Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 98

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regierung, wie wichtig es ist, die Haftanstalten zu frequentieren –, weshalb diese Dame nicht dasselbe Schicksal wie alle anderen Verurteilten auf sich nehmen muss.

Stattdessen – und das ist der nächste Skandal; ich möchte das aber nicht hochspielen, ich finde nur, dass eine Antwort darauf notwendig ist – ist sie als Geschäftsführerin einer Wiener Vermögensverwaltungsgesellschaft tätig, meine Damen und Herren! Jemand, der wegen Veruntreuung und Scheckbetrug in Österreich und Deutschland verurteilt worden ist zu einer Geldstrafe und zu einer Haftstrafe, die auch schon längst hätte angetreten werden müssen, weil ein Strafaufschub abgelehnt worden ist, ist jetzt tätig als Geschäftsführerin einer Vermögensverwaltungsfirma! – Frau Justizminister, ich glaube nicht, dass Sie dafür etwas können, aber ich darf Sie dringend ersuchen, jetzt doch nachzuprüfen, was eigentlich sicherstellt, dass diese ehemalige ÖVP-Ministersekretärin trotz dieser dramatischen Delikte eine Vermögensverwaltungs­gesell­schaft führt.

Zum Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz, meine Damen und Herren, sei kurz zusam­mengefasst: Sie wissen – das war auch Thema im Justizausschuss –, das ursprüng­liche Thema, ein Anliegen, das dem damaligen Justizminister Böhmdorfer am Herzen lag, war, eine Vielzahl von unterschiedlichen Aspekten unter einem so genannten Wirt­schaftshygienegesetz zusammenzufassen. Einer der Punkte dabei war: Aufsichtsräte sollen zahlenmäßig begrenzt sein, weil es nicht so sein kann, dass eine Vielzahl von Funktionen gewährleistet, dass auch all diese Funktionen sehr sorgsam ausgeübt werden können.

Ich kann und will dazu nichts sagen, weil es sehr unterschiedliche Konstellationen gibt, wo das eine oder das andere auch tatsächlich möglich ist. Tatsache ist jedenfalls, dass wir von diesen seinerzeitigen Überlegungen völlig abgegangen sind und jetzt eigentlich all das, was Böhmdorfer seinerzeit in Bezug auf eine Begrenzung gesagt hat, nicht haben.

Was wir haben – und das ist eine grundsätzliche Frage –, ist im Zusammenhang mit dem Corporate Governance Kodex, der ja auch eine maßgebliche Rolle spielt, eine Erklärung, eine freiwillige Erklärung von Unternehmen, dass sie sich gewissen Rege­lungen unterwerfen. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die ursprüngliche Intention die war, dass man für den Kapitalmarkt, aber auch darüber hinaus für die Gesellschaften sehr sinnvolle – das, glaube ich, kann und muss man dem Corporate Governance Code unterstellen, weil er ja sehr sorgsam ausgearbeitet worden ist – Regelungen als verpflichtend für österreichische Gesellschaften erklärt.

Warum das letztlich nicht passieren kann, ist mir unverständlich. In Deutschland wurde zumindest der Versuch unternommen, diesem Dokument dadurch einen öffentlichen Charakter zu verleihen, dass es im Rahmen einer Verordnung veröffentlicht worden ist.

Ich meine, Freiwilligkeit hat natürlich einen Wert, aber wenn wir jetzt dazu übergehen, dass wir sagen, wir stellen die Freiwilligkeit den gesetzlichen Regelungen de facto gegenüber und – und das kommt in vielen anderen Bereichen immer mehr zum Ausdruck – hoffen, dass freiwillig das, was rechtlich notwendig wäre, stattfindet, dann nimmt das meiner Meinung nach eine Entwicklung, die man sehr kritisch betrachten muss. Das fordert den Gesetzgeber sehr wohl, zu erklären, warum etwas, von dem er meint, dass es unverzichtbar ist, dass es vernünftig ist, dass es sinnvoll ist, dass es durchgesetzt werden soll, nicht gesetzlich geregelt wird, sondern mit der Hoffnung, dass es die einen oder anderen freiwillig tun werden, im Raum stehen bleibt.

Ich meine, dass wir uns nicht nur im Rahmen dieses Gesellschaftsrechts­änderungs­gesetzes, sondern auch bei einer Reihe anderer Maßnahmen, bei denen diese Welle der Freiwilligkeit auf uns zurollt, mit dieser Thematik auseinander setzen müssen.

 


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