Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 49

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dieser Konsens in der Sicherheitspolitik und in der Außenpolitik nicht selbstverständlich ist und dass wir selbstverständlich auch über Begriffe, über Mechanismen, über Maßnahmen hätten streiten können. Wir haben es nicht getan. Wir alle haben im Nationalen Sicherheitsrat den Konsens hergestellt, und wir werden ihn heute hier mit einem gemeinsamen Entschließungsan­trag zum Ausdruck bringen.

Ich glaube, bei all den wenigen Möglichkeiten, die ein kleines Land wie Österreich hat, in so einer Krisensituation Signale zu setzen, ist dieser nationale Konsens, das Sprechen mit einer Sprache, auch nach außen, einer der wenigen, aber wichtigen Mechanismen, die wir hier ein­setzen können. Schade, dass nicht andere Länder diesem Beispiel gefolgt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Es ist gut und wichtig, diesen Konsens zu haben, einen Konsens gegen den Krieg, einen Kon­sens für den Frieden, aber auch einen Konsens für die Einhaltung und Durchsetzung von Men­schenrechten. Wir alle wissen – das haben Redner auch schon gesagt –, dass man militärische Mittel zur Durchsetzung von Menschenrechten, zur Durchsetzung auch internationalen Rechts nicht von vornherein ausschließen kann. Aber sie müssen das allerletzte Mittel sein, wenn alle anderen Möglichkeiten, alle anderen Mittel der Diplomatie, der Politik, wirtschaftliche Möglich­keiten nicht mehr fruchten und nicht ausgereicht haben. In diesem Fall, im Fall Irak, sind wir wohl alle hier der Meinung, zumindest aus unserem Wissensstand heraus, dass diese Mittel noch nicht ausgeschöpft worden sind.

Dass es notwendig ist, Regime wie jenes von Saddam Hussein in die Schranken zu weisen, das ist wohl auch allgemeiner Konsens. Wir wissen, dass es dort Menschenrechtsverletzungen gegeben hat, Tausende Menschen allein durch Giftgas umgebracht worden sind, Angriffskriege gegen Nachbarländer geführt worden sind und dass man im Irak zumindest daran gearbeitet hat, vorhandene Massenvernichtungswaffen so weiterzuentwickeln, dass sie in Zukunft eine Gefahr für den Weltfrieden darstellen könnten.

Die Frage ist nur: Wo ist der internationale Druck in den letzten zehn Jahren geblieben? Warum hat man damals, auch völkerrechtlich legitimiert, als es im Kuwait-Krieg den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten gelungen ist, das Regime Saddam Hussein in die Schranken zu weisen, nicht wirklich bis zum Schluss diese Maßnahmen durchgesetzt und dieses Regime sprichwört­lich in die Wüste geschickt?

Ist es nicht auch ein Paradoxon dieser Situation, dass zwar die militärische Kapazität der Ver­einigten Staaten die Waffeninspektoren wieder in die Lage versetzt hat, ihre Untersuchungen weiterzuführen, aber gleichzeitig dieses Militärpotential und vor allem die Kosten für dieses Militärpotential es verhindert haben, dass die Waffeninspektoren auch ausreichend Zeit für ihre Arbeit bekamen? Ist es nicht auch ein Paradoxon, dass man jetzt über 70 Milliarden $ für diese Militäraktion aufwendet und höchstens ein Zehntel davon für den Wiederaufbau, für die Zukunft dieses Landes reserviert?

Wir haben in Österreich, wie schon gesagt, wenig Möglichkeiten, aber wir haben das Recht und auch die Pflicht, unsere Meinung zu sagen. Man könnte jetzt auch viel über das Völkerrecht diskutieren. Auch darüber gab es eine Debatte: Ist diese Militäraktion völkerrechtswidrig: ja oder nein? Wir alle, die wir uns mit dem Völkerrecht beschäftigen, wissen, dass es so gestaltet ist, dass, wenn man das will, so ziemlich alles erklärt werden kann. Für uns ist wohl eher die Frage zu stellen: Ist es richtig oder falsch, diese Militäraktion durchzuführen? Aus meiner Sicht ist es falsch, und das auszudrücken ist auch wichtig für uns.

Wenn es diesen Interpretationsspielraum im Völkerrecht gibt, dann muss man trotzdem ver­suchen, für diese Interpretationen Grenzen einzuziehen. Eine dieser Grenzen, die Klarheit schaffen würde, wäre ein Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Das ist aber nicht gegeben. Aber auch dieses Mandat kann nicht die einzige Rechtfertigung sein. Auch eine Aktion mit einem Mandat kann falsch sein. Es kann auch eine Aktion ohne Mandat richtig sein, wie es etwa am Balkan der Fall gewesen ist, weil es dort aus politischen Gründen nicht möglich gewesen ist, ein derartiges Mandat zustande zu bringen. Das zeigt auch ein bisschen den


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