Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 136

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Herr Abgeordneter Gusenbauer, Herr Klubobmann, Sie haben gemeint, dass eine sol­che Dringliche Anfrage dem Ansehen der Republik Österreich schaden würde. – Ich sage Ihnen: Eine parlamentarische Diskussion kann niemals das Ansehen eines Par­lamentes schädigen, denn dazu sind wir ja da, nämlich um zu diskutieren, um Meinun­gen auszutauschen. Vielleicht sollten Sie sich einmal daran gewöhnen, auch wenn es um Themen geht, die Ihnen nicht angenehm sind! Ich glaube schon, dass Sie darüber nicht reden wollen. Da ziehen Sie dann ganz schnell das „Ansehen Österreichs“ heran, um solche Diskussionen abzuwürgen. (Abg. Dr. Wittmann: Ihr Wiener Wahlergebnis würde ich gerne wissen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! All jene Befürchtungen, vor denen wir anläss­lich der EU-Osterweiterung gewarnt haben, insbesondere vor einem Beitritt Tsche­chiens und der Slowakei, sind Wahrheit geworden. Das müssen wir uns einmal vor Augen halten. Alle Forderungen, noch vor dem Beitritt Tschechiens und der Slowakei zu benützen, um einen eindeutigen Ausstieg aus der Atompolitik zu fordern, haben Sie immer abgelehnt. Sie haben all unsere Forderungen als lächerlich abgelehnt. Sie ha­ben sogar gesagt, das sei eine Erpresser-Strategie. Wir mussten uns sagen lassen, wir können besser über eine Ausstieg von Tschechien und der Slowakei aus der Atompoli­tik reden, wenn sie einmal bei der EU dabei sind. All das mussten wir uns anhören.

Und jetzt kommt die Stunde der Wahrheit! Jetzt hat nicht nur die Slowakei (Abg. Öllin­ger: Na geh!) – sagen Sie nicht: „Na geh!“ –, sondern Tschechien hat sogar gesagt, dass sie die Atomenergie ausbauen werden.

Heute lesen Sie in Ihrer Lieblingszeitung, dem „Standard“, dass statt einer Stilllegung von Temelín beabsichtigt ist, zwei neue Blöcke für Temelín auszubauen. Das wird uns jetzt angekündigt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es wird nicht an einem Ausstiegsszenario gearbeitet, sondern – ganz im Gegenteil! – an einem Ausbauszenario. Darüber muss man natürlich diskutieren und schauen, wer die Verantwortlichen in der Vergangenheit waren. (Abg. Öllinger: Swoboda!) – Auf Herrn Swoboda komme ich schon zu sprechen, darum brauchen Sie sich nicht zu sor­gen.

1999 haben wir vier Anträge gestellt (Abg. Öllinger: Vier Anträge! Das ist die ganze Arbeit?), allein 1999, die den Inhalt hatten, über die Sicherstellung des Ausstiegskon­zeptes und dann erst über die Aufnahme von Tschechien und der Slowakei in die EU zu diskutieren.

Viermal haben Sie unseren Antrag abgelehnt. Ihre Reaktion war eben, das sei eine Erpressungssituation und man könne nicht mit einem Veto arbeiten. Unsere Forde­rung, gegen den Beitritt ein Veto einzulegen, war Ihnen ebenfalls nicht genehm, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Van der Bellen: ... Temelín vielleicht ab­geschaltet worden? So ein Blödsinn!)

Sie haben sich wirklich als die typischen Epimetheuse herausgestellt. (Abg. Dr. Van der Bellen: Was für Mäuse?) Wir waren die Prometheuse: Wir haben gewusst, was auf uns zukommen wird. Aber Sie waren keine Vordenker, sondern Sie waren Nach­denker, aber nicht im Sinne von „überlegen“, sondern von „erst später draufkommen“, was wirklich passiert. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Hat das etwas mit Schildläusen zu tun?)

Am 12. Mai 1999 hat die Regierung Tschechiens beschlossen, den Bau von Temelín fortzusetzen. (Abg. Dr. Wittmann: Wie war das mit den Schildläusen? Können Sie sich erinnern?) Und die Reaktion der damaligen Konsumentenschutzministerin, Verbrau­cherschutzministerin Frau Mag. Prammer war: Nun, der Fortschritt, der erzielt worden ist, ist eigentlich schon toll! Es haben zwar elf Minister dafür gestimmt, dass ausgebaut


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