: Das lässt bei mir schon den Verdacht aufkommen, dass zumindest in diesem Bereich ein bisschen der Gedanke „Was nützt es meiner Fraktion?“ im Vordergrund gestanden ist und nicht die Überlegung „Was nützt der Minderheit, was nützt einer möglichen Opposition hier im österreichischen Parlament?“.

Ich sehe die vorliegenden Anträge – auch den Antrag der Grünen – als Anregung, sich intensiv mit der Weiterentwicklung der Geschäftsordnung und der Rechte des Parlaments zu beschäfti­gen. Ich glaube, dass es noch über viele andere Dinge mehr wert sein wird, hier im Parlament zu diskutieren, so zum Beispiel über die Gestaltung der Tagesordnung. Es wäre, glaube ich, spannend, viel öfter als bisher zu aktuellen Themen wirkliche Grundsatzdebatten zu einer pro­minenten Zeit hier im Parlament führen zu können. In vielen anderen Parlamenten sind es die spannenden Zeiten, die spannenden Ereignisse und Augenblicke, wenn das Parlament über aktuelle innenpolitische, aber auch außenpolitische Ereignisse diskutiert, sich eine Meinung bilden und durchaus auch Beschlüsse fassen kann.

Es ist aber natürlich nicht nur die Frage zu beachten: Was kann das Parlament, was steht in der Geschäftsordnung?, sondern auch die Frage zu untersuchen: Wie nützen die Abgeordneten die ihnen zustehenden Rechte? Das ist wohl auch ein bisschen an das Selbstverständnis der Ab­geordneten zu richten. Gerade bei sensiblen Dingen wie etwa bei Untersuchungsausschüssen ist natürlich auch immer zu fragen: Wie kann der Missbrauch von derart sensiblen Einrichtungen beziehungsweise parlamentarischen Instrumentarien verhindert werden?

Ich glaube aber, dass man darüber hinaus gehen sollte: dass man – und das ist hier schon an­geklungen – nicht nur die Geschäftsordnung des Nationalrates im engeren Sinn einer Evaluie­rung und Weiterentwicklung unterziehen sollte, sondern dass wir auch gefordert sind, Öster­reichs gesamtes Verfassungsgefüge einmal zu diskutieren, uns anzusehen und an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

Dabei sind folgende Fragen zu beachten: Welche Kompetenzen haben wir denn an die Euro­päische Union abgegeben? Wie sehen wir uns hier als Gesetzgeber? Wie sehen wir uns bei der Mitwirkung an der „Gesetzgebung“ – unter Anführungszeichen – in der Europäischen Union? Wie ist das Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden? Wie kann man Pro­bleme angehen und möglicherweise auch beheben, was den Missbrauch einer Zweidrittelmehr­heit hier im Parlament betrifft? Das ist etwas, was der Verfassungsgerichtshof bereits moniert hat. Sie wissen, dass das über viele Jahre geschehen ist. Wir haben das auch schon oft kriti­siert. Manchmal hörte man auch ein bisschen Selbstkritik bei jenen, die das damals gemacht haben. Wir wissen, dass unser Verfassungsgefüge nicht danach ausgerichtet ist, dass hier im Parlament eine Regierung über eine Zweidrittelmehrheit verfügt. Mit dieser Zweidrittelmehrheit kann jede Kontrollbefugnis des Verfassungsgerichtshofes de facto ausgeschaltet oder zumin­dest sehr stark vermindert werden. Auch das sind Dinge, die diskutiert gehören.

Natürlich kann man immer, Herr Abgeordneter Cap, über das Wahlrecht nachdenken. Aber auch da sollten wir die Eigeninteressen, die Interessen der eigenen politischen Kraft und Frak­tion hintanstellen und auf einem objektiven, auf einem allgemeinen Standpunkt diskutieren.

 


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