Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 91

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Jetzt möchte ich gar nicht auf die erhobenen Vorwürfe in Richtung dessen politischen Verhal­tens eingehen – das sage ich jetzt sozusagen ganz sanft und ohne irgendeinen Beige­schmack –, auf ein Verhalten, das ich nicht goutiere, und Sie, Herr Bundesminister, sicherlich auch nicht, sollten diese Behauptungen, die es gibt, stimmen.

Diese Vorwürfe und Behauptungen sind nicht von der Hand zu weisen – noch dazu in einem Fall, wo jemand, gegen den solche Vorwürfe erhoben werden, mit einer so hohen und überaus sensiblen Position in einem Ressort betraut wird, einer Position, bei der es immer wieder um Asylrechtsfragen geht. Da ist doch bitte auch die Tatsache, jedenfalls die Gefahr zu berücksich­tigen, dass Österreich dabei international in ein schlechtes Licht geraten könnte.

Ich sage: Da sollten Sie, Herr Minister – ich sage das in die Zukunft gerichtet –, doch agieren; in der Vergangenheit haben Sie das jedenfalls nicht getan, aber noch ist es nicht zu spät.

Herr Bundesminister, zu dieser geforderten und notwendigen Sensibilität in den Fragen der Per­sonalauswahl: In anderen Zuständigkeitsbereichen beziehungsweise Sachgebieten gibt es ja Ähnliches aus Ihrem Ressort zu berichten, wo eben die Qualifikation, die Frage sozusagen des beamtischen Vorlebens von Damen und Herren MitarbeiterInnen Ihres Ressorts, die von Ihnen in bestimmte Positionen gehievt wurden, mehr als fraglich ist. (Abg. Mag. Molterer: Was ist ein „beamtisches Vorleben“?) – Das ist der eine Punkt dieser Diskussion, dieser Besprechung Ihrer Anfragebeantwortung.

Der zweite Punkt betrifft die Frage, wie Sie sich auseinander gesetzt haben mit der Besorgnis, die ich durch diese Anfrage zum Ausdruck gebracht habe, und zwar wie Sie sich insgesamt dem Thema Asylrecht, Bundesbetreuung, Umgang mit Asylwerbern, Umgang mit Flüchtlingen und dem Procedere möglicher Verbesserungen in dieser Sache widmen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Oberste Gerichtshof hat in dieser Sache entschie­den. Ich sage Ihnen: Ich bin die Justizsprecherin der Grünen; mein Glaube an den österreichi­schen Rechtsstaat ist nach wie vor ungebrochen. Und das ist es, was ich gerade als Politikerin immer und immer wieder demonstrieren möchte, ja muss, denn das Wichtigste und eine der Grundfesten des demokratischen Systems in jedem demokratischen Land ist doch der Glaube an den Rechtsstaat!

Vielfach gibt es von unabhängigen Richtern, von Gerichten Entscheidungen, die mir nicht gefal­len: weil ich sie inhaltlich für nicht richtig halte, weil ich bestimmte politische Motivationen und politisches Umfeld nicht so goutiere oder anders einschätze, aber mein Glaube an die Rechts­staatlichkeit ist dennoch ungebrochen.

Der Oberste Gerichtshof in Österreich hat, wie das eben vor kurzem passiert ist, genau in dieser sensiblen Angelegenheit Bundesbetreuung und der Frage entschieden, ob sich der Staat das Recht herausnehmen darf, Not und Elend auf das gute Herz der Mitmenschen abzuwälzen, sich die Republik ihrer Verpflichtung entledigen darf, sich mittelloser Asylwerber, die ein Recht auf Unterbringung und Versorgung nach dem Bundesbetreuungsgesetz haben, anzunehmen, indem sie sagt: Gott sei Dank, Österreich ist ein Land, in dem die Menschen ein großes Herz haben; da gibt es vor allem die Caritas, die Diakonie, die „Volkshilfe“, das Integrationshaus und auch den UNHCR, der aber nicht unmittelbar eine karitative Organisation ist, was braucht sich da der Innenminister um mittellose Asylwerber zu kümmern?!

Diese Linie – das gestehe ich hier auch ein – hat aber in Wirklichkeit schon lange vor Ihrem Amtsantritt, Herr Bundesminister Strasser, begonnen. Bei diesem Verfahren, das in der Revi­sion entschieden und zurückverwiesen wurde, das jetzt neu zu führen ist, lagen doch die Fakten schon lange auf dem Tisch, und zwar schon zu einer Zeit, Herr Bundesminister Strasser, bevor Sie Innenminister wurden. Sie schließen da ja nur sozusagen an eine schlechte Tradition an. – Aber heute, Herr Dr. Strasser, sind Sie der Innenminister! Heute sind Sie der­jenige, der aufgefordert ist, auf Grund dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu han­deln, einer Entscheidung, in der klipp und klar und eindeutig gesagt wird, dass sich in einer wirtschaftlichen Notlage von auf eine staatliche Leistung zur Aufrechterhaltung seiner Existenz


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