Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 93

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schen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen System der EU zusammen­wachsen, zusammenwachsen in all ihrer Unterschiedlichkeit?

Durch die EU-Erweiterung wird einer der größten Binnenmärkte der Welt mit fast 500 Millionen Einwohnern entstehen. Daher sind die Themen Arbeitsmarkt und Be­schäftigung ganz wesentliche Eckpunkte der Diskussion.

Unter dem gemeinsamen Dach der 25 Länder werden ab 2004 Menschen unterschied­lichster Sprach- und Kulturräume und unterschiedlichster regionaler und kultureller Iden­titäten eng zusammenleben und zusammenarbeiten. Aufgaben von elementarer Bedeutung werden daher Integration, multikulturelle Zusammenarbeit und die Ver­teidigung kultureller Vielfalt gegen zahlreiche Vorurteile und Ängste sein. Europa ist eben nicht nur eine politische oder ökonomische Zweckgemeinschaft, sondern auch eine Kultur- und Wertegemeinschaft, denn wir werden mit der Erweiterung parallel zum wirtschaftlichen und politischen Zusammenwachsen auch kulturell wieder näher zu­sam­menrücken. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Dafür sind aber einige Voraussetzungen zu schaffen und Maßnahmen zu ergreifen, die unterstützend wirken. Erstens sollten die Menschen unterschiedlicher kultureller Hin­tergründe auch sprachlich miteinander kommunizieren können. Die Sprache ist ein sehr machtvolles Instrument, und Multikulturalität hat daher auch etwas mit Mehr­spra­chigkeit zu tun. Österreich wird ja immerhin gleich Nachbar von vier neuen EU-Staaten. Wenn ich mir die Entwicklung der Regierungspolitik in der letzten Zeit anschaue, dann sehe ich, dass keine besonderen Initiativen gestartet wurden. Auf dem Bildungssektor ist genau das Gegenteil passiert: Kürzung von Unterrichtsstunden, Abbau von För­der­maßnahmen und Streichung zusätzlicher Bildungsangebote. Peter Schieder hat es schon erwähnt: Volksgruppen-Radios und auch mehrsprachige Freie Radios kämpfen ums Überleben. Das ist sehr bedauerlich, und da gibt es einiges zu tun, meine Damen und Herren.

Zweitens: Es gibt Finanzierungs- und Kulturförderungsprogramme, die aber ausgebaut werden müssten. Mittelfristig muss es in der EU auch darum gehen, die Bereitstellung von Mitteln für die Kulturförderung prozentuell anzuheben. Das hilft uns aber nicht, wenn nicht auch im nationalen Bereich ebenfalls erhöht wird.

Ich habe dazu noch eine Aussage der Außenministerin im Ohr, die sie während der Kulturministerkonferenz in Linz gemacht hat: Es müsse verhindert werden, dass an den zukünftigen EU-Außengrenzen neue kulturelle Trennlinien entstehen. Dem stimme ich voll zu. Wir sollten keine neuen Trennlinien zulassen. Kunst und Kultur sind äußerst hilfreich als Mittel zur Prävention gegen Konflikte oder auch zur Aufarbeitung von Kon­flikten. Wir benötigen aber ausreichend Ressourcen, um wirklich eine aktive Auslands­kulturpolitik durchführen zu können. Die Bereitschaft der Kulturschaffenden, ohne Trenn­linien europaweit zu kooperieren oder an den Trennlinien und mit den Trennlinien zu arbeiten, ist groß. Es fehlen ihnen aber, wie gesagt, die Ressourcen und die Un­terstützung der Auslandskulturpolitik.

Wie man sieht, geht es also nicht nur um die Frage, ob die künftigen Mitgliedsländer gut auf die Erweiterung vorbereitet sind, sondern vor allem auch um die Frage, ob Österreich gut vorbereitet ist. Und da ist von der derzeitigen Regierung sehr viel ver­säumt worden, und zwar auch, wie ich meine, in der Auslandskulturpolitik. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

13.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abge­ordnete Dr. Bleckmann zu Wort. – Bitte.

 


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