Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 87. Sitzung / Seite 169

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kerung, und dies bei einem Gesetzentwurf, der ganz gravierend und ganz schwer­wiegend in die Lebensbedingungen der Österreicherinnen und Österreicher eingreift. Dafür haben Sie nur legistische Kraftmeierei übrig. (Beifall bei der SPÖ.)

In Wirklichkeit ist das der Gipfel einer restriktiven Rentenpolitik, die sich in Leistungs­kürzungen und Zugangsbeschränkungen ausdrückt. Soziale Sicherung im Alter ist Ihnen nicht produktiv genug, deshalb wollen Sie die Alten und die Invaliden möglichst lange im Arbeitsprozess halten – siehe Tancsits.

Sie planen in Wirklichkeit den sukzessiven Umstieg auf kapitalgedeckte Verfahren auf privater Basis, dabei ist die Finanzierungsperspektive der gesetzlichen Pensions­versicherung bei weitem nicht so schlecht, wie immer wieder behauptet wird. Sie passt nur nicht in das Konzert der Klagen über die angebliche Unfinanzierbarkeit und Ineffizienz eines staatlichen Sozialsystems (Zwischenruf des Abg. Mag. Tancsits), das die Privatisierung verschiedenster Leistungen fordert. Sie passt auch nicht in die Perspektive Ihrer autoritären Politik, die in die Autonomie der Selbstverwaltung eingreift und an die düstersten Kapitel der Rentenpolitik des vergangenen Jahrhunderts ge­mahnt. (Zwischenruf des Abg. Bucher.)

Ihre Rentenpolitik bewegt sich in Richtung einer Rentensicherung auf der Basis des Existenzminimums und nicht mehr eines möglichst vollwertigen Lohnersatzes, was Grundkonsens der Zweiten Republik war.

Ihre Grundprämisse, die Grundprämisse Ihrer reaktionären Sozialpolitik ist eindeutig Standortsicherung, denn wenn man sich die prognostizierte Kostenentwicklung bei den ASVG-Pensionen in den Jahren 2003 bis 2004 auf Basis der Rechtslage vor der Pensionsreform 2003 anschaut, dann kommt man auf Folgendes drauf: Im Jahr 2003 wurden gemessen am Bruttoinlandsprodukt 9,3 Prozent für die Pensionen ausge­geben, bis zum Jahr 2007 wird dieser Betrag schrittweise auf 9,0 Prozent gesenkt, also minimal, um 0,3 Prozent. Auch die Entwicklung der erforderlichen Bundesmittel bewegt sich in einem Rahmen von 2,0 Prozent hinunter auf 1,8 Prozent. – Das sind die Zahlen des Sozialministeriums, die belegen, dass die von Ihnen beschworene dramatische Finanzierungskrise der Pensionsversicherung in Wirklichkeit nicht vorhanden ist.

Auch die Prognoserechnungen, die zum Runden Tisch zur Pensionsharmonisierung, der im Sommer stattfand, vorgenommen wurden, zeigen deutlich, dass die Gesamt­kosten für die öffentliche Alterssicherung bis zum Jahr 2030, gemessen am Brutto­inlandsprodukt, nur um 0,6 bis 1,3 Prozent ansteigen werden, wobei ein erheblicher Teil der zu erwartenden Kostensteigerungen durch den Anstieg der Erwerbsbeteiligung abgefangen wird. Dann wird sogar wieder mit einem Rückgang des Pensions­auf­wandes gerechnet.

In Wirklichkeit geht es also nicht um eine Finanzierungskrise bei den Pensionen, sondern es geht darum, dass Sie ausreichend Spielraum haben für Projekte, die Ihnen wichtig sind, beziehungsweise dass Sie Angst haben vor dem „blauen Brief“ aus Brüssel, dass Sie Ihr Nulldefizit nicht werden einhalten können und dafür gemahnt werden. Dafür zahlen die Österreicherinnen und Österreicher eine teure Zeche, wenn man bedenkt, dass die kumulative Wirkung der Pensionsreformen seit 1997 30, 40, 50 Prozent beträgt, eindeutig den Vertrauensschutzgrundsatz verletzt und damit auch verfassungswidrig ist.

Nichts von dem, was Kanzler Schüssel im Jahr 2002 gesagt und angekündigt hat, ist eingetroffen. Ich zitiere ihn: „Es wird eine solche Pensionsreform mit Durchrechnungs­zeitraum bis zum Jahr 2020 nicht mehr geben, das sage ich Ihnen jetzt schon voraus. Man wird überlegen, bis 2020, ob man dann verlängert, ob nach 2020 noch weiter verlängert wird. Auf etwa Lebenserwartung minus etwa der schlechtesten 5 oder 10 Jahre.“ – Zitat Schüssel 1.

 


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