Konvention im wahrsten Sinne des Wortes – über die Bildschirme zu
sehen – auf beiden Seiten mit Füßen getreten werden? Warum schweigen so
viele, wenn sichtbar die individuellen Menschenrechte klassisch missachtet
werden und all das, worauf wir in Europa und in den zivilisierten Ländern in
den letzten Jahren als politische Errungenschaften so stolz waren, von einer
Minute auf die andere obsolet geworden ist?
Die Wahrheit
stirbt als Erstes. Die genehme Wahrheit wird von den Medien kolportiert. Es
sollte jedoch gerade die Aufgabe eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks in
einem neutralen Land sein, objektiv – und nicht tendenziell
zu berichten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) In diesem Zusammenhang
sieht man auch, dass Meinungsfreiheit oftmals und leichtfertig als nicht umfassend
verstanden wird.
Es handelt sich
dabei nicht nur um einen Krieg gegen die irakische Staatsführung – wie uns
beispielsweise der Untertitel von NBC „Krieg gegen Saddam“ aufoktroyieren
will –, sondern es ist dies vor allem ein Krieg gegen die Menschen, ein
Krieg, in dem die Menschen leiden, und es ist absolut falsch, 24 Stunden
lang zu trommeln, wie das eben manche Medien tun, dass dies ein „sauberer
Krieg“ wäre. – Das ist dieser genauso wenig wie alle anderen zuvor! (Beifall
bei den Freiheitlichen und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der
SPÖ.)
Von diesem Krieg
geht aber auch eine Gefahr für alle Kontinente aus: Nicht nur die
Börsen reagieren mittlerweile empfindlich auf jeden „Fortschritt“ oder
„Nicht-Fortschritt“ in dieser kriegerischen Auseinandersetzung, sondern auch
die Wirtschaftsprognosen schwanken von Tag zu Tag. Die wirtschaftlichen Folgen
für die gesamte Weltwirtschaft sind noch gar nicht abzuschätzen! Wir werden in
einigen Tagen die neuen Wirtschaftsprognosen bekommen – und wir, die wir
uns im Vorfeld damit beschäftigt haben, wissen, dass sie noch erschütternder
als die vorhergehenden sein werden.
Was die Zustimmung
einiger osteuropäischer Länder zu diesem Krieg betrifft, ist meiner Ansicht
nach auch das wirklich ambitionierte Friedensprojekt in der Europäischen Union
anzusprechen. Kollege Scheibner hat hier auch die Türkei expressis verbis
angeführt. Aber ich frage mich auch – angesichts manch anderer Länder, die
zunächst bedingungslos diese kriegerische Auseinandersetzung unterstützt haben
und wo jetzt einzelne Staatspräsidenten, so etwa Václav Klaus, die Positionen
für ihre Völker deutlich zum Ausdruck gebracht haben –, ob wir in Europa
aus dem Balkan-Krieg und den dortigen Auseinandersetzungen bei der Demokratisierung
Alt-Jugoslawiens noch immer nichts gelernt haben.
Sehr geehrte Damen
und Herren des Hohen Hauses! Ich meine, dass wir uns in den nächsten Tagen auch
über die wirtschaftliche Zukunft Österreichs – eben unter diesen
geänderten Rahmenbedingungen der Weltwirtschaft als Folge dieses
Krieges – ausführlich und genau unterhalten müssen. Das Rückgrat der
österreichischen Wirtschaft ist durch diesen Krieg schwer in Mitleidenschaft
gezogen! Daher meine ich, dass es notwendig sein wird, wirtschaftliche Maßnahmen
in unserem Lande in Gang zu setzen, um die Nachfrage innerhalb Österreichs,
aber auch die internationale Nachfrage nach österreichischen
Wirtschaftsprodukten deutlich zu verbessern, etwas, was uns derzeit –
Gott sei Dank, noch! – gelingt.
In den Schlussfolgerungen
des Europäischen Rates wird festgehalten, dass die Erfüllung humanitärer
Bedürfnisse und Erfordernisse, die dieser Konflikt mit sich bringen wird,
dringend angegangen werden muss. Ich bin der Ansicht, dass Österreich da einen
aktiven Beitrag, gerade eben als neutraler Staat, leisten kann und muss, und
ich habe daher mit den Beamten meines Hauses eine Reihe von Überlegungen
angestellt, welche Maßnahmen wir diesbezüglich unterstützen beziehungsweise
durchführen können.
An erster Stelle
werden wohl die Versorgung von Kranken und Verletzten sowie der Aufbau
medizinischer Versorgungseinrichtungen vor Ort stehen. Dabei sollte man den
Gesichtspunkt der Erstvorsorgung voranstellen. Ich meine daher, dass die
Bemühungen des Internationalen Roten Kreuzes und des UNHCR mit allem Nachdruck
von Österreich aus zu unterstützen sind, um diese Bemühungen möglichst
frühzeitig, möglichst vor Ort und möglichst umfassend zu einem Erfolg werden zu
lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)