Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 11

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unsere Fraktion unterstützt, man könnte die Zivilgerichte dadurch entlasten, dass man bei Schadenersatzklagen nach Verkehrsunfällen nicht die ordentlichen Gerichte be­müht, sondern eine Schlichtungsstelle für ein beschleunigtes Verfahren einrichtet. Erst wenn man sich bei der Schlichtungsstelle nicht einigt, sollte man den Gerichtsweg be­schreiten.

Oder beispielsweise denken wir auch kreativ darüber nach, ob man Streitigkeiten zwi­schen Nachbarn, derer es eine große Zahl bei den Gerichten gibt, vielleicht dadurch lösen könnte, dass man eine Mediation vorschaltet, wo man diese Menschen, die sich bisher nicht wirklich einigen konnten, vielleicht zu einer friedlichen Einigung bringt, ohne dass man das Gericht bemühen muss.

Auch im Strafvollzug stoßen wir derzeit an die Grenzen unserer Kapazitäten. Wir ha­ben daher im Budgetbegleitgesetz eine kurzfristige Maßnahme gesetzt, Herr Minister. Mittelfristig müssen wir aber darüber nachdenken, ob wir unser Strafensystem nicht weiterentwickeln und uns neue Möglichkeiten für Strafkombinationen überlegen sollten.

Ich befürworte, dass man beispielsweise die gemeinnützige Arbeit nicht nur bei der Di­version als Maßnahme verhängt, sondern dass man Strafen mit gemeinnütziger Arbeit kombiniert. Denken Sie an den prominenten Fall der Winona Ryder im amerikanischen System. Diese hatte für einen Ladendiebstahl eine Geldbuße zu bezahlen und auch gemeinnützige Arbeit zu verrichten.

So ein System in Kombination beispielsweise von Geldbuße und gemeinnütziger Arbeit könnte ich mir auch für unseren Strafenkatalog vorstellen. Dies würde beispielsweise die Kurzzeithaft ersetzen. Es ist allemal gescheiter, wenn diese Menschen für die All­gemeinheit arbeiten, als wenn man sie nur für ein paar Monate hinter Gittern steckt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Im Regierungsübereinkommen steht auch, dass wir uns bezüglich der Haftentlassenen Gedanken machen müssen. Ich bin dafür, dass man sie bedingt entlässt mit Anord­nung von Bewährungshilfe, unter Erteilung von Weisungen und Auflagen. Bedauerli­cher­weise wird dieses Instrument viel zu wenig angewandt. Es gibt nur die freiwillige Haftentlassenenbetreuung, aber ganz selten die Anordnung der Bewährungshilfe durch das Gericht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Bei den Jugendlichen haben wir das schon obligatorisch eingeführt. Ich glaube aber, dass wir die Gefangenen nicht bis zum letzten Tag im Gefängnis lassen sollen, dann die Türen öffnen und sie nicht mehr betreuen sollen, sondern die richtigere Vorgangs­weise wäre, sie bedingt vorzeitig zu entlassen, allerdings unter Anordnung von Aufla­gen und Betreuung durch die Bewährungshilfe.

Es ist so, dass wir im Zusammenhang mit der StPO-Reform auch im Personalbereich eine neue Situation bekommen werden, ich gebe zu, nicht für diese beiden Budgets, son­dern erst mittelfristig.

Auch bei den Reformvorhaben wird es notwendig sein, kreativ zu denken, wie wir im Justiz­bereich Effizienzsteigerungen erreichen, ohne dass wir unser gutes System gefährden.

Kollege Jarolim hat gemeint, es gebe im Justizbereich überhaupt keinen zukunfts­träch­tigen Ausblick. (Abg. Dr. Jarolim: Es kommt darauf an, was man unter Zukunft ver­steht!) – Lieber Herr Kollege Jarolim, passen Sie auf, ich gebe Ihnen einen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben mehrere ganz große Reformvorhaben bereits in der Pipeline; das heißt, im Ju­stiz­ressort werden große Reformen immer mittel- bis langfristig mit der Wissen­schaft, mit den Experten vorbereitet, bevor wir sie hier ins Haus bekommen. Wenn Sie


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