Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 133

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Viel unwürdiger aber ist es, wenn die Geschmacklosigkeit so weit geht, wieder einmal Robin Hood zu spielen und Almosen aus einem Notstandstopf zu verteilen, der ohnedies von der Kärntner FPÖ ausgeräumt wurde, und das zu einem Zeitpunkt, zu dem die Opfer schon drei Jahre lang der Hilfe bedurft hätten. Wäre es dem Landes­hauptmann ernst gewesen, dann hätte er vor drei Jahren geholfen und nicht jetzt, fünf Minuten vor der Wahl. Das ist der Gipfel an Geschmacklosigkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Völlig verkehrt! Setzen Sie sich nieder! Bis jetzt war es eine hoch stehende Debatte, bis Sie ans Rednerpult gekommen sind!)

Jetzt aber zurück zur Causa Kaprun selbst. Es wurde schon von meinen Vorrednern, vor allem von Kollegen Maier, darauf hingewiesen, dass in diesem Fall die Justiz­verwaltung massiv versagt hat und eine Serie von Pannen und Versäumnissen „schuld“ – unter Anführungszeichen – daran war, dass die Opfer jetzt noch im Regen stehen. Ich stelle klar, die Justizverwaltung, nicht die Justiz, also der Verantwortungs­bereich des Herrn Justizministers und der ihm untergeordneten Behörden ist schuld daran, nicht aber der Richter, der hervorragende Arbeit geleistet hat, der Unmensch­liches, ja Übermenschliches geleistet hat, wie ihm selbst vom Anwalt der Geschädigten Witti, der aus der Entfernung eines deutschen Anwalts die österreichische Justiz in höchstem Maße in der Person des Richters Seiss gelobt hat, bescheinigt wurde. Das muss auch einmal klar gestellt werden.

Klar gestellt muss aber auch werden, dass die Versäumnisse von der Justizverwaltung zu vertreten sind: verschlampte Beweismittel, keine Zur-Verfügung-Stellung von aus­reichendem Personal.

Man muss sich vorstellen, dass nicht einmal genug Schreibkräfte da waren, um einen solchen Prozess zügig fortzuführen! Und dass in einem Gericht keine Verhand­lungssäle vorhanden sind, sodass man ins Kolpinghaus ausweichen musste, ist eigent­lich auch eine Pikanterie sondergleichen!

Aber viel schlimmer ist es, dass man hier und heute versucht, uns angesichts der Dis­kussion über die StPO-Novelle vorzugaukeln, es würde sich etwas bessern. Damit man hier keinem Irrtum aufsitzt, darf ich etwas zitieren, was ich gerade in meinem Fach ge­funden habe, nämlich einen Brief der Vereinigung der österreichischen Richter, Bun­dessektion Richter und Staatsanwälte in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst. In diesem Brief heißt es:

„Der Bundesminister für Justiz errechnete jedoch in Anlehnung an eine von ihm in Auftrag gegebene Studie einen Wegfall von 73 Richterposten und einen Nettomehr­bedarf von 56 Staatsanwälten.“

Herr Bundesminister, die Richter und Staatsanwälte lassen sich nicht auseinander dividieren, wie Sie das offenbar versuchen, sondern führen in ihrem Schreiben an uns Mandatare weiters aus:

„Wir halten diese Studie in ihren Grundaussagen, aber auch in wesentlichen Details für mangelhaft und unrichtig.“

Weiters schreiben die Richter und Staatsanwälte betreffend Folgen einer personellen Minderausstattung – ich zitiere –:

„Das Gesetz ... ist in der Praxis nicht umsetzbar, weil die Staatsanwaltschaften ihre Leitungs- und Kontrollfunktionen gegenüber der Polizei kaum wahrnehmen können, ...“ (Abg. Scheibner: Falsche Debatte!)

Und weiters drohe „eine totale Dominanz der Polizei im strafprozessualen Vorver­fahren“.

 


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