Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 59. Sitzung / Seite 102

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Österreich, die von dieser Steuerreform nichts haben – nichts! –, weil sie nämlich weder einkommen- noch lohnsteuerpflichtig sind. Gerade diese Menschen, die die finanzielle Unterstützung am notwendigsten brauchen würden, gehen bei dieser Steuerreform völlig leer aus. Völlig leer! Aber das ist Ihnen offenbar gleichgültig.

Sie sagen, Sie wollen Weichen stellen. Sie stellen die Weichen ganz klar in eine Rich­tung, aber die führt nicht hin zur Umverteilung von Einkommen, zur Umverteilung von Reichtum, sondern sie führt dorthin, dass jene, die viel haben, noch mehr haben, und jene, die fast nichts beziehungsweise ganz wenig haben, noch weniger haben.

Die Frage ist: Woher kommt diese Finanzierung? An dieser Stelle danke ich Ihnen, Herr Kollege Auer – momentan ist er nicht im Saal –, für diese sehr offenen Worte aus der Sicht eines Bürgermeisters. Ich weiß, wie sich die Entwicklung in den Gemeinden in den letzten Jahren dargestellt hat. Die Situation ist die, dass die Ertragsanteile für die Gemeinden immer geringer geworden sind, daher immer weniger Geld in den Ge­meinden zur Verfügung gestanden ist und zur Verfügung steht und die Gemeinden somit immer weniger ihren eigentlichen Aufgaben nachkommen können.

Das Gleiche wird uns auf Bundesebene passieren. Es ist ja jetzt schon so, dass Sie mit der Begründung: Wir haben zu wenig Geld! zum Beispiel im Bereich der Pensionen immer mehr an öffentlichen Aufgaben, an öffentlicher Verpflichtung an die Betroffenen abwälzen und sagen: Wir können nur mehr einen Teil der Pension finanzieren, den Rest finanziert euch selbst, denn dazu haben wir das Geld nicht! (Abg. Wittauer: Wer soll es denn zahlen?) Wer es zahlen soll? Ich weiß nur, wer von dieser Steuerreform sehr satt profitiert, und ich finde, jene, die jetzt so satt profitieren, könnten gut einen Teil dieses Geldes abgeben, denn es gehört nicht dorthin, sondern es gehört dorthin, wo die Aufgaben des Staates liegen, nämlich in der Sicherung von Pensionen, in der Sicherung des Bildungsbereiches, und so weiter. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Als Familiensprecherin stelle ich natürlich auch die Frage, welche familienpolitischen Auswirkungen diese Steuerreform hat. Es war heute schon ein paar Mal von diesem Stichwort „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ die Rede, und in diesem Zusam­menhang ist natürlich der AlleinverdienerInnenabsetzbetrag zu nennen, der de facto in den meisten Fällen ein Alleinverdienerabsetzbetrag sein wird.

Sie wollen mit dieser Steuerreform Weichen stellen, aber Sie stellen auch hier die Weichen nicht in die Richtung, die Sie nach außen immer vertreten, sondern genau in die entgegengesetzte. Und das ist das, was mich wirklich verärgert! Sie sagen nach außen: Wir wollen die Wahlfreiheit zwischen Beruf und Familie, wir wollen, dass die Frauen entscheiden können, wir wollen, dass die Frauen berufstätig sein können. Im gleichen Atemzug aber machen Sie eine Steuerreform, durch die genau jene Familien bestraft werden, die sich das Erwerbseinkommen und die Familienarbeit gerecht aufteilen. Genau jene Familien, in denen beide erwerbstätig sind, beide ihren Beitrag zum Familieneinkommen leisten und sich beide um die Familie kümmern, werden bestraft. Die bekommen nämlich nichts, die fallen durch! (Abg. Wittauer: Das Wort „Männer“ habe ich nicht gehört! Nur das Wort „Frauen“!) Schauen Sie sich Ihren eigenen Entwurf, den Sie heute beschließen wollen, einmal an, dann werden Sie es sehen. Wenn Sie es bis jetzt noch nicht verstanden haben, dann sage ich es Ihnen noch einmal, und vielleicht überlegen Sie es sich noch, ob Sie aufstehen und genau diesen Weg mitbeschließen wollen. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Familien verlieren also. Andererseits bevorzugen Sie auch Familien, in denen ein Teil unheimlich viel verdient, denn diese erhalten trotzdem den Alleinverdiener­absetzbetrag.

 


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