Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 53

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Konvention im wahrsten Sinne des Wortes – über die Bildschirme zu sehen – auf beiden Seiten mit Füßen getreten werden? Warum schweigen so viele, wenn sichtbar die individuellen Men­schenrechte klassisch missachtet werden und all das, worauf wir in Europa und in den zivili­sierten Ländern in den letzten Jahren als politische Errungenschaften so stolz waren, von einer Minute auf die andere obsolet geworden ist?

Die Wahrheit stirbt als Erstes. Die genehme Wahrheit wird von den Medien kolportiert. Es sollte jedoch gerade die Aufgabe eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einem neutralen Land sein, objektiv – und nicht tendenziell zu berichten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) In diesem Zu­sammenhang sieht man auch, dass Meinungsfreiheit oftmals und leichtfertig als nicht umfas­send verstanden wird.

Es handelt sich dabei nicht nur um einen Krieg gegen die irakische Staatsführung – wie uns bei­spielsweise der Untertitel von NBC „Krieg gegen Saddam“ aufoktroyieren will –, sondern es ist dies vor allem ein Krieg gegen die Menschen, ein Krieg, in dem die Menschen leiden, und es ist absolut falsch, 24 Stunden lang zu trommeln, wie das eben manche Medien tun, dass dies ein „sauberer Krieg“ wäre. – Das ist dieser genauso wenig wie alle anderen zuvor! (Beifall bei den Freiheitlichen und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ.)

Von diesem Krieg geht aber auch eine Gefahr für alle Kontinente aus: Nicht nur die Börsen reagieren mittlerweile empfindlich auf jeden „Fortschritt“ oder „Nicht-Fortschritt“ in dieser kriege­rischen Auseinandersetzung, sondern auch die Wirtschaftsprognosen schwanken von Tag zu Tag. Die wirtschaftlichen Folgen für die gesamte Weltwirtschaft sind noch gar nicht abzuschät­zen! Wir werden in einigen Tagen die neuen Wirtschaftsprognosen bekommen – und wir, die wir uns im Vorfeld damit beschäftigt haben, wissen, dass sie noch erschütternder als die vorher­gehenden sein werden.

Was die Zustimmung einiger osteuropäischer Länder zu diesem Krieg betrifft, ist meiner Ansicht nach auch das wirklich ambitionierte Friedensprojekt in der Europäischen Union anzusprechen. Kollege Scheibner hat hier auch die Türkei expressis verbis angeführt. Aber ich frage mich auch – angesichts manch anderer Länder, die zunächst bedingungslos diese kriegerische Auseinandersetzung unterstützt haben und wo jetzt einzelne Staatspräsidenten, so etwa Václav Klaus, die Positionen für ihre Völker deutlich zum Ausdruck gebracht haben –, ob wir in Europa aus dem Balkan-Krieg und den dortigen Auseinandersetzungen bei der Demokratisierung Alt-Jugoslawiens noch immer nichts gelernt haben.

Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich meine, dass wir uns in den nächsten Tagen auch über die wirtschaftliche Zukunft Österreichs – eben unter diesen geänderten Rah­menbedingungen der Weltwirtschaft als Folge dieses Krieges – ausführlich und genau unterhal­ten müssen. Das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft ist durch diesen Krieg schwer in Mit­leidenschaft gezogen! Daher meine ich, dass es notwendig sein wird, wirtschaftliche Maßnah­men in unserem Lande in Gang zu setzen, um die Nachfrage innerhalb Österreichs, aber auch die internationale Nachfrage nach österreichischen Wirtschaftsprodukten deutlich zu verbes­sern, etwas, was uns derzeit – Gott sei Dank, noch! – gelingt.

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates wird festgehalten, dass die Erfüllung humanitärer Bedürfnisse und Erfordernisse, die dieser Konflikt mit sich bringen wird, dringend angegangen werden muss. Ich bin der Ansicht, dass Österreich da einen aktiven Beitrag, gerade eben als neutraler Staat, leisten kann und muss, und ich habe daher mit den Beamten meines Hauses eine Reihe von Überlegungen angestellt, welche Maßnahmen wir diesbezüglich unterstützen beziehungsweise durchführen können.

An erster Stelle werden wohl die Versorgung von Kranken und Verletzten sowie der Aufbau medizinischer Versorgungseinrichtungen vor Ort stehen. Dabei sollte man den Gesichtspunkt der Erstvorsorgung voranstellen. Ich meine daher, dass die Bemühungen des Internationalen Roten Kreuzes und des UNHCR mit allem Nachdruck von Österreich aus zu unterstützen sind, um diese Bemühungen möglichst frühzeitig, möglichst vor Ort und möglichst umfassend zu einem Erfolg werden zu lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


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