Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 171

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen gibt wesentliche Kompetenzen im Veterinärwesen und den damit verwandten Materien ab, was eigentlich sehr schade ist, denn wo, wenn nicht hier, bringt der Tierarzt Mag. Haupt fachliche Kompetenzen ein? Auch wenn es hier im Hause nicht so oft vorkommt, dass dem politischen Mitbewerber Anerkennung gezollt wird – heute ist es ausnahmsweise schon einige Male geschehen –: Im Bereich Vete­rinär­wesen, Tierschutz würde ich dem Herrn Bundesminister Haupt – er ist nicht mehr anwesend, aber vielleicht richten es ihm die Kollegen aus – doch sehr hohe Kompetenz attestieren, und finde es wirklich schade, dass es der „Koalitionspartner“ – unter Anführungszeichen – nicht zu­ge­steht, diese fachliche Kompetenz auch in ausreichendem Maße in die Regierungsarbeit einzubringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei hat Minister Haupt gerade in den letzten Wochen seiner Amtszeit durchaus positive Ansätze gezeigt, indem er angekündigt hat, die Kontrolltätigkeit gegenüber der Landwirtschaft und der Transportwirtschaft zu verstärken. Darüber haben wir uns – die Tierschutzorganisatio­nen und die tierfreundliche Bevölkerung – sehr gefreut; die Agrar- und Transportlobby, als deren politische Interessenvertretung sich die ÖVP nach wie vor berufen fühlt, naturgemäß weniger.

Den „großen Bruder“ soll man aber nicht verärgern, weshalb Ihnen, Herr Minister Haupt, Ihre Kern­kompetenz kurzerhand weggenommen wurde. Der Preis für den Titel „Vizekanzler“ ist eben sehr hoch. Aber, sollte Ihnen das ein Trost sein: Wenigstens Ihre Parteifreunde Schweit­zer und Haubner dürfen sich in den auf sie speziell zugeschnittenen Ressorts selbst verwirkli­chen. Über den Preis dafür brauchen Sie sich auch keine Gedanken zu machen, denn den zahlen ohnehin der Steuerzahler und die Steuerzahlerin. (Beifall bei der SPÖ.)

Um auf den Veterinär- und Tierschutzbereich zurückzukommen: Da wird die Kompetenz in der Vollziehung gleich noch einmal aufgeteilt, damit ja nichts „passieren“ kann, nämlich auf das wiederum neu geschaffene Bundesministerium für Gesundheit und Frauen und auf das Bun­desministerium für Land- und Forstwirtschaft, das die Hauptkompetenz für den Tierschutz be­kommt beziehungsweise behält. Da befürchten Tierschutzorganisationen zu Recht, dass sich die Landwirtschaft damit nur selbst kontrolliert, und zwar sowohl im Bereich der Futtermittel, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel als auch im Veterinärbereich. Es gibt keine wahrnehmbare Trennung zwischen der Produktion auf der einen Seite und der Kontrolle auf der anderen Seite. Das ist rechtsstaatlich ein untragbarer Zustand. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Die Redezeit ist aus!)

Über all dem steht in Metternichscher Manier die offensichtliche Universalkompetenz des Bundeskanzlers, die sich im Wahlkampf sicherlich als günstig erweisen wird, wenn es darum geht, mit aufgelocktem Katzerl, Schweinderl oder was auch immer um Sympathien und Stim­men zu werben.

Die österreichische Bevölkerung ist erfreulicherweise tierfreundlich. Das wissen wir, das ist auch durch den Erfolg des Tierschutz-Volksbegehrens dokumentiert und wird jeden Tag aufs Neue bewiesen, wenn Menschen selbst liebevoll Tiere halten oder sich in ihrer Freizeit im Tier­schutz engagieren, am Wochenende freiwillig Ställe ausmisten oder verletzte Tiere unentgeltlich ins Tierspital befördern. Deshalb verstummen auch unsere Forderungen nach einem ein­heitlichen Tierschutzgesetz nicht, das die höchsten Schutzstandards garantiert und nicht nur einen kleinsten gemeinsamen Nenner darstellt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Eine weitere Kompetenzzersplitterung in der Vollziehung lässt auch die Forderung nach einem Tierschutzanwalt, der unabhängig agieren kann und weisungsungebunden ist und der auch durch die ressortmäßige Eingliederung nicht einmal den Anschein einer Befangenheit er­wecken soll, besonders akut erscheinen. Die verstärkte Förderung tierschutzrelevanter Studien, deren Ergebnis auch in die Gesetzgebung einfließen sollten, wurde ebenfalls versäumt. (Abg. Dr. Brinek: Wir hätten eigentlich den Tierschutz ins Bildungsministerium verlegen sollen!)

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite