Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 73

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Ich weiß natürlich, Herr Kollege Scheibner, dass die Kunst nicht den finanziellen und politischen Stellenwert hat, den wir Grüne ihr gerne geben würden. (Zwischenrufe und Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Im Parlament wird die Kunst natürlich eher auf einer Art symbolischem Terrain ver­handelt, das ist uns schon klar, aber dann will ich die Gelegenheit gleich einmal benutzen, um dieses symbolische Feld genauer anzuschauen. Erstens einmal ist die­ses Kunstbudget extrem niedrig im Verhältnis zum Gesamtbudget, das zweite Bemer­kenswerte ist, dass niemand genau weiß, wie hoch oder groß es ist. Der Bun­deskanzler spricht von einer Erhöhung von 6 Prozent, Abgeordnete Wolfmayr spricht von 224 000 €, der Herr Staatssekretär spricht von 87 Millionen €. Es geht sich vorne und hinten nicht aus. Wir haben Gott sei Dank die Unterlagen dazu bekommen, den Voranschlag für das Jahr 2005, und dort kann man – das kann man ganz leicht nachlesen – eine Erhöhung von 4,5 Millionen € eruieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im Jahr 2004 sind es 220 Millionen €und im Jahr 2005 sollen es 224,5 Millionen € sein. Das nur zur Aufklärung, damit Sie wissen, wie es wirklich aussieht. Die 4,5 Millionen € sind natürlich keine 6 Prozent, sondern das sind – und das ist ganz leicht nach­zurechnen – 2 Prozent, und das ist also nicht wirklich nennenswert.

Aber wie wird dieses geringe Budget jetzt symbolisch verwendet? Für die Regierung ist Kunst in erster Linie – und das hören wir bei allen möglichen Festreden, aber auch im Parlament – ein Wirtschaftsfaktor. Da wird ihre touristische Natur und der kaufmän­nische Nutzen, die Umwegrentabilität bei jeder Gelegenheit hervorgestrichen, und erst dann, wenn sich das irgendwie rechnet, wird investiert. Bestes Beispiel dafür ist Vor­arlberg. – Ich habe schon einmal darauf hingewiesen. – Wenn man bedenkt, dass nächstes Jahr 11 Millionen € aus dem Kunstbudget des Bundes nach Vorarlberg fließen und 10,2 Millionen davon an die Bregenzer Festspiele gehen, dann weiß man schon ungefähr, was läuft. Diese Spritze ist notwendig gewesen, weil ein Institut errechnet hat, dass sich das irgendwie kaufmännisch rentiert.

Dieses Kunstverständnis ist natürlich stets verwoben mit einer Art Genussanspruch, mit einer Art Hedonismus, und der manifestiert sich in der Errichtung von Gebäuden, in der Ausrichtung von Großereignissen, von Festivals, kurzum: in Kulissen. Er mani­festiert sich sozusagen in dem, was man als eine Art Hochkultur bezeichnen kann und was durchaus nichts mit dem zu tun hat, was man als avancierte Kunst der Experimen­te, der Probefelder und der innovativen Impulse verstehen könnte. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Aber, Frau Kollegin, es gibt noch einen zweiten Kunstbegriff, der dem Bürgerlichen anheim gestellt ist, und das ist der der Unterstützung des territorialen Nationalstaates. Diese Funktion von Kunst sollte eigentlich angesichts globaler und europäischer Politik und Probleme schon überwunden sein, wird aber immer wieder eingesetzt, um Öster­reich zu feiern. Also Österreich feiert sich als Kulturnation praktisch permanent mit großem Hallo und viel Geld selbst, gratuliert sich ständig selbst.

Wenn man nun diese beiden Aspekte des Kunstverständnisses zusammenfügt, näm­lich die Großereignisse und das nationale Feiern, dann kann man sagen: Das hat der Bundeskanzler vorgestern sehr schön ausgedrückt, als er gesagt hat: Seit dem Barock ist Feiern ein Teil der österreichischen Identität! Wenn das seit dem Barock so war, dann kann ich darauf hinweisen, dass im Barock natürlich nicht die Österreicher und Österreicherinnen gefeiert haben, sondern die Feudalen, und diese Kontinuität hat sich tatsächlich bis heute fortgesetzt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


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