trifft? Ist es wirklich nur ein Zufall, dass dieser Konzern dann den Zuschlag bekommt, obwohl er der teuerste Anbieter ist? (Abg. Murauer: Stimmt nicht!) Ist es nur ein Zufall, dass Grasser noch vor ein paar Monaten im Bundesrat abgestritten hat, genau jene Treffen durchgeführt zu haben, die er letzte Woche hier im Hohen Hause auch Ihnen gegenüber zugeben musste? Ist es wirklich nur ein Zufall und wirklich nur ein Einzelfall, wenn Grasser zugeben muss, dass er sich von der Industriellenvereinigung bezahlen oder beschenken lässt? Bezahlen oder beschenken – er ist der Nutznießer. Es ist ein Einkommen oder eine Schenkung, beides unangemessen, politisch unappetitlich und, das sollte auch für Sie die Richtschnur sein, ungesetzlich.
Vor allem: Noch vor einer Woche hat Karl-Heinz Grasser auch Ihnen erzählt, es handle sich um seine private Homepage, heute aber wissen wir, dass das Bundesministerium für Finanzen Fotos versendet und an diese Homepage gerichtete Mails beantwortet.
Karl-Heinz Grasser – ich denke, das kann man ruhig aussprechen – pflegt mit der Wahrheit einen ökonomischen Umgang: zugegeben wird, was sich beweisen lässt. Und: Was heute wahr ist, kann morgen schon unwahr sein, und umgekehrt. Dafür möchte ich Ihnen drei Beispiele nennen, und dann werden Sie hoffentlich auch sehen, dass dieser Mann für vieles steht, aber nicht immer für einen geraden Weg.
Fall eins: Die Kärntner Slowenen laden im Sommer 1994 in Klagenfurt zu einer großen Publikumsdiskussion im Haus der Wirtschaftskammer ein. Für die FPÖ steht ein junger Redner am Rednerpult, der 1001 Gründe gegen den EU-Beitritt kennt und den der Moderator nur mit Mühe bremsen kann. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nach dem EU-Beitritt sagt derselbe Mann – er ist jetzt ein bisschen älter –, er sei froh darüber, dass Österreich EU-Mitglied ist. (Abg. Scheibner: Was hat das mit dem Finanzminister zu tun?) – Welcher Grasser sprach die Wahrheit? (Beifall bei der SPÖ.)
Fall zwei: Karl-Heinz Grasser gibt vor einer Wahl in Kärnten die gesetz- und verfassungswidrige Weisung, Firmen im Straßenbau nicht zu beschäftigen, bei denen ausländische Arbeiter arbeiten. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser.) – Das hat Sie damals auch noch sehr empört, ich kann mich erinnern. – Das ist sozusagen die ideologische Gesellenprüfung für seinen damaligen Mentor, Herrn und Meister.
Im Frühjahr 2000, kurz nach seiner Bestellung zum Finanzminister, wird Grasser von einem Journalisten darauf angesprochen, und dieser Journalist hält fest: Grasser wird rot im Gesicht und sagt, das würde er heute nicht mehr so sehen. – Welcher Grasser sprach die Wahrheit, der von 1997 oder der von 2000? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Großruck.)
Fall drei: Karl-Heinz Grasser unterschreibt
selbstverständlich das Volksbegehren gegen die Einführung des Euro. Er
will Österreich und den Schilling ohne den Schutz der Europäischen Zentralbank
der internationalen Währungsspekulation aussetzen. Drei Jahre später –
viele von Ihnen, die aus dem Westen oder Süden mit dem Flugzeug nach Wien
kommen, werden sich daran erinnern – lächelt derselbe Mann mit einer
riesigen Kopie eines Euro-Scheines auf dem Flughafen Wien beim Ausgang vom Zoll
von einem Plakat auf uns herunter und sagt: Freut euch, der Euro kommt! Der
Euro ist ein Wunschkind. – Wer sprach die Wahrheit, Karl-Heinz Grasser,
der das Volksbegehren gegen den Euro unterschrieben hat,
oder Finanzminister Grasser, der heute den Euro lobt? Wissen Sie es? – Ich
weiß es nicht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Einen vierten Fall möchte ich Ihnen zu bedenken geben, damit Sie wissen, für wen Sie hier so eifrig applaudieren (Abg. Dr. Fekter: Ihr Obmann und Haider ...! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP): 200 000 € soll die Homepage des Finanzministers gekostet haben. Glauben Sie das eine Sekunde lang? Glauben Sie eine Sekunde lang, dass