Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 161

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Wenn man sogar einen Geschäftsordnungsantrag machen muss, weil man der Mei­nung ist, der Minister wäre vielleicht gut beraten, anwesend zu sein, und Sie diesen ablehnen müssen, dann spricht das für sich selbst! (Abg. Neudeck: Also bitte! Der Minister hat sich nur die letzten beiden Reden nicht angehört!)

Ich rede auch nicht davon, dass bestimmte Vokabel, Vokabel wie „Schiebung“ ganz offensichtlich zwar einem Minister oder einem Abgeordneten einer Regierungspartei gestattet sind, bei einem Oppositionsabgeordneten aber zu einer Mahnung des Präsi­denten führen. Ich rede aber sehr wohl davon, welche Kultur des Dialogs oder der Dis­kussion beschworen wird.

Ich war ehrlich gestanden einigermaßen überrascht, als ich den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers heute zugehört habe. (Zwischenruf des Abg. Wattaul.) Er hat doch tatsächlich die Frage gestellt: Was hat denn die Opposition? Und dann hat er gemeint: All das ist doch gar nicht neu! Warum regt man sich denn so sehr darüber auf, dass es in den Ausschüssen ein völliges Schlamassel – dieser Ausdruck ist hof­fentlich nicht ordnungsrufwürdig – gegeben hat? (Zwischenruf des Abg. Schweisgut.) Und dann hat der Kanzler noch hinzugefügt, dass all das nicht neu gewesen sei, weil man ohnehin im Laufe der Regierungsverhandlungen drei Monate lang darüber ge­sprochen habe.

Herr Bundeskanzler, der Sie jetzt nicht anwesend sind! Meine Herren Minister und Staatssekretäre, die anwesend sind! Sie werden doch hoffentlich nicht annehmen, dass eine parlamentarische Debatte beziehungsweise eine ordnungsgemäße parla­mentarische Behandlung eines Gesetzes dadurch ersetzt werden kann, dass ein paar Parteienvertreter irgendwann zusammengesessen sind und überlegt haben, ob sie miteinander eine Regierung machen können und wollen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Warum wollten Sie vorige Woche im Ausschuss nicht verhandeln?)

Ganz abgesehen davon, dass sich allein zwischen der Präsentation dieses Gesetzes­werkes durch den zuständigen freiheitlichen Minister bis heute schon so viel geändert hat und vermutlich bis morgen noch einmal so viel ändern wird, dass man auf die Inhal­te der Regierungsgespräche, Sondierungen und Verhandlungen gar nicht mehr rekur­rieren sollte. (Abg. Zweytick: Warum waren Sie nicht dabei?) – Sie waren auch nicht dabei und waren auch nicht unbedingt ein besonders einprägendes Erlebnis für die Verhandlungsführung selbst!

Was ich, ehrlich gestanden, ebenfalls für sehr bedenklich halte, ist, wenn man in der Empörung darüber, dass Kritik an der Regierungspolitik laut wird – und sie ist in den letzten Wochen und Monaten sehr laut geworden –, zu Vergleichen greift, die wirklich jeglicher Grundlage entbehren, wenn man nämlich beispielsweise ein Instrument, wie es im englischsprachigen Raum gang und gäbe ist, nämlich das An-Lobbyieren einzel­ner Abgeordneter, das eigentlich gerade die ÖVP mit ihrem Modell der Personalisie­rung des politischen Mandates befürworten müsste, ganz gezielt mit einer der dunkels­ten Episoden des letzten Jahrhunderts vergleicht, weil doch tatsächlich eine Abgeord­nete von der Klientel ihres Wahlkreises, wie ich annehme, nachdrücklich aufgefordert wurde, bei der Abstimmung hier mit Nein zu stimmen. (Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Haben Sie doch ein bisschen mehr Gelassenheit! Schauen Sie sich an, wie Demokra­tie dort, wo sie lebendig gelebt wird, funktioniert – und fürchten Sie sich doch nicht vor jedem bisschen Kritik gleich zu Tode! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kopf: Das ist wirklich unglaublich!)

Ich möchte einen Punkt jetzt nicht mehr weiter kommentieren, weil dieser in der Be­antwortung der Dringlichen Anfrage ohnedies schon mehr als deutlich geworden ist, ich sage nur einen Satz: Mit der Geschäftspraxis, die sowohl das Finanz- als auch das


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