Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 77

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Wir sind in der Sache gut vorbereitet. Österreich hat sich im Inneren nicht um die not­wendigen Reformen gedrückt. Österreich ist ein engagierter, ein glaubwürdiger euro­päischer Partner. Wir haben jetzt die Chance, zu zeigen, dass wir unsere Vorteile als mittelgroßes, erfolgreiches Land einbringen werden, und zwar im Interesse des euro­päischen Einigungswerkes. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Europa steht jetzt vor einer Bewährungsprobe, die Debattenbeiträge haben es aufge­zeigt. Es gibt Risse, es sind Risse sichtbar geworden, es ist aber auch sehr viel Unbe­hagen, sehr viel Zorn in den beiden Referenden zum Ausdruck gekommen. Und der Kristallisationspunkt, das Ventil dafür war der Verfassungsvertrag. Dieser Verfas­sungsvertrag, meine Damen und Herren, Hohes Haus, ist nicht im Altpapier-Container gelandet, dieser Verfassungsvertrag wurde in der Zwischenzeit auch vom zypriotischen Parlament genehmigt. Heute behandelt das maltesische Parlament den Verfassungs­vertrag, und in wenigen Tagen, am 10. Juli, wird in Luxemburg eine Volksabstimmung dazu stattfinden.

Wir sollten es ernst nehmen, dass auch die Bevölkerung und die gewählten Volksver­treter dieser Länder eine Chance haben, ihre Bewertung des europäischen Verfas­sungsvertrages zum Ausdruck zu bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sollten uns daher weiterhin davor hüten, Schnellsiederezepte oder Knopfdruck­lösungen in den Vordergrund zu stellen. Was wichtig ist, ist, dass jetzt bezüglich dieser Frage eine Zeit des Nachdenkens und des Vordenkens beginnt. Und diese „Zeit der Reflexion“, wie es im Beschluss der Staats- und Regierungschefs vom Juni heißt, wird in jedem der EU-Länder für eine ausführliche Diskussion genützt werden, an der die Bürger, die Zivilgesellschaft, die Sozialpartner und die nationalen Parlamente sowie die politischen Parteien teilnehmen werden.

Ich bitte Sie heute schon: Engagieren wir uns, engagieren Sie sich! Wir können es nur gemeinsam tun.

Der Kern dieser Europadebatte, dieser österreichischen Europadebatte, die stattfinden wird, ist für mich die Frage: Wie wollen wir leben? Es ist die Frage nach dem europäi­schen Lebensmodell, wie wir es in der globalisierten Welt zukunftsfest machen können.

Was wollen wir? – Wir wollen in diesem Europa in Frieden leben, wir wollen auch das Friedensprojekt Europa in unserer Generation weiterentwickeln, dort, wo es notwendig ist, etwa auf dem Balkan. Wir wollen Nachhaltigkeit, wir wollen eine gute Umweltpolitik, wir wollen soziale Sicherheitsnetze, wir wollen die kulturelle Vielfalt und die Vielfalt der Lebensformen, die sich in diesem spezifischen europäischen Lebensmodell zusam­menführen lassen.

Wir wollen daher mit den Bürgern diskutieren, Europa hört zu. Es ist notwendig, auf die Sorgen einzugehen, auf die Skepsis einzugehen, selbstverständlich auch auf die Kritik. Wir können und werden diese Diskussion kontroversiell führen. Am Ende wird aber aus meiner Sicht etwas stehen, was mir schon wichtig ist: Für uns, für Österreich ist die Europäische Union, ist Europa etwas, was uns nützt, etwas, was uns schützt – eine Erfahrung, die uns nützt, eine Erfahrung, die uns schützt.

Mein Ministerium, gemeinsam mit Staatssekretär Winkler, wird bemüht sein, in allen Sachfragen, auch in der Organisation, in der Logistik dieser vor uns stehenden Präsi­dentschaft das Bestmögliche zu tun, österreichische Interessen wirksam einzubringen und Europa zu verbessern – Tag für Tag, Schritt für Schritt in der Alltagsarbeit! – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen sowie des Abg. Schieder.)

12.13

 


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