Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 92

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Unsere Position in dieser Frage war immer klar: Wir waren gegen einen Verkauf der Bundes­wohnungen, weil wir diese als infrastrukturelle, sozialpolitische Grundsubstanz und als ein Grundkapital Österreichs ansehen – und weil am Markt nie der Wert, der Erlös erzielt werden kann, der Betrag zur Schuldentilgung im Budget erzielt werden kann, der diesem Immobilienbe­sitz wirklich entspricht.

Es geht dabei um sage und schreibe 61 000 Wohnungen! An die 180 000 Menschen sind da­von betroffen! Und laut neuesten Informationen – ursprünglich haben Sie durch einen Verkauf 30 Milliarden Schilling an Erlös erwartet – werden Sie vielleicht, wenn es gut geht, 800 Millio­nen € erlösen können, das sind weniger als 10 Milliarden Schilling. (Abg. Wittauer: Wer sind diese Spezialisten? Welche Experten? Wer hat Ihnen diese Information gegeben?) – Das liest man in Fachzeitungen, das hört man in Expertenkreisen.

Diese eklatante Wertverlustkurve, die deutlich sichtbar ist, von Ihren ursprünglichen Erwartun­gen bis zu dem, was jetzt als Angebot auf dem Tisch liegt, geht leider nicht aus Ihrer Anfrage­beantwortung hervor.

In Ihrer Anfragebeantwortung haben Sie ja eindeutig ein Beispiel dafür geliefert, wie es konkret mit den Verkaufstransaktionen steht, sprich, mit der Beauftragung der Lehman Brothers Bank­haus AG, die als Auslober, als Konzepteure und gleichzeitig als Umsetzer Ihrer Verkaufspolitik ans Werk gehen.

Man könnte überhaupt die Geschichte des Verkaufes der Bundeswohnungen, wie Sie sie schreiben, als einzigen Murks bezeichnen, denn zum einen haben Sie die Zustimmung der ÖVP ohnehin nur erhalten, weil Sie auch die Option der Eigentumsbildung für die jetzigen Mieter eröffnet haben. Diese Option der Eigentumsbildung war aber für Sie eindeutig ein Eigentor, weil von den insgesamt 61 000 Wohnungen werden wahrscheinlich höchstens 2 200 – das sind nur ungefähr 3 Prozent – in das Eigentum der MieterInnen überwechseln.

Das war ja neben der Schuldentilgung auch ein wichtiger Ansatzpunkt: dass es zu einer ver­stärkten Eigentumsbildung in Österreich kommt. Das haben Sie immer wieder in Anfragebeant­wortungen als Ihr Motiv herausgestrichen. Aber damit sind Sie genauso baden gegangen, wie Sie wahrscheinlich beim Verkauf des Gesamtkomplexes baden gehen werden, denn es handelt sich dabei doch um Werte der BUWOG, der WAG in Linz oder Eisenbahnerwohnungen, die doch ein beträchtliches Kapital in Österreich darstellen.

Die MieterInnen haben auf der einen Seite kaum Interesse an einer Eigentumsbildung, und es ist klar, warum nicht. Sie zahlen derzeit vergleichsweise günstige Mieten. Und auf der anderen Seite haben die Angebote von Seiten der BUWOG oder der WAG doch einen Quadratmeter­preis in Wien von durchschnittlich 1 300, 1 400 € betragen.

Wenn ich mir Ihre optionale 30 Milliarden-Schilling-Summe für rund 61 000 Wohnungen durch­rechne, dann muss ich sagen, da hätten die Investoren um eine halbe Million Schilling pro Woh­nung einen guten Schnitt gemacht. Jetzt, wo Sie wahrscheinlich viel weniger dafür bekommen, wo Sie weniger als 10 Milliarden Schilling bekommen – ja, meine Güte! –, da kostet für die In­vestoren die Wohnung im Durchschnitt – eine Milchmädchenrechnung, das gebe ich zu – etwa 130 000 S. Das ist ja nachgeschmissen! Nachgeschmissen ist das! (Beifall bei den Grünen.)

Auf der anderen Seite haben ja die BUWOG und auch die WAG von den kaufwilligen Mietern durchaus Quadratmeterpreise – wenn ich das in Schilling umrechne – von um die 20 000 S verlangt.

Im Endeffekt wäre es für Sie oder für die Republik – langfristig, wenn Sie schon Kapitalerträge erlösen beziehungsweise Wohnungen verkaufen wollen – im Sinne der Eigentumsbildung natürlich viel sinnvoller gewesen, langfristig Wohnung für Wohnung abzuverkaufen. Wir sind dafür, dass das Mietwohnungen bleiben und nicht abverkauft wird. Aber wenn man schon für das Budget etwas erlösen will – mittel- und langfristig –, dann macht man am besten einen Einzelverkauf. Das bringt ja viel mehr. Aber nein! Nulldefizit, Schuldenabbau, Verschleuderung!


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