Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 29

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Signal der Niederlande war ja ganz ähnlich, auch dort ist es nicht darum gegangen, dass die Niederländer etwas zur Verfassung im Detail gesagt haben. In den Niederlanden haben die Menschen die gleichen Sorgen wie die Menschen in Frankreich und zusätzlich das Problem, dass sie das Gefühl haben, zuviel für die Europäische Union zahlen zu müssen. (Abg. Mag. Molterer: Und jetzt macht die SPÖ die Politik Frankreichs, der Niederlande!)

Sie, Herr Bundeskanzler, haben gesagt, es wäre völlig absurd, die Währungsunion rückgängig zu machen. – Ja, Sie haben Recht, natürlich wäre das absurd. Aber wenn Sie heute in Österreich fragen würden, ob die Menschen nicht lieber den Schilling zurück hätten (Abg. Mag. Hakl: Nein, das glaube ich nicht!): Ich sage Ihnen, die Menschen würden darauf mit Mehrheit sagen, ja, sie hätten ihn gerne zurück, weil sie heute glauben und davon träumen, dass es früher keine Inflation gegeben hat (Zwischenrufe bei der ÖVP), und weil sie heute spüren, vor allem in den Bereichen der kleinen Einkommen, dass es eine Inflation gibt (Abg. Mag. Molterer: Europasprecher Einem, das ist ja schlimm!), gegen die Sie von dieser Bundesregierung nichts tun, ja die Sie sogar noch verschärfen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, worum es geht, ist keine Kehrtwende hinsichtlich der Europäischen Verfassung, sondern eine Kehrtwende in der Politik, und zwar auch in der österreichischen. Sie schauen seit fünf Jahren zu, wie die Arbeits­losigkeit in Österreich steigt, und Ihr Arbeitsminister sagt jedes Mal, dass er hofft, dass es besser wird. (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) Nur: Für das Hoffen zahlen ihn die Bürger nicht, sondern für Politik, die etwas dagegen tut! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehen wir uns noch ein anderes Signal an. Herr Bundeskanzler! Herr Verheugen, immerhin der Vizepräsident der Europäischen Kommission (Abg. Mag. Molterer: Sozialdemokrat!), gibt heute in einer österreichischen Tageszeitung zum Besten, dass man jetzt unbedingt mit der Erweiterung fortfahren müsse. (Abg. Mag. Molterer: Sozialdemokrat!) Können Sie uns erklären, wie auf der Basis des Vertrages von Nizza mit 25 und mehr Mitgliedern gearbeitet werden soll? Können Sie uns das erklären? (Abg. Mag. Molterer: Sozialdemokrat!) Das ist so nicht möglich. Deswegen sind wir für die Verfassung eingetreten, deswegen haben wir 17 Monate im Konvent und danach noch ein Jahr in der Regierungskonferenz gearbeitet. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Punkt, um den es geht, ist, dass man Europa konsolidieren muss, damit es über­haupt wieder handlungsfähig wird. Man kann nicht so tun, als wäre nichts gewesen, und einfach fortfahren. (Abg. Rädler: Machen Sie es in Deutschland!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, worum es geht, ist, endlich eine Kehrt­wende in der tatsächlichen Politik zu machen, nicht bei der Verfassung, sondern in der Politik. Das, was die Menschen erwarten, ist, dass ihre Alltagssorgen endlich ernst genommen werden, und das sind die Sorgen und das Interesse um den Arbeitsplatz für sich selbst und für ihre Kinder (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl), das sind die Sorgen um die soziale Sicherheit, das sind die Sorgen um die Umweltpolitik.

Das, was Sie hier machen, ist eine Politik, die den grenzüberschreitend tätigen Unter­nehmen hilft – das bestreite ich überhaupt nicht –, aber das, was die Menschen spüren, ist, dass sie nicht im Zentrum dieser Politik stehen. Und daher haben sie dazu nein gesagt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben ein ordentliches Stück Arbeit vor uns, nämlich den Teil der Verfassung nachzuholen, den uns die Regierungschefs das letzte Mal nicht erlaubt haben, den Teil III gründlich zu überarbeiten, sodass diese Verfassung für Bürgerinteressen sensibel wird. Das ist das, worum es geht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.38

 


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