Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 42

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vaten Nachhilfestunden das auszugleichen, was die Schule nicht leisten konnte. Die Schule soll der Ort des Lernens sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich wünsche mir auch eine Schule, in der es Klassengrößen gibt, die es den Lehrerinnen und Lehrern erlauben, wirklich auf jedes Kind einzugehen. Eine Schule lebt letztendlich davon, dass die Lehrerinnen und Lehrer hoch motiviert sind. Frau Bundesministerin! Die Politik der letzten Jahre hat nicht dazu geführt, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer motivierter sind, sondern man trifft leider immer mehr frustrierte Lehrer. Ich sage, eine gute Schule, die unseren Anforderungen und den Anforderungen der Eltern und der Kinder genügt, muss eine Schule sein, in der sich auch die Lehrerinnen und Lehrer wohl fühlen, weil sie die Möglichkeiten haben, das zu tun, was auch pädagogisch notwendig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich wünsche mir eine Schule, bei der nicht das ideologische Dogma im Vordergrund steht, sondern bei der das im Vordergrund steht, was unseren Kindern und Jugend­lichen am meisten hilft. (Abg. Mag. Molterer: Jawohl!) Ich werde keine Diskussion mit aufgestellten Pappkameraden führen, wie sie da und dort stattfindet. Ich halte das für sinnlos.

Ich bin der Meinung, jedes Kind muss maximale Möglichkeiten in der Schule vorfinden. Genau nach diesem Maß muss die Schule organisiert sein. Die äußere Form der Schu­le ist erst eine der letzten Fragen, die sich dabei stellen. Für die Kinder und die Eltern ist wichtig, was sich im Klassenzimmer abspielt, was wirklich getan wird. Diesbezüg­lich – das sage ich ganz offen – hat es einige Bewegung in der Diskussion gegeben.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, lesen Sie heute den Beitrag Ihres Kollegen Schilcher in der „Kleinen Zeitung“, der erneut die ÖVP auffordert, in diesem Punkt die Scheuklappen abzulegen und sich einem modernen Bildungsbegriff zu öffnen. (Abg. Dr. Brinek: Das kann er eh!) Ich kann Ihnen nur empfehlen: Nehmen Sie seine Aufforderungen ernst! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich denke, es wird heute ein richtiger, wichtiger und großer Schritt gesetzt. Der heutige Schritt ist noch keine Garantie für ein gutes Schulsystem, aber der heutige Schritt bietet die Chance dazu. Die Ausrede, die es in der Vergangen­heit gegeben hat, man könne das eine oder andere nicht machen, weil die Zweidrittel­mehrheit erforderlich ist, gilt ab heute nicht mehr! Jede Parlamentsmehrheit wird dafür verantwortlich sein, welche Qualität das Schulsystem bietet. Ich bin schon sehr gespannt, Frau Bundesministerin, ob Sie bereit sind, auf unsere breit angelegten, kon­struktiven Vorschläge zur Reform der österreichischen Schule einzugehen oder nicht. Ich denke, den österreichischen Kindern wären wir es allemal schuldig! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Aus gegebenem Anlass möchte ich zum Schluss meiner Rede noch zu einer anderen aktuellen Angelegenheit Stellung nehmen. Es geht um eine der wichtigsten Institutionen für die Demokratie in unserem Land: nämlich den ORF, der für kommenden Samstag zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik geplant hat, eine Fernsehrede des Bundeskanzlers im Anschluss an die „ZiB“ in ORF 1 und ORF 2 gleichzeitig zu übertragen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.) Das ist ein Format, das bisher ausschließlich dem Bundespräsidenten vor­behalten war. (Abg. Scheibner: Hat das was mit der Schule zu tun?) Die Bekanntgabe dieses Vorhabens hat gestern zu einem Hilferuf des ORF-Redakteurrats geführt (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter), mit dem Titel: Der ORF ist kein Staatsrundfunk, und man soll den ORF in seiner Unabhängigkeit nicht gefährden. (Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glockenzeichen. – Abg. Scheibner: Redezeit, Herr Kollege!)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Ich fordere daher den Herrn Bundeskanzler auf: Nehmen Sie diesen Hilferuf der ORF-Redakteure ernst, die Unabhängigkeit des


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